Protokoll der Sitzung vom 31.03.2009

Meine Damen und Herren, seien Sie doch bitte ein bisschen

leiser und hören Sie den spannenden Ausführungen des Kollegen zu.

Wir vertrauen der Zusage des bayerischen Staatsministers für Umwelt und Gesundheit, bis zum 01.08. eine praktikable Lösung zu finden, bei der diese Innovationsklausel umgesetzt wird.

(Beifall bei der FDP)

Es ist Zeit für mehr Freiheit in den Gaststätten.

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Nein!)

Ich freue mich, dass wir dieses Gesetz auf den Weg gebracht haben.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Fischer. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aussprache ist geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Umwelt und Gesundheit als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Dann ist das so beschlossen.

Die Tagesordnungspunkte 8 und 9, das sind die beiden Initiativgesetzentwürfe der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD-Fraktion zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes auf den Drucksachen 16/13 und 16/15 werden im Einvernehmen mit allen Fraktionen von der Tagesordnung abgesetzt. Sie sollen erst in der Plenarsitzung am 22. April 2009 beraten werden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Gesetzentwurf der Abg. Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes (Kfz- Kennzeichenscanning) (Drs. 16/66) - Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von zehn Minuten pro Fraktion vereinbart. Den ersten Redebeitrag wird Frau Kollegin Tausendfreund leisten.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf wollen wir die jetzige Regelung zum Kfz-Kennzeichenscanning aus dem Polizeiaufgabengesetz streichen; dies vorweg. Artikel 33 Absatz 2

Satz 5 des Polizeiaufgabengesetzes regelt, dass die Kennzeichenerfassung nicht flächendeckend eingesetzt werden darf. Allerdings ermöglicht Artikel 33 Absatz 2 genau dies. Hier wird ein Scheunentor für das automatisierte Verfahren zur Erfassung von Autokennzeichen, von Ort, Zeit und Fahrtrichtung aufgerissen; denn immer dann, wenn die Polizei eine Identitätsfeststellung vornehmen darf, ist auch das Kennzeichenscanning zulässig, also ganz allgemein zur Abwehr einer Gefahr, ohne dass die Gefahr genauer konkretisiert wird. Das kann auch eine rein abstrakte Gefahr sein. Das Kennzeichenscanning kann durchgeführt werden an sogenannten gefährlichen Orten oder an gefährdeten Objekten, an Kontrollstellen nach der Strafprozessordnung oder nach dem Versammlungsgesetz oder überall dort, wo die Schleierfahndung zulässig ist. Sie sehen, das ist ein Freibrief. Dieses Mittel kann immer und überall eingesetzt werden.

Die Datenerhebung ist flächendeckend möglich. Sie mag vielleicht allein aus Kostengründen nicht flächendeckend eingesetzt werden, aber darauf kommt es nicht an, sondern darauf, dass wir eine verfassungsgemäße Regelung wollen, welche die Rechte der Bürgerinnen und Bürger wahrt.

Davon zu unterscheiden ist die Frage, wie es dann weitergeht. Wenn die Daten erhoben sind, kommt es zum Datenabgleich. Auch der Fahndungsbestand, mit dem die Daten abgeglichen werden dürfen, ist sehr, sehr weit gefasst. Der Abgleich darf stattfinden, um gestohlene oder abhanden gekommene Fahrzeuge ausfindig zu machen, wobei mir bisher noch niemand erläutern konnte, wie ein Fahrzeug abhanden kommen kann, wenn es nicht gestohlen worden ist. Auch der Abgleich mit Daten von zur Beobachtung und Fahndung ausgeschriebenen Personen oder mit ausländerrechtlichen Fahndungsdateien darf stattfinden. Das Feld der Daten, mit denen der Abgleich stattfinden kann, ist also sehr weit.

Das Verfassungsgericht hat jedoch festgelegt, dass keine Überwachung ins Blaue hinein stattfinden darf. Wir meinen, dass hier die Grenze überschritten ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Bundesverfassungsgericht hat hier sehr hohe Hürden gesetzt. Als Zweck des Datenabgleichs wird jedoch nach dem Polizeiaufgabengesetz nur eine allgemeine Gefahrenabwehr genannt. Das ist nicht ausreichend und widerspricht dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vom März 2008.

Daran ändert sich auch nichts, wenn sie uns versichern, dass die Daten, sofern keine Treffer darunter sind, umgehend und nicht nachvollziehbar gelöscht werden. Es geht auch anders. So hat Brandenburg ein sehr gutes

Gesetz, an das wir uns anlehnen sollten. Dort sind bereits sehr hohe Hürden für die Datenerhebung, also für den ersten Schritt, eingezogen worden. Dafür müssen gegenwärtige Gefahren für Leib und Leben einer Person vorliegen. Sonstige Voraussetzungen sind auch noch aufgeführt. Voraussetzung ist aber immer die Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr.

Ein weiteres Problem stellt die Frage dar, ob Bayern für diese Regelung überhaupt die Gesetzgebungskompetenz hat. Wenn es sich um Strafverfolgungsmaßnahmen handelt, ist der Bund Inhaber der Gesetzgebungskompetenz. Das Verfassungsgericht hat diese Frage in seiner Entscheidung nicht mehr geklärt, weil es darauf nicht ankam. Wenn man sich aber überlegt, zu welchem Zweck das Kennzeichenscanning eingesetzt wird, nämlich zur Suche nach Personen, gegen die bereits Strafverfolgungsmaßnahmen eingeleitet worden sind, wo Haftbefehle bestehen, oder für die Suche nach einem gestohlenen Fahrzeug, wo es eben schon einen Diebstahl gegeben hat, dann zeigt sich, dass wir hier bereits im Bereich von Strafverfolgungsmaßnahmen sind. Dafür sind die Länder einfach nicht zuständig, sondern nur für die Prävention.

Wir halten die gegenwärtige Regelung für völlig überzogen und rechtlich fragwürdig. Deswegen haben wir die Streichung aus dem Polizeiaufgabengesetz beantragt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Als nächstem Redner erteile ich dem Kollegen Dr. Manfred Weiß für die CSU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, Hohes Haus! Der Gesetzentwurf der GRÜNEN wurde in zwei Ausschüssen des Landtags, im federführenden Innenausschuss und im mitberatenden Rechtsausschuss, eingehend debattiert. In allen Ausschüssen haben die vier anderen Fraktionen den Antrag der GRÜNEN abgelehnt. Die Tatsache, dass Sie sich damit nicht zufriedengeben und die Angelegenheit sogar ins Plenum hochziehen, zeigt, dass Sie wirklich keinem Argument zugänglich sind. Sie haben sich nun einmal festgelegt, und dann kann an Argumenten kommen, was will, Sie nehmen nichts mehr an.

Dennoch will ich kurz erläutern, worum es geht. Es geht darum, entwendete Kraftfahrzeuge sicherzustellen; es geht darum, flüchtige Straftäter, die man in einem bestimmten Fahrzeug vermutet, festzunehmen; es geht darum, Leute von schweren Straftaten abzuhalten, indem man sie vorher mit ihrem Fahrzeug stoppt. Das alles sind polizeiliche Aufgaben, sei es zur Strafverfolgung oder zur Verhinderung von Straftaten.

Dazu könnte die Polizei eine Straße sperren und jedes einzelne Fahrzeug kontrollieren. Dadurch würden sehr viele Menschen in Mitleidenschaft gezogen, die damit gar nichts zu tun haben. Hierbei ist vorgesehen, dass eine Überwachung nicht flächendeckend, sondern nur an ganz bestimmten Stellen stattfindet.

Wenn beim Kfz-Scanning ein Treffer gelandet wird, wird die Aufnahme gespeichert. Wenn also das Kennzeichen eines Fahrzeugs aufgenommen wird, das gestohlen ist oder von dem man vermutet, dass zum Beispiel ein flüchtiger Straftäter drinsitzt, wird die Aufnahme gespeichert und weitergeleitet. Wenn kein Treffer erfolgt, wird überhaupt nichts gespeichert; dann wird die Aufnahme in derselben Sekunde gelöscht. Genau darum geht es. Wir wollen der Polizei die Möglichkeit geben, ihre Aufgabe zu erledigen, ohne dass sie einen allzu großen personellen Einsatz leisten muss.

Es gibt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März des vergangenen Jahres, in der zwei Polizeigesetze, nämlich eines von Schleswig-Holstein und eines von Hessen - also nicht von Bayern -, beanstandet wurden. Genau das, was in dem Urteil gerügt wurde, ist im bayerischen Gesetz nicht gegeben. In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde gerügt, dass in diesen Landesgesetzen keine Regelung über die Speicherung von Daten enthalten ist, die keine Treffer beinhalten. Bei uns werden solche Daten gar nicht erst gespeichert, sondern sofort wieder gelöscht. Das trifft also nicht zu.

Als zweite Regelung ist enthalten, dass eine flächendeckende Überwachung nicht zulässig ist. Diese Regelung steht im bayerischen Gesetz sogar ausdrücklich. Bei uns ist ganz genau ausgewiesen, unter welchen Umständen in welchen Bereichen ein Kennzeichenscanning stattfinden darf. Die Polizei braucht dieses Mittel. Die Praktiker haben uns gesagt, dass sich das Kennzeichenscanning als nützlich erwiesen hat. Darum bitte ich Sie, den Antrag der GRÜNEN abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. Als nächstem Redner erteile ich dem Kollegen Harald Schneider für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen, sehr verehrte Kollegen! Nach der Ersten Lesung vom 3. Dezember 2008 beschäftigen wir uns heute erneut mit dem Kennzeichenscanning. Seit dieser Zeit wurden in Bayern wieder Tausende von KfzKennzeichen automatisch gescannt, aber auch Tausende wurden schon wieder gelöscht, genau wie es den

Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März entspricht. Da kann ich mich den Ausführungen des Kollegen Weiß anschließen: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil nur die Regelungen von Hessen und Schleswig-Holstein kritisiert, Bayern wurde aber nicht beanstandet. Diese beiden Länder wurden kritisiert, weil die Eingriffsnorm nicht präzise genug war. Bayern hat sich streng an die Vorgaben des Verfassungsgerichts gehalten. Es ist keineswegs so, dass hier nach dem Muster verfahren wurde, wie es damals Kollegin Stahl formuliert hat: "Der Zweck heiligt die Mittel."

Ich sehe auch nicht, wie Sie, Frau Tausendschön -

(Allgemeine Heiterkeit)

- Tausendfreund, Entschuldigung -, dass Scheunentore weit geöffnet werden. Das ist absolut nicht der Fall. Bayern muss seine Polizei vielmehr mit allen notwendigen Mitteln ausstatten, um effektiv gegen Straftäter vorgehen zu können.

(Beifall bei der SPD)

Dabei geht es nicht um die Einschränkung von Bürgerrechten, sondern es geht einzig und allein darum, schnell gegen Straftäter einschreiten zu können. Dies beweisen zahlreiche Festnahmen aufgrund des Kennzeichenscannings.

Ich erinnere mich an die Diskussion, in der die Bedeutung des Kennzeichenscannings von den Freien Wählern heruntergespielt wurde. Sie haben darauf hingewiesen, dass es sich in Hessen bei 400 von 700 Fahrzeugen, die hier aufgrund eines Treffers kontrolliert wurden, nur um Versicherungsdelikte gehandelt hat. Das heißt: Die Fahrzeuge waren nicht versichert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche niemandem hier im Hohen Hause, dass er in einen Unfall verwickelt wird, bei dem der Unfallgegner sein Fahrzeug nicht versichert hat, insbesondere wenn dabei Menschen zu Schaden gekommen sind.

Wichtig ist für mich die Tatsache, dass die Kfz-Kennzeichen, die erfasst wurden, in Sekundenschnelle mit den Fahrzeugfahndungsdaten im Computer abgeglichen und dann sofort unverzüglich gelöscht werden. Dadurch ist es auch nicht möglich, wie von den GRÜNEN befürchtet wird, ein Bewegungsprofil zu erstellen. Wäre dies der Fall, hätten Sie uns bei Ihrem Antrag an Ihrer Seite.

Ich bitte aber insbesondere in der Debatte den Eindruck zu vermeiden, dass durch das Kennzeichenscanning in Bayern ein Überwachungsstaat aufgebaut wird. Die automatisierte Kennzeichenerfassung ist nichts anderes als ein Fahndungsmittel, das die Arbeit der Polizei er

leichtert. Es ist in erster Linie die grenzüberschreitende Mobilität der Straftäter, die diese Maßnahme notwendig macht. Mit dem Kennzeichenscanning hat die Polizei ein ordentliches Handwerkszeug an die Hand bekommen, um ihre Arbeit leisten zu können. Aus diesem Grund lehnt die SPD-Fraktion den Antrag der GRÜNEN ab. Bei Artikel 33 des Polizeiaufgabengesetzes besteht momentan nach unserer Auffassung kein Nachbesserungsbedarf.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schneider. Für die Fraktion der Freien Wähler erteile ich dem Kollegen Florian Streibl das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema Kennzeichenscanning muss man doch etwas differenziert sehen. Wie wichtig hier ein unabhängiges Landeszentrum für den Datenschutz ist, zeigt die Tatsache, dass das unabhängige Landeszentrum für Datenschutz von Schleswig-Holstein bereits 2006 hierzu ein sehr beachtliches Papier verfasst hat.

Aber, meine Damen und Herren, die Mobilität hat zugenommen. Mit der gestiegenen Mobilität, die die Grenzen überschreitet, hat natürlich auch die grenzüberschreitende Kriminalität zugenommen. Hier sind wir als Gesellschaft auch gefordert.

Aber das Kennzeichenscanning richtet sich grundsätzlich nicht nur gegen einen Straftäter oder Störer, sondern erst einmal gegen Jedermann. Es erfolgt quasi eine Jedermannskontrolle, weil jeder, der vorbeifährt, erst einmal erfasst und abgebildet wird. Zwar mag dies ein sogenannter Minieingriff in ein Grundrecht sein, der unbescholtene Bürger trifft. Aber die Daten der Bürger werden erst einmal erfasst.

Ziel der Erfassung können drei Dinge sein: Die Identifizierung eines gesuchten Fahrzeugs, die Identifizierung eines gesuchten Kfz-Halters oder die Identifizierung eines gesuchten Kfz-Führers. Die zwei letzteren Punkte sind aber nicht unbedingt zielführend, denn man weiß nie, wer in einem Auto sitzt. Außerdem kann es nur eine annähernde Identifizierung ermöglichen. Die Fahrzeugdaten werden bei einer Erkennung mit dem Fahndungssystem, zum Beispiel von Inpol oder dem Schengener Informationssystem, abgeglichen. In diesem Fahndungssystem werden Straftäter, vermisste Personen, gestohlene Kraftfahrzeuge, aber auch Ausländer, deren Aufenthalt unbekannt ist, gesucht. Derzeit sind in Inpol ungefähr 500.000 ausländerrechtliche Ausschreibungen vorhanden.