Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

Jetzt hat Frau Kollegin Noichl das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Mitgliedstaaten der EU haben jetzt die Möglichkeit, Gestaltungsspielräume zu nützen und zu überlegen, wie wir die Agrarpolitik in Europa in der nächsten Förderperiode ausgestalten müssen, damit die Strukturen in Bayern möglichst erhalten bleiben und dass in der Landwirtschaft in Bayern möglichst weiterhin verdient werden kann und dass vieles im Bereich der Landwirtschaft so bleiben kann, wie es jetzt ist. Diesen Auftrag gehen wir aktiv an. Die SPD hat dazu bereits eine Anhörung beantragt, die auch durchgeführt wurde. Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass neben den SPD-Abgeordneten Adi Sprinkart den Antrag zu dieser Anhörung unterschrieben und dadurch ermöglicht hat, dass sie überhaupt durchgeführt werden konnte. Das möchte ich unbedingt an dieser Stelle sagen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Hochrangige Menschen haben bei der Anhörung gesprochen. Herr Häusler aus Brüssel war anwesend. Professor Heißenhuber, der sicher große Anerken

nung bei allen Fraktionen genießt, war anwesend. Lutz Ribbe von EuroNatur war anwesend. Alle haben übereinstimmend klar gesagt: Wir stehen vor einer Weichenstellung, und wir müssen uns überlegen, ob wir in die eine oder in die andere Richtung gehen. Unser Auftrag besteht darin, festzulegen, ob wir bäuerliche Familienbetriebe unterstützen oder der industriellen Agrarlobby nach dem Mund reden wollen. In unserem Antrag wird sehr deutlich, dass wir es ablehnen, die industrielle Agrarlobby an die erste Stelle zu setzen. Wir wollen unbedingt eine Begrenzung der Direktzahlungen, also eine Deckelung.

(Beifall bei der SPD)

Wir stehen ebenso vor einer Weichenstellung hinsichtlich der Frage, ob wir eine Gießkannenförderung über die erste Säule nach Hektar wollen. Jemand hat einmal gesagt, das wäre ungefähr so, als würde man das Kindergeld nach den Quadratmetern Wohnfläche auszahlen, auf der eine Familie wohnt. So ungefähr ist das hier auch: eine Gießkannenförderung nach Hektar. Oder wollen wir eine punktgenaue Förderung, eine Förderung, wo wir bestimmen, wo wir sagen: Das brauchen wir zum Beispiel für das Grundwasser, für die Bienen, gegen den Klimawandel oder was auch immer? Diese punktgenaue Bestellung findet in der zweiten Säule statt. Deshalb ist klar, dass die erste im CSU-Antrag zu lesende Aussage, dass es keine Umschichtung in die zweite Säule geben soll, absolut in die falsche Richtung zielt. Alle Agrar-Wissenschaftler werden unterschreiben, dass das genau der falsche Weg ist.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Gerade heute haben wir einiges zum Thema Klimapolitik gehört. Wir fordern in unserem Antrag eine fakultativ gekoppelte Stützung für grünlandbezogene Milchwirtschaft, weil wir erkennen können, dass Grünland im Zusammenhang mit der CO2-Bindung unverschämt wichtig ist. Wir brauchen es unbedingt. Wir können auch hier entscheiden: Gehen wir den einen oder den anderen Weg?

Sie, Herr Füracker, entscheiden sich immer wieder für Greenwashing und nicht für Greening. Manchmal ist es schon anstrengend, das immer wieder zu hören. Sie entscheiden sich dafür, dass die Großen immer mehr bekommen und die Kleinen immer weniger. Gott sei Dank, in Ihrem Sinne, schaffen Sie es aber immer wieder, das so zu verstecken, dass die Menschen draußen das nicht verstehen. Wir hingegen setzen uns konkret dafür ein, dass die ersten Hektare eines Betriebes im Rahmen der Betriebsprämie stärker gefördert werden. Bei Ihrem Antrag, Herr Füracker, muss man deutlich machen, dass eine Erhöhung der

Zahlungsansprüche keine Förderung ist, die beim kleinen Landwirt ankommt. Die Erhöhung der Zahlungsansprüche wird bei einer Verpachtung nämlich übergeben; das heißt, wenn ein großer Betrieb viele kleine Betriebe zusammenpachtet, dann kann er diese Zahlungsansprüche übernehmen. Dann kommt die kleine Förderung genau bei denen an, bei denen wir sie nicht haben wollen.

(Beifall bei der SPD)

Wir stehen dazu: Eine Grundförderung der ersten Hektare ist sinnvoll und richtig.

Lassen Sie mich noch etwas zur Umschichtung der Gelder von der ersten in die zweite Säule sagen. Wir haben jetzt schon eine Mittelkürzung. Diese Mittelkürzung ist in der zweiten Säule überproportional und wird den Spielraum für Kulturlandschaftsprogramme immer kleiner machen. Das betrifft vor allem auch die Förderung des Ökolandbaus. Wenn wir nicht umschichten, schaden wir Bayern, auch wenn vielleicht manche vom Bauernverband etwas anderes sagen.

(Beifall bei der SPD)

Da müssen Sie mal überlegen, wer da als Lobby wirklich dahintersteht. Wer nicht von der Gießkannenförderung in die Punktförderung umschichtet, der schadet Bayern.

(Zuruf der Abgeordneten Gertraud Goderbauer (CSU))

Wer nicht umschichtet, spricht nicht im Interesse der Bayern.

(Zuruf der Abgeordneten Gertraud Goderbauer (CSU))

Je knapper die Gelder sind, desto punktgenauer müssen sie ankommen. Dafür stehen wir. Deshalb bitten wir Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Wir werden den Antrag der CSU ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Bitte bleiben Sie, wir haben noch eine angemeldete Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Füracker. Bitte.

Frau Kollegin Noichl, wenn Sie schon nicht bereit sind, die Anträge, die wir stellen, zu lesen, dann sollten Sie wenigsten bei meiner Rede zuhören.

(Inge Aures (SPD): Gott, ist der eingebildet!)

Ich habe Ihnen erklärt, dass das, was Sie behauptet haben, nicht stattfindet. Bei Weiterverpachtung wird es keine Mitgabe von erhöhten Zahlungsansprüchen geben, weil die jährlich neu berechnet und jährlich neu für die ersten Hektare verteilt werden. Die wollen auch wir besser fördern, so steht das auch in unserem Antrag. Wenn Sie schon erzählen, dass die SPD so viel Interesse an den kleinen Bauern hat, dann sollte man mal lesen, was Herr Backhaus, der Agrarminister von Mecklenburg-Vorpommern, zur Förderung von kleinen Bauern gesagt hat.

(Maria Noichl (SPD): Ach, es ist so mühselig, Herr Füracker!)

Der hat daran nämlich überhaupt kein Interesse. Sie sollten sich in der SPD einmal durchsetzen.

(Maria Noichl (SPD): Haben die in MecklenburgVorpommern auch eine CSU? - Weitere Zurufe)

- Frau Noichl hat die besondere Gabe, weder zuzuhören noch jemanden ausreden zu lassen.

(Inge Aures (SPD): So ein eingebildeter Pinkel!)

So viel dazu. Ich habe Ihnen erklärt, wie wir die zweite Säule stärken wollen, nämlich durch Gelder, die sich die Bundesrepublik spart und die sie in Zukunft nicht nach Brüssel zahlen muss. Auch das habe ich erklärt. Daraus abzuleiten, dass wir kleine Bauern nicht unterstützen wollen, ist wirklich ziemlich infam und sehr vereinfacht. Im Übrigen - das sage ich hier auch einmal -, soweit ich mich erinnern kann, haben die FREIEN WÄHLER die Anhörung im Bayerischen Landtag beantragt und nicht Frau Noichl.

(Maria Noichl (SPD): Da täuschen Sie sich! Das ist nicht wahr!)

Das wollte ich nur noch einmal sagen, jedenfalls kann ich mich sehr gut daran erinnern.

(Maria Noichl (SPD): Da haben Sie wieder einmal nicht recht!)

Ich sage Ihnen nur eines: Sie wollen den Eindruck erwecken, mit unserer Form von Landwirtschaft würde nur die industrielle Landwirtschaft unterstützt werden. Das ist eine Behauptung, die sich durch nichts belegen lässt. Das sollten Sie nicht dauernd wiederholen, weil das schlicht nicht stimmt. Ich freue mich auf die Auseinandersetzungen. Das Bauernverhetzungspotenzial, das Sie anstreben, werden Sie nicht finden. Glauben Sie mir, die Bauern in Bayern sind nicht so dumm, dass sie Ihr Zeug glauben.

(Beifall bei der CSU)

Frau Noichl, bitte.

Frau Müller hat gleich abgewunken, Herr Füracker. Sie haben sich getäuscht, die Anhörung hat die SPD mit der Stimme von Herrn Sprinkart beantragt. Glauben Sie es, oder glauben Sie es nicht. Lesen Sie es nach, es gibt ja Protokolle. Das Wort, das Sie hier vorne am meisten gebraucht haben, war das Wort "erklärt". Da kann ich nur sagen: Herr Häusler aus Brüssel hat Ihnen erklärt, dass Sie auf dem falschen Weg sind. Auch Herr Professor Heißenhuber hat Ihnen erklärt, dass Sie auf dem falschen Weg sind. Und Herr Ribbe hat Ihnen das auch erklärt. Deshalb brauch’ ich Ihnen das nicht noch einmal zu erklären.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Müller. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihnen ein herzliches Grüß Gott! Leider muss ich Sie, Her Kollege Füracker, berichtigen. Wir haben die Anhörung zum Tierwohl beantragt, nicht zur Gemeinsamen Agrarpolitik, GAP. So viel zur Information.

(Maria Noichl (SPD): Das ist für ihn doch das Gleiche!)

Bayern steht, verglichen mit anderen Ländern und Regionen Europas, wirtschaftlich gut da, auch dank unserer Agrarwirtschaft. Umso wichtiger ist es, dass wir in der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik Weichen stellen. Es macht also durchaus Sinn, dass sich dieses Hohe Haus frühzeitig Gedanken über die Zielrichtung Bayerns bei diesen wichtigen Verhandlungen auf EU-Ebene macht; besser gesagt, gemacht hätte, denn die Regierungsparteien bringen heute einen Dringlichkeitsantrag ein, in dem solche Zielrichtungen formuliert sind. Das machen Sie heute. Da muss man sich schon vergegenwärtigen, in welcher Phase der Verhandlungen wir uns derzeit befinden. Die Vorschläge der Kommission liegen seit Langem auf dem Tisch. Das EU-Parlament hat intensiv über mehr als 1.500 Änderungsvorschläge debattiert. Das Parlament hat längst eine Position verabschiedet. Die Staats- und die Regierungschefs wie auch der Ministerrat haben Positionen erarbeitet. Wir befinden uns bereits im Trilog. Das heißt, derzeit findet eine Kompromissfindung zwischen diesen drei Akteuren statt. Das läuft also bereits, doch jetzt kommen die bayerischen Regierungsparteien und wollen, wohl eher symbolisch, praktisch rückwirkend die Zielsetzung festschreiben.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Das haben wir doch öfter!)

Da kann man doch nur sagen: Guten Morgen, auch schon aufgewacht?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Grundsätzlich sind die Ziele richtig, und Gott sei Dank hat auch ohne die aktive Mitwirkung dieses Parlamentes der politische Prozess in Brüssel viele Dinge aufgenommen. Wir FREIEN WÄHLER haben bereits im Mai 2011 entsprechende Anträge vorgelegt und damals die Bayerische Staatsregierung mit einem agrarpolitischen Kompass ausstatten wollen. Wir haben viele Dinge, die heute in Ihrem Antrag stehen, bereits damals als Grundlage der Positionierung vorgebracht. Das wurde damals aber von den Regierungsparteien verhindert. Ich zitiere aus dem Protokoll vom 08.06.2011 des federführenden Ausschusses Frau Abgeordnete Annemarie Biechl:

Das bayerische Parlament könne keinen Einfluss nehmen, weil es nicht an den Verhandlungen beteiligt sei.

(Maria Noichl (SPD): Oho!)

Ein weiteres Zitat, es sprach dieselbe Abgeordnete:

… sich gegen weitere bürokratische und schwierig umzusetzende Maßnahmen im Bereich des Greenings auszusprechen, sei nicht nötig, weil die bayerischen Vorschläge an die EU gelobt würden.