Protokoll der Sitzung vom 22.04.2009

(Maria Noichl (SPD): Das ist zynisch!)

Dies war eine gute Investition in ihre eigene Ausbildung und in ihre eigene berufliche Zukunft.

(Bernhard Roos (SPD): Das ist staatliche Aufgabe!)

Damit haben Sie aber auch einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft geleistet; denn wir alle brauchen auch morgen Lehrer, Ingenieure, Ärzte, Juristen, Wissenschaftler, Forscher und viele Führungskräfte mehr, die die Wachstumsfähigkeit in Bayern garantieren. Daher ist es richtig, dass der Freistaat Bayern mit durchschnittlich 4.000 Euro pro Student und Semester den Löwenanteil der Ausbildungskosten trägt. Für diesen großartigen Beitrag in die Zukunft Bayerns danke ich aber auch den Studierenden und den Steuerzahlern. Ich bin davon überzeugt, dass die Studienbeiträge auch für ein gesellschaftliches Umdenken von Bedeutung sind. Es kommen Zeiten, da wird der Staat nicht mehr alles Wünschenswerte erfüllen können.

(Christine Stahl (GRÜNE): Das ist schon jetzt so!)

Vor allem künftige Verantwortungsträger - und nicht nur diese - sollten von dem Selbstverständnis geprägt sein, dass der Staat alleine nicht mehr alles wird schultern können. Die demografische Entwicklung wird uns vor enorme Herausforderungen stellen. Wir werden im Sozialbereich verpflichtet sein, Aufgaben für Menschen zu schultern, von denen wir keinen Eigenanteil einfordern können.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Sie spielen Bildung gegen Soziales aus!)

- Nein. Wir haben das richtige Verständnis von Hochschule.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Gepachtet!)

Frau Kollegin, uns ist durchaus bewusst, dass Studienbeiträge von 500 Euro pro Semester für Studierende und für deren Familien mitunter eine finanzielle und emotionale Belastung darstellen. Aber mit dem Studienbeitragsdarlehen haben wir eine gute Entlastung geschaffen haben. Das ist ein Darlehen ohne Bonitätsprüfung, ohne Sicherheit, ohne Einkommensüberprüfung und ohne großen formalen Aufwand. Die Rückzahlung ist mit Karenzzeit und Stundungsmöglichkeit sozial verträglich geregelt. Das müssen wir nur stärker kommunizieren.

Lassen Sie mich mit einigen Oppositionsmärchen aufräumen. Erstens. Fakt ist und die Zahlen sagen uns, dass Studienbeiträge nicht abschreckend wirken, sonst müssten doch die Studienanfängerzahlen in den Ländern einbrechen, in denen es Studienbeiträge gibt. Das ist aber nicht der Fall. In Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen liegt der Zuwachs im einstelligen Bereich, im Saarland mit 15 % und in Hamburg mit 12 % im zweistelligen Bereich. In Bayern sind die Studienanfängerzahlen 2008 auf einem Höchststand von über 55.000 Studierenden gestiegen. Das ist ein Plus von 4 % gegenüber 2007 und ein Plus gegenüber 2006 von 6 %. Jetzt das Bonbon für die Opposition:

(Ulrike Gote (GRÜNE): Wie viele könnten es sein?)

Einen Rückgang der Studienanfängerzahlen um 2 % hat das von Ihnen zitierte Land Sachsen zu verzeichnen. Dort wird es jetzt keine Studiengebühren mehr geben.

(Florian Ritter (SPD): Schauen Sie sich die Bevölkerungsentwicklung an!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Studienanfängerzahlen in Bayern sprechen die gleiche Sprache. Hätte die Opposition recht, müssten doch vor allem die

Studienanfängerzahlen in dem unmittelbar neben Hessen liegenden Aschaffenburg rückläufig sein. Sie sind es aber nicht, wie mir Herr Präsident Prof. Dr. Diwischek bestätigte.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Weil es noch genügend Reiche im Lande gibt! - Thomas Kreuzer (CSU): Das halten Sie wohl für überflüssig!)

Noch etwas zur Wahrheitsfindung. Die aus Hessen stammenden Studierenden haben das Studienbeitragsland Bayern nicht etwa fluchtartig verlassen.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Doch!)

2006, als wir noch keine Studiengebühren hatten, haben sich 1.115 hessische Hochschulzugangsberechtigte in Bayern ersteingeschrieben. 2008 waren es 1.150, also ein Plus trotz Studiengebühren.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Wie viele aus sozial schwachen Familien?)

Zweitens. Fakt ist: Mit den Studiengebühren werden die Studienbedingungen verbessert. Sie kommen den Studierenden zugute und werden fast ausnahmslos im Konsens mit den Studierenden eingesetzt. Ich gestehe Ihnen zu: Damit es keinen einzigen negativen Ausreißer gibt, begrüße ich bei der Mittelverteilung höchste Transparenz.

Mit den Beiträgen konnte viel Positives bewirkt werden: umfangreichere Studienliteratur, längere Bibliotheksöffnungszeiten, Studienberatung, bessere IT-Infrastruktur, Unterstützung von Studierenden mit Kindern und vieles, vieles mehr. Es entstand ein bereichernder Dialog zwischen Hochschulleitung und Studierenden über die Qualität ihrer Ausbildung. Das ist doch, Kolleginnen und Kollegen, zu begrüßen.

Ein Drittes in aller Klarheit: Kein Euro aus den Studienbeiträgen fließt in den Staatshaushalt. Das soll auch zukünftig so bleiben. Der Freistaat kommt seiner Verpflichtung nach: in den nächsten zehn Jahren werden allein vier Milliarden Euro in den Hochschulbau, in den Ausbau der Hochschulen und in Sanierungsmaßnahmen investiert. Im Doppelhaushalt 2009/2010 stehen für den Hochschulbau in 2009 allein 441,8 Millionen und 2010 484 Millionen Euro zur Verfügung.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Gote?

Das machen wir zum Schluss.

Eine Zwischenbemerkung?

Der Etat des Wissenschaftsministeriums stieg gegenüber dem Nachtragshaushalt 2008 von 4,7 Milliarden um 313 Millionen auf über 5 Milliarden in 2009. Das sind 6,6 % mehr. Von 2003 bis 2010 steigen die Ausgaben im Hochschulbereich um 36,4 %, die des Gesamthaushalts aber nur um 18,3 %.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, bei solch enormen Ausgaben von einer Privatisierung der Bildung zu sprechen, wie Sie es in Ihrem Antrag tun, und von mangelndem Zuwachs an Mitteln im Hochschulbereich, ist schlicht und einfach absurd.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wichtig ist, dass Studienbeiträge sozial verträglich ausgestaltet sind. Kein junger Mensch soll aus finanziellen Gründen auf ein Studium verzichten müssen. So bestehen bereits heute viele Befreiungsmöglichkeiten, etwa für Studierende aus kinderreichen Familien, für Studierende mit eigenem Kind unter zehn Jahren oder für Menschen mit einer Schwerbehinderung. Viele Studierende signalisieren durchaus Verständnis für Studienbeiträge. Denn schließlich verlangen wir auch bei Meister-Ausbildungen einen nicht unbeträchtlichen finanziellen Einsatz. Ich will nicht verschweigen, dass es nach wie vor Studierenden-Familien gibt, die an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit stoßen, vor allem wenn zwei oder mehr Kinder aus einer Familie gleichzeitig studieren. Dass Studienbeiträge generell sozial selektiv sein sollen, kann ich beim besten Willen nicht erkennen. Das ist auch wissenschaftlich nicht belegbar. Die von der Opposition oft zitierte HIS-Studie ist nicht für alle Studiengänge repräsentativ, und das Zahlenmaterial stammt noch aus der Zeit vor der Einführung der Studiengebühren in Bayern.

Dennoch, Familien mit mehreren Kindern haben in der Tat ein höheres Armutsrisiko. Deshalb will die Koalition, dass nur noch ein Kind von mehreren gleichzeitig studierenden Kindern ab dem kommenden Wintersemester Studienbeiträge zahlen muss. Studiengebühren dürfen auch nicht zu hoch sein. Aus Gesprächen mit den Studierenden und aus der bisherigen Praxis hat sich allenfalls ein Betrag von 500 Euro als zumutbar erwiesen. Deshalb werden die darüber hinausgehenden Verwaltungsbeiträge, wie Sie wissen, zum kommenden Sommersemester abgeschafft.

Sie sehen: Wir nehmen die Kritik der Studierenden ernst. Wir beraten derzeit auch intensiv darüber, wie wir aus den Erfahrungen der ersten beiden Jahre mit Studienbeiträgen soziale Belange noch stärker berücksichtigen können. Außerdem wollen wir den Auf- und Ausbau eines Stipendienprogramms voranbringen.

Lassen Sie es mich auf den Punkt bringen: Die CSU ist geprägt vom Leitbild der solidarischen Leistungsgesell

schaft. Wir stehen für Eigenverantwortung. Deshalb werden wir an den Studienbeiträgen festhalten. Wir stehen aber auch für Chancengerechtigkeit und soziale Verantwortung. Deshalb wollen wir finanziell schwierigen Lebensverhältnissen und den Belastungen von Familien Rechnung tragen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. Ich erteile jetzt Frau Kollegin Gote zu einer Zwischenbemerkung das Wort.

Danke schön. - Herr Kollege, die Zahlen, die Sie zu den Studienanfängern genannt haben, können mich nicht überzeugen.

(Dr. Manfred Weiß (CSU): Das brauchen sie auch nicht!)

Ein nominaler Zuwachs sagt nichts darüber aus, ob wir nicht generell unter unseren Möglichkeiten bleiben. Genau das scheint der Fall zu sein. Die Prognosen, die wir über das haben, was wir eigentlich an Studienanfängerzahlen erreichen könnten, erreichen wir nicht. Darüber kann nicht hinwegtäuschen, dass es immer noch mehr sind. Da kommen Ihnen die letzten geburtenstarken Jahrgänge zugute, aber sonst nichts. Sie ignorieren die soziale Schichtung an den Hochschulen völlig. Um das zu erkennen, brauchen Sie nicht die HISStudie; da können Sie alle Sozialerhebungen nehmen, die das Studentenwerk seit Jahren und regelmäßig macht. Darauf bitte ich Sie endlich einzugehen.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass gerade in Bayern, gerade hier in München, die Kinder der Reichen studieren. So brutal und nicht anders müssen wir es sagen: Hier studieren die Kinder der Reichen. Die, die sich das nicht leisten können, kommen erst gar nicht auf die Idee zu studieren, sie suchen sich etwas anderes oder - die gibt es wirklich - gehen in Länder, in denen es keine Studiengebühren gibt.

Wenn Sie daran, dass das so ist, nichts Schlimmes finden, können Sie mit Ihrer Hochschulpolitik so weitermachen und die soziale Schichtung der Gesellschaft weiter so reproduzieren. Denn nichts anderes tun Sie mit dieser Form der Hochschulpolitik, der Bildungspolitik überhaupt, und mit den Studiengebühren. Sie reproduzieren die sozialen Verhältnisse in dieser Gesellschaft. Der Armutsbericht sagt, dass sich die Schere immer weiter öffnet. Beunruhigt Sie das nicht? Wollen Sie daran gar nichts ändern?

Außerdem betreiben Sie damit keine Leistungsförderung. Das ist hochschulpolitisch das Schlimmste. Sie fördern nicht die Leistungselite; mit Ihrer Hochschulpolitik, die den Studierenden diese finanziellen Lasten

abverlangt, fördern Sie die finanzielle Elite dieses Landes, nicht die, die die Leistung bringen könnte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Jörg.

Frau Kollegin, meine Zahlen belegen jedenfalls, dass Bayern ein attraktiver Hochschulstandort ist und auch mit den Studiengebühren geblieben ist.

Frau Kollegin, wenn Sie mir zugehört hätten, wüssten Sie: Wir erwarten für Familien durch die Einführung der Regelung, dass nur noch für ein studierendes Kind Studienbeiträge zu zahlen sind, eine enorme Entlastung. Wir versprechen uns davon, dass wir Ihrer Argumentation jedenfalls insoweit nachkommen. Wir sind der Meinung, dass wir allein mit diesem Beitrag und den anderen, die wir im Ausschuss noch einbringen werden, eine Entlastung schaffen können, sodass es für Studierende ertragbar ist, die Studienbeiträge zu zahlen. Ich kann Sie nur einladen, weiter dafür stark zu werben, dass die Studienfinanzierungsdarlehen in Anspruch genommen werden. Denn sie sind ähnlich wie das BAföG eine Möglichkeit, ein Studium zu beginnen und zu Ende zu bringen, ohne sich zu massiv Gedanken über eine zu hohe Verschuldung in der Zukunft machen zu müssen.

Sie wissen genau: Wenn der berufliche Weg oder die Lebensplanung einen anderen Verlauf nimmt als beabsichtigt, müssen noch nicht einmal die Beiträge zurückbezahlt werden.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Fahn.