Die Zinsschranke wirkt sich entgegen den ursprünglichen Absichten des Gesetzes, wonach nur eine Vermeidung von Gewinnverlagerungen über die Grenzen hinaus ins Ausland verhindert werden sollte, für viele Unternehmen schädlich aus. Gerade auch für mittel
ständische Unternehmen kommt es durch die Zinsschranke auch dann zu einer erheblichen Steuermehrbelastung, wenn ein Verlust vorliegt. Gerade Unternehmen in Krisensituationen, Unternehmen mit stark schwankenden Erträgen können die vorgesehenen Erleichterungen durch den Vortrag des Zinsaufwandes in spätere Jahre überhaupt nicht nutzen.
In einer Zeit, in der wir damit rechnen müssen, dass Unternehmen noch stärker in weitere Krisensituationen geraten, ist es wichtig, dass wir die Möglichkeit dafür schaffen, dass diesen Unternehmen Kapital zugeführt wird. Mit der derzeitigen Regelung des Mantelkaufs, des § 8 c Körperschaftsteuergesetz, ist ein Instrument geschaffen worden, das es verhindert oder zumindest hoch uninteressant macht, Unternehmen zur Überwindung der Krise mit neuem Kapital auszustatten. Herr Kollege Kirschner hat die Verhinderung der Abzugsmöglichkeiten von Verlusten schon genau dargestellt. Somit fehlt durchaus ein wesentlicher Anreiz, Kapital für die Rettung eines Unternehmens einzusetzen.
Wir werden in der nächsten Zeit erleben, dass die im Antrag geforderten Korrekturen an der Steuerreform dringend notwendig sind. Deshalb schließen wir uns dem Antrag der FDP an und werden die Staatsregierung gerne dabei unterstützen, wenn sie eine entsprechende Initiative im Bundesrat ergreift.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich aber noch darauf hinweisen, dass dies nur ein erster Schritt der Reform sein kann. Es ist notwendig, die steuerliche Situation der Unternehmen in weiteren Schritten zu verbessern. Im Rahmen des Konjunkturpaketes II sollten hierbei auch Einkommensteuer und Lohnsteuer nicht vergessen werden. Wir müssen echte Erleichterungen für alle schaffen, die in Deutschland Steuern bezahlen, damit wir die Konjunktur beleben. Ich glaube, das ist unser aller Ziel. Deswegen bitte ich Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Vielen Dank, Herr Kollege. Kolleginnen und Kollegen, ich darf bekanntgeben, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zu diesem Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Wenn die Debatte beendet ist, können wir die namentliche Abstimmung durchführen. Im Haus wurde das bereits durchgegeben.
Werte Frau Präsidentin Stamm, liebe Kollegin Sem, liebe Kollegin Steiger, Hohes Haus! Ich bin - ich gehe davon aus, dass seine
Autorenschaft unbestritten ist -, Dr. Franz Xaver Kirschner dankbar dafür, dass er diese Thematik auch in den Bayerischen Landtag eingebracht hat. Zu den Hintergründen ist schon einiges gesagt worden. Man muss dabei im Hinterkopf behalten, dass es sich um eine taufrische Regelung handelt, die erst mit Wirkung für das Fiskaljahr, für das Veranlagungsjahr 2008 verabschiedet wurde. Das war ein Deal.
- In einer Großen Koalition kann das ganz einfach sein. Aus der Wirtschaft gab es Bestrebungen, die Unternehmensteuern zu senken; das betraf vor allem die Körperschaftsteuer sowie die Anrechnung der Gewerbesteuer. Das ist vollzogen worden. Im Gegenzug wurde - um den Fachausdruck zu verwenden - die so genannte Steuerbemessungsgrundlage verbreitert. Das heißt nichts anderes, als dass Ausnahmetatbestände geschliffen wurden, die es früher gab und die auch reichlich ausgenutzt wurden. Ich denke nur an die Kapitalflüchtigen, die ihre Finanzen ins Ausland getragen und ihre Verluste hier angemeldet haben. Die Gewinne wurden dann wiederum im begünstigten Ausland angelegt. Ich muss das nicht näher ausformulieren.
Meine Damen und Herren, der Schutz des Fiskus, der hier eingeführt wurde, scheint sich teilweise ins Gegenteil zu verkehren. Die Bestrebungen aus dem Lager der CDU/CSU und der FDP sind hier offenkundig. Wenn ein Unternehmen den Bach runtergeht, ist es für den Fiskus auch verloren. Deshalb bin ich nicht dafür, populistisch zu sagen: Das ist die typische Klientelpolitik der FDP für die Großen, Reichen und Schönen sowie für die Heuschrecken und deren Begünstigte. Ich könnte auch Leasing-Modelle, die zu 100 % fremdfinanziert sind, angreifen und sagen, dass dies keine vernünftige Geschäftspolitik sei. Das alles könnte ich tun.
Mir ist jedoch zu Ohren gekommen, dass es in der Wirtschaft Mittelständler und Kfz-Zulieferer gibt - über deren Situation wir vorher im Allgemeinen und im Besonderen in Bayern diskutiert hatten,- die in der Vergangenheit sehr viel investiert und dadurch einen hohen Abschreibungsbedarf hatten. Jetzt, bei einem zusammengebrochenen Geschäft, müssen sie Zinsschranken hinnehmen, um sich gegenüber dem Fiskus zu behaupten. Ich muss aber auch in Erinnerung rufen, dass es im Gesetz ohnehin Ausnahmetatbestände gibt. Herr Dr. Kirschner, diejenigen, die nicht konzerngebunden sind, sind von dieser Zinsschranke generell nicht betroffen. Man ist auch nicht davon betroffen, wenn man eine Organschaft hat, also einen Konzern wie einen einheitlichen Betrieb führt. Außerdem gibt es noch die so genannte Escape-Klausel. Wenn die Eigenkapitalquote in Deutschland nicht unter der Quote im Ausland liegt, ist
man auch nicht betroffen. Die Grenze von einer Million Euro beim Saldo des Zinsaufwandes übertreffen nicht allzu viele Unternehmen. Deshalb muss man den Zusammenhang dieser Regelung mit dem Mittelstand in Frage stellen. 30 % vom EBITDA sind relativ auskömmlich.
Mit diesen Zinsgrenzen ist dennoch ein regelrechter Firmenkiller entstanden. Das wurde mir auch im Bekanntenkreis und von Wirtschaftsprüfern bestätigt. Deshalb möchte ich mich zu einer eher differenzierten Position durchringen. Heute war wieder eine gewisse Lagerbildung festzustellen, die nicht unbedingt sachorientiert, sondern eher dogmatisch bedingt war. Ich möchte nicht dogmatisch sein. Deshalb sage ich an die Adresse der FDP, obwohl Herr Wirtschaftsminister Zeil leider nicht mehr da ist: Wenn wir im Gegenzug zum Konjunkturpaket II im Bundesrat die Zustimmung der FDP bekommen und wenn die bayerische Wirtschaft derartig unsinnige Berechnungen in Zukunft unterlässt, kann ich mich dazu durchringen, zu diesem Antrag Enthaltung zu empfehlen. Die Wirtschaft ruft nach mehr Rechtssicherheit und meint damit den Kündigungsschutz. Ich halte es für einen Skandal, dass die bayerische Wirtschaft die Kosten des Kündigungsschutzes in die Berechnung einbezogen hat.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen! Wir waren gestern Abend kurzfristig etwas irritiert. Das lag nicht daran, dass wir nichts mit den Begriffen "Mantelkauf" und "Zinsschranke" hätten anfangen können, sondern daran, dass dieser Antrag viel zu allgemein gehalten ist. Grundsätzlich sind Regelungen begrüßenswert, die dazu führen, dass Unternehmen nicht weiter eingeschränkt werden, wenn sie investieren sollen. Das wird hier sicherlich eine allgemeine und große Mehrheit finden.
Herr Kollege Dr. Kirschner hat die Begriffe vorhin sehr deutlich erklärt und sein Bestes dafür getan, dass sie auch von Leuten verstanden werden, die nicht vom Fach sind.
Ich möchte einige Punkte herausgreifen. Hier geht es um ein Gesetz, das noch nicht so alt ist. Es ist gerade einmal seit eineinhalb Jahren in Kraft. Dieses Gesetz zur Zinsschranke wurde eingeführt, um konzerninternen Finanzierungsstrukturen, die eigentlich der Gewinnverlagerung ins Ausland gedient hätten, entgegenzuwirken. Man ist jedoch weitere Schritte gegangen, hat das Ausmaß nicht bedacht und steht jetzt mit einem Aha-Effekt da. So wollte es der Gesetzgeber eigentlich gar nicht haben. Ich möchte deshalb an die Gesetzge
bung im Allgemeinen appellieren, die Dinge zu Ende zu denken und im Voraus Fachleute zu befragen. Der Gesetzgeber sollte nicht irgendwelche Gesetze initiieren um ein Jahr später festzustellen, dass die Regelungen so nicht richtig gewesen sind.
Wir sind aber nichtsdestotrotz der Meinung, dass es keinen Sinn macht, Unternehmen insoweit zu beschränken, dass sie ihre Verluste nicht steuerlich geltend machen können. Als Kritik an der Zinsschranke möchte ich allerdings hinzufügen, dass es eine Freigrenze in Höhe von einer Million Euro gibt, über die heute noch nicht gesprochen wurde. Diese Grenze betrifft nicht den klassischen kleinen Mittelstand oder das kleine Handwerk, sondern Unternehmen, die eine Größenklasse weiter oben angesiedelt sind.
Beim Mantelkauf - den Herr Dr. Kirschner sehr anschaulich erklärt hat - wäre mir wichtig, dass eine Sanierungsklausel aufgenommen wird. Damit könnte ein Unternehmen, dem es nicht mehr so gut geht und das Kapital von draußen braucht, einen Investor finden, der nicht sagt, dass er lieber etwas Neues mache statt ein Unternehmen mit Schulden zu kaufen, die er nicht anrechnen könnte. Wenn innerhalb eines Konzerns nur eine gewisse Umgestaltung vorgenommen wird, darf dies nicht dazu führen, dass die vorhandenen Schulden nicht mehr angerechnet werden können.
Wir werden diesem Antrag selbstverständlich zustimmen. Beim Mantelkauf wäre zu überlegen, ob nicht die Problematik, die vor zwei Jahren diskutiert wurde, in den Mittelpunkt gestellt werden sollte. Damals ging es um die wirtschaftliche Identität und um die Frage, ob das Unternehmen in seiner Grundtendenz fortbestehen wird oder nicht. Wir führen seit Monaten eine Diskussion über die Wirtschaftskrise, die Bankenkrise und über Spekulationen mit Luftbuchungen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf einen Punkt hinweisen, nämlich die Steuerneutralität der Investitionsentscheidung. Wir sagen einerseits, dass Investitionen nicht wegen steuerlicher Gesichtspunkte vorgenommen werden sollen. Das Objekt und die Rentabilität sollen im Vordergrund stehen. Umgekehrt sollten wir aber auch sagen, dass notwendige Investitionen nicht aus steuerlichen Gründen unterlassen werden sollen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich mache es kurz. Herr Kollege Dr. Kirschner hat bereits erklärt, was eine Zinsschranke und ein Mantelkauf sind. Mir geht es darum, unsere Ablehnung dieses Antrags zu dokumentieren. Wir waren
damals im Bundestag gegen die Einführung der Unternehmenssteuerreform. Wir haben diese Reform für kontraproduktiv und für zu kompliziert gehalten. Wir lehnen diesen Antrag heute ab, weil es nicht angehen kann, dass eine Partei wie die FDP heute zum wiederholten Male erklärt, dass sie Steueränderungen, Steuersenkungen und Steuererleichterungen wolle, uns aber gleichzeitig nicht sagt, woher das Geld dann kommen soll.
Das ist ein ganz einfacher Antrag. Ich ändere etwas an der Einkommensteuer, ich ändere etwas an der Körperschaftsteuer, aber ich sage gleichzeitig nicht, wie es gegenfinanziert werden soll, lieber Kollege Kirschner, und dazu muss ich sagen: Dem können wir so nicht zustimmen.
Es kann nicht sein, dass sich die FDP hier hinstellt, Steuersenkungen fordert und nicht sagt, woher das Geld kommen soll, aber gleichzeitig die Schuldenbremse einführen will. Dazu muss ich sagen: Dann müssen Sie auch dazu sagen, dass wir damit in die höhere Verschuldung gehen; und das kann ja wohl nicht sein. Das können Sie uns hier nicht erklären. Interessant finde ich, dass die CSU damals bei der Abstimmung im Bundesrat dafür gestimmt hat.
Vielen Dank. - Für die Staatsregierung hat Herr Staatssekretär Pschierer um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zunächst vielen Dank für die sehr sachliche und konstruktive Diskussion zu diesem Antrag - bei allen Unterschiedlichkeiten, die es im Einzelnen auch geben mag.
Vorbemerkung meinerseits: Die Themen Zinsschranke und Mantelkauf waren natürlich Teile des Unternehmensteuerreformgesetzes des Jahres 2008 und der Gegenfinanzierung dieses Reformkonzeptes, und ich gestehe dem Kollegen von der SPD durchaus zu, dass es auch eine Motivation und ein Motiv war, bestimmte Formen der Fremdfinanzierung auszuschalten oder zurückzudrängen.
Nur, meine Damen und Herren, was wir nicht vergessen dürfen, ist: Dieses Gesetz zur Einführung von Zinsschranken und Neuregelung von Mantelkauf wurde zu einem Zeitpunkt verabschiedet, als wir eine Schönwet
und es ist, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, unsere Verantwortung, in der Unternehmensteuergesetzgebung keine krisenverschärfenden Elemente vorzuhalten, die dazu beitragen, dass weitere Arbeitsplätze vernichtet werden und Unternehmen nicht am Markt gehalten werden können.
Für die Bayerische Staatsregierung ist es ein altes Anliegen, das die FDP aufgreift. Wir haben es immer wieder auf Bundesebene deutlich gemacht.
- Frau Kollegin, wir haben es bei den Beratungen zum Jahressteuergesetz 2009 noch einmal explizit gesagt. Die Bayerische Staatsregierung war der einsame Rufer in der Wüste.
Wir haben mehrfach darauf hingewiesen, dass wir eine zielgenaue Ausgestaltung wollen, und ich bitte Sie, genau zuzuhören: Es geht nicht darum, dass wir Dinge völlig eliminieren wollen, sondern wir wollen eine zielgenaue Ausgestaltung dieser Regelungen. Wir haben dies mit Bundesfinanzminister Steinbrück mehrfach diskutiert und haben dort kein Gehör gefunden.
Insofern bitte ich heute um eine breite Zustimmung des Hohen Hauses. Es stärkt die Verhandlungsposition des Freistaates Bayern. Am nächsten Donnerstag wird eine Finanzministerkonferenz in Berlin stattfinden, und wir werden dort den Beschluss dieses Antrages gemeinsam vertreten und hoffen, dass die Bundesregierung bereit ist, hierbei nachzujustieren.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.