Protokoll der Sitzung vom 04.06.2013

Ich erinnere daran, dass es in den letzten Wochen und Jahren auch Maßnahmen gab, die damals hoch umstritten waren und sich heute als goldrichtig erweisen. Das war zum einen die Erhöhung des Sylvensteinspeichers. Das war sehr umstritten, nutzt heute aber insbesondere dem Großraum München.

Zum anderen war es auch eine richtige Entscheidung - ich sage das allen Zweiflern, die es bei dieser Thematik noch immer gibt -, dass der Donauausbau in der sanften Variante beschlossen wurde, mit einer Hochwasserschutzmaßnahme für insgesamt 400 Millionen in den nächsten Jahren, statt eine Staustufe und einen Stichkanal zu bauen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU - Markus Rinderspacher (SPD): Zu spät!)

Diese sanfte Maßnahme bedeutet vorrangig eine Hochwasserschutzmaßnahme.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, wenn man sich die Situation vor Ort ansieht, erkennt man, wie bedrückend das Ganze ist. Die Situation ist an vielen Stellen katastrophenartig. Gleichzeitig haben wir es mit einer einzigartigen professionellen Leistung unserer Helfer und Einsatzleiter vor Ort zu tun. Und wir haben es mit einer sehr tapferen, mutigen Bevölkerung zu tun. Manche erleben ja zum wiederholten Male ein solches Hochwasser. Was mich freut – das sollte uns alle in diesem Hohen Hause freuen -, ist der ungewöhnliche Zusammenhalt unserer Bevölkerung gerade in Zeiten der Not.

(Allgemeiner Beifall)

Es ist ein kleines Beispiel, aber symptomatisch: Beim Verlassen von Passau kam ich an einem Feuerwehrwagen vorbei. Da waren einige Feuerwehrleute versammelt, die ich fragte: Woher kommt ihr? Antwort: Aschaffenburg. Ich wollte das nicht glauben. Gibt es denn noch ein zweites Aschaffenburg in Bayern? – Nein, wir kommen aus Unterfranken. Das ist fast an der Grenze zu Hessen.

Man muss sich nun einmal vorstellen, was in den Köpfen solcher Feuerwehrleute vorgeht. Sie sitzen in Aschaffenburg, bieten sich an und werden gebraucht. Dann fahren sie an einem Wochenende von Aschaffenburg nach Passau, um dort den Niederbayern zu helfen. Das war auch ihre Begründung mir gegenüber. Sie hätten einfach das Bedürfnis gehabt, den Menschen in Passau ihre Solidarität zu zeigen. Da das können Sie mir glauben - war mein Herz trotz aller Bedrückung wieder froh.

Ich möchte zum Schluss Folgendes feststellen: Was ich in den letzten Tagen erlebt habe, ist bedrückend und schlimm. Es verlangt von uns zusätzliche Anstrengungen. Aber ich glaube, wir haben allen Grund, auf unsere bayerische Bevölkerung beim Umgang mit dieser Katastrophe stolz zu sein.

(Anhaltender allgemeiner Beifall)

Danke schön, Herr Ministerpräsident. Als nächster Redner hat nun für die vorschlagsberechtigte Fraktion der FDP der Kollege Tobias Thalhammer das Wort.

Ich möchte noch etwas hinzufügen. Nachdem der Vertreter der Staatsregierung mehr als zehn Minuten gesprochen hat, steht es den beteiligten Fraktionen frei, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, zusätzlich fünf Minuten Redezeit in Anspruch zu nehmen. Dies kann durch mehrere Redner geschehen, aber auch durch ein und denselben Redner. Das wollte ich der Ordnung halber sagen, damit es keine Irritationen gibt. Nun hat der Kollege Thalhammer das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Rede möchte ich Ihnen, Herr Ministerpräsident, stellvertretend für den gesamten Krisenstab unser herzliches Dankeschön – ich glaube, im Namen aller Parlamentarier – aussprechen.

Das Hilfspaket, das auf die Beine gestellt wurde, ist wirklich aller Ehren wert. Es ist schnell, kraftvoll und flexibel. Und gerade schnelle Hilfe ist das, was jetzt benötigt wird. Vielen Dank im Namen von uns Parlamentariern!

(Beifall bei der FDP)

Wir haben sehr positiv vernommen, dass Sie sich vor Ort ein Bild gemacht haben, gemeinsam mit Ihrem Stellvertreter Martin Zeil und allen zuständigen Ministern. Ich glaube, es ist richtig, sich vor Ort zu informieren und mit den Einsatzleitern vor Ort zu sprechen, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können.

Ich möchte jetzt nicht in ein parteipolitisches Scharmützel verfallen, aber erlauben Sie mir bitte in meiner Funktion als Parlamentarier die Anmerkung, dass mir Politiker in Gummistiefeln vor Ort lieber sind als Politiker, die sich in Pantoffeln hinter ihrem Schreibtisch verstecken.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Meine Damen und Herren, ein solcher Katastrophenfall ist sicherlich die Stunde der Exekutive. Der FDPFraktion war es dennoch ein großes Anliegen, diese Aktuelle Stunde zu beantragen, um allen Bürgerinnen und Bürgern in Bayern ein klares und deutliches Signal zu senden, dass auch der Bayerische Landtag – ich vermute, in seiner Gänze – an der Seite der Menschen im Lande steht. Liebe Bürgerinnen und Bürger von Bayern, der Landtag steht an Ihrer Seite!

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wir haben bereits einschlägige Hausaufgaben gemacht, die wir als Legislative zu verantworten haben. Ich erinnere an unser großes Bayerisches Wassergesetz, über dessen Formulierungen wir teilweise hart gerungen haben, wenn es um Themen wie die Bebauung in Überschwemmungsgebieten gegangen ist. Da haben wir zum Glück eine Regelung zugunsten des Hochwasserschutzes gefunden.

Ich mahne aber auch an, was die Ausweisung der Polder und der Rückhaltebecken anbelangt: Sieben Polder sind geplant; einer ist erst einsatzbereit. Die Genehmigungsverfahren dauern zu lange: Hier ist mal ein Naturschutzverband dagegen, da die Landwirte. Ich glaube, dieses Ereignis, diese Katastrophe sollte jeden von uns auch mahnen, vielleicht ein wenig seine eigenen Interessen zugunsten der Allgemeinheit zurückzustellen, weil wir diese Rückhaltebecken ganz dringend benötigen.

(Beifall bei der FDP)

Der sanfte Donauausbau ist ein wichtiger Meilenstein für mehr Hochwasserschutz gerade an der Donau. Dass wir von CSU und FDP es hier im Parlament geschafft haben, die jahrelange Blockade beim Donauausbau aufzubrechen,

(Zuruf von der SPD: Die eigene!)

bedeutet auch, dass wir hierdurch ein Mehr an Hochwasserschutz bekommen haben. Das war eine ganz, ganz wichtige Entscheidung dieser Regierungskoalition in dieser Legislaturperiode.

Meine Damen und Herren,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

bei den Renaturierungen haben wir kräftige Schritte auf dem Weg gemacht, und auch hier sollten wir weiter ansetzen. Renaturierungen sind nicht nur gut für die Ökologie, sie sind auch schön anzuschauen und bieten ein Mehr an Hochwasserschutz. Das sollte uns Parlamentarier mahnen, die Renaturierungen weiter voranzubringen.

Lassen Sie mich abschließend auch als Parlamentarier im Namen der FDP-Fraktion – ich vermute, im Namen von uns allen – unseren Dank an alle Helfer und Retter vor Ort aussprechen, die teilweise auch ehrenamtlich tätig sind, an die Feuerwehren, die Wasserwacht, das THW, die Bundeswehr, die vielen Privatleute, die in dieser schwierigen Situation in der Solidaritätsgemeinschaft hier einfach zusammenstehen.

Wir können stolz sein, dass wir diesen Menschenschlag hier in Bayern haben – Menschen, die teilweise Übermenschliches leisten, die sich so aufopferungsvoll einsetzen.

Mein Wunsch ist, dass sie weiterhin durchhalten. Die Politik wird versuchen, das Leid so weit wie möglich zu lindern, und ich glaube auch an das Glück des Tüchtigen. Gott mit dir, du Land der Bayern!

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. Als Nächster hat das Wort der Kollege Johannes Hintersberger für die Christlich-Soziale Union. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte versuchen, in aller Kürze drei Punkte darzustellen.

Erstens. Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele Tausende bayerischer Bürger sind in dieser Hochwasserkatastrophe existenziell betroffen. Wir haben dies gehört, wir lesen dies in den letzten Tagen täglich in den Medien. Viele kämpfen mit letzter Kraft, um sich selbst, um ihre Familien, um ihre Nachbarn in einem unwahrscheinlich starken Zusammenhalt zu schützen, um ihr Hab und Gut, um ihre Wohnungen, auch um ihre Erinnerungen, die in diesen Wohnungen liegen – die Menschen sind auch ganz emotional betroffen -, um ihre Häuser, um ihre Geschäfte, um ihre Bauernhöfe gegen diese Wassermassen zu schützen. Oft gelingt es nicht, und viele Menschen sind machtlos gegen die Urgewalt dieses Wassers.

Wir sollten heute und in dieser Stunde besonders an die aktuelle schwierige Situation im Bereich der mittleren Donau von Deggendorf bis Passau denken. In dieser Stunde wollen wir diese Botschaft aus diesem Bayerischen Landtag, vom bayerischen Parlament klar und deutlich geben: Wir, der Bayerische Landtag, sind solidarisch mit allen, die vom Hochwasser betroffen sind. Dies ist, denke ich, eine klare Ansage. Unsere Solidarität wird spürbar und erfahrbar durch diese Aussage und die Entscheidung unseres Ministerpräsidenten und des bayerischen Kabinetts, ein Startpaket für die Hilfeleistungen von 150 Millionen Euro ganz

konkret, schnell und unbürokratisch bereitzustellen. Dies ist gut, dies ist wichtig. Vielen Dank! Hier erfahren die Menschen bei allen Gesprächen und guten Worten auch direkte, schnelle Hilfe.

Ein zweiter Punkt ist die Botschaft, die von diesem Landtag und von dieser Aktuellen Stunde ausgehen soll: Ein großer Dank und höchste Wertschätzung gilt all den Helfern, die sich hier dienstlich oder ehrenamtlich – es sind über 20.000 Menschen in ganz Bayern, liebe Kolleginnen und Kollegen – einbringen, ohne groß zu fragen, ohne groß gebettelt zu werden. Sie helfen einfach von sich aus mit, zu retten, Schaden zu lindern mit all den Möglichkeiten, die man hier hat. Sie wissen dies, sie kennen dies. Das geht von unserer Polizei über die Feuerwehren bis hin zu den Hilfsorganisationen, dem THW, den Wasserwirtschaftsämtern, aber eben auch bis zu den Vertretern der Staatsregierung.

Hier sage ich ein ehrliches und wirklich echtes Danke den Vertretern der Staatsregierung mit dem Ministerpräsidenten, mit den zuständigen Ressortministern für ihren Einsatz, ihren Einsatz vor Ort. Ich kann es überhaupt nicht verstehen und auch nicht nachvollziehen, wenn hier angeblich maßgebliche Politiker oder Kandidaten sagen, sie gehen nicht in die überschwemmten Gebiete, weil sie nicht plumpen Wahlkampf machen wollen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da hört es auf!

(Beifall bei der CSU)

In einer solch schwierigen Situation brauchen wir kein vordergründiges, taktisches Wahlkampfgeplänkel. Hier geht es um die Menschen vor Ort, und jeder, der sich vor Ort kundig macht, jeder, der vor Ort – der Ministerpräsident hat dies ausgeführt – mit den Menschen spricht, hat auch ein Stück Hilfeleistung vor Ort im mitmenschlichen Bereich erbracht. Dies ist richtig, dies ist wichtig und dies ist gut so. Ich möchte hier auch ganz besonders deutlich machen, wie notwendig es ist, dass die Bundeswehr vor Ort schnell mit einer entsprechenden Mannschaftsstärke – von mittlerweile über 650 Soldatinnen und Soldaten - eingreift und zum Teil erschöpfte Helferinnen und Helfer, die über 60, 70 Stunden im Dauereinsatz waren, austauscht und ersetzt. Ich bin dankbar für diesen Einsatz der Bundeswehr.

Es ist auch wichtig, dass wir bei der Reservistenkonzeption diese Möglichkeiten für den Einsatz im Katastrophenschutz weiterentwickeln, zum Beispiel mit den regionalen Sicherungs- und Unterstützungskompanien. In diesem Zusammenhang wird auch deutlich, wie wichtig solche Kräfte vor Ort für eine nachhaltige Hilfe sind.

Ein dritter Punkt ist das Hochwasseraktionsprogramm. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie kennen das; die Vorredner haben es geschildert, auch der Ministerpräsident hat es kurz dargestellt. Es ist ein Programm, über das 2001 entschieden wurde und das eine Laufzeit von zwanzig Jahren hat. Es ist insgesamt mit 2,3 Milliarden Euro ausgestattet; rund 1,6 Milliarden Euro sind derzeit verbaut. Es reicht nicht; dies haben wir deutlich gesehen. Von daher kann ich es nur nachhaltig unterstützen, wenn auch und gerade der Ministerpräsident hier sagt, sowohl beim Zeitfenster wie auch bei den finanziellen Mitteln draufzulegen.

Der natürliche Rückhalt geht in diese drei Bereiche hinein. Hier haben wir durchaus wirksame, gerade auch kleinere Maßnahmen bei Gewässern der III. Ordnung umsetzen können. Die Rückhaltemöglichkeiten bewerkstelligen letztlich zum Beispiel in Flussgebietskulissen in Schwaben auch den Schutz der Donaustädte.

Diese Gedanken müssen noch stärker in diese Maßnahmen gebracht werden.

Genauso gilt dies für den zweiten zentralen Bereich des Programms, den notwendigen technischen Hochwasserschutz, aber auch für die Möglichkeiten der Hochwasservorsorge. Ein wichtiger Punkt, wie sich beim Pfingsthochwasser 1999 gezeigt hat, als ich selbst in der Aufarbeitung an bestimmten Maßnahmen beteiligt sein konnte, ist, dass wir heute einen Hochwasserwarndienst, eine Hochwasservorhersage mit vielen verschiedenen Messpunkten haben, die uns und allen Rettungseinheiten eine wichtige zeitliche Vorgabe liefern. So kann man sich auf die jeweilige Lage besser einstellen.

Wichtig ist bei der Hochwasservorsorge – dies als letzter Punkt – auch das ständige Trainieren und Üben mit vernetzten Einsätzen in den Führungsgruppen der Katastrophendienste in den Kommunen, in den Landkreisen, in den Städten. Es ist auch wichtig, die verbundenen Einsätze ständig mit den verschiedenen Organisationen zu üben, Ansprechpartner sozusagen drillmäßig zu kennen, um dann wirklich schnell, engagiert und wirkungsvoll anzutreten. Von daher ist dies eine wichtige Vorgabe des Ministerpräsidenten.

Aber bezüglich der Maßnahmen, die notwendig sind, müssen wir eines auch immer deutlich machen: Bei allen menschenmöglichen, engagierten Einsätzen und Maßnahmen ist es nicht möglich, einen hundertprozentigen Schutz gegenüber Hochwasser oder Naturkatastrophen zu erreichen. Dieser Hinweis ist ein not

wendiger Akt der Ehrlichkeit gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern. Vielen Dank!