Frau Ministerin Merk, egal, was Sie jetzt tun: Wir wis sen, Sie sollten zurücktreten. Den Zeitpunkt dafür haben Sie aber eigentlich schon verpasst. In der Rechtsgeschichte und der Geschichte Bayerns wird ihr Name auf ewig mit dem Namen "Mollath" verbun den bleiben. Damit haben Sie Eingang in die Ge schichtsbücher gefunden.
(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN - Zurufe von der CSU: Oh! - Alexander König (CSU): Sehr dick aufgetragen!)
Ich möchte zum Schluss noch einmal wiederholen, was ich hier in diesem Zusammenhang schon ein paar Mal gesagt habe: Ein Staat ohne Gerechtigkeit ist nichts anderes als eine große Räuberbande. Die ser Ausspruch stammt von Augustinus. Das sind keine leeren Worte. Ich habe es hier schon zweimal
gesagt, und ich habe das immer ernst gemeint. Ich meine es auch diesmal bitterernst. Wir müssen uns an der Gerechtigkeit messen lassen. Das ist der Rechtsmaßstab für Gerichte.
Anselm von Feuerbach hat bereits 1817 gesagt: Die Gerichte und die Richter sind Diener der Gerechtig keit. Darauf sollten wir uns besinnen. Dieser Fall muss uns mahnen: Was hier schiefgelaufen ist, darf nicht wieder vorkommen. Die Weichen für die Zukunft müssen gestellt werden.
Sie haben gesagt: Verschwörungstheorie. Im Unter suchungsausschuss haben wir keine Beweise für Ver schwörungstheorien gefunden, das stimmt. Es gibt keine Beweise, die das belegen. Tatsache ist aber, dass alles falsch gelaufen ist, was falsch laufen konn te. Keiner möchte das wahrhaben. Man hat sich nie die Zeit genommen, Herrn Mollath einmal anzuhören, sich mit ihm auseinanderzusetzen, ihm einen Funken Ernst entgegenzubringen.
Es war eine Sternstunde dieses Hauses, diesem Mann die Möglichkeit zu geben, in den Ausschuss zu kommen und in aller Öffentlichkeit seine Geschichte zu erzählen. Nach zehn Jahren war das bitter notwen dig. Dieser Akt hat das Vertrauen in den Staat wieder geweckt. In dieser Richtung müssen wir weiterma chen. Dieser Fall soll uns als mahnendes Beispiel die nen. Wir müssen als Gesetzgeber die Weichen stel len, dass in Zukunft solche Fehler nicht mehr gemacht werden, nicht mehr vorkommen können; denn auch das Versagen von vielen kann letztlich zu einem massiven Unrecht führen. Auch wenn jeder für sich meint, er habe in seinem kleinen Bereich richtig ge handelt, dann kann es in der Summe doch katastro phale, fatale und menschenunwürdige Folgen haben. Wir sind gemahnt, an diesen Stellschrauben zu dre hen.
Vielen Dank. – Jetzt hat Herr Kollege Dr. Runge für die Fraktion BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Herr Kol lege.
Frau Präsidentin, Frau Ministerin Merk, Herr Ministerpräsident, werte Kolle ginnen und Kollegen! Der Untersuchungsausschuss, mit dem wir uns hier gerade auseinandersetzen, war der kürzeste, der intensivste und nach unserer Mei nung ein effektiver und effizienter. Er war auch sehr ertragreich. Den Danksagungen, die wir heute haben hören dürfen, schließen wir uns selbstverständlich
von dieser Stelle aus an. Ich möchte noch einmal kurz in Erinnerung rufen, was für uns die Wurzel bzw. die Motivation war, diesen Untersuchungsausschuss zu beantragen und dann einzusetzen. Die Wurzel war, dass wir in mehreren Sitzungen des Rechtsauschus ses - ich erinnere mich an drei Sitzungen, eine im De zember 2012 und dann je eine am 28. Februar und am 7. März 2013 - immer wieder von der Ministerin und von leitenden Beamten mit Halb- und Unwahrhei ten bedient wurden. Darauf haben wir gefordert, dass es so nicht weitergehen kann. Erstens ist der Rechts ausschuss kein Untersuchungsausschuss und zwei tens kann es überhaupt nicht angehen, dass uns lau fend Unwahrheiten erzählt werden.
Ich möchte zunächst einmal die Erkenntnisse aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses, aber auch aus weiteren Recherchen zusammenfassend umrei ßen, bevor wir dann in Details einsteigen. Es ist ganz klar und heute schon gesagt worden, dass es uns nicht zusteht, die Frage zu beantworten, ob Gustl Mol lath an einer psychiatrischen Erkrankung leidet oder nicht. Hierfür gibt es berufenere Menschen; berufener zum einen von der Profession her und zum anderen möglicherweise auch aufgrund ihrer Nähe zu Herrn Mollath.
Jedoch erlauben wir uns nach eingehender Befas sung mit dem Fall schon eine Bewertung der Causa Mollath: Gustl Mollath ist massiv in seinen Rechten verletzt worden. Der Weg und die Methodik, wie man ihn in die Psychiatrie weggesperrt hat, widersprechen allen Grundsätzen von Rechtsstaatlichkeit. Die Zu schreibung von Gemeingefährlichkeit und die entspre chende Beweisführung vor Gericht basierten auf mehrfachem Rechtsbruch. Nachlesen können Sie das beispielsweise im Wiederaufnahmeantrag des Ober staatsanwaltes Dr. Meindl aus Regensburg in der Ver sion von Mitte Dezember 2012. Einweisungs- und Prognosegutachten wurden mehrheitlich allein nach Aktenlage erstellt, wobei diese wiederum wesentliche Sachverhalte falsch dargestellt hat.
Gustl Mollath fand keinerlei rechtliches Gehör. Das gilt in zweierlei Hinsicht: Zum einen betrifft es seine Anzeigen gegen Bankmitarbeiter und Bankmitarbei terinnen und deren Kunden und Kundinnen, und zum anderen betrifft es die Schuldvorwürfe und die Anzei gen gegen ihn. Staatsanwaltschaft und Steuerfahn dung hätten den Anzeigen zu den anonymisierten Ka pitaltransfers in die Schweiz, hinter denen Herr Mollath bekanntlich Schwarzgeldverschiebung und Steuerhinterziehung vermutet hat, zwingend nachge hen müssen, was sie leider nicht getan haben. Fakt ist auch, dass es im Verfahren und in der Entschei dung gegen Gustl Mollath zu krachenden Rechtsfeh lern gekommen ist, was nicht nur Mollaths Anwalt,
sondern auch die Staatsanwaltschaft Regensburg veranlasst hat, hier von Rechtsbeugung und Vertu schung selbiger zu sprechen und zu schreiben. Wir erinnern noch einmal an die beiden Versionen des Wiederaufnahmeantrages von Mitte Dezember letzten Jahres und von Anfang Februar dieses Jahres.
Im Bestreben, die Schieflagen, Fehler und Rechtsbrü che zu vertuschen, begann dann rasch ein Schwei ge-, Lügen- und Verschleierungskartell in Politik und Justiz sein unseliges Wirken. Wie ich eingangs schon sagte, haben Dr. Beate Merk und bayerische Spitzen beamte nicht einmal davor zurückgeschreckt, den Landtag und die Öffentlichkeit immer wieder mit Halb- und Unwahrheiten zu bedienen. Das ist kurz umrissen das Fazit der Arbeit des Untersuchungsausschusses und aus weiteren Recherchen, wobei meine Vorred nerin und mein Vorredner schon ausgeführt haben, dass wir uns mit diesem Fall weiter beschäftigen. Es gibt weitere Akten, die uns jetzt vorliegen, und wir werden weiter nachbohren und unsere Konsequenzen daraus ziehen.
Einige wenige Streiflichter aus dem Untersuchungs ausschuss möchte ich Ihnen vorstellen. Manche sind schon angesprochen worden, die können wir uns des halb an dieser Stelle ersparen. Aber ich möchte Ihnen noch einmal die scheinbar völlig unterschiedliche Auf fassung und die ganz unterschiedlichen Eindrücke aufzeigen, die wir von der SPD, den FREIEN WÄH LERN und den GRÜNEN auf der einen Seite und auf der anderen Seite Sie von der FDP und der CSU hat ten. Wir haben Finanzbeamte erlebt, die über eine viel zu geringe Personalausstattung, vor allem bei den Prüfdiensten - das sind Betriebsprüfung, Steuerfahn dung und Umsatzsteuersonderprüfung – und über massive Arbeitsüberlastung geklagt haben und des halb froh darüber waren, einen Grund finden zu kön nen, um Akten schnell beiseitelegen zu dürfen. Au ßerdem gab es das schon angesprochene Telefonat des Richters der siebten Strafkammer beim Landge richt Nürnberg-Fürth mit dem Chef der Steuerfahnder beim Finanzamt Nürnberg-Süd, in dem der Anzeigen erstatter Gustl Mollath als nicht zurechnungsfähig er klärt wurde, was wiederum ein Grund dafür war, Mol laths Anzeigen nicht weiter zu verfolgen.
Herr Dr. Herrmann, Sie haben hierzu Ausführungen gemacht; diese Ausführungen haben aber nichts mit der Realität zu tun, sie haben nichts damit zu tun, was in den Aktenvermerken, die es ja doch gab, stand, und sie haben vor allem nichts damit zu tun, was der damals zuständige Steuerfahnder Schreiber vor dem Untersuchungsausschuss gesagt hat. Ich zitiere Herrn Schreiber aus dem Untersuchungsausschuss am 14. Mai:
Einige Zeit später - ich weiß nicht, wie lang es genau gedauert hat - hat sich mein Stellenleiter, der Herr Kummer, mit mir in Verbindung gesetzt und gesagt, dass der Richter bei ihm angerufen habe und ihm mitgeteilt habe, dass der Herr Mol lath letztlich nicht zurechnungsfähig sei. Damit war die Anzeige für mich auch nicht mehr weiter überprüfbar.
Diese Aussage finden Sie in dem Protokoll unseres gemeinsamen Untersuchungsausschusses. Dieses zu verniedlichen, ist einfach nicht angebracht.
Der Präsident des Landesamtes für Steuern ist hier schon mehrfach bemüht worden. Aber weil es gar so schön war, bemühe ich ihn noch einmal, und ich setze auch noch eins drauf. Wir haben den Präsidenten er lebt, wie er zuerst die Existenz von Aktenvermerken zu dem oben genannten Telefonat und die Bedeutung des Telefonats für die Einstellung von Untersuchun gen der Steuerfahndung geleugnet hat. Anschließend hat er in einem unseligen Zusammenspiel mit seiner Pressestelle versucht, sich durch rabulistische Diffe renzierungen herauszureden, indem er die Begriffe Notiz, Vermerk, Aktenvermerk, Aktennotiz, hand schriftlich und getippt verwendet und behauptet hat, dazwischen liege jeweils ein großer Unterschied. Schließlich war er im Untersuchungsausschuss be müht, das Bestreiten einer real existierenden Presse mitteilung erklären zu können. Sie erinnern sich, wie er gesagt hat, aus seinem Haus kämen offizielle und nichtoffizielle Pressemitteilungen. All diese Dinge mussten wir wirklich sehr "überzeugend" finden.
Es geht weiter. Ein Verfahren beim Amtsgericht Nürn berg zog sich trotz der behaupteten Dringlichkeit, wel che mit der großen Gefährlichkeit von Herrn Mollath begründet war, mehr als zweieinhalb Jahre hin. Der Vorgang des Verfassens eines sechsseitigen gerichtli chen Beschlusses nahm sehr viele Wochen in An spruch, was vor allem mit der Dauer des Abtippens und des Korrekturlesens begründet wurde. Spannend war nur, dass von demselben Richter viel längere Schreiben äußerst schnell angefertigt werden konn ten. Wir erinnern uns alle daran, wie auf einmal be hauptet wurde, der zuständige Justizbeamte wollte oder konnte nichts tippen, und dann hat es eben so lange gedauert. Auch viele andere Argumentationsst ränge sind hierbei bemüht worden.
Der Vorsitzende Richter der 7. Strafkammer am Land gericht Nürnberg-Fürth, auf deren Entscheidung hin Gustl Mollath nunmehr für mehr als sieben Jahre zwangsweise in der Psychiatrie untergebracht ist, hat
kundgetan, sich niemals mit den Verteidigungsgrün den von Herrn Mollath auseinandergesetzt zu haben. Eine Staatsanwältin hat die Kenntnisnahme wichtiger Unterlagen in Zweifel gezogen, obwohl sie eben diese Unterlagen in ihren Akten immer wieder angespro chen hatte.
Es gab einen weiteren aus unserer Sicht sehr gravier enden Fall: Unterlagen, die von einem Richter am Nürnberger Amtsgericht, versehen mit der Aufschrift "offenbar Strafanzeige wegen Schwarzgeldverschie bung in die Schweiz" an die Staatsanwaltschaft Nürn berg-Fürth expediert worden sind, haben dort niemals die zuständige Abteilung, nämlich die für Wirt schaftsstrafsachen, erreicht, sondern sind von einem Staatsanwalt, der für allgemeine Strafsachen zustän dig war, ganz schnell mit einer Einstellungsverfügung vom Tisch gefegt worden. Dieser Herr konnte sich im Übrigen auch an gar nichts mehr erinnern. Ein Richter am Amtsgericht hat polizeiliche Unterlagen aus einem Verfahren, für welches er gar nicht zuständig war, an einen Psychiater weitergegeben.
Weiter sind wir mit einem gerade einmal zwölf Zeilen langen Schreiben einer Nervenärztin konfrontiert wor den, die Herrn Mollath niemals gesehen, geschweige denn untersucht hatte, ihm jedoch in diesen zwölf Zei len eine psychiatrische Erkrankung und Fremdgefähr lichkeit attestiert hat. Diese Ärztin ist niemals vernom men worden, man hat sie niemals gefragt, was sie denn mit diesen Zeilen bezwecken wollte und warum sie die folgende schöne Grußformel verwendete: "In der Hoffnung, Ihnen mit meinen Angaben gedient zu haben, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen". Unklar ist, wem sie mit diesen zwölf Zeilen gedient zu haben meinte.
All diese Fragen sind bedauerlicherweise niemals ge klärt worden. In unseren Augen kam es zu gravieren den Versäumnissen, wie sie niemals hätten passieren dürfen.
Für uns war der aktuelle Steuerfahnder im positiven Sinne sehr aufschlussreich. Frau Aures hat noch massiv untertrieben. Es sind spürbar mehr als 20 Ver fahren, die sich aber noch gegen wesentlich mehr Steuerpflichtige richten. Es gibt zwei Selbstanzeigen und zwei Strafbefehle. Einiges ist schon abgeschlos sen. Für uns waren das Auftreten und die Ansagen des aktuell prüfenden Steuerfahnders erfreulich. Der Herr vom Finanzamt Nürnberg-Süd hat erklärt, dass er bei jeder namentlichen Anzeige, wenn er noch Fra gen hat, auf den Anzeigenerstatter zugeht. Genau das haben die Herrschaften, die im Jahre 2004 zu ständig waren, der zuständige Steuerfahnder Schrei
ber und dessen Vorsitzender Regierungsdirektor Kummer – wir dürfen ja die Namen nennen –, bestrit ten. Sie haben gesagt, sie richteten sich nie an die Anzeigenerstatter. Des Weiteren hat der aktuell ermit telnde Steuerfahnder erklärt, dass er Herrn Mollath selbstverständlich befragt hätte, säße dieser nicht in der Psychiatrie. Ich zitiere wieder aus dem Protokoll: "Also ich kann nicht mit einem Zeugen argumentieren, der offiziell für nicht zurechnungsfähig erklärt worden ist." Ansonsten hätte man Herrn Mollath selbstver ständlich befragt.
Auf einen wesentlichen Punkt ist bereits Herr Streibl eingegangen. Sie, Herr Herrmann, haben auf einmal fünf Pfeiler genannt, die für Ermittlungen notwendig wären, nämlich die Anzeige aus dem Septem ber 2003, das 106-seitige Konvolut, den Sonderrevisi onsbericht der HypoVereinsbank aus dem Jahr 2003, eine Selbstanzeige und die Ermittlungsmöglichkeiten in die Schweiz. Der Steuerfahnder hat ganz klar ge sagt: Wenn wir die 106 Seiten, den HVB-Bericht und die Anzeige vom Dezember 2003 gehabt hätten, hätte man ermitteln müssen. Alle diese drei Werke hätten die Finanzbehörden im Jahr 2003 bzw. 2004 haben können und haben müssen.
Einige weitere Punkte betreffen Sie, Frau Ministerin. Sie haben uns, genauso wie Vertreter der Staatsan waltschaft im Untersuchungsausschuss, glauben ma chen wollen, dass es ein gänzlich unspektakulärer Vorgang gewesen sei, den Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft Regensburg im Dialog zwi schen den Regensburgern und der Generalstaatsan waltschaft in Nürnberg und wiederum im Dialog zwi schen der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg und Ihrem Haus in wesentlichen Punkten abzuändern. Sie haben immer versucht, den Eindruck zu erwecken, es würde sich dabei um einen Entwurf handeln, um eine Stoffsammlung im Sinne einer Work in progress.
Wenn wir uns den Schriftwechsel und die Vorgänge ansehen, die dazu gehören, sieht das ganz anders aus. Ich zitiere aus einem Schreiben der Regensbur ger Staatsanwaltschaft an den Generalstaatsanwalt in Nürnberg. Dort wird zu einer möglichst schnellen Ent scheidung über die Einreichung des Antrages ge drängt. Ich zitiere: "Am 6. Februar 2013 wurde erneut ein kompletter Wiederaufnahmeantrag mit sämtlichen Unterlagen mit dem Dienstwagen übersandt." Nach Entwurfsstadium klingt dies gar nicht. In diesem Schreiben ist auch die Motivation aufgeführt, warum das besonders schnell gehen muss – von wegen Work in progress. Das war ein fertiger Antrag. Der war auch von der Staatsanwaltschaft in Regensburg als ein solcher gedacht. Selbstverständlich wissen die Regensburger, dass sie das Plazet des Herrn Nerlich brauchen. Es gibt Kollegen von der CSU, die das im
Rechtsausschuss für nicht gut befunden haben. An dere aus anderen Fakultäten haben dem widerspro chen. Ich führe diesen Punkt aber noch ein bisschen weiter.
Wenig glaubhaft in diesem Kontext sind auch die Er klärungen der Ministerin im Untersuchungsausschuss zu dem Entwurf und dazu, dass sich das Ministerium nicht in die Inhalte des Wiederaufnahmeverfahrens einmischen würde. Aufmerksame Beobachter konnten und mussten feststellen: Komisch, es gab längere Sitzungen im Ministerium, die hochkarätig besetzt waren. In diesen Sitzungen wurde sich mit einem die ser Teile, welcher als Entwurf bezeichnet wurde, aus einandergesetzt. Das geht nicht zusammen. Als Mi nisterin kann ich nicht sagen: Wir als Ministerium mischen uns nicht in die Inhalte ein, aber wir machen uns lange Gedanken über Werke, die wieder Entwürfe sein sollen. Für Sie muss die Endfassung relevant sein, weil Sie darüber kommunizieren müssen, aber nicht irgendwelche Fassungen, die sich Ihrer Meinung nach im Entwurfsstadium befinden. Diese Hintergrün de und diese Aussagen leuchten aus, dass es sich hier mitnichten um Entwürfe gehandelt hat.
Letzter Punkt in diesem Zusammenhang: Es war schon sehr bemerkenswert, dass gravierende Rechts verstöße im Verfahren gegen Gustl Mollath vor dem Nürnberger Landgericht, welche nicht nur von Rechts anwalt Strate, sondern auch von Oberstaatsanwalt Dr. Meindl ursprünglich als Rechtsbeugung bezeich net worden sind, auf einmal mit der Formulierung ver sehen wurden: Einige prozessuale Normen wurden nicht ganz eingehalten. Mit dieser Liste könnten wir noch beliebig fortfahren. Aufgrund der Zeit und der Tatsache, dass wir uns nicht wiederholen wollen, möchte ich nur noch zwei Kernaussagen in den Be richten von Frau Meyer und Herrn Herrmann vertie fen.
Herr Herrmann, ich spreche Sie ganz persönlich an. Eigentlich habe ich die Zusammenarbeit als sehr wohltuend empfunden. Sie war sehr unaufgeregt. Sie haben sehr viele Fragen zugelassen, die man als grenzwertig hätte bezeichnen können. Wir können uns dem einen oder anderen Punkt annähern. Auf grund der Art, wie Sie das Ergebnis verzerren und verzeichnen, verlieren Sie bei uns jedoch relativ stark an Ansehen. Zwar wird Sie das nicht sonderlich krat zen, trotzdem sage ich Ihnen das an dieser Stelle.
Ich werde zwei Zitate von Ihnen nennen und sie dann einem Fakten-Check unterziehen. Sie haben gesagt, die Entscheidungen der damaligen Ermittler seien alle vertretbar. Sie haben auch gesagt, der Landtag sei zu jedem Zeitpunkt von der Ministerin vollständig und korrekt informiert worden. Das ist bedauerlich. Diese
Aussagen sind grundlegend falsch. Sie halten den Fakten nicht stand. Wenden Sie sich an die Ministe rin, die Ihnen widersprechen wird. Sie hat Ihnen be reits widersprochen. Mittlerweile hat sie Fehler der Staatsanwaltschaft eingeräumt. Kurz nach ihrer Zeu geneinvernahme am 14. Juni ist sie vor die Presse getreten und hat wortwörtlich erklärt: "Dann muss die Staatsanwaltschaft die Akten an die Finanzbehörden weitergeben; denn die Finanzbehörden haben weni ger hohe Hürden, um ein Ermittlungsverfahren in Gang zu setzen. Das ist nicht geschehen." Das war der O-Ton der Ministerin. Dieser O-Ton wurde im Rahmen der Anmoderation des Bayerischen Rund funks eingeleitet. Sie räumte erstmals ein, dass in ihrem Zuständigkeitsbereich bei der Staatsanwalt schaft Fehler passiert seien. Sie habe gegen Rechts vorschriften verstoßen; denn sie informierte 2003 nicht die Steuerbehörden, obwohl es um Hinweise auf illegale Geldgeschäfte ging. Sie können gerne das Band haben, auf dem die Ministerin im Originalton zu hören ist. Sie sagen, die Entscheidungen der damali gen Ermittler seien alle vertretbar. Nein, sie sind nicht vertretbar.
Es gab zahlreiche Rechtsverstöße von Mitarbeitern der HypoVereinsbank mit strafrechtlicher Relevanz. Es gab keinerlei Bemühungen seitens der Staatsan waltschaft, bei der HypoVereinsbank nachzufassen. Noch einmal zu den Fakten und der Chronologie: In dem 106-seitigen Konvolut, das einem Gericht im September 2003 überreicht worden ist, waren als An lagen Vermögensverzeichnisse, überreicht von der Schweizer Bethmann Bank, Buchungsanordnungen zu anonymen Nummernkonten und ein umfangreicher Schriftwechsel zwischen Mollath und der HypoVer einsbank enthalten. Dort befand sich auch der Brief mit dem Hinweis: Wir haben die interne Revision ein geschaltet. Man hat wieder versucht, uns glauben zu machen, dass man keine Unterlagen von denen be kommt. Herr Herrmann, Ihre Befragung des damals zuständigen Prüfers, Herrn Hermann-Albrecht Heß, war ein Eigentor. Mit dem Einverständnis der Frau Präsidentin und Ihrem Einverständnis, Herr Herr mann, zitiere ich Sie:
Vorsitzender Dr. Florian Herrmann (CSU) : Kommt es vor, dass die Staatsanwaltschaft Ihnen einen Brief schreibt? Also keine Durchsuchung oder keine Anordnung, sondern einfach einen Brief, wo drinsteht: Sehr geehrte HypoVereins bank oder sehr geehrter Herr Heß, bitte übersen den Sie uns doch bitte diese oder jene Unterla gen. Falls das vorkommt, wie verhält sich da Ihr Haus normalerweise? Zeuge Hermann-Albrecht Heß: Also das kommt vor, und soweit ich das be urteilen kann, kooperieren wir da natürlich. Vorsit zender Dr. Florian Herrmann (CSU): War das
auch im Jahr 2003 schon so? Zeuge HerrmannAlbrecht Heß: Davon gehe ich aus. Vorsitzender Dr. Florian Herrmann (CSU): Braucht es dazu förmliche gerichtliche Anordnungen? Zeuge Her mann-Albrecht Heß: Also ich sage einmal letzt lich, denke ich, wird die Rechtsabteilung da mit eingebunden werden, und die entscheiden dann, ob wir das rausgeben oder ob man quasi noch etwas Formelles braucht. Das kommt ja auf die Form der Anfrage an.
Es hat aber gar keine Anfrage gegeben, nicht einmal eine formlose Anfrage. Wie gesagt, die Staatsanwalt schaft hätte einfach die 106 Seiten haben müssen. In den 106 Seiten wurde auf die interne Revision der Hy poVereinsbank verwiesen. Das waren damals unver zeihliche Fehler.
Wie Sie alle wissen, heißt es in dem Revisionsbericht der HypoVereinsbank: "Allen Mitarbeitern waren viele und gravierende Verfehlungen bzw. Verstöße gegen interne und externe Vorschriften unter anderem Abga benordnung, Geldwäschegesetz, Wertpapierhandels gesetz anzulasten." Dem hätte man seitens der Be hörden einfach nachgehen müssen. Dass es nicht geschehen ist, ist ein gravierender Fehler.
Ein dritter Punkt zu Ihrer Ansage, die Entscheidungen der damaligen Ermittler waren vertretbar: Die Anga ben von Gustl Mollath zur Mitwirkung von Bankmitar beitern bei anonymen Kapitaltransfers in die Schweiz waren alles andere als pauschal. Es heißt immer, es sei nur pauschal gewesen. Ich bitte Sie, sich einmal die allererste Anzeige vom Juni 2003 anzusehen. Dazu gab es eine Anlage mit den schon von mir ge nannten Unterlagen, die sich auch im Konvolut fan den. Diese Anzeige ist ganz konkret. Es heißt dort ganz konkret: Meine Frau betreibt Beihilfe zur Steuer hinterziehung. Sie transferiert Gelder in die Schweiz. Er hat konkret die Kurierfahrten ausgeführt, er hat ausgeführt, mit welchem Fahrzeug. Er hat ausgeführt, an welchen Wochentagen, und er hat ausgeführt, wer die Begleiter waren. Das ist ganz konkret, und in die sem Zusammenhang zu sagen, das sei alles zu un konkret und wirr gewesen, ist und war einfach falsch.
Bereits seit August 2000 gab es eine höchstrichterli che Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach die Mitwirkung von Bankmitarbeitern an anonymen Kapitaltransfers ins Ausland strafbar ist. Offenbar wollte man nicht ermitteln, denn man hätte sonst da rauf kommen müssen, dass deutsche Großbanken – zumal die HypoVereinsbank –, eng verflochten mit dem Freistaat Bayern, systematisch und im großen Stil an Steuerhinterziehung mitwirken. Herr Herrmann, wir bitten Sie doch herzlich, Ihre diesbezüglichen Äu
Ein weiterer Punkt, wo ich von einem Faktencheck gesprochen habe, ist Ihre Aussage, der Landtag sei zu jedem Zeitpunkt von der Ministerin vollständig und korrekt informiert worden. Wir könnten zwar reihen weise Punkte herausgreifen – ich glaube, ich habe 20 Seiten zusammengeschrieben –, ich greife aber nur einige markante Punkte heraus. Es ist schon die völlig einseitige Darstellung von Herrn Mollath und von den Zusammenhängen angesprochen worden. Sie haben nur das wirr Klingende herausgenommen, nicht aber die konkreten Punkte, die wir alle benannt haben, zum Beispiel die Buchungsanordnungen, die Anlagen zu den Vermögensverzeichnissen oder den Schriftwechsel.