Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

Das wurde nicht umgesetzt. Aber in dem Wissen, dass das eingesparte Geld im jeweiligen Kürzungsland zur Verfügung gestellt werden muss und Bayern keinen Vorteil davon hat, wenn wir die Kappung auf deutscher Ebene durchsetzen, ist mir die Zustimmung letzten Endes nicht besonders schwergefallen, wenn ich dafür die Solidarität der anderen bekomme, um die kleineren Betriebe besonders zu unterstützen und zu fördern.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Die Aussprache ist geschlossen, weil keine Wortmeldungen mehr vorliegen.

Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Zunächst lasse ich über den Antrag der SPD in einfacher Form abstimmen, und anschließend führen wir die namentliche Abstimmung durch.

Wer also dem Dringlichkeitsantrag, Drucksache 16/16758 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion -, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP, die Fraktion der FREIEN WÄHLER und Frau Pauli. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung zum Antrag der CSU und der FDP auf Drucksache 16/16739. Sie haben dafür fünf Minuten, meine Damen und Herren.

(Namentliche Abstimmung von 17.14 bis 17.19 Uhr)

Die fünf Minuten sind um. Ich schließe die Abstimmung und bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Maria Noichl, Horst Arnold u. a. und Fraktion (SPD) Bunte Vielfalt beim Saatgut bewahren: Traditionelle Sorten erhalten und fördern, statt genormte Einfalt zu verordnen! (Drs. 16/16740)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) EU-Saatgutverordnung muss Vielfalt gewährleisten (Drs. 16/16759)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Christa Stewens, Reserl Sem, Gudrun BrendelFischer u. a. und Fraktion (CSU), Tobias Thalhammer, Thomas Dechant, Dr. Andreas Fischer und Fraktion (FDP) Saatgut - Vielfalt erhalten (Drs. 16/16760)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Leopold Herz u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Saatgutrecht vereinheitlichen - aber traditionelle Sorten sichern und mittelständische Züchtungsunternehmen unterstützen (Drs. 16/16761)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erste Rednerin nach meiner langen Rede ist Frau Kollegin Noichl.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als SPD stellen wir heute den Dringlichkeitsantrag "Bunte Vielfalt beim Saatgut bewahren: Traditionelle Sorten erhalten und fördern, statt genormte Einfalt zu verordnen". Dieser uns so wichtige Antrag war heute der erste Dringlichkeitsantrag zu dieser Thematik. Es ist interessant, dass dann alle anderen Parteien noch schnell mitgezogen sind und jede Partei einen ähnlichen Antrag auf den Weg gebracht hat.

Unser Antrag beinhaltet drei wichtige Punkte. Wir wollen erstens, dass sich Bayern endlich sowohl auf Bundes- als auch auf europäischer Ebene dafür einsetzt, dass die Saatgutvielfalt erhalten bleibt. Wir wollen, dass die Kleinbetriebsregelung geprüft und vorangebracht wird, und wir wollen vor allem, dass die mittelständischen Züchtungsunternehmen bürokratisch und finanziell entlastet werden, um überleben zu können.

Der zweite Punkt in unserem Antrag fordert ein Landesprogramm zum Erhalt und zur Förderung von alten, regional bedeutsamen Pflanzensorten. Wir wollen, dass dieses Landesprogramm installiert wird und uns inhaltlich weiterbringt.

Im dritten Punkt fordern wir die Staatsregierung auf, einen Bericht über die Schwierigkeiten zu geben, die die Menschen in der Landwirtschaft in diesem Bereich haben, aber natürlich auch einen Bericht über die

Frage, ob alte Sorten verschwinden werden. - Wir wollen also einen Bericht haben. Leider ist der Herr Minister schon gegangen.

(Zuruf von der CSU: Nein!)

- Gut, er ist noch da; das ist wunderbar.

(Tobias Thalhammer (FDP): Wir stärken ihm den Rücken!)

Wenn wir heute einen solchen Bericht fordern, Herr Minister, dann wollen wir einen solchen Bericht jetzt endlich aus Ihrem Hause. Im Jahre 2010 haben wir dieses Thema erstmals im Hohen Haus behandelt und einen Bericht gefordert. Wir wollten damals einen mündlichen Bericht über die geplante Umsetzung der EU-Richtlinie zur Inverkehrbringung von Vermehrungsmaterialien etc. Außerdem wollten wir die Auswirkungen auf unsere Obstbauern erfahren. Das war im Jahre 2010. Im April 2011 hat das Haus von Minister Brunner dann zurückgeschrieben, man werde es versuchen, aber man müsse noch etwas warten; man wisse noch nichts.

Ende 2011 war dann bereits ein Jahr vergangen. Wir hatten damit einen Berichtsantrag, der ein ganzes Jahr unterwegs war. Ich habe mehrfach nachgefragt, ob der Berichtsantrag verlorengegangen ist. Nein, den Antrag gab es noch, aber auch Ende 2011 wurde uns dann schriftlich mitgeteilt: Es ist noch nichts da; wir wissen nichts.

Im Januar 2013 bekam ich dann aus dem Haus des Ministers Brunner ein Schreiben mit Ihrer Unterschrift, Herr Minister. Sie werden das vielleicht nicht wissen, aber ich lese vor, was in diesem Schreiben steht. Sie haben mir am 24.01. dieses Jahres geschrieben:

Ich kann noch keinen Bericht abgeben, weil ich nichts weiß. Wir werden Ende 2013 einen Bericht abgeben; denn dann wissen wir mehr.

Ende 2013! Herr Brunner, da brennt droben in Berlin bereits die Hütte und erst recht in Brüssel. Und da wollen Sie Ihren Bericht geben. Das ist ein Hohn angesichts der Situation, die wir hier haben. Sie haben mir im Januar mitgeteilt, dass ein Projekt gestartet worden sei zur – man höre jetzt genau zu! – Erfassung der bayerischen Streuobst- und Liebhabersorten. Dafür solle zeitlich befristet Personal eingestellt werden. Es solle ein ausgebildeter Pomologe zeitlich befristet eingestellt werden mit dem Auftrag, die Apfelsorten zu zählen. Während sich in ganz Europa alle Umweltverbände, alle Landwirtschaftsverbände sowie alle Saatgutverbände Gedanken machen, wie man einen Zugriff der Saatguthersteller von immenser Auswirkung verhindern könne, stellen Sie einen Pomolo

gen ein, der bei uns die Apfelsorten zählt. Schauen wir einmal, wie es weitergehen wird.

Jetzt wird es ernst, Herr Minister Brunner. Es geht um eine Marktzulassungsregelung mit weitreichenden Auswirkungen. Es geht darum, dass die Marktmacht direkt den Agrarkonzernen zufließt und diese dann die Hand auf dem Saatgut haben. Wenn solche Marktzulassungsregelungen kommen, wird es einen Riesenverlust an genetischer Vielfalt geben. Alte Sorten werden verlorengehen, vor denen man sich doch so gerne fotografieren lässt. Aber solche alten Sorten wird es dann nicht mehr geben.

Wenn man bedenkt, dass zehn Unternehmen drei Viertel des gesamten Saatgutes weltweit in der Hand haben und dass der Gemüseanbau in Europa zur Hälfte von Monsanto und Syngenta bestimmt wird, also von Chemiekonzernen, dann erschreckt das durchaus. Die Hälfte des Gemüseanbausaatgutes ist bereits in den Händen der Chemiekonzerne. Nicht zu vergessen, dass wir nur noch rund 7.000 Züchterfamilien haben, die uns mit genetischem Material für Nahrungsmittel, für Futtermittel sowie für Wald- und Agrarkraftstoffe versorgen und dass diese Zahl immer weiter sinkt. Und wenn man vor allen Dingen bedenkt, dass der Anteil am Saatgut, das überhaupt noch frei vergeben werden kann und das man zur Vermehrung benutzen kann, immer weniger wird, dann weiß man, was wir mit unserem Antrag bezwecken wollen. Wir wollen verhindern, dass die Saatgutlobby in Brüssel die Dinge alleine in der Hand hat, die für unser tägliches Leben außerordentlich wichtig sind.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte noch mal auf Ihren Brief eingehen, Herr Minister. Es erschüttert mich, wenn unser Minister nicht allen eine Nase lang voraus ist, sondern hinterherhinkt. Es erschüttert mich, aus Ihrem Haus im Januar einen Brief zu erhalten, in dem Sie andeuten, zum Ende des Jahres berichten zu wollen. Genauso erschüttert es mich, dass Sie einen Pomologen einstellen, der die Apfelsorten zählt, während das gesamte Saatgut bei uns den Bach runtergeht.

Wir freuen uns, dass alle Parteien eigene Anträge nachgezogen haben. Wir werden allen zustimmen, weil es um ein Großes und Ganzes geht. Und ich wünsche mir, dass das Landwirtschaftsministerium hier in Zukunft sorgfältiger arbeitet.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Noichl. - Ich gebe bekannt, dass für den Antrag der CSU und FDP namentliche Abstimmung

beantragt wurde. - Wir fahren jetzt in der Rednerliste fort. Frau Kollegin Brendel-Fischer hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wir von der CSU-Fraktion wollen die Saatenvielfalt in Bayern erhalten. Wir möchten nicht aus Vielfalt Einfalt werden lassen. Der Tausch und Verkauf von alten, seltenen Sorten muss ohne Gängelei durch Brüssel weiterhin möglich sein. In diesem Sinne fordern wir die Staatsregierung mit unserem Antrag auf, beim Bund und in Europa entsprechend tätig zu werden.

Der Freistaat unterstützt unsere klein- und mittelständischen Züchtungsunternehmen seit Jahrzehnten mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und einem unabhängigen Versuchswesen. Diese Kooperation ist im bundesweiten Vergleich einzigartig. Sie überzeugt nicht zuletzt mit der bayerischen Spitzenstellung, die wir auf diesem Gebiet einnehmen. Ich verweise auf unsere Landesanstalt für Landwirtschaft, die sich mit ihrer Züchtungsforschung bei Weizen, Gerste, Hafer und Kartoffeln, aber auch bei Hopfen und Heil- und Gewürzpflanzen einen großen Namen gemacht hat.

Von der Zurverfügungstellung von Know-how und Kompetenz profitieren unserer Meinung nach unsere Betriebe am meisten. In diesem Sinne wollen wir sie auch weiterhin unterstützen. Denn so können sie durch einen raschen Wissenstransfer eine echte, anwendungsorientierte Hilfe erhalten.

Wir wollen auch die seit dem Jahre 2005 geltende Ausnahmeregelung für alte Landsorten bei landwirtschaftlichen Kulturarten und für Amateursorten bei Gemüse erhalten. Dadurch sind auch die Bamberger Hörnla oder die Schwarzblauen aus dem Frankenwald letztendlich wieder auf die Märkte gekommen.

Natürlich setzen auch wir auf Qualitätsstandards ohne ein übertriebenes EU-Controlling. Was wir aber ablehnen, sind neue Bürokratie- und Kostenbelastungen. Deshalb haben wir beim SPD-Antrag dahingehend Probleme, mit einer dort vorgeschlagenen Kleinbetriebsregelung umzugehen, Frau Noichl. Wie soll denn eine solche Kleinbetriebsregelung aussehen? Wie soll sie formuliert und vor allem wie soll sie ohne Bürokratie umgesetzt werden? Im Antrag der GRÜNEN wird der Sortenschutz außer Kraft gesetzt. Der ist bereits jetzt wichtig. Der Antrag widerspricht unseren Vorstellungen von Verbraucher- und nicht zuletzt von Züchterschutz. Ihrer Fraktion ist der Verbraucherschutz eigentlich immer ein großes Anliegen. Ohne Sortenschutz können keine Normen wirksam werden. Deshalb können wir dem nicht zustimmen. Der Austausch würde sich ausschließlich auf den nicht gewerblichen Handel beziehen. Die Grundanforderun

gen, die Sie in Ihrem Antrag erwähnen, sind nicht definiert. Ihrem Antrag können wir leider nicht zustimmen. Die FREIEN WÄHLER waren nicht bereit, von einer finanziellen Förderung durch den Freistaat Bayern abzurücken.

Frau Noichl, beim Landesprogramm zum Erhalt alter Obstsorten verweise ich auf den von Ihnen zitierten Beschluss vom März 2011. Sie haben den Brief aus dem Landwirtschaftsministerium auf eine sehr unschöne Weise schlechtgemacht. Letztendlich geht es darum, dass die EU-Richtlinie zum Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial und Pflanzen von Obstsorten zur Fruchterzeugung – so nennt sich das – entsprechend bearbeitet wird. Das Julius-Kühn-Institut in Braunschweig hat hierfür die Federführung. Das Staatsministerium hat Sie in einem Brief darauf hingewiesen, dass davon ausgegangen wird, dass die entsprechenden Entwürfe bis Ende des Jahres 2013 vorliegen. Danach wird der mündliche Bericht im Landtag gegeben werden.

Ich finde es sehr unschön, dass Sie ausgerechnet den befristet eingestellten Pomologen zur Volksbelustigung ausgewählt haben. Unsere Kreisgartenfachbearbeiter sind sehr kompetent und leisten gute Arbeit. Sie sind bei den Landratsämtern angestellt. In Zusammenarbeit mit den Pomologen in Veitshöchheim eruieren sie, welche Sorten es in den jeweiligen Landkreisen gibt. Das ist eine professionelle Arbeit. Wir sind stolz darauf, dass diese Arbeit so motiviert verrichtet wird. Ich bin Bezirksvorsitzende für Gartenbau und Landespflege bei uns in Oberfranken. Ich möchte die von Ihnen geäußerten Vorwürfe von mir weisen. Normalerweise schreien Sie immer nach Stellen. Jetzt haben wir eine Projektstelle geschaffen, um eine fachkundige Arbeit leisten zu können. Jetzt passt es Ihnen wieder nicht. In diesem Sinne bitten wir um Unterstützung unseres Antrags, mit dem die vielen notwendigen kleinen Schritte der Reihe nach eingeleitet werden. Wir bitten um Unterstützung.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Als Nächster hat Herr Kollege Leopold Herz von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Gudrun Brendel-Fischer, ich hätte mich trotz der bevorstehenden Ereignisse gefreut, wenn wir einen Antrag, ohne das Haar in der Suppe zu suchen, begründet hätten. Vieles liegt klar auf der Hand. Die meisten werden den fünf Anträgen zustimmen. Wenn wir zu sehr ins Detail gehen, werden wir es jedoch nicht schaffen. Wenn wir einen Konsens erzielen könnten,

wäre das toll und gut. Damit könnten wir nach außen dokumentieren, dass wir die Sachverhalte über Parteigrenzen hinweg beurteilen.