Protokoll der Sitzung vom 11.04.2013

Zweitens. Wenn man eine Änderung anstrebt, sollte man das in Ruhe und mit Sachlichkeit tun. Rechtspolitischer Aktionismus ist immer gefährlich. Das gilt gerade in Fragen des Gerichtsverfassungs- und des Prozessrechts, bei denen es um Grundrechte geht. Über rechtsstaatliche Prinzipien entscheiden wir nicht im Hauruckverfahren.

Damit bin ich beim dritten Punkt. Angesprochen worden ist schon, dass eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unmittelbar bevorsteht. Über Verfassungsbeschwerden ist zu entscheiden. Es gibt gute Gründe, diese Entscheidung abzuwarten.

Viertens. Zu fragen ist, ob mit dem vorliegenden Antrag eine Klarstellung oder eine Änderung gefordert wird. Dazu sollte man sich zunächst klarmachen, was § 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes aussagt. § 169 verlangt gerade nicht die größtmögliche Öffentlichkeit. § 169 schließt in seinem Satz 2 ausdrücklich Ton-, Fernseh- und Rundfunkaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts aus. Warum ist das untersagt? Es ist deswegen untersagt, weil der Angeklagte unabhängig vom jeweiligen Verfahren nicht zum Schauobjekt degradiert und seiner Menschenwürde beraubt werden soll. Auch zu viel Öffentlichkeit könnte man als einen Revisionsgrund ansehen.

(Horst Arnold (SPD): Na! Na! Na! § 327 StPO!)

Ich möchte aber ausdrücklich auch darauf hinweisen, was eine Klarstellung bedeuten würde. Dazu gibt es Aussagen in der Kommentarliteratur. Frau Kollegin

Tausendfreund hat meinen Doktorvater Roxin zitiert. Von ihm gibt es auch ein anderes Zitat, das Sie nicht erwähnt haben:

Wenn der zur Verfügung stehende Gerichtssaal die Zahl derer nicht fassen kann, die am Prozess als Zuhörer teilnehmen wollen, darf die Hauptverhandlung gerade nicht in eine Stadthalle, ein Auditorium Maximum oder einen Ballsaal verlegt werden.

Das ist weitestgehend unstrittig. Was ist nun anders, wenn man den Sitzungsraum um einen zweiten Raum erweitert, wenn man also eine Zwischentür öffnet? Ist das wirklich nur eine Schiebetür? Ich sage, es ist keine Schiebetür.

Damit komme ich zum fünften und letzten Punkt, zur Frage, ob eine Änderung von § 169 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zum Zweck einer Klarstellung anzustreben ist. Besteht denn überhaupt ein tatsächliches Bedürfnis für eine Erweiterung der Zuschauerplätze? In einem Fall ja. Wenn man aber nur aus Anlass eines konkreten Prozesses die Prozessordnung ändert, hat es auch einen seltsamen Beigeschmack. Will man für wenige spektakuläre Verfahren ein Sonderprozessrecht schaffen? Wäre es mit den Menschenrechten vereinbar, wenn die Zuschauerzahl von Fall zu Fall geändert und vergrößert werden könnte? Vermutlich nicht. Wäre es hinnehmbar, wenn Angeklagte, Verteidiger, Zeugen und Zeugenbeistände oder Staatsanwälte im Gerichtssaal nicht mehr wissen oder nicht mehr wissen können, wer in einem zweiten Saal das Verfahren verfolgt oder was dort vorgeht?

Damit bin ich beim Kernpunkt, dem Bild von der Schiebetür. Wie soll ein Gericht in diesem zweiten Saal die Sitzungsleitung ausüben? Wie soll ein Gericht beobachten, was dort vorgeht? Wie soll ein Gericht reagieren, wenn es dort Unmutsäußerungen oder, was noch schlimmer wäre, Solidaritätsbekundungen mit den Angeklagten gibt? Alles das ist nicht einfach und wirft eine Reihe von grundrechtsrelevanten Fragen auf. Ich meine, es ist sinnvoll, in einem solchen schwierigen Themenfeld Besonnenheit zu wahren und besonnen zu agieren. Es gibt keinen Grund für einen rechtspolitischen Schnellschuss. Deswegen lehnen wir die Anträge des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD ab.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Fischer. Nun eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Tausendfreund. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Kollege Fischer, bei meinem Redebeitrag vorhin habe ich es versäumt, auf Ihren Antrag einzugehen und mitzuteilen, wie die Fraktion der GRÜNEN abstimmen wird. Daher nutze ich die Zwischenbemerkung dazu.

Wir werden den Antrag ablehnen. Ich denke, eine Enthaltung ist nicht unbedingt angesagt; denn er läuft völlig ins Leere. Sie sollten uns einmal erklären, wen Sie eigentlich anmahnen, nicht mehr "schrill aufgeregt" zu sein. Ist hier irgendjemand "schrill aufgeregt" gewesen, sodass etwas zurückgenommen werden soll? Hat irgendjemand infrage gestellt, dass die richterliche Unabhängigkeit, dass die Gewaltenteilung zu wahren sind? Wollen Sie der Bevölkerung, die sich politisiert bzw. emotionalisiert, sagen, sie solle dies bitte schön sein lassen? An wen richtet sich eigentlich dieser Antrag? In welche Richtung zielt er? Ich verstehe nicht, welche Motivation hinter diesem Antrag steht.

Herr Kollege Arnold hat zu Recht auf die Äußerungen Ihres Kollegen Westerwelle hingewiesen, der sich auch relativ weit aus dem Fenster gelehnt hat. Haben Sie ihn schon angerufen und ihn angemahnt, nicht aufgeregt zu sein und möglichst keine Kommentare abzugeben?

Wir stehen selbstverständlich hinter der unabhängigen Justiz und akzeptieren deren Entscheidungen; aber wir nehmen uns auch heraus, Dinge, die wir nicht für richtig halten, zu hinterfragen, zu thematisieren, auch zu kritisieren und, wenn es notwendig ist, zum Beispiel auch Vorschläge zu machen, wie das Gerichtsverfassungsgesetz geändert werden könnte. Wir halten es nach langer Abwägung für schon nötig – nennen Sie es Änderung oder Klarstellung -, eine Video- oder Tonübertragung in einen anderen Gerichtssaal zu ermöglichen. Ich meine, so wie es in diesem Fall gelaufen ist, ist das Verfahren hinsichtlich der Öffentlichkeit und der Presse unwürdig.

Denken Sie bitte an die Zeit!

Ja. – Noch Folgendes zur Begründung: Aus unserer Erkenntnis heraus wollen wir für zukünftige Verfahren eine Änderung oder Klarstellung erwirken.

Denken Sie an die Zeit!

Es ist ja gerade problematisch, Einzelfallentscheidungen fallbezogen zu treffen.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Bevor Herr Dr. Fischer antwortet, gebe ich bekannt, dass die CSU zum Antrag der FDP namentliche Abstimmung beantragt hat. – Bitte sehr, Herr Dr. Fischer.

Frau Kollegin Tausendfreund, Sie haben Ihre Frage so formuliert, dass ich davon ausgehe, dass Sie gar keine Antwort hören möchten. Ich will trotzdem die Gelegenheit nutzen, um auf das einzugehen, was Sie gesagt haben.

Ich sage ausdrücklich: Ich habe niemandem in dieser Debatte im Bayerischen Landtag diese schrillen Töne vorgeworfen. Ich finde, diese Debatte war bislang eine besonnene Debatte, so wie es dem Thema angemessen ist, und hoffe, das bleibt auch so. Wenn Sie in den letzten Wochen die Medien verfolgt haben – ich gehe davon aus, das haben Sie getan -, dann wissen Sie sehr genau, welche Töne und Misstöne ich meine. Sie wissen, wie reagiert worden ist, dass Richterschelte betrieben worden ist. Wenn Sie unseren Antrag ablehnen, ist schon zu fragen, wie Sie zur Unabhängigkeit der Justiz stehen. Sie sollten sich gut überlegen, was Sie tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Dr. Fischer. Für die CSU bitte ich Frau Guttenberger ans Mikrofon.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Gewaltenteilung ist ein wichtiges Gut. Das haben wir heute von allen Rednern gehört. Aber – Frau Kollegin Tausendfreund, seien Sie mir nicht böse – "so wie das gelaufen ist", ist eine ganz klare kritische Würdigung des Kernbereichs der Justiz. Der Vorsitzende Richter bestimmt, welchen Gerichtssaal er nimmt. Er bestimmt auch, wie dieser ausgestaltet ist.

Ich darf Sie an den Donnerstag vor zwei Wochen erinnern, als wir uns darüber haben unterrichten lassen, warum man sich gerade dafür entschieden hat, im Justizzentrum zu bleiben. Dies ist geschehen – das scheint man immer zu vergessen -, weil es sich um einen Terrorprozess handelt, weil es sich um einen Prozess mit einer sehr hohen Sicherheitsstufe handelt, weil es sich um einen Prozess mit einer Vielzahl von Nebenklägerinnen und Nebenklägern handelt, die Rückzugsräume und Räume für ihre Vertreter brauchen, und weil auch für die vorzuführenden Personen und für die Zeugen Räumlichkeiten bereitgestellt werden müssen. Ich betone: Ich als Mitglied der Legislative habe das nicht zu beurteilen, sondern das ist der Kernbereich der Entscheidung der Judikative. Das ist

eben Ausfluss der Gewaltenteilung. Ich wüsste nicht, was in diesem Zusammenhang "rechtswidrig gelaufen" wäre.

Sie wollen mit Ihrem Antrag für Klarstellung im Bereich des § 169 GVG sorgen. "Klarstellung" klingt nach einem Federstrich. Sie erwecken damit den Eindruck, dass man im NSU-Prozess eine schnelle Lösung herbeiführen könnte. Dass das ein wichtiges und ganz besonderes Verfahren ist, steht außer Zweifel. Weil hier auch der Rechtsstaat herausgefordert ist, kann es eine solche Klarstellung nicht geben. Das ist rechtlich gar nicht möglich. Diese Klarstellung kann nur im Wege eines formellen Gesetzesverfahrens erfolgen. Das ist immer nur etwas, was in zukünftigen rechtlichen Verfahren zum Tragen kommt.

Sie berufen sich auf Professor Roxin und tun so, als sei damit alles gesagt. Mir liegt allerdings der Kommentar von Lutz Meyer-Goßner vor, der auch unter Berufung auf Roxin zu dem Ergebnis kommt, dass schon die Ausdehnung der Öffentlichkeit auf Flure um den Gerichtssaal herum in Verbindung mit Lautsprecherübertragungen unzulässig sei, weil man damit den Angeklagten quasi zum Schauobjekt mache und dessen Menschenwürde verletze. Auch das ist eine klare Aussage unter Berufung auf Claus Roxin, in der nicht einmal die Übertragung in Gänge für zulässig gehalten wird.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich gebe aber unumwunden zu, dass wir uns wünschen würden, dass im Rahmen eines formellen Gerichtsverfahrens Möglichkeiten geschaffen würden, um zumindest einem großen Teil – in manchen Prozessen wird es wohl nicht für alle reichen -, zum Beispiel auch der Auslandspresse, eine Teilnahme zu ermöglichen. Wir sehen aber, dass das hier unter den rechtlichen Bedingungen nicht so sein kann, weil in diesem Fall nur die unmittelbare Öffentlichkeit von der Öffentlichkeitsmaxime erreicht wird. Ich sage, dass wir dem durchaus positiv gegenüberstehen, weiß aber auch, dass unser Koalitionspartner eine sehr restriktive Sichtweise hierauf hat und sich das nicht vorstellen kann. Deshalb werden wir dem Antrag der FDP zustimmen und die beiden anderen Anträge ablehnen. – Danke schön.

Danke, Frau Kollegin. Frau Kollegin Tausendfreund erhält das Wort zu einer weiteren Zwischenbemerkung. Bitte sehr, Frau Kollegin.

Frau Kollegin Guttenberger, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass eine Übertragung in Gänge etwas völlig anderes ist als eine Übertragung in einen anderen

Raum, in dem dieselben Voraussetzungen gegeben sind wie im Gerichtssaal selber, sodass dort die Sitzungsordnung vom Gericht aufrechterhalten werden kann. In dem NSU-Prozess gibt es auch Übertragungen über Leinwände etc. Die Übertragung in einen anderen Raum kann man dem Gericht ganz einfach zugänglich machen, sodass das Gericht jederzeit weiß, was in diesem anderen Raum geschieht. Übrigens kann das Gericht in dem Schwurgerichtssaal auch nicht in die letzten Winkel des Zuschauerraums sehen.

Eine Übertragung in die Gänge eines Gerichts, in denen die Sitzungsordnung vom Gericht nicht aufrechterhalten werden kann und in der das Geschehen vom Gericht nicht überblickt werden kann, ist also etwas anderes als die Übertragung in einen weiteren Gerichtssaal, in dem die gleichen Bedingungen wie im eigentlichen Gerichtssaal herrschen.

(Beifall der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜ- NE))

Im Übrigen findet sich im Karlsruher Kommentar zu genau dem Thema folgende Formulierung: Das Gericht ist jedoch nicht verpflichtet, bei zu erwartendem größeren Zuschauerandrang in einem größeren Saal zu verhandeln oder gar in einen solchen umzuziehen. Ein solches Vorgehen wäre ebenso wie die Lautsprecherübertragung der Verhandlung in andere Räume wegen der Rücksicht auf die Menschenwürde der Verfahrensbeteiligten unter Umständen sogar rechtlich bedenklich.

Sie tun so, als wäre das völlig klar. Mir liegt eine Vielzahl von Kommentarliteratur vor, die wie der Karlsruher Kommentar damit enden: Die Verletzung der Vorschrift über die Öffentlichkeit ist absoluter Revisionsgrund. Wir wollen gerade angesichts des terroristischen Hintergrundes dieses Verfahrens, dass auf jeden Fall ein revisionssicheres Verfahren durchgeführt wird.

Ich betone noch einmal: Ob man das Risiko, einen Revisionsgrund zu liefern, eingeht, entscheidet nicht der Bayerische Landtag, entscheidet nicht Herr Gabriel, entscheidet nicht der Journalistenbund und nicht der Bürger auf der Straße, sondern entscheidet allein das zuständige Gericht in seiner Funktion als Judikative, weil es Gewaltenteilung gibt.

Für die FREIEN WÄHLER bitte ich Herrn Pohl ans Redepult.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn sollte man sich einmal darüber klar werden, worum es hier eigentlich geht. Das

Gericht hat die sehr verantwortungsvolle Aufgabe, ein revisionssicheres Urteil in diesem Fall zu fällen. Das ist die Aufgabe des Gerichts und nichts anderes. Die Verletzung der Öffentlichkeit des Verfahrens ist ein absoluter Revisionsgrund. Sollte zu Beginn des Prozesses auch nur der geringste Fehler passieren, ist ein Verfahren, das sich über mindestens ein Jahr hinzieht, mit einem Dreizeiler des Bundesgerichtshofs erledigt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wäre der Super-GAU. Das wäre die größte internationale Blamage, die wir uns als Deutsche, als Bayern, leisten könnten.

Deswegen muss aus Sicht des Gerichts der sicherste Weg gewählt werden. Frau Kollegin Guttenberger; deshalb halte ich mich gar nicht mit irgendwelchen Kommentaren auf, was möglich wäre und was man machen könnte. Selbstverständlich sprechen gute Gründe dafür, den Prozess in einen anderen Saal zu übertragen, wenn gewährleistet ist, dass ein begrenzter Zugang zu dem Saal besteht. Das ist alles in Ordnung und diskutabel. Das Wichtigste ist – das betone ich noch einmal –, dass wir ein revisionssicheres Urteil bekommen. Dafür ist das Gericht verantwortlich. Aufgrund der Gewaltenteilung ist es uns, die wir keine Verantwortung tragen, mit gutem Grund verwehrt, unmittelbar oder mittelbar Druck auf das Gericht auszuüben, sich so oder anders zu verhalten. Ich begrüße deshalb namens meiner Fraktion den Antrag der FDP. Kollege Arnold, man kann darüber richten, ob jede Einflussnahme verhindert werden muss und eine Meinungsäußerung schon eine Einflussnahme ist.

(Horst Arnold (SPD): So steht es doch drin!)

- Herr Kollege, man kann die Auslegung eines Antrages auch überziehen. Ich denke, die Blickrichtung ist richtig. Ich finde es gut, dass die FDP-Fraktion den Antrag stellt. Einflussnahmen hat es auf bundespolitischer Ebene von fast allen Gruppierungen gegeben. Auf landespolitischer Ebene war dies dankenswerterweise nicht der Fall. Dort haben sich die Beteiligten inklusive der Justizministerin sehr zurückgehalten. So sollte es sei, und so muss es sein. Deswegen werden wir diesem Antrag zustimmen.

Wir wissen nicht, wie das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ausgeht. Es ist richtig und positiv, dass wir uns für den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht eine bestimmte Entscheidung trifft, Gedanken machen, wie wir rechtzeitig und richtig handeln. Fraglich ist, ob es so detailliert ausgeführt werden muss, wie es die SPD in ihrem Antrag gemacht hat. Die finanziellen Ressourcen wird das Gericht möglicherweise haben. Wahnsinnig hohe Ausgaben werden wohl nicht auf die Justiz zukommen.

Egal, der Antrag ist richtig. Deswegen werden wir ihm selbstverständlich ebenfalls zustimmen.

Nicht zustimmen können wir dem Antrag der GRÜNEN, weil dieser darauf hinausläuft, durch eine Änderung oder Klarstellung – je nachdem, wir wissen nicht, wie die Rechtslage ist – für diesen Prozess speziell neues Recht zu schaffen. Die Problematik, dass Einzelfallgesetze unzulässig sind, könnten wir wahrscheinlich umgehen. Hinsichtlich der Öffentlichkeit besteht jedoch durchaus die Gefahr, dass wir einen abgeschlossenen Vorgang haben. Wenn wir durch eine Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes eine neue Rechtslage mit der Konsequenz schaffen, dass das Gericht vielleicht die Öffentlichkeit zulässt, erhöhen wir die Gefahr, dass das Urteil unter Umständen nicht revisionsfest ist. Frau Kollegin Tausendfreund, wenn ich auf Ihre Begründung zurückkommen darf: Diese ist doch sehr stark von außenpolitischen Erwägungen und vom Bild Deutschlands geprägt. Das darf in diesem Fall nicht Richtschnur und Maßstab unseres Handelns sein. Wir haben ein Gerichtsverfahren, das sauber und korrekt ablaufen muss. Das muss die oberste Prämisse sein.

Ich schließe nicht aus, dass man zu einem späteren Zeitpunkt für künftige Verfahren über eine Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes nachdenken kann. Es gibt gute Gründe für Ihre Erwägungen. Es gibt jedoch ebenfalls gute Gründe, zu sagen, die Sitzungsleitung muss auf einen Raum beschränkt bleiben. Das hat praktische Gründe. Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen Gerichtssaal, der dreimal so groß wäre wie dieser Plenarsaal, und Sie wären Vorsitzende Richterin. Es wäre unter Umständen schwierig, die Ordnung im Gerichtssaal herzustellen. Sie sind ebenfalls dafür verantwortlich, dass der Prozess als solcher, die Zeugenbefragung etc., sauber und anständig abläuft. Es gibt gute Gründe für das, was Sie vorbringen. Es gibt jedoch ebenfalls gute Gründe für das andere. Es gibt jedoch keinen Grund dafür, dass wir jetzt in diesen laufenden Prozess eingreifen und das Gerichtsverfassungsgesetz ändern, um möglicherweise etwas zuzulassen, was das Oberlandesgericht München, die bayerische Justiz, nicht will.

Wir müssen die Unabhängigkeit der Justiz achten und darauf vertrauen, dass ein revisionsfestes und gerechtes Urteil gesprochen wird. Das ist die beste Reputation, die Deutschland nach außen haben kann. Selbstverständlich mag es bedauerlich sein, dass der eine oder andere Journalist nicht zugelassen ist. Mag sein, dass eine frühere Inangriffnahme eines neuen Justizzentrums mit einem größeren Gerichtssaal Abhilfe geschaffen hätte. Dies als Ursache für diese Diskussion heranzuziehen, wäre jedoch weit hergeholt.