Herr Sprinkart, zu dieser Frage habe ich bereits vor einigen Wochen ausführlich Stellung genommen. Ich habe auch gesagt, dass ich das Abstimmungsverhalten bedauert habe, es ging aber damals im Konjunkturprogramm I um möglichst schnell wirkende Maßnahmen. Ich habe damals die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, im Konjunkturprogramm II möge der Agrardiesel inbegriffen sein. Aufgrund der Haltung der SPD wurde das leider Gottes erneut abgelehnt.
Herr Dr. Beyer, der Finanzminister stammt aus Ihrer Partei, und er blockiert das. Frau Kollegin Aigner unterstützt das nachhaltig. Ich bin zuversichtlich, dass der neue Antrag der FDP im Bundestag eine Mehrheit finden wird, wenn die SPD nicht wieder geschlossen blockiert.
Herr Minister, ich finde das hier ein nettes Schauspiel: Jeder schiebt die Verantwortung auf den anderen. Ich wollte eigentlich nur aufstehen und Sie, Herr Minister, darum bitten: Rufen Sie Ihre Leute in Berlin an, damit die unserem Antrag zustimmen. Auch an die SPD und die GRÜNEN möchte ich den Appell richten: Helft uns, damit das durchgeht, sodass wir unseren Bauern helfen können. Es stehen Existenzen auf dem Spiel. Jeder Euro hilft den Bauern. Die Freien Wähler können uns leider nicht helfen in dem Fall -
- Schauen wir einmal, ob ihr hinkommt. Das werden wir dann sehen. Ich appelliere jedenfalls an alle.
nicht erst seit heute. Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit, seit ich in dieser Position Verantwortung trage. Ich habe nicht nur angerufen, ich habe mehrere Briefe geschrieben, und zwar an alle, die in Berlin Verantwortung tragen, damit dieser mehr als gerechtfertigten Forderung die nötigen Mehrheiten zuteil werden. Ich kann wieder nur an diejenigen, die in Berlin mit an der Regierung sitzen, appellieren, damit dieser Antrag eine Mehrheit findet.
Herr Minister, Kollege Dechant hat die Frage vorhin vorweggenommen, aber es ist keine Antwort gekommen. Stichwort: Produktinnovation. Eigentlich ist das eine Steilvorlage für Sie. Was gedenkt die Bayerische Staatsregierung zu tun, um durch Produktinnovation bei den Milchprodukten eine Entspannung des Marktes und eine Anhebung des Preises zu ermöglichen?
Wir planen ein Forschungsprogramm "BayFood" im Jahr 2009, das mit 500.000 Euro ausgestattet ist. Wir haben im Zuge des Health Food Entwicklungen bezüglich gesundheitsfördernder Inhaltsstoffe und Eigenschaften eingeleitet. Sie wollen sicher nicht, dass ich Ihnen die einzelnen Produkte vorstelle.
Wir werden insgesamt mehr Geld für die Forschung einsetzen, um auf die Probleme reagieren zu können. Dabei geht es nicht nur um das Ernährungsverhalten junger Familien, sondern auch um das Ernährungsverhalten speziell der Kinder. Ich habe vorhin angedeutet, dass wir mit unserer Offensive in der Ernährungsbildung Akzente setzen wollen. Wir werden versuchen, mittelfristig neue Absatzchancen zu eröffnen. Sie werden aber verstehen, dass das nicht von heute auf morgen funktioniert.
Vielen Dank Herr Staatsminister, damit ist die Ministerbefragung beendet. Ich darf mich bei Ihnen, Herr Staatsminister ganz herzlich bedanken.
Regierungserklärung der Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen zur Sozialen Lage in Bayern
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, auf der Seite werden es bei dem schönen Thema auch noch ein bisschen mehr werden.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN - Harald Güller (SPD): Gemeint war die CSUSeite!)
Vor zwei Tagen habe ich dem Bayerischen Landtag den Zweiten Bericht der Staatsregierung zur sozialen Lage in Bayern in der vom Kabinett beschlossenen Endfassung übergeben. Obwohl der Bericht alle bis November 2008 verfügbaren Zahlen enthält und auch die Ergebnisse des Dritten Armuts- und Reichtumsberichts des Bundes berücksichtigt - das war Auftrag des Landtags -, gibt er naturgemäß nicht in jeder Zahl die aktuelle Situation wieder. Dazu hat sich seit Erhebung der verfügbaren Daten, die aus den Jahren 2003, 2005, 2006 und 2007 bis 2008 stammen, zu Vieles verändert. Ich halte das schon für wichtig, weil der Bericht einen differenzierten Blick ermöglichen sollte, wenn wir anschließend darüber diskutieren. Die Leistung dieses Berichtes ist es aber, dass er längerfristige Entwicklungen und Wechselwirkungen nachzeichnen und abbilden und deshalb die Daten auch in einen aussagekräftigen Zusammenhang bringen kann.
Bei der Dynamik, gerade auch der augenblicklichen Entwicklung, muss uns auch daran liegen, zeitnah reagieren zu können. Deshalb werde ich künftig jährlich einen "kleinen Sozialbericht" vorlegen.
Kolleginnen und Kollegen, der Bericht geht nicht nur auf einzelne Politikfelder ein, sondern er beleuchtet gezielt die Lebenslagen von Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel der Familien, die Situation von Kindern und Jugendlichen oder auch der Menschen mit Migrationshintergrund. Wie vom Landtag gewünscht und vorgegeben, haben wir die Daten nicht selbst erhoben, sondern haben alle verfügbaren Daten ausgewertet und, wo das sinnvoll und möglich war, auf Basis der bayerischen Landkreise und kreisfreien Städte regionalisiert und mit anderen Ländern, aber auch mit den deutschen bzw. westdeutschen Werten verglichen und vergleichbar gemacht. Dem Bericht liegen daher, soweit möglich, die Indikatoren zugrunde, die Bund und Länder bei ihrer Armut- und Reichtumsberichterstattung verwenden und die auch auf Europaebene verwendet werden, insbesondere die Laeken-Indikatoren, auf die man sich 2001 auf europäischer Ebene geeinigt hat.
Kolleginnen und Kollegen, die zentrale Erkenntnis des Berichtes in Bayern ist: Bayern steht gut da. Wir leben in einem Land, das im nationalen und internationalen Vergleich wohlhabend ist, das eine hohe Lebensqualität, attraktive Lebensbedingungen und eine gute soziale Balance hat. So war das Nettovermögen 2003 je Haushalt in Bayern um 24 % höher als im Schnitt in Westdeutschland. Die verfügbaren Einkommen in Bayern lagen 2006 um 6 % über dem Bundesdurchschnitt. Mit nur 7,79 % überschuldeten Haushalten weisen wir in Bayern noch 2007 die niedrigste Schuldnerquote auf. Zum Vergleich: Deutschland hatte 10,85 %.
Aber natürlich gibt es auch bei uns ein soziales Gefälle. Natürlich gibt es auch bei uns, wie in jeder Gesellschaft, die im Wettbewerb funktioniert, Mängel an Möglichkeiten, Menschen, die in zentralen gesellschaftlichen Bereichen ein Mindestmaß an Teilhabe nicht erreichen können, und Menschen, die von Armut bedroht sind. Ihrer Situation haben wir uns in der Vergangenheit und werden wir uns auch in Zukunft engagiert und verantwortungsvoll annehmen; denn es prägt das soziale Miteinander der ganzen Gesellschaft entscheidend, dass niemand abgehängt oder chancenlos sein darf. Damit steht und fällt die Qualität einer humanen Gesellschaft.
Kolleginnen und Kollegen, wenn wir uns mit dem zentralen Thema eines jeden Armuts- und Reichtumsberichts beschäftigen - und das ist das Armutsrisiko -, dann möchte ich eines vorausschicken. Armutgefährdet ist nach den hier verwendeten Standards - das sind auch die allgemein gültigen Standards - derjenige, der über ein Einkommen verfügt, das unter 60 % des medianen, des mittleren Nettoäquivalenzeinkommens liegt. Vermögen, zum Beispiel Wohneigentum, wird hierbei nicht berücksichtigt. Kolleginnen und Kollegen, das Armutsrisiko in Bayern ist geringer als im westdeutschen Durchschnitt. Ausgehend vom medianen Nettoäquivalenzeinkommen haben wir eine Armutsrisikoquote von 10,9 %. Im Vergleich dazu lag die westdeutsche Armutsrisikoquote bei 11,8 %. Vergleiche mit anderen EU-Staaten auf Basis der westdeutschen Einkommensverhältnisse zeigen, dass es europaweit im Jahr 2006 nur wenige Länder mit einer niedrigeren Armutsrisikoquote als Bayern gab. So war damals die Armutsrisikoquote nur in den Niederlanden, der Schweiz und in Norwegen ein bisschen niedriger als in Bayern.
Die Situation hat sich seit Erhebung dieser Zahlen eher noch verbessert, denn der bayerische Arbeitsmarkt hat glücklicherweise ab 2005 eine äußerst positive Entwicklung genommen. Viele Menschen haben inzwischen Arbeit gefunden, und zwar auch und gerade gering qualifizierte und ältere Menschen. Wir haben bewährte, leistungsfähige Systeme sozialer Sicherung, die an vielen Stellen helfen, Armut zu vermeiden und
abzumildern. Ich möchte auf die jüngst beschlossenen Verbesserungen bei den Transferleistungen hinweisen, die naturgemäß in diesen Zahlen auch noch nicht ihren Niederschlag gefunden haben, so im letzten Jahr die Erhöhung des Wohngeldes, die Aussetzung der Riester-Treppe oder die Erhöhung des Kinderzuschlags.
Bayern nimmt aber auch Landesmittel in die Hand. Mit der Novellierung des Landeserziehungsgeldes im letzten Jahr wurde eine Anhebung der Einkommensgrenzen für Geburten ab 01.01.2009 festgeschrieben. Diese Verbesserung für Familien möchten wir nun vorziehen und bereits rückwirkend für Geburten ab 01.04.2008 gelten lassen. Allein durch dieses Vorziehen kommen 28.000 weitere bayerische Familien in den Genuss dieser Leistung mit circa 35 Millionen Euro zusätzlich, die wir dafür in die Hand nehmen.
Betrachtet man die Wohlstandspositionen verschiedener Gruppen und Regionen, so ergibt sich, dass die Armutsrisikoquote von Kindern unter 15 Jahren 2003 mit 8,8 % deutlich unter dem westdeutschen Durchschnitt dieser Gruppe von 10,4 % lag. Im September 2008 - das ist also eine sehr neue Zahl - hatte Bayern im Ländervergleich die niedrigste Quote der Kinder unter 15 Jahren, die Sozialgeld beziehen, nämlich 7,65 %. Der deutsche Durchschnitt lag mehr als doppelt so hoch bei 16,10 %. Übrigens möchte ich darauf hinweisen - nicht weil wir uns damit vergleichen, aber um einmal die Spannbreite deutlich zu machen -: In Berlin gab es den fünffachen Wert des bayerischen Wertes mit 37,09 % von Kindern unter 15 Jahren mit Sozialgeldbezug.
Das gute Abschneiden Bayerns ist eine Erkenntnis, die uns zwar Zuversicht gibt, aber gleichzeitig den Blick auf die Themenfelder schärfen muss, wo wir Herausforderungen sehen. Da ist die Situation eines Teils unserer Familien. Die Situation der Familien in Bayern ist sehr unterschiedlich. Wir haben ein allgemeines Armutsrisiko aller Menschen in Bayern von 10,9 %; das habe ich bereits gesagt. Paare mit Kindern haben lediglich eine Armutsrisikoquote von 6,9 %, Paare ohne Kinder übrigens ein Risiko von 9,7 %. Aber: Die Alleinerziehenden unter den Familien haben ein Armutsrisiko von 23,2 %, und das ist erschreckend hoch. Das ist zu hoch, und da kann es auch kein Trost sein, dass wir immer noch besser liegen als Westdeutschland mit 28 %.
Ein erhöhtes Armutsrisiko haben wir auch, und damit auch Herausforderungen, bei - meist älteren - Einpersonenhaushalten. So lag die Armutsrisikoquote für bayerische Rentnerinnen und Rentner 2003 bei 18 % und damit über dem westdeutschen Durchschnitt. Grund hierfür ist zum einen die bis in die 1970er Jahre hinein starke landwirtschaftliche Prägung Bayerns, die auf die Rentenhöhe Einfluss hatte. Zur Ehrlichkeit in dieser Diskussion gehört aber auch, darauf hinzuweisen, dass nur 2,3 % der Älteren in Bayern Grundsicherung in Anspruch nehmen. Das kann damit zu tun haben, dass - wie immer bei der Berechnung der Armutsrisikoquote - das Vermögen und Wohneigentum nicht berücksichtigt ist, das bei der Grundsicherung durchaus eine Rolle spielt. Etwa ein Drittel der Menschen im Bereich der einkommensarmen Haushalte wohnt im selbst genutzten Eigenheim oder einer Eigentumswohnung. Das wird nicht gemessen, weil es nicht zum ständigen Einkommen gehört. Etwa ein Viertel der einkommensarmen Haushalte verfügt über Ersparnisse von mehr als 25.000 Euro - um das Bild abzurunden.
Bayern ist das Land mit der bundesweit geringsten Anzahl an Menschen, die Leistungen der Grundsicherung beziehen. Die Grundsicherung tritt dann ein, wenn man kein Vermögen hat. Im November 2008 betrug die Quote in Bayern nur 6,6 % Grundsicherungsbezug gegenüber 15,1 % im Bundesdurchschnitt.
Die Armutsrisikoquote von Personen mit Migrationshintergrund macht mir auch zu schaffen; denn sie ist auch zu hoch. Sie war im Jahr 2005 mit 25,4 % wesentlich geringer als in Westdeutschland mit 30,3 %. Sie ist dennoch zu hoch und zeigt ganz deutlich den Handlungsbedarf, auf den ich später eingehen werde.
Das Stadt/Land-Gefälle in Bayern hat sich deutlich angenähert. Der Unterschied der verfügbaren Einkommen zwischen Stadt und Land lag 2000 noch bei 25 Prozentpunkten. 2006 waren es nur noch 12 Prozentpunkte. Wir sind auf einem guten Weg. Berücksichtigt man dabei zum Beispiel die höheren Wohnkosten in Verdichtungsräumen, nähert sich der materielle Lebensstandard noch weiter an. Sicherlich haben auch etliche politische Maßnahmen, wie die gezielte Förderung der ländlichen Räume, dazu beigetragen.
In Deutschland haben wir bewährte und leistungsfähige Systeme sozialer Sicherung, die an vielen Stellen helfen. So wird das Armutsrisiko durch die Sozialtransfers erheblich reduziert. Die Armutsrisikoquote in der bayerischen Gesamtbevölkerung läge ohne Sozialtransfers doppelt so hoch, nämlich bei 21,3 %. Anders gesagt: Durch die Sozialtransfers wird die Armutsrisikoquote in etwa halbiert. Dabei sinkt das Armutsrisiko bei Kindern unter 15 Jahren durch Transferleistungen erfreulicherweise am stärksten, nämlich von 28,1 % auf 8,8 %.
Es lässt sich belegen, und die Zahlen zeigen den Zusammenhang zwischen Transferleistungen und Armutsrisikoquote, dass wirtschaftliche Prosperität vor allem den wirtschaftlich Schwachen zugute kommt. Deshalb möchte ich als Sozialministerin den Unternehmern ein Dankeschön sagen, die sich im Freistaat Bayern betätigen, und den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, deren Steuern und Abgaben uns in die Lage versetzen, denjenigen zu helfen, die sich nicht aus eigener Kraft helfen können.