Im Gegenteil: Sie lassen sich vor den Karren derer spannen, die ein Interesse daran haben, dass die Wahrheit nicht ans Licht kommt, weil dann der Saustall, der jetzt herrscht, ausgemistet werden müsste.
Denn wovor haben Sie denn Angst, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CSU? Vor einer Neiddebatte in den Dörfern? Damit geben Sie doch völlig unnötigerweise ein Stichwort für Neidhammel. Mit Ihrer Politik der Heimlichtuerei erreichen Sie genau das Gegenteil dessen, was Sie vorgeben. Sie tragen damit erst dazu bei, dass EU-Agrarförderung anrüchig erscheinen könnte. Das ist sie aber nicht. Außerdem, Sie wissen doch: Im Dorf kennt man sich. Jeder weiß doch vom anderen, welche Flächen er hat, und kann sich somit bei einer flächenmäßigen Förderung ausrechnen, was dem anderen zusteht.
Anrüchig, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist deswegen nur der Saustall, dass zum Beispiel Südzucker 34,4 Millionen Euro aus dem Topf bekommt, der den Bauern mit Fug und Recht zusteht.
Anrüchig ist der Saustall, dass zum Beispiel eine Tochterfirma der Lufthansa 106.276 Euro abzockt, weil sie auf den Lufthansa-Flügen über die EU-Grenzen hinaus
Zucker, Kaffee, Sahne und Brötchen serviert und damit Agrarprodukte exportiert. Das stinkt im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel, meine sehr verehrten Damen und Herren.
All das muss auf den Tisch, damit endlich reiner Tisch gemacht werden kann. Darauf haben die Bauern ein Anrecht, und darauf haben die Steuerzahler ein Anrecht, denn um deren Geld handelt es sich. Denn das stinkt zum Himmel. Anders ist es mit den Direktzahlungen, die die Bauern erhalten. Es ist nicht anrüchig, dass die EU die Agrarpolitik subventioniert. Es war, ist und bleibt es ein Markenzeichen der SPD, für faire Löhne und gerechte Einkommen zu kämpfen. Das gilt für alle. Unser politischer Leitspruch heißt: Bayern, aber gerechter. Das gilt selbstverständlich auch für die Bauern. Aus unserer Sicht sind nämlich EU-Direktzahlungen keine Almosen, im Gegenteil, das ist gerechter Lohn für die Leistung der Bauern, das ist Förderung für Qualität, aus, Punkt.
Kein Vernünftiger - ich unterstreiche: Vernünftiger! neidet Bauern ihr gerechtes Einkommen. Das machen nur Neidhammel. Und Neidhammel dürfen nicht Richtschnur einer vernünftigen Politik sein.
Um zum Ende zu kommen; die Zeit läuft davon: Die bereits in den vergangenen Tagen ans Licht gekommenen Missstände zeigen, dass die EU-Agrarförderung reformiert gehört, damit sie zielgenauer fördert, also zielgerecht wird. Das Ziel heißt: Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft durch Sicherung eines fairen Einkommens. Darüber und über den besten Weg zum Ziel sollten wir reden, meinetwegen auch streiten.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Alle Mitgliedstaaten der EU haben zum 30. April dieses Jahres die Empfänger der EU-Agrarzahlungen veröffentlicht. Inzwischen haben alle Bundesländer nachgezogen bis auf Bayern, das mit dem Verweis auf datenschutzrechtliche Bedenken die Veröffentlichung verweigert. Abgesehen davon, dass die Begründung eh niemand glaubt, wirft diese Begründung auch die Frage nach der politischen Zurechnungsfähigkeit der Staatsregierung auf. Wenn es datenschutzrechtliche Bedenken gibt, ist zu fragen, warum die Staatsregierung dann am 19. Dezember letzten Jahres im Bundesrat dem Gesetz ohne Wider
spruch zugestimmt hat. Wenn es datenschutzrechtliche Bedenken gibt, ist zu fragen, warum die Zahlungen der zweiten Säule im September letzten Jahres im Internet veröffentlicht wurden. Gelten da andere Grundsätze für den Datenschutz? Man hätte sie auch wieder herausnehmen können, wenn das datenschutzrechtlich problematisch gewesen wäre. Warum soll es ein datenschutzrechtliches Problem sein, wenn die Bauern bei der Antragstellung der Veröffentlichung ausdrücklich zugestimmt haben? Wo ist das Problem in Bayern, wenn nicht ein einziger Landwirt gegen die Veröffentlichung geklagt hat, nicht einmal einen Bauernverbandsfunktionär haben Sie gefunden, der sich für so etwas hergibt.
Nachdem man nun gemerkt hat, wie fadenscheinig und unglaubwürdig dieses Argument ist, versucht man mit dem gestörten Dorffrieden und einer angeblichen Neiddebatte zu argumentieren. Abgesehen davon, dass das nicht gerade sehr schlagkräftige Argumente sind, um geltendes Recht nicht zu vollziehen, stimmen sie einfach nicht. Obwohl die Zahlungen der zweiten Säule seit einem halben Jahr veröffentlicht sind, wäre mir nicht bekannt, dass irgendwo der Dorffrieden gestört wurde oder es zu Neidkampagnen gekommen sei, von Berufskollegen genauso wenig wie von Nichtlandwirten.
Von Berufskollegen schon deshalb nicht - das hat Herr Linus Förster richtig gesagt -, weil wir übrigens ganz leicht anhand der Flächen ausrechnen können, wie viel der Nachbar in etwa bekommt. Ich habe - weil dieses Argument auch von Kollegin Ulrike Müller kommt und inzwischen erkennbar ist, wie die betrieblichen Verhältnisse der Kollegen deutschlandweit sind - Pi mal Daumen überschlagen: 18.000 Euro dürften es nach der zweiten Säule sein. Es waren gut 19.000 Euro, also lag ich nicht ganz schlecht. Frau Kollegin, ich bin mir ganz sicher, Ihre Gemeindebürger, ob Landwirte oder Nichtlandwirte, werden Sie wegen dieser 19.000 Euro nicht anfeinden und deshalb wird der Dorffrieden in Missen auch nicht gestört. Wenn er gestört wurde, dann aus ganz anderen Gründen.
Das Gleiche gilt übrigens auch für die Direktzahlungen an den Herrn Landwirtschaftsminister, wobei ich glaube, dass bei den Direktzahlungen für ihn nicht viel herauskommt, wenn ich richtig informiert bin. Er hat einen Aufzuchtbetrieb für Kalbinnen, wofür es keine Prämie gibt. Daher wird er im Moment auch nicht so gigantisch profitieren. Zu dieser Argumentation, die aus den Reihen der SPD-Fraktion kommt, muss ich sagen, dass die Mitglieder der CSU-Fraktion ihre Zahlen verheimlichen wollen. Wenn nichts anderes herauskommt als die genannten 13.000 Euro, dann ist es das nicht wert, darüber zu diskutieren; denn in Bayern gibt es sehr viele Bauern, die in dieser Größenordnung liegen.
Die wahren Gründe liegen meines Erachtens ganz woanders. Man will bei den Bauern Stimmung machen, von anderen Problemen ablenken und man macht die Angelegenheit zur fünften Kolonne des Bauernverbandes, der diese Kampagne angeleiert hat und will natürlich die Ungerechtigkeiten des Systems verdecken, Ungerechtigkeiten, an denen die CSU und die Staatsregierung nicht unmaßgeblich beteiligt waren. Ich darf daran erinnern, dass wir einen Antrag gestellt haben, dass man nicht Mulchen als Mindeststandard heranzieht, sondern einmal im Jahr Mähen und Abführen. Das wurde abgelehnt. Das heißt, Sie wollen ganz offensichtlich, dass ein Landwirt, wenn er denn die Bezeichnung verdient, der einmal im Jahr seine Flächen abmulchen lässt - wenn er das über den Maschinenring machen lässt, so kostet das 160 Euro, er bekommt 340 Euro und verdient damit das Geld gewissermaßen auf dem Kanapee, zu Hochdeutsch: auf dem Sofa -, die gleiche Förderung bekommt wie die Berufskollegen, die 365 Tage im Jahr auf ihren Höfen die Arbeit leisten. Das war ein Beschluss der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag.
Wenn es nach der CSU-Fraktion ginge, wäre die individuelle Betriebsprämie eingeführt, meine Damen und Herren. Auch dazu gibt es einen eindeutigen Antrag aus dem Jahr 2003, der am 9. Dezember 2003 in diesem Hohen Haus beschlossen wurde. Individuelle Betriebsprämie hätte bedeutet, dass die Milchviehbetriebe auf dem Grünland als Ausgleichszahlung lediglich die 3,55 Cent pro Liter Milch bekämen. Ein Ackerbaubetrieb, ein Maisbetrieb mit Milchviehhaltung hätte demgegenüber nur 400 Euro pro Hektar mehr bekommen. Das macht auf den Liter Milch umgerechnet 8 Cent aus. Das nenne ich Wettbewerbsverzerrung und das innerhalb Bayerns. Gott sei Dank haben sich die Staatsregierung und die CSU mit ihrer Meinung nicht durchsetzen können und unterlagen im Bundesrat der Mehrheit der Bundesländer und der damaligen rot-grünen Bundesregierung.
Man hat auf die datenschutzrechtlichen Bedenken verwiesen. Man sagt, man wartet eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ab. Da trifft es sich natürlich gut, dass diese Entscheidung vermutlich erst nach der Bundestagswahl getroffen wird, sodass man dieses Thema bis dahin hinauszögern kann. Ich könnte das Ganze einfach als populistischen Schwachsinn abtun, der - das sage ich ganz ehrlich - ganz eindeutig die Handschrift des Ministerpräsidenten trägt, weil zu Ihnen, Herr Staatsminister Brunner, so etwas einfach nicht passt.
Das Ganze könnte uns sehr teuer kommen. Inzwischen hat sich auch der Rechnungshof zu Wort gemeldet und vorgerechnet, dass das Vertragsverletzungsverfahren dem Steuerzahler in Bayern rund 13 Millionen Euro kosten könnte, zuzüglich eines täglichen Zwangsgeldes in Höhe von 700.000 Euro. Dieses Geld, meine Damen und Herren, wäre bei den Bauern besser angelegt als in diesem Verfahren.
Ich habe heute eine E-Mail von einem Bürger - ich weiß nicht, was er macht oder welcher Partei er angehört bekommen: Er findet es unerträglich, dass der Steuerzahler dieses offensichtlich opportunistische CSUSchauspiel finanzieren soll, und fragt sich auch, was die CSU hier zu verbergen hat, dass eine solche Konfrontation eingegangen wird. - Ich meine, das drückt die Stimmung in der Bevölkerung sehr gut aus.
Meine Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Fraktion, meine Aufforderung an Sie: Beenden Sie dieses unwürdige und teure Schauspiel und veröffentlichen Sie die Zahlen im Internet. Schaffen Sie Transparenz im Interesse der Steuerzahler, aber - ich füge hinzu - auch im Interesse der Bäuerinnen und Bauern.
Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! "Populistischer Schwachsinn" des Bayerischen Ministerpräsidenten, das war eine Glanzleistung an Lob für die Bayerische Staatsregierung, lieber Herr Adi Sprinkart.
Die CSU-Fraktion und der Bayerische Ministerpräsident wissen, was für die Bauern gut ist und was die Bauern brauchen.
Die 3 % der bayerischen Bauern, Frau Noichl, die bei der Europawahl die SPD gewählt haben und die 3,6 %, die die GRÜNEN gewählt haben, haben das anders beurteilt als die 72 %, die die CSU gewählt haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Freistaat Bayern und die Bayerische Staatsregierung halten Wort. Wir haben den Bauern zugesagt, und zwar schon vor der Wahl, dass wir sie in diesen Angelegenheiten schützen wollen.
Wir schützen die Bauern genau vor diesen Dingen, vor diesen Neiddebatten, die Sie auslösen. Ich komme darauf noch zu sprechen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die Bauern bei uns wirtschaften in einem System, das die Bauern nicht erfunden haben. Jetzt so zu tun, als müssten sich die Bauern in der Öffentlichkeit dafür rechtfertigen, was jahrzehntelang durch politische Entscheidungen eingetreten ist, ist in der Tat unredlich. Niemand von uns hält es für richtig, dass große Konzerne dafür Geld aus dem Agrartopf bekommen, wenn es der Landwirtschaft nicht nützt. Niemand hält das für richtig. Auch wir nicht.
Aber wir sollten ein bisschen unterscheiden. Es gibt durchaus auch Zahlungen an Firmen, die letztendlich der Landwirtschaft, in welcher Form auch immer, wieder zugute kommen können. Aber schließlich bleibt auch die Frage zu klären, meine sehr verehrten Damen und Herren: Hätte irgendein kleiner bäuerlicher Betrieb irgendetwas davon, wenn der andere das nicht bekommt? - Zurzeit wird nicht die Frage gestellt, ob die kleinen Bauern mehr Geld bekommen und die Industrie weniger, sondern die Frage lautet, ob die Gelder richtig eingesetzt werden. Eine Veröffentlichung an sich ändert doch noch lange nichts an dem Missverhältnis, das hier offensichtlich kritisiert wird, meine sehr verehrten Damen und Herren. Was wäre denn viel wichtiger? - Es wäre doch wesentlich wichtiger, sich gemeinsam zu überlegen, auch hier, wie man der Landwirtschaft, den kleinen Bauern, für die Sie plötzlich ein Herz entdeckt haben, helfen kann. Ja, sehr verehrte Damen und Herren, wenn ich höre, dass die SPD plötzlich ein Herz für die Landwirtschaft entdeckt hat, so sage ich, das Herz hätte ich mir bei der Erbschaftssteuer gewünscht, bei der Agrardieselbesteuerung und bei allen diesen Dingen. Da hätten wir Ihre Unterstützung gebrauchen können.
Sie eröffnen einen Nebenkriegsschauplatz, der heißt: Veröffentlichung von Agrargeldern, und nur deswegen, weil Sie genau wissen, dass wir gegenüber der Landwirtschaft im Wort stehen. Wir werden dieses Wort auch einlösen.
In aller Sachlichkeit: Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat den Europäischen Gerichtshof veranlasst zu überprüfen, ob diese Zahlungen in der Tat den datenschutzrechtlichen Vorgaben, dem Persönlichkeitsrecht entsprechen. Sonst sind die GRÜNEN immer der Vorreiter, was Datenschutz, der Schutz von Persönlichkeitsrechten anbelangt. Aber in diesem Fall, wenn es um die Bauern geht, sind die GRÜNEN in der Tat lieber auf der anderen Seite.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Sie nichts in Ruhe abwarten können, das merke ich auch heute wieder. Wir warten in Ruhe ab, was der Europäische Gerichtshof entscheidet, und dann können wir auch reagieren.