Protokoll der Sitzung vom 22.04.2009

Vor dem Hintergrund einer wachsenden Weltbevölkerung, dem zunehmenden Wunsch nach mehr Lebensqualität sowie der Notwendigkeit einer Senkung der CO2-Emissionen möchten wir heute, am Tag der Erde, am 22.04.2009, diesen Dreiklang zwischen Mensch, Natur und Technik betonen. Wir mahnen auch einen Wechsel von fossilen zu nachhaltigen Ressourcen an, beispielsweise zu Bioenergie. Wir brauchen Autos mit weniger Treibstoffverbrauch, zum Beispiel mit weit unter 10 Litern pro Auto, etwa Dienstwagen. Damit wird ein erheblicher Teil der Energiealternativen aus der Land- und Forstwirtschaft kommen.

Wir Freien Wähler wollen mit unserem Dringlichkeitsantrag darauf hinweisen, dass beim Klimaschutz Handlungsbedarf besteht. Wir Freien Wähler wollen aufzeigen, dass dieses Thema nicht nur bei bestimmten Parteien, sondern auch bei der Gruppe der Freien Wähler auf der Agenda weit oben steht, und dass wir Freien Wähler beim Klimaschutz aktiv mitarbeiten wollen. Wir Freien Wähler fordern einen jährlichen Klimaschutzbericht, weil es nicht ausreicht, nur Ziele zu formulieren, ohne diese jährlich zu hinterfragen bzw. zu kontrollieren. Wir wollen Bayern mit diesem KIimaschutzbericht voranbringen.

Herr Dr. Hünnerkopf, ich habe nicht Ihre ganze Rede gehört, aber wir wollen keinen Beitrag zur Bürokratie leisten. Wir wollen, dass Maßnahmen, die im Umweltministerium ohnehin erfasst sind, dem Landtag gebündelt vorgetragen werden. Es gab schon viele Anträge der SPD in den vergangenen Perioden. Es ist nicht so, wie bei einer Landtagssitzung schon einmal gesche

hen. Wir wollen nicht, dass durch den Bericht Dutzende von Beamten mit Arbeit belastet werden; aber ein Bericht muss ohnehin gemacht werden.

Herr Huber, wir weisen darauf hin, dass es schon viele Bundesländer gibt, zum Beispiel Schleswig-Holstein, Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Mecklenburg-Vorpommern oder Dutzende von Großstädten, die einen Klimaschutzbericht erstellt haben. Sie wollen doch immer sagen: Bayern liegt vorne. Dann können wir das doch auch hier machen und hieran mitarbeiten.

(Erwin Huber (CSU): Das ist Bürokratie!)

- Nein, das ist keine Bürokratie. Sie sagen das immer nur. Sie verstecken sich hinter der Bürokratie. Wir sind gespannt, was beim anderen Dringlichkeitsantrag der FDP kommt, ob sie da auch wieder argumentieren, das sei Bürokratie, oder sagen, das sei dann effektiv.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Wir Freien Wähler sehen es eben als zumindest kleinen Beitrag zum Tag der Erde am 22. April 2009. Ich sage Ihnen auch ganz klar, wir wollen keine Partei im Landtag kritisieren, im Gegenteil. Wir wollen, dass im Bayerischen Landtag der Klimaschutz transparenter umgesetzt wird gemäß dem Motto: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Der Publizist Prof. Ulrich Beck - und damit komme ich zum Schluss - schrieb kürzlich in der "Stuttgarter Zeitung": "Globale Gefahren stiften globale Gemeinsamkeiten." Oder: Der chinesische Ausdruck für Krise besteht aus zwei Schriftzeichen: Das erste Schriftzeichen bedeutet Gefahr, das zweite steht für Chance. Wir Freien Wähler hoffen daher, dass diesem Antrag zugestimmt wird; wenn nicht heute, am 22.04.2009, am Tag der Erde, wann dann?

(Beifall bei den Freien Wählern)

Vielen Dank, Herr Kollege. Ich gebe jetzt zwischendurch das Ergebnis der vorher durchgeführten namentlichen Abstimmung zum Gesetzentwurf der Abgeordneten Bause, Daxenberger, Gote u. a. und Fraktion zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes auf Drucksache 16/13 bekannt, das war der Tagesordnungspunkt 5: Mit Ja haben 75 gestimmt, mit Nein 92; Stimmenthaltungen: Keine. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Ich erteile jetzt dem Herrn Kollegen Dr. Goppel das Wort für eine Erklärung zur Abstimmung.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich in der Frage des ersten Abschnittes der Novelle des Hochschulgesetzes in allen Beratungen eher zurückgehalten und herausgehalten. Das Thema, das ich anspreche, ist nicht von der Bedeutung, dass man deswegen gegen das Gesetz stimmen muss. Aber die Bedenken, die der Datenschutzbeauftragte gegenüber Abstimmungsergebnissen geltend gemacht hat, die per Zufall von Studenten über Professoren an einer Hochschule entstehen, anschließend durch staatliches Verdikt zum staatlichen Anteil der Beurteilung der Professoren werden, halte ich für außerordentlich problematisch und gefährlich. Ich will das Hohe Haus durch meine Erklärung darauf aufmerksam machen, dass man diesem Thema in der Wirklichkeit der Hochschule Tag und Nacht hohe Aufmerksamkeit schenken muss, damit wir nicht in die mittelalterliche Zeit entsprechender Prangeraktivitäten zurückfallen. Das haben unsere Professoren nicht verdient.

(Tobias Thalhammer (FDP): Das war eine Erklärung zur Abstimmung?)

Herr Kollege, vielen Dank. Wir fahren jetzt in der Beratung des ersten Dringlichkeitsantrages fort. Die nächste Wortmeldung ist Herr Kollege Wörner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Freien Wähler haben mir mit dem Antrag fast leidgetan. Sie waren vermutlich nicht im Keller des Landtags und haben in den Archiven Unterlagen gewälzt.

(Tanja Schweiger (FW): Doch!)

Solche Anträge wurden bereits mindestens 20-mal gestellt.

(Christa Naaß (SPD): Es waren acht Drucksachen!)

Es ist Ihr gutes Recht, es wieder zu tun. Wir halten es auch für richtig, weil an der Menge der Forderungen, die wir schon immer gestellt haben, wird deutlich: Es war schon immer unser Anliegen, dass ein solcher Bericht gegeben wird. Ich hätte Ihnen aber schon vorher sagen können, wie das Ganze endet; das ist ziemlich klar. Ich glaube, die CSU braucht immer ein bisserl länger, bis sie lernt, wie man mit bestimmten Dingen umgeht.

Wenn Ihre sogenannte Klimapolitik eine Erfolgsstory wäre, dann würden Sie sie weltweit verkaufen. Aber wenn Sie ehrliche Zahlen auf den Tisch legen würden, hätten Sie Probleme. Ich will damit sagen, dass Sie dann offenlegen müssten, dass ein großer Teil der re

generativen Energien Wasserenergie ist. Das haben wir alle nicht erfunden, sondern ganz andere. Damit protzen Sie immer noch. Denn wenn man die Wasserkraft summiert und in Relation zu den anderen regenerativen Energien setzt, sieht man: Bayern hat das Glück, dass genug Wasserkraft vorhanden ist und dass kluge Vorväter und -mütter das vor uns entwickelt haben.

(Zuruf des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

Das Zweite ist - das muss man immer dazu sagen -, dass Bayerns regenerative Energiebilanz und damit die CO2-Einsparung in erster Linie der rot-grünen Gesetzgebung geschuldet ist, also der ganzen Fördermittel, die in Bayern relativ stark, sogar überproportional und richtigerweise abgerufen wurde, um sicherzustellen, dass regenerative Energien nach vorne kommen.

(Zuruf des Abgeordneten Josef Miller (CSU))

Also auch das ist kein Verdienst der Bayerischen Staatsregierung,

(Josef Miller (CSU): Doch!)

sondern ein Verdienst der Menschen in Bayern, weil regenerative Energien für Sie bis vor einigen Jahren noch Teufelszeug - Teufelszeug! - waren.

(Zuruf des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

- Herr Huber, ich kann mich daran erinnern: Für Sie waren doch all diejenigen, die regenerative Energien wollten, Sockenträger. So haben Sie sie in Ihren Bierzeltreden beschimpft.

(Zuruf des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

Heute wollen Sie da Vorreiter sein. Dabei trauen Sie sich nicht einmal eine jährliche Bilanz des Erreichten vorzustellen. Das lehnen Sie ab mit dem leidigen Hinweis auf die Bürokratie. Wenn man natürlich seine Ministerialbürokratie mit eigenen Aufträgen so überfordert, dass sie nichts mehr anderes tun kann, ist es kein Wunder. Wer sie wie Herr Huber - ich sage nur "Frösche" - so ausdünnt, muss sich nicht wundern, dass sie den Aufgaben nicht nachkommt, die wir als Parlamentarier auch an uns selbst stellen, nämlich zu fordern: Wir wollen wissen, wofür wir Geld investieren und welche Erfolge daraus resultieren.

(Erwin Huber (CSU): Das ist Propaganda!)

Das ist die entscheidende Frage. Wir geben für Klimaschutz Geld aus, und zwar nicht zu wenig. Dann würden wir auch gerne wissen, und zwar aufgrund einer ehrlichen und sauberen Rechnung, wie die Erfolgsbilanzen sind. Wer den Steuerzahlern nicht einmal sagen kann,

wie die eingesetzten Mittel wirken, hat doch etwas zu verbergen. Deshalb wundert mich sehr, weshalb Sie die Energiebilanz und die CO2-Bilanz nicht offenlegen wollen,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

damit wir sicherstellen können, dass wir richtig investieren und für die Zukunft das Richtige tun. Wir werden den Antrag unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Kollege Hartmann.

Verehrter Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen der Freien Wähler, ich habe mich über diesen Antrag sehr gefreut, und wir hätten uns wirklich gewünscht, dass ausnahmsweise zumindest die FDP - vielleicht sogar die CSU - diesem Antrag zustimmt würde. Wenn man den Ausführungen von Herrn Hünnerkopf Glauben schenken dürfte, dann ist es doch verwunderlich, dass ich heute beim Recherchieren eine ganze Reihe von Dringlichkeitsanträgen der letzten zwei Jahre genau in diesem Bereich gefunden habe, die aber von der CSU immer abgelehnt worden sind. Es hat nicht hingehauen, so einfach einen solchen Bericht zu fordern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich nenne ein Beispiel: Im Dezember 2007 wurde im Landtag beantragt, zu den Empfehlungen des Klimarates der Bayerischen Staatsregierung zu berichten. Das wurde abgelehnt. Das hätte eigentlich nicht passieren dürfen. Einen Monat später hat man beantragt, wenigstens die Energie- und Klimadaten in Bayern für 2004 zu veröffentlichen. Das hat man auch abgelehnt. Das geht immer so weiter. Genau vor einem Jahr, am 15. April 2008 wurde der Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN abgelehnt, die Staatsregierung möge über die zu erwartenden Reduktionen durch das Klimaprogramm "Bayern 2020" berichten, also über die Folgen des eigenen Programms. Es ist schon erstaunlich, wie damit umgegangen wird. Dieser jährliche Klimaschutzbericht wird sicher Licht in die behauptete Klimapolitik der Staatsregierung bringen.

Bisher hat man nur Klimaallianzen und ein Klimabündnis. Eine ganze Reihe von Zugspitztreffen wurde für die Medien inszeniert, aber vor den harten Fakten kriecht man noch davon. Das finde ich traurig.

Ich möchte das an einem Beispiel deutlich machen. Das bayerische Wirtschaftsministerium veröffentlicht die energiebedingten CO2-Emissionen für Bayern. Schaut

man auf die Website der Bundesregierung, so findet man den Stand von 2008. Ich habe heute früh auf die Seite des Wirtschaftsministeriums in Bayern geschaut: Stand 2005. Das ist merkwürdig. Das Wirtschaftsministerium hat diesen Verzug immer damit begründet, dass die Zahlen in Bayern besonders exakt sind und es deshalb etwas länger dauert. Wir haben aber in Deutschland den Länderarbeitskreis Energiebilanzen. Dieser veröffentlicht aus 15 von 16 Bundesländern Zahlen, zum Beispiel von CO2-Emissionen beim Stromverbrauch und beim Primärenergieverbrauch. 15 Bundesländer melden diese Zahlen, nur Bayern nicht. Ich verstehe nicht, warum man diese Zahlen nicht melden kann. Hat man denn etwas zu verstecken?

Das Schlimmste an dieser Geheimniskrämerei: Wie will man denn das eigene Klimaprogramm "Bayern 2020" jemals evaluieren, wenn im Jahr 2009 gerade einmal Zahlen aus dem Jahr 2005 zur Verfügung stehen? Das ist doch merkwürdig, nachdem es sich um ein Programm handelt, das man 2007 beschlossen hat. Irgendetwas funktioniert da nicht.

Es gibt einen Punkt in der Begründung des Antrags der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der Freien Wähler, den ich nicht ganz mittragen kann. Sie schreiben da: "Auch in Bayern sind umfangreiche Maßnahmen zum Klimaschutz geplant." Sicher ist damit das Klimaprogramm "Bayern 2020" gemeint.

(Widerspruch des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn (FW))

Der Betrag von 350 Millionen wird auf vier Jahre verteilt. Das heißt, es gibt weniger als 100 Millionen pro Jahr. Gerade zwei Drittel der Gelder landen beim Zweck der Senkung der Treibhausgase, und von diesen zwei Dritteln sind wiederum zwei Drittel für die Sanierung der öffentlichen Gebäude. Das ist zwar durchaus richtig, aber das sind doch Hausaufgaben, die jeder vernünftige Immobilienbesitzer beim Unterhalt seiner Gebäude schon längst hätte erledigen können.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)