Linus Förster
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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Freller hat uns vorhin bei der Debatte zum Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN zur Abschaffung der Studiengebühren bereits darüber aufgeklärt, dass alle wichtigen Entscheidungen in Bayern ausschließlich von der CSU getroffen werden können. So verwundert es mich auch nicht, wenn die CSU den Gesetzentwurf der GRÜNEN erst einmal ablehnen wird. Ich sage: erst einmal, denn ebenso, wie die CSU die Studiengebühren abschaffen wird und nicht die Opposition, wird auch die CSU die Zensur bei Schülerzeitungen abschaffen und diese dem Pressegesetz unterstellen nicht die Opposition.
So war es in diesem Haus schon immer. Die Debatte über die bayerischen Schülerzeitungen folgt konsequent der Gesetzmäßigkeit, wonach die CSU am Anfang so etwas Ähnliches wie eine Haltung oder Meinung hat. Dann zeigt die Realität, dass etwas falsch läuft. Die Opposition erkennt das, weil sie näher am Bürger ist. Wir erarbeiten eine Lösung, die besser ist als die Haltung der CSU, aber das kann die CSU wiederum nicht zugeben. Deswegen lehnt sie unseren
Antrag erst einmal ab, um dann mit einiger Verspätung genau diese Idee als die eigene verkaufen zu können, und zwar in Form eines abgeschwächten Antrags.
Hinsichtlich der Zensur der bayerischen Schülerzeitungen haben wir das schon in der 15. Wahlperiode erlebt, als die SPD am 9. Dezember 2003 ihren Gesetzentwurf hier im Landtag eingebracht hat, der aber an den Stimmen der CSU gescheitert ist. Mit etwas Abstand hat die CSU dann reagiert und im Jahr 2006 immerhin den ersten richtigen Schritt in Richtung Abschaffung der Zensur getan.
Die Helden des richtigen Zitats hießen damals Bernd Sibler, Georg Eisenreich und Ludwig Spaenle, den ich hier jetzt gerade nicht sehe. Georg Eisenreich hat in seiner Rede zum vorliegenden Gesetzentwurf am 25. September 2012 sogar zweimal unumwunden zugegeben − ich zitiere aus dem Protokoll -: Es war höchste Zeit, dass diese Abschaffung in Bayern erfolgt ist. Bravo, Georg! Erkannt! Aber macht doch bitte nicht wieder den unnötigen Umweg über drei Jahre, bevor ihr die Opposition zitieren wollt. Ihr habt es doch in der Hand und könnt gleich die richtige Entscheidung treffen.
Damit es für euer Ego in der CSU nicht so schlimm ist, dass im Fall der Abschaffung der Zensur die CSU nicht beteiligt gewesen wäre, werden wir den Gesetzestext von 2006 entsprechend würdigen: Er war gar nicht so schlecht, ging aber eben nicht weit genug. Du hast es vom Redepult aus eben zugegeben: Die Exekutive hat es versaubeutelt, weil sie nicht in der Lage war, das, worauf es ankommt, richtig umzusetzen.
Die erwähnte Erhebung bei der Jungen Presse Bayerns hat klipp und klar zu dem Ergebnis geführt, dass es immer noch bei einem Drittel der Schülerzeitungsredaktionen eine Zensur gibt. Das ist zu viel.
Auch wir haben mit einzelnen Vertretern der Jungen Presse Bayerns gesprochen. Jeder von uns kennt ja Schülerzeitungsredakteure. Man hat uns gesagt: Die Zensur ist einfach nicht das, was erwünscht ist. Gefragt ist eine freie Meinungsäußerung. Seien wir doch einmal ehrlich: Wir wollen doch alle den mündigen Bürger. Bürgerinnen und Bürger müssen die Mündigkeit irgendwann lernen. Das gilt auch bei der Pressearbeit und der Erstellung von Pressetexten. Sie müssen lernen, dass sowohl die Freiheit als auch die Verantwortung bei der Journalistenarbeit wichtig sind. Die jungen Leute sind in der Lage, diese Verantwortung wahrzunehmen. Der Kollege Gehring hat davon gesprochen, wie die Schüler dabei unterstützt werden können.
Mit diesem Gesetzentwurf wird mehr Klarheit geschaffen und den Zielen einer demokratischen Bildung im Sinne der Pressefreiheit sowie der Wahrnehmung journalistischer Rechte gedient. Deswegen stimmen die Sozialdemokraten dem Gesetzentwurf zu.
An dieser Stelle bitte ich die FDP, zu verzeihen, dass sie in meiner Rede nicht vorgekommen ist. Aber nachdem Herr Seehofer immer wieder betont, dass die CSU mit der Abschaffung politisch falscher Entscheidungen warten müsse, bis die FDP aus dem Landtag geflogen sei, habe ich darauf verzichtet. Denn Sie wissen ja, was Ihnen blüht.
Ich beende meine Rede trotzdem mit der Feststellung: Das Ende der Zensur und die Unterstellung der Schülerzeitungen unter das Pressegesetz werden kommen, aber nicht wegen, sondern trotz der CSU.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 2. Februar
dieses Jahres hat der Bayerische Landtag hier im Plenum die Bayerische Staatsregierung aufgefordert, bei den Beratungen des Bundesrats unsere Bedenken gegen den Vorschlag einer Richtlinie für die Konzessionsvergabe zu formulieren, weil wir einstimmig in diesem Hause eine Regelung über die Dienstleistungskonzession auf europäischer Ebene für nicht erforderlich hielten. Wettbewerbsverzerrungen oder eine Marktabschottung, mit denen die Europäische Kommission in diesem Fall ihren Richtlinienvorschlag begründete, sind nicht belegt. Auch das Europäische Parlament hat bei seinen Beratungen nichts dergleichen festgestellt und als Ergebnis dessen einen Rechtsakt für Dienstleistungskonzessionen für nicht notwendig gehalten.
Trotzdem überrascht uns die EU-Kommission wieder einmal mit einem Richtlinienentwurf, mit dem sie Dienstleistungen von essenziell allgemeinwirtschaftlichem Interesse zugunsten von Liberalisierung und Privatisierung freigeben will. Deswegen bin ich auch den Kolleginnen und Kollegen der CSU und auch einigen der FDP dafür dankbar, dass sie unsere Sorgen bezüglich der Pläne der Europäischen Kommission teilen und die Staatsregierung auffordern, sich auf europäischer Ebene gegen eine Liberalisierung und Privatisierung der örtlichen Trinkwasserversorgung einzusetzen. Die Tatsache, dass sie das tun müssen, heißt aus meiner Sicht auch, dass sie es noch intensiver tun müssen. Deswegen finde ich es schade, dass die FREIEN WÄHLER die Worte "noch intensiver" gestrichen haben.
Mit unserer Ablehnung stehen wir als Landesparlamentarier nicht alleine da. Erst vor ein paar Wochen hat der Präsident des Bayerischen Städtetags, der Nürnberger Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly öffentlich Alarm geschlagen und eindrücklich klargemacht, was sich hinter diesem abstrakten Begriff "Dienstleistungskonzession" verbirgt und welche einschneidenden Änderungen eine Richtlinie für unsere Kommunen, für die kommunale Daseinsvorsorge und damit für unsere Bürgerinnen und Bürger ergeben würde.
Unsere Sorge gilt natürlich erst einmal dem Trinkwasser. Sauberes Wasser spielt nicht nur hier und heute eine Rolle, sondern schon die Römer hatten sich mit ihrem Erfindungsgeist erfolgreich darum gekümmert, dass die Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser versorgt wurde. In meiner Heimatstadt Augsburg, damals noch Augusta Vindelicorum, haben sie Kanäle und Gräben gebaut, die frisches Wasser aus dem Umland nach Augsburg transportierten. Ob das damals bei einem durch und durch liberalisierten Markt gelungen wäre, wage ich zu bezweifeln. Heute, 2000 Jahre später, versorgt uns in Augsburg die öffentliche Hand mit
dem sauberen und reinen Wasser aus dem Naturschutzgebiet im Siebentischwald.
Wenn es nach der EU-Kommission ginge, sollte die kommunale Wasserversorgung demnächst dem freien Markt überlassen werden. Deshalb befassen wir uns hier und heute im Hohen Haus mit dieser Thematik. Unser Bayern wäre angesichts seiner feingliedrigen Struktur der Wasserversorgung in den einzelnen Gemeinden und Kommunen besonders von einer Privatisierung betroffen. Schauen wir doch einmal in die Länder, wo es eine Privatisierung gegeben hat. Schauen wir doch einmal nach London, wo die Wasserversorgung nach einer Idee von Maggie Thatcher privatisiert wurde. Dort war die Privatisierung erst einmal ein Erfolg für die Besitzer der Wassergesellschaften. In die Richtung zielt wohl auch die FDP mit dem Redebeitrag des Kollegen Rohde, wenn sie sagt, sie könne der Liberalisierung etwas abgewinnen. Meistens fließt das Geld dann zu den Konzernen. Wenn es dann nicht klappt, muss man auch an die Abwasserrohre und sonstiges denken, die dann vielleicht privatisiert werden. Das ist doch ein Schmarrn, wenn wir ganz ehrlich sind. Als in London die entsprechenden Reparaturen notwendig wurden, was war der Lösungsvorschlag der Wasserunternehmen? - Der Staat sollte die Leitungen wieder in seinen Besitz nehmen und sie reparieren. Die Liberalisierung der Wasserversorgung ist eine Idiotie, da sollten wir uns nichts vormachen. Ich glaube, hier sind wir alle einer Meinung.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, dass uns das Wasser sehr wichtig ist, haben wir von der SPD auch mit einer Interpellation gezeigt, die unsere Umweltpolitiker eingebracht haben. Ein umfassender Teil dieser Interpellation beschäftigt sich mit den möglichen Veränderungen der Strukturen durch die EU-Dienstleistungsrichtlinie. Wenn die Staatsregierung diese Fragen inzwischen beantwortet und daraus ihre Schlüsse gezogen hätte, müssten wir jetzt gar nicht über diese drei Dringlichkeitsanträge debattieren. Dann wäre das Thema erledigt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollten eigentlich die Beantwortung dieser Interpellation abwarten, bevor wir uns zum Thema Schutz des Trinkwassers äußern, doch die aktuelle Situation macht dieses unverzügliche Handeln notwendig. Das haben wir vorgestern gemerkt, als wir in Brüssel bei Gesprächen waren. Dort hat die Europäische Union bewiesen, dass sie das klare Nein, das No, das Niente und das Njet vieler Organisationen und Verbände zu einer Privatisierung der Trinkwasserversorgung nicht verstanden hat. Ich bin ein begeisterter Europäer; das dürfen Sie mir glauben. Ich bin aber auch ein Anhän
ger des Subsidiaritätsprinzips. Deshalb wenden wir uns gegen diese Brüsseler Pläne.
Die Pläne der EU-Kommission zur Öffnung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betreffen nicht nur das Trinkwasser; sie sind auch eine Gefahr für andere Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge. Wir Sozialdemokraten sind hier ganz nah beim Städtetag und bei den Kommunen, anders als dies die FDP zu sein scheint. Deshalb geht unser Dringlichkeitsantrag auch weiter. Wir wollen die kommunale Daseinsvorsorge als Ganzes im Blick behalten. Deshalb springt für uns der Dringlichkeitsantrag der CSU und der FDP nicht weit genug. Das gilt auch für den nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER mit seinen Verwässerungen, die die Antragsteller als Zugeständnis vorgenommen haben. Dieser Dringlichkeitsantrag geht nicht weit genug. Das sieht nicht nur die SPD-Fraktion so, sondern auch der Bayerische Städtetag. Es geht um mehr als um die Privatisierung der Wasserversorgung. Es geht auch um die Abwasserentsorgung, um Sozialdienstleistungen und um die Rettungsdienste.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb bitte ich Sie im Interesse unserer Städte und Kommunen, unserem weitergehenden Dringlichkeitsantrag zuzustimmen. Alle drei Anträge zeigen, dass wir in Bayern mit unserer Haltung zum Thema Wasser geschlossen dastehen. Hier gibt es mehr zu tun. Ich finde es schade, dass die FREIEN WÄHLER die Worte "noch intensiver" zurückziehen. Ich glaube, dieses Wort "intensiver" wäre bei dieser Thematik dringend notwendig. Lassen Sie uns an den 2. Februar dieses Jahres anknüpfen und ein einheitliches geschlossenes Signal an Brüssel senden, dass wir hinter unseren Städten und Kommunen stehen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir, die SPD, haben für diesen Gesetzentwurf der GRÜNEN große Sympathie. Er entspricht inhaltlich unserem Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen vom 9. Dezember 2003 auf Drucksache 15/117. Allerdings ist der Gesetzentwurf der GRÜNEN den aktuellen Gegebenheiten angepasst und daher up to date. Wir haben damals den Vorstoß unternommen, die Zensur bayerischer Schülerzeitungen zu beseitigen. Für mich war die Einbringung dieses Gesetzentwurfes damals ein großartiges Ereignis. Ich durfte damals nämlich meine Jungfernrede hier im Bayerischen Landtag halten.
Bei diesem Thema habe ich gelernt, dass bestimmte gute Anträge der Opposition von der regierungstragenden Partei erst einmal abgelehnt werden, dass sie aber einige Zeit später in veränderter Form wieder vorgelegt werden. Das ist auch in Ordnung; denn die guten Ideen dieses Hauses sollen zu einem Ergebnis führen. Zu diesem Ergebnis ist es beim BayEUG auch gekommen. Erst hat sich Bernd Sibler als jugendpolitischer Sprecher dafür feiern lassen können. Er hat den ersten Schritt in Richtung Abschaffung der Zensur gemacht. Dann konnte sich 2006 auch Georg Eisenreich dafür feiern lassen.
Eines verstehe ich aber nicht. Sie hatten den Gesetzestext auf einer guten Idee aufgebaut. Der Gesetzestext von 2006 war gar nicht so schlecht. Schülerzeitungsredakteure und Vertreter der Jungen Presse Bayern waren auch mit dem, was in dem Gesetz stand, vorerst zufrieden. Damit hat Georg Eisenreich völlig recht.
Schlimm ist aber, dass Sie selbst diesen Rechtstand nicht konsequent durchgesetzt haben. Die Schulleiter über eine Gesetzesänderung zu informieren, ist Aufgabe der Exekutive, die weitestgehend Ihrer Partei nahe steht, Herr Eisenreich. Dazu muss die Exekutive handeln. Sie haben die Erhebung der Jungen Presse Bayern genannt. Darin wird klipp und klar gesagt, dass es nach Angaben von einem Drittel der Schülerzeitungsredaktionen nach wie vor eine Zensur gibt. Viele sagen, dass die Wahlfreiheit bei vielen Redaktionen gar nicht ermöglicht wird. Deswegen sollte man die Fakten sehen und sagen, dass nach wie vor in mindestens einem Drittel der Fälle eine Zensur stattfindet. Das ist zu viel. Seien wir doch einmal ehrlich: Wir wollen alle - das ist kein Lippenbekenntnis - den mündigen Bürger. Diese Mündigkeit muss der Bürger irgendwann einmal lernen. Das gilt auch für Pressetexte oder Pressearbeit.
Unsererseits besteht vor allem deshalb eine große Sympathie für den Entwurf der GRÜNEN, weil wir uns in diesem Text selber wiederfinden. Wir freuen uns auf die Beratungen im Ausschuss. Für uns ist wichtig, was die Schülerzeitungsredaktionen und die Junge Presse Bayern dazu sagen. Die Zahl, wonach in einem Drittel der Fälle weiterhin Zensur stattfindet, ist eindeutig zu hoch.
(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Kollege - im Landtag wie auch auf der Musikbühne - Thalhammer, ich danke Ihnen, dass Sie im Hinblick auf den Antrag der FREIEN WÄHLER einiges zurechtgerückt haben. Hätten Sie aber nicht auch bei Ihrem Antrag einhaken und ein paar Dinge korrigieren müssen, die im Hinblick auf die Debatte nicht ganz richtig sind? Wenn Sie von den Live-Musikern reden und auch von den Nachwuchskünstlern, denen die Auftrittsmöglichkeiten genommen werden, dann sprechen Sie von Bereichen, für die es bereits Regelungen in sogenannten K-Tarifen gibt. Als es darum ging, ob eine Kleinkunstkneipe für 80 Personen oder eine Veranstaltung wie "Rock am Ring" angemessen bei den Gema-Gebühren berücksichtigt wird, hat niemand den Mund aufgemacht. Das ist inzwischen gegessen, darüber verhandeln wir nicht mehr.
Es wundert mich auch nicht, wenn Sie als Mitglied der FDP dann aktiv werden, wenn es um die Interessen der DEHOGA - Deutscher Hotel- und Gaststättenverband - geht, weil jetzt die Diskotheken für die Nutzung von Musikkonserven mit der Gema verhandeln müssen. Im Übrigen ist die Gema ein selbstverwaltetes Gremium mit dem Recht, selbst zu verhandeln. Sie, Herr Kollege Thalhammer, werden gerade dann aktiv, wenn es um die Hoteliers und die Diskothekenbesitzer geht, die in der DEHOGA organisiert sind. Ich will nicht sagen, dass die Regelungen der Gema richtig sind. Es ist sicher notwendig, dass man sie überarbeitet. Insofern haben Sie vollkommen recht. Es geht auch um die Interessen der Künstler, wie Sie richtig gesagt haben. Wir können aber nicht so tun, als ob die Diskotheken, die von der Musikausbeute leben und ihr Geld daraus generieren, dafür keine höheren Beträge zahlen sollen.
Die DEHOGA hat sich in der Vergangenheit dem Dialog verweigert, und zwar nicht nur dem Dialog mit der Gema, sondern auch dem mit dem Bundesverband der Musikerinitiativen. Ich denke, es ist wichtig, dass wir das Problem kompetent lösen und nicht mit zwei Anträgen, in denen die Dinge vollkommen durchei
nander gebracht werden, in eine Abstimmung gehen. Besser wäre doch ein Hearing mit den Betroffenen. Ähnlich wie Herr Thalhammer -
Ähnlich wie Herr Thalhammer bin auch ich ein Nutznießer, und deshalb bin ich natürlich befangen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Niedersachsen hat die Regelung seit 1996, Sachsen-Anhalt seit 1998, Schleswig-Holstein seit 1998, Mecklenburg-Vorpommern seit 1999, genauso Nordrhein-Westfalen. Sechs Länder haben das aktive Wahlrecht für Kommunalwahlen auf 16 Jahre gesenkt. In Richtung FDP will ich darauf hinweisen, dass die Generalsekretärin der FDP in Bayern, Miriam Gruß, sofern man "Spiegel Online" vom 21.05.2011 glauben darf, ebenfalls Sympathie dafür bekundet. Die Österreicher, die ausdrücklich auf ihre guten Erfahrungen mit dieser Regelung hinweisen, haben das Wahlrecht mit 16 seit 2007, und seit 2009 dürfen die 16-Jährigen auch bei Europawahlen wählen. So weit wollen wir hier gar nicht gehen, auch wenn die SPD der festen Überzeugung ist, dass es richtig wäre, dass 16-Jährige an allen Wahlen teilnehmen.
Unser Gesetzentwurf zur Schaffung der verfassungsmäßigen Voraussetzungen zur Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre bezieht sich auf die Gemeinde-, Landkreis- und Bezirkswahlen. Wir wollen nicht streiten um des Streitens willen, sondern wir
wollen um die Mehrheit werben für etwas, was wir für richtig halten und was Bayern gut anstehen würde.
Nach den sechs deutschen Ländern und einigen europäischen Nachbarn wird es meiner Meinung nach Zeit für Bayern, wenigstens up to date zu sein, wenn wir schon nicht, wie es sonst einige Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses gerne sein möchten, Vorreiter und Meinungsmacher sein können.
Die GRÜNEN sind wie wir schon lange für die Absenkung des allgemeinen Wahlalters auf 16 Jahre. Die FREIEN WÄHLER befürworten dieses Wahlalter zumindest bei den Gemeinde-, Landkreis- und Bezirkswahlen. Und auch einige Vertreter der Regierungsparteien CSU und FDP haben - ich war öfter dabei und könnte sogar Namen nennen - bei Diskussionen mit Jugendverbänden und Jugendringen ihre Sympathie für das Wahlalter "16" bekundet. Deswegen bin ich sehr optimistisch, dass heute im Hohen Haus eine Mehrheit dafür erreicht werden kann, es sei denn, diese Aussagen von Politikern der CSU und der FDP vor Jugendlichen waren reine Lippenbekenntnisse und somit - ich wähle jetzt bewusst die Sprache der jungen Menschen - eine "Riesenverarsche" der jungen Menschen.
- Zitat!
Unter diesen Umständen könnte man die Jugendlichen verstehen, die im Rahmen der im September veröffentlichten Jugendstudie "Sprichst Du Politik?" der Friedrich-Ebert-Stiftung erklärten, dass sie mit den Politikern in den Parlamenten nichts mehr am Hut hätten, weil sie sehr verklausuliert sprächen, selten die Wahrheit sagten und die Jugendlichen viel zu wenig ernst nähmen. Deswegen gehen die Jugendlichen weniger wählen und engagieren sich weniger in politischen Parteien. - Das sind keine rosigen Aussichten für ein demokratisches System.
Das ist aber kein Grund, die üblichen Floskeln zu bemühen, die Jugendlichen seien zu unreif, zu faul, zu spaßorientiert, um sich zu engagieren. Nicht nur die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung sondern auch die berühmte Shell-Studie und der viel bessere, aber von uns sträflich vernachlässigte Bericht der Jugend-Enquete-Kommission des Bayerischen Landtags, auf den wir nachher noch einmal zu sprechen kommen werden, zeigen: Die Jugend hat Wissen, Interesse und Leidenschaft, um sich einzumischen, aber sie findet aufgrund der tiefen Skepsis gegenüber den Politikern und Parteien keinen Anknüpfungspunkt und keine Repräsentanz in diesen Parteien.
Wir diskutieren hier im Hohen Haus über eine Anhebung der Altersgrenze für berufsmäßige Bürgermeister/Bürgermeisterinnen und Landräte/Landrätinnen. Wir wissen noch nicht, ob wir die Altersgrenze völlig aufheben wollen oder erst einmal heraufsetzen. Die Veränderung ist sinnvoll; denn Fakt ist, dass in Deutschland immer weniger Kinder und Jugendliche leben, aber immer mehr ältere Menschen immer länger fit sind, sowohl geistig als auch körperlich.
Klar ist aber auch: Die Jugendlichen werden immer früher fit, und das nicht nur körperlich, sondern auch geistig, weil die Anforderungen der Gesellschaft an sie ständig steigen. Dann sollten sie auch mitbestimmen können, warum und wie das hier abläuft. Aufgrund der demografischen Entwicklung richtet sich die Politik immer mehr an den Interessen der Älteren aus. Der Genosse Peter Paul Gantzer wird sagen: Zeit wurde es. Aktuelle Studien sagen aber - ich zitiere einen Abschlussbericht des Kreisverwaltungsreferats München -:
Durch die demografische Überalterung der Wählerschaft werden Themen der Jugendpolitik nur peripher behandelt, wodurch das Desinteresse der Jugendlichen steigt.
Weiter unten heißt es in diesem Bericht:
Eine Wahlalterabsenkung führt zu einer weiteren Demokratisierung der Gesellschaft.
Den 16- bis 18-Jährigen die Absenkung des Wahlalters vorzuenthalten, gleichzeitig aber den älteren Generationen, und sei es nur der älteren Generation der Mandatsträger, Avancen zu machen, ist nicht fair. Solange junge Menschen von der politischen Willensbildung ausgeschlossen sind, wird die Politik, deren Repräsentanten wir sind, ihre Interessen weiterhin nicht angemessen berücksichtigen.
Vielleicht sind Ältere als Wählerschicht homogener; es sind schließlich mehr. Der Bayerische Jugendring und seine Mitgliedsverbände halten uns deswegen vor: "Abgeordnete und Parteien wollen gewählt werden, also sehen sie vor allem die Interessen derjenigen, die ihnen am meisten Stimmen bringen".
Das sind heute schon die Älteren, und dieser Trend wird sich aufgrund der Bevölkerungsentwicklung in Zukunft noch deutlich verstärken. Ich sage das so provokativ, weil wir uns in der Vergangenheit oft genug mit den Argumenten Pro und Kontra eine Absenkung des Wahlalters auseinandergesetzt haben; ich will das nicht zum x-ten Mal wiederholen. Zahlreiche Befragungen und Studien, nicht zuletzt der Jugend-Enquete-Kommission des Bayerischen Landtags als dem Instrument der hier anwesenden
Abgeordneten, haben immer wieder festgestellt und belegt, dass es weder entwicklungspsychologische noch juristische Gründe gibt, die einer Absenkung des Wahlalters widersprechen würden. Argumente wie "Die jungen Menschen sind politisch zu unreif, wollen selbst überhaupt nicht wählen oder wählen nur radikal", lasse ich nicht gelten. Diese sollten Sie, liebe Kollegen und Kolleginnen von der CDU - CSU - und der FDP, bei Ihrer Argumentation nach meiner Rede gar nicht erst anführen. - CSU. Entschuldigen Sie. Das ist wirklich ein Fauxpas. Das gebe ich zu. - Sonst schießen Sie vielleicht ein Eigentor.
Von den jungen Wählern zwischen 16 und 18 Jahren würden 3 % mehr FDP wählen als in der Gruppe der 18- bis 25-Jährigen. Von den 16- bis 18-Jährigen würden 7 % mehr CSU wählen als in der Gruppe der 25bis 35-Jährigen.
Wenn Sie von der FDP oder der CSU darin ein Zeichen der Dummheit sehen, dann erübrigt sich für mich jeder weitere Kommentar.
Außerdem erlauben Sie den jungen Menschen, mit 16 Jahren in Ihre Partei einzutreten. Wenn Sie jetzt im Anschluss hier am Redepult sagen wollen, ein junges Mitglied der Jungen Union in Bayern sei politisch noch nicht mündig, um Entscheidungen zu treffen, dann erübrigt sich dazu ebenfalls jeder weitere Kommentar.
Für den Fall, dass das Argument der formalen Bildung nicht reicht, sage ich: Für die Bildung, die nötig ist, damit junge Menschen kompetent entscheiden können, sind wir selbst zuständig. Der Bayerische Landtag kann die politische Bildungsarbeit im Sozialkundeunterricht an den Schulen verbessern und so die jungen Menschen befähigen. Das ist übrigens eine Maßnahme, die wir in Verbindung mit einer Absenkung des Wahlalters fordern - nicht aus Misstrauen gegenüber jungen Menschen, sondern weil wir sie ertüchtigen wollen, ihren Weg selbstständig zu gehen.
Die Urteilskraft Jugendlicher ist tatsächlich viel früher ausgeprägt, als viele von Ihnen das annehmen mögen. Viele Kommissionen und Wissenschaftler haben sich bereits intensiv mit dieser Frage auseinandergesetzt und immer wieder belegt, zum Beispiel Professor Hurrelmann von der Universität Bielefeld. Er hat gesagt, dass nach seiner Meinung sogar schon Jugendliche im Alter von 12 Jahren politisch befähigt seien.
Aber ganz nebenbei: Von keiner anderen Wählerschicht erwarten wir die Erfüllung eines Reifekriteriums. Oder wollen Sie in Zukunft so etwas wie einen Alterssenilitätstest für Rentner einzuführen, bevor diese an die Wahlurnen treten dürfen? - Unsere Rechtsprechung geht in vielen Fällen davon aus, dass 14 Jahre ein gutes Alter sind, um bestimmte Dinge zu entscheiden. Von konservativer Seite wollen Sie das Alter der Strafmündigkeit sogar senken, wenn Sie an Jugendlichen ein Exempel statuieren wollen. Sie sehen das auch daran, dass 14-Jährige sich entscheiden können, bei welchem Elternteil sie nach einer Scheidung leben wollen. Sie können in diesem Alter auch entscheiden, ob sie aus der Kirche austreten wollen.
Auch das immer wieder angeführte Argument, Wahlrecht und Volljährigkeit sollten aneinander gekoppelt sein, trifft nicht zu. Sie wissen, bei der Bundestagswahl im Jahr 1972 durften erstmals die damals noch nicht volljährigen 18- bis 21-Jährigen wählen. Die Volljährigkeit begann damals mit 21 Jahren.
- Ich sehe das nicht so. Das ist aber interpretationsfähig. Das Kreisverwaltungsreferat der Stadt München empfiehlt Ihnen übrigens auch nach intensiver Prüfung und einigen Hearings - ich zitiere aus dem Abschlussbericht -:
Die aufgezeigten befürwortenden Argumente, die Einführung in anderen Bundesländern und die dortigen Erfahrungswerte bewegen das Kreisverwaltungsreferat nach intensiver Abwägung zu einer tendenziell zustimmenden Haltung zu dem in Rede stehenden Antrag.
Auch wenn die Stadt München das gerne tun würde, die Zuständigkeit liegt beim Bayerischen Landtag. Der Landtag kann es noch verhindern. Aber wenn Sie heute mitspielen und unserem Antrag zustimmen, dann müssen wir nicht bis zum Jahr 2013 warten, bis wir das unter Ministerpräsident Ude ändern, sondern wir können es heute schon tun.
Sind Sie der Meinung, dass man als Wahlberechtigter wählen gehen muss, oder sehen Sie in einem Wahrecht die Möglichkeit derer, die daran interessiert sind, ihre politische Meinung per Wahl kundzutun?
Liebe Kolleginnen und Kollegen von CSU und FDP, ich befürchte, dass Sie mehrheitlich gegen das Wahlalter von 16 Jahren gestimmt haben. Damit bin ich fast verärgert und überlege mir, warum ich Ihnen zuliebe den nächsten Antrag hochgezogen habe.
Warum "Ihnen zuliebe"? Ich sage es Ihnen. Weil ich mir Sorgen um das Bild mache, das Sie als Parlamentarier der CSU und der FDP in der Öffentlichkeit abgeben, und zwar deswegen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der CSU, weil im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport eine Vertreterin der Staatsregierung aufgetreten ist und Ihnen als Parlamentariern - ich betone ausdrücklich: Parlamentariern - der CSU und FDP Untätigkeit vorgeworfen hat. Ich
werde Ihnen jetzt auch erklären, warum das so geschehen ist.
Die Jugend-Enquete-Kommission des Bayerischen Landtags, die wir zum Ende der letzten Legislaturperiode hier verabschiedet haben, hat große Hoffnungen bei den Jugendlichen, den Jugendverbänden und beim Bayerischen Jugendring erweckt, dessen Präsident extra hergekommen ist, um der heutigen wichtigen Aussprache beizuwohnen. Aber was ist passiert? Wir hatten das Gefühl: sehr, sehr wenig, abgesehen von der Fortschreibung des Kinder- und Jugendprogramms. Diese haben wir jugendpolitischen Sprecher mit - das können Sie im Protokoll nachlesen - geballter Wut und Empörung im Ausschuss durchsetzen müssen. Wir wollten wissen, was sonst passiert ist. Da fragt man natürlich die Staatsregierung. Stellen Sie sich vor: Da kommt eine Vertreterin des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Frau LerchWolfrum, in den Ausschuss und sagt, es sei nichts passiert. Warum ist nichts passiert? Weil es nicht die Aufgabe der Staatsregierung sei, etwas zu tun, wenn eine Jugend-Enquete-Kommission etwas verabschiedet. Hier handelt es sich um eine Empfehlung an die Fraktionen. Die Parteien und die Fraktionen müssen dann etwas machen. Warum ist nichts passiert? Weil es keinen positiven Beschluss gibt.
Ich persönlich habe elf Anträge aus dem Bericht der Jugend-Enquete-Kommission abgeleitet und in den Bayerischen Landtag eingebracht, wobei ich die interfraktionellen Anträge einbeziehe. Das Gleiche gilt für die GRÜNEN und die FREIEN WÄHLER. Wir alle haben Anträge eingebracht. Aber Sie haben sie niedergestimmt. Das ist zwar Ihr Recht als Mehrheit, aber wenn es einen Auftrag im Bericht der JugendEnquete an das Parlament gibt und wir ihn in Anträge umformen, die Sie niederstimmen, dann sind Sie, verdammt nochmal, verpflichtet, einen besseren Antrag einzubringen.
Wenn Sie dies nicht getan haben, dann sind die Worte der Frau Lerch-Wolfrum, dass nichts passiert sei, ein Vorwurf. Es hat keinen einzigen Antrag der CSU und der FDP zur Umsetzung des Berichts der Jugend-Enquete-Kommission gegeben.
Des Weiteren bin ich nicht der Meinung, dass sich die Staatsregierung hier ausschließlich darauf zurückziehen kann, zu sagen, hier habe das Parlament etwas gemacht. Wir haben ausdrücklich - diejenigen, die hier etwas gemacht haben, werden es auch wissen, wenn sie den Bericht der Jugend-Enquete-Kommission gelesen haben - und klar festgestellt, dass es in Verbindung mit dem Bericht der Jugend-Enquete
Kommission Aufträge an die Staatsregierung gegeben hat.
Einer der Aufträge war die Fortschreibung des Kinderund Jugendprogramms in der Richtung der jugendpolitischen Sprecher. Wenn im Ausschuss jemand gesagt hat, dass der Bericht an die jugendpolitischen Sprecher gegangen ist, dann muss er Äpfel von Birnen unterscheiden. Es ist nicht ein Bericht zur Umsetzung des Berichts der Jugend-Enquete-Kommission, sondern ein Bericht zur Fortschreibung des Kinderund Jugendprogramms gegeben worden. Dass der Bericht gekommen ist, haben die fünf jugendpolitischen Sprecher gemeinsam erkämpft. Die Staatsregierung muss es sich als Ohrfeige gefallen lassen, dass wir zu fünft haben antreten müssen, um dieses dringende Anliegen durchzusetzen.
Aber ich sage an dieser Stelle auch: Was wir dann zu hören bekommen und was wir vereinbart haben - da werden mir Sepp, Julika, Ludwig und Thorsten zustimmen -, ist etwas, womit wir leben können. Das bezieht sich aber ausschließlich auf das Kinder- und Jugendprogramm. Zum Bericht der EnqueteKommission ist nichts gesagt worden; es ist auch nichts dazu geschrieben worden.
Ich bin gespannt, was da kommen soll. Ich klammere das Kinder- und Jugendprogramm aus; denn wir haben durchgesetzt, dass dazu etwas gekommen ist. Wenn Sie sich damit zufrieden geben, dass Frau Lerch-Wolfrum gesagt hat, es sei nichts passiert, weil es keinen Antrag gegeben habe, der eine Mehrheit gefunden hätte, dann heißt das doch: Es ist nichts passiert. CSU und FDP haben keinen einzigen mehrheitsfähigen Antrag eingebracht, um die Ergebnisse der Enquete-Kommission umzusetzen.
Frau Sandt, nachdem Sie mich anfangs mit einem Sturm im Wasserglas in Verbindung gebracht haben, freue ich mich, dass Sie versucht haben, auch einen Sturm im Wasserglas zu entfachen. Leider haben Sie zuvor das Wasser ausgeschüttet, deswegen etwas wirr im leeren Raum herumgeschlagen und hier einen deutlichen Beweis Ihrer völligen Inkompetenz zu diesem Thema gegeben. Sie haben sich nämlich zur Fortschreibung des Kinder- und Jugendprogramms geäußert, zu dem ich, nachdem wir gemeinsam zu fünft gearbeitet haben, ausdrücklich gesagt habe, dass wir das zusammen gut gemacht haben - da war ich Ihrer Meinung. Wenn man das Protokoll durchliest, stellt man fest, dass wir das im Ausschuss mit sehr viel Empörung durchgebracht haben.
Die von Ihnen zitierten Sachen haben überhaupt nichts mit unserem Antrag zu tun. Sie sind völlig am Ziel vorbeigeschossen. Es geht um die anderen Punkte der Jugend-Enquete-Kommission. Es geht nicht um den Bericht zum Kinder- und Jugendprogramm. Wenn Sie das nicht auseinanderhalten können, sind Sie als jugendpolitische Sprecherin fehl am Platz.
Eigentlich wollte ich dem Kollegen Herrmann auf seinen Einwurf, dass die Debatte vielleicht nicht emotional, sondern populistisch ist, etwas entgegnen. Aber da er diesen Raum verlassen hat, scheint er das Thema nicht als guten Brenner zu empfinden. Das Geklatsche von vorhin werden wir bis zum Zeitpunkt der namentlichen Abstimmung wahrscheinlich nicht erreichen.
Nach zwei verheerenden Weltkriegen dauerte es Jahrzehnte, bis man die Grenzen in vielen Ländern der EU zugunsten eines vertrauensvollen Klimas abgeschafft hatte. Heute führt die Freizügigkeit innerhalb der EU zur Annäherung an den Faktor der Einheit. Damit Europa irgendwann tatsächlich im Bewusstsein der Menschen ankommt, braucht es diese europaweite Begegnung und diese Reisefreiheit. Nur so entsteht ein europäischer Gedanke. So sind die Vorschläge der Kommission die einzig richtige Antwort auf entsprechende populistische Vorschläge, den europäischen Herausforderungen mit Schlagbäumen und Grenzhäuschen zu begegnen.
Ich möchte ein paar Worte darüber verlieren, warum wir diese Thematik besprechen. Zum Teil hat es Christine Kamm schon vorweggenommen. Ich will aber auch auf die Frage eingehen, ob die in diesem Jahr vollzogenen Alleingänge zur Einführung von Grenzkontrollen auf Fakten oder Ursachen beruhen oder eher innen- oder parteipolitisch motiviert waren.
Aktualität hat die Debatte am 11. Mai bekommen. Unsere dänischen Nachbarn hatten beschlossen, Grenzkontrollen aus Angst vor illegaler Einwanderung und organisierter Kriminalität aus Osteuropa wieder einzuführen. In den Wochen zuvor hatte Italien Flüchtlingen auf Lampedusa eine begrenzte Aufenthaltserlaubnis
für die 25 Länder des Schengen-Raums gegeben. Darauf haben unsere französischen Freunde mit Grenzkontrollen an der französisch-italienischen Grenze reagiert und dort sogar den Zugverkehr eingestellt.
Schauen wir gezielt auf diese Länder und auf ihre damaligen innenpolitischen Konstellationen, muss man die Geschehnisse in einen anderen Kontext setzen. Italien war im Frühjahr dieses Jahres einer großen Zahl von Flüchtlingen ausgesetzt. Hintergrund waren, wie wir alle wissen, die Revolutionen im arabischen Raum. Dennoch stand Italien - das unterstreiche ich hier ausdrücklich - nicht vor einer Apokalypse, sondern vor dem Problem, dass nationale Behörden und die Politik versagten und mit dem Anstieg der Flüchtlingszahl aufgrund ineffizienter Strukturen nicht fertig geworden sind.
Ob Sarkozy die Grenzkontrollen wieder eingeführt hat, weil es eine schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit seines Landes gab - so steht es in Art. 23 des momentan geltenden Schengener Abkommens -, was die Wiedereinführung von Grenzkontrollen ja rechtfertigen würde, oder ob sich Sarkozy als "Law-and-Order"-Politiker - damit hätte er etwas mit unserem Innenminister Herrmann gemeinsam - profilieren wollte, möchte ich hier fragend in den Raum stellen.
In Dänemark hat eine rechtspopulistische Gruppe im Parlament dafür gesorgt, dass sich die damalige Minderheitsregierung ihr beugte und deren eigenwilligen, nicht nachvollziehbaren Forderungen nachkam. Alles in allem sehen wir, dass es in erster Linie parteipolitische Gründe waren. Es ist traurig, wenn Herr Kollege Herrmann versucht, sich in die Tradition dänischer Rechtspopulisten zu stellen.
Jetzt wende ich mich an die drei Kollegen der FDP, die noch hier sind. Sie wollen das in Zukunft weiterhin in dieser Form ermöglichen.
- Okay, es sind fünf anwesend. Bleiben wir bei der Wahrheit!
Wenn Sie sich an Ihrem FDP-Innenexperten Alvaro im Europäischen Parlament orientieren, hätten Sie diesen Antrag niemals mitgetragen. Ihr Kollege Alvaro wurde im Hinblick auf Dänemark im Mai 2011 in der "Zeit" folgendermaßen zitiert:
Wenn sich Dänemarks Regierung von den Rechtspopulisten so unter Druck setzen lässt, dass sie die Axt an eine der europäischen Grundfreiheiten legt, dann stellt sie auch die Gretchenfrage der Mitgliedschaft Kopenhagens im Schengen-Raum.
Ausgerechnet Sie von der FDP wollen nun mit einem gemeinsam mit der CSU eingebrachten Antrag dafür sorgen, dass es auch in Zukunft möglich ist, die Axt an eine der europäischen Grundfreiheiten zu legen.
Angesichts der Probleme des 21. Jahrhunderts, die wir mit Zuwanderung und grenzüberschreitender Kriminalität haben, ist ein europaweit abgestimmtes Vorgehen genau die richtige Antwort. Hier können wir positive Ansätze und gute Erfolge, die wir in Bayern mit unserer Polizei erzielen, in eine gemeinsame europäische Idee einbringen und gemeinsam an einem Sicherheitskonstrukt arbeiten. Aber bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, steht Europa ja seit Ihrem letzten Parteitag unter dem Vorbehalt "Gauweiler und Dobrindt". So heißen die Speerspitzen Ihrer antieuropäischen Haltung, hinter die Sie sich nun zurückziehen. 48 % erhielt Gauweiler bei der Wahl eines stellvertretenden Parteivorsitzenden; aber 100 % würde Gauweiler bezüglich europapolitischer Inhalte bekommen. Eine zukunftsgewandte Politik sieht definitiv anders aus.
Für uns ist Ihr Antrag nicht nachvollziehbar. Inhaltlich zielt er in eine völlig falsche Richtung und macht den Eindruck, als hätten Sie sich nicht ausreichend mit dem Verordnungsvorschlag auseinandergesetzt. Denn was steht in dem Papier der angeblichen Eurokraten drin, lieber Herr Herrmann? - Ich meine hier Herrn Innenminister Herrmann.
Christl Kamm hat hierzu schon einiges gesagt. Die neuen Verkehrsvorschriften sehen vor, dass die Mitgliedstaaten nach wie vor selbst Grenzkontrollen einführen können, wenn sofortiges Handeln geboten ist. Auch der neue Verordnungsvorschlag sieht vor, dass Grenzkontrollen an den Binnengrenzen ausnahmsweise für einen Zeitraum von 30 Tagen erlaubt sind, und das ist auf sechs Monate verlängerbar. Sie sehen also, es gibt in echten Bedrohungssituationen nach wie vor souveräne Entscheidungen der Mitgliedsländer. Diese sind in gar keiner Gefahr. Die Kommission will allerdings solche Kontrollen im Alleingang für höchstens fünf Tage erlauben. Mit so einer Regelung verhindert sie den Missbrauch für populistische Zwecke, wie das im Falle Dänemarks war. Es soll nicht das Ziel sein, dass so etwas wie in Dänemark weiter
hin durchgeht. Ich hoffe, wenigstens in dieser Frage sind wir uns einig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kommissionsvorschlag hat auch neue Gründe für Grenzkontrollen angeführt. Christl Kamm hat dazu schon einiges gesagt. Darüber müssen wir noch diskutieren, denn es darf zu keiner Einschränkung der Reisefreiheit führen. Aber auch die Tatsache, dass es in Gefahrensituationen zu einem Mehr an Kontrollen führen könnte, sind wir gerne bereit mitzutragen. Wir diskutieren hier schließlich im Interesse einer europäischen Sicherheit. Wir sind also bereit, dies mitzutragen, allerdings nur bei echten Gefahren für Europa, nicht aber bei einer Gefahr für die Herrschaft an den Stammtischen.
Der von den GRÜNEN in der Diskussion, aber auch von Christl Kamm formulierten Angst, dass die neuen Regelungen auf Kosten unschuldiger Flüchtlinge gehen könnten, soll damit begegnet werden, dass im Kommissionsvorschlag explizit Maßnahmen zu Beseitigung solcher Problemlagen genannt werden, zum Beispiel durch Frontex und Europol. Außerdem werden auch die anderen Mitgliedsländer in die Pflicht genommen.
Wir werden dem Antrag der GRÜNEN zustimmen und bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. Das ist der richtige Weg, denn wir brauchen in der gegebenen Situation ein Mehr und nicht ein Weniger an Europa, auch wenn das hinsichtlich manch anderer populistischer Themen, die man mit Europa verbindet, derzeit nicht besonders in ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den FREIEN WÄHLERN, ich verstehe zwar nicht, dass Sie dagegenstimmen wollen, aber ich könnte es noch akzeptieren.
Ich verstehe nicht, dass Sie zu diesem Thema den Kollegen Pohl haben reden lassen. Denn eigentlich ist er das Extrembeispiel dafür, dass wir eine Koordinierungsstelle brauchen.
- Das finde ich nicht unverschämt. Man muss einmal versuchen, die Realität zu sehen. Er redet von Problemen, die Leute mit anderen Leuten haben. Aber in Wirklichkeit hat er ein Problem mit dieser Thematik.
Diese Auseinandersetzung beinhaltet eine Schwierigkeit. Sie ist auch emotional. In manchen Bereichen kann sie für diejenigen, die damit ein Problem haben, verletzend wirken. Unsere Aufgabe ist zwar, mit bestimmten Vorstellungen hierher zu kommen und sie zu vertreten. Aber die Realität sieht so aus, dass 5 bis 10 % der Menschen davon betroffen sind. Jeder von uns versucht, zu suggerieren, dass er dafür Verständnis habe.
Wir brauchen eine professionelle Stelle, die koordiniert. Wir brauchen eine Koordinierungsstelle, weil koordiniert werden soll, dass wir lernen, mit dieser Situation umzugehen. Nennen wir es Problematik bei Herrn Pohl oder einfach Realitäten bei den GRÜNEN und der SPD. Wir brauchen also die Koordinierungsstelle.
Die Debatte zeigt ein bisschen die Hilflosigkeit, wie wir mit diesem Thema umgehen. Lassen Sie uns den Mut beweisen, die Koordinierungsstelle einzurichten.
- Wir haben vielleicht ein anderes Staatsverständnis. Aber ich trete für das ein, was wir haben.
Ich verstehe den Ansatz, dass man sagt, die Kommunikation müsse vor Ort stattfinden. Aber München ist nicht das Zentrum der Welt, auch wenn es manche
gern hätten. Bayern ist das Zentrum der Welt. Deshalb muss Bayern die Koordinierungsstelle schaffen, damit wir regional in der Lage sind, Sprachrohr zu sein und aktiv zu werden. Wir brauchen eine Koordinierungsstelle, die die regionalen Aktivitäten bündelt und mit initiiert.
Deswegen bitte ich Sie, liebe Kollegen, springen Sie über Ihren Schatten! Haben Sie den Mut, trotz Ihres Gefühls - Sie haben zwar Verständnis dafür, aber irgendwo ist es doch nicht soweit - Ihre Grenzen zu überwinden und dem Antrag zuzustimmen.
Zur Erwiderung kann ich nur sagen: Ich brauche von dem, was ich aus meiner Sicht heraus gesagt habe, nichts zu widerrufen. Außerdem ist Kollege Pohl jemand, der weiß, wie er es zu nehmen hat; da bin ich ganz zuversichtlich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit der Fußball-WM wissen wir, dass wirklich wichtige Entscheidungen am besten vom Kraken Paul zu treffen wären. Auch im Falle der Absenkung des Wahlalters, zu der ich jetzt kurz sprechen werde, wäre das vielleicht der bessere Weg, zu einem richtigen Ergebnis zu kommen, als das Begehren in diesem Hohen Haus in die Hände der Mehrheit der Regierungskoalition zu legen.
Ich muss gestehen, dass ich bei der Frage nach der Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre den Kraken Paul und seine Muscheln bisher nicht befragt habe. Aber ich kann Ihnen dafür einige wissenschaftlich fundierte und klare Quellenangaben, die für die Absenkung des Wahlalters sprechen werden, nennen. Keine Angst, ich werde bei dieser Zweiten Lesung nicht noch einmal alle Argumente aufwärmen, die wir bisher hatten - zumal auch die Kollegen Perlak, Tausendfreund und Hanisch einige der Argumente genannt haben -, sondern nur noch einmal auf ein paar Dinge ganz klar abzielen.
Vieles von dem, was Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition, gesagt haben, ist nicht unbedingt falsch, aber es ist so willkürlich wie das Absetzen des Kraken in einer mit Muscheln gefüllten Kiste beim Orakel der Fußballsieger. Die Kollegen Lorenz und Fischer haben bei der Ersten Lesung ganz bewusst darauf abgezielt, dass das Wahlrecht und die Volljährigkeit aneinander gekoppelt bleiben sollen. Man merkt, da argumentieren ein Betriebswirt und ein Jurist. Wären sie Politologen oder Historiker, dann wüssten Sie nämlich besser Bescheid. Herr Kollege Hanisch ist zwar auch Ökonom, aber er hat anscheinend eine breitere Allgemeinbildung. Denn er hat darauf hingewiesen, dass bei der Bundestagswahl 1972 die damals noch nicht Volljährigen wählen durften. Die Volljährigkeit lag bei 21 Jahren, warum soll das jetzt nicht gelten?
Dieses Wissen war anscheinend auch mit Grundlage für das Urteil einer eindeutig kompetenteren Vertreterin des Bayerischen Innenministeriums, die 2006 bei einem Hearing der SPD-Landtagsfraktion ganz klar gesagt hat - das war ein Hearing zur Absenkung des Wahlalters auf 14 Jahre -, dass es keine juristische Bedenken gebe, die dem entgegengehalten werden könnten. Sie stand damit nicht allein, denn es gab und gibt keinen schlüssigen verfassungsrechtlich-juristischen Grund für den Ausschluss Jugendlicher vom Wahlrecht als fundamentalem Recht der Demokratie. Dafür gibt es keine Rechtfertigung.
Bei der eingeschränkten Geschäftsfähigkeit, der Anwendung des Jugendstrafrechts auf Jugendliche über 14 Jahren, Religionsmündigkeit, der Wahl, bei welchem Elternteil man in einem Scheidungsfall leben will, und auch der Tatsache, dass man mit 14 in Parteien eintreten, Wahlkampf machen und Unterschriften sammeln darf - auch bei Ihnen, bei der CSU und der FDP ist das der Fall -, ist es doch unsinnig, dann nicht entscheiden zu dürfen, wer letztendlich als Politiker den Wählerwillen vertritt. Aber diese Argumente werden von den Juristen angeführt, unter anderem des bayerischen Innenministeriums, die bestimmt
nicht unter dem Verdacht stehen, sich ständig auf der Seite der SPD herumzutreiben.
Auch entwicklungspsychologische Erkenntnisse haben ergeben, dass es keinen Grund gibt, Jugendlichen ab 14 - ich betone hier wieder ganz bewusst, dass das schon für 14-Jährige gelten sollte, und wir fordern das Wahlalter 16 nur, damit Ihnen die Zustimmung leichter fällt -, dieses Recht abzusprechen. Die Einsichtsfähigkeit für die Bedeutung des Wahlrechts ist da.
Das haben auch die Ergebnisse der Jugend-Enquetekommission ergeben. Da, meine sehr verehrten Damen und Herren, appelliere ich noch einmal an Sie: Vertrauen Sie doch einmal den Erkenntnissen in Forschung und Materialsammlungen, die wir als Abgeordnete in diesem Hohen Haus in Auftrag gegeben haben, und glauben Sie mir doch einmal das, was wir selber erarbeitet haben. Das hat doch auch etwas mit einer Selbsteinschätzung zu tun. Die Jugend-Enquetekommission hat sich in einer Empfehlung klipp und klar - lesen Sie es nach, das ist vielleicht für den einen oder anderen ein Grund, dieses Werk einmal in die Hände zu nehmen - für eine Absenkung des Wahlalters ausgesprochen. Das bringen die jungen Menschen.
Eine Zwischenintervention, damit ich mit meiner Zeit zurechtkomme.
Lassen Sie mich die Zeit noch nutzen. Die Anhörung hat allerdings auch ergeben, dass eine Absenkung des Wahlalters auf 14 Jahre mit einem stärkeren Erlernen von Demokratie an den Schulen zwingend verbunden werden muss.
Lehrpläne und schulisches Leben müssen dementsprechend angepasst werden. Das fordern wir als SPD auch. Das ist doch wunderbar, weil wir es dann wirklich schaffen können, auch im Bereich von Schule und Bildung gemeinsam das bewusste Anwenden von Demokratie und seinen Rechten zu erlernen. Das sollten wir unterstützen.
Kollege Dr. Fischer hat bei der Ersten Lesung ganz richtig gesagt, dass das Wahlalter 16 allein kein Mittel gegen Politikverdrossenheit sei. Da stimme ich ihm zu, auch insofern, als er gesagt hat, am wirksamsten gegen Politikverdrossenheit eine Politik wäre, die weniger verdrossen macht. Er sagte: Es liegt an uns, die jungen Menschen zu motivieren und sie für eine gesellschaftliche und politische Teilhabe zu begeistern. Dazu sage ich: Mit solchen Reden allein hier im Plenum werden Sie das nicht erreichen.
Deswegen bitte ich Sie: Geben Sie den jungen Menschen eine Chance und das ihnen zustehende Recht. Stimmen Sie dem Antrag auf Absenkung des Wahlalters zu.
Dazu kam auch gerade ein Zwischenruf. Natürlich hat der eine oder andere auch schon einmal die Erfahrung gemacht, dass er an einer Schule war und von Jugendlichen erfahren hat, dass sie das vielleicht gar nicht wollen. Aber die Tatsache, dass es Einzelne nicht wollen, ist doch kein Grund dafür, dass wir ihnen grundsätzlich das Recht wegnehmen. Nehmen Sie einmal die Beteiligung an verschiedenen Wahlen und leiten davon ab: So und so viele Leute wollen gar nicht wählen gehen, also lassen wir das mit dem Wählen.
Das Wahlrecht ist ein Recht und dieses Recht dürfen wir den jungen Menschen, die es nutzen wollen, nicht vorenthalten.
Das ist die wesentliche Aussage dabei.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bitte schenken Sie mir einen kurzen Augenblick Ihre Aufmerksamkeit. Nutzen Sie Ihre Imagination und folgen Sie mir in die Zukunft. Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich vor, die Welt wird von einer Übermacht an rüstigen Greisen regiert, die sich junge Menschen und Kinder als Sklaven halten, rechtlos und mittellos.
Das ist nicht der Stoff, aus dem Science-Fiction ist. Das entspringt nicht der kranken Fantasie des jugendpolitischen Sprechers der SPD-Landtagsfraktion, sondern das ist Bestandteil eines seriösen Kommentars einer Journalistin einer seriösen Zeitung meiner Heimatstadt zu einer Studie des internationalen Forschungsverbun
des Population Europe in Berlin. Nach Berechnungen des Forschungsinstituts Prognos wird die deutsche Bevölkerung in den kommenden vier Jahrzehnten um etwa 12 Millionen Einwohner auf nur mehr 70,1 Millionen Einwohner sinken. Vor allem die niedrige Geburtenrate und die noch immer steigende Lebenserwartung werden dazu beitragen, dass die Zahl der jüngeren Menschen weiter sinken wird. Die der best ager wird aber noch zunehmen. Das Durchschnittsalter bei den 20- bis 60-Jährigen wird etwa bei 49,3 Jahren liegen. In dieses statistische Zahlenwerk füge ich nun das Szenario des Forschungsverbundes ein, der nach zwei umfangreichen Befragungen - ich zitiere - "eindeutig feststellen (musste), dass, je älter die Menschen sind, umso weniger heißen sie es gut, dass öffentliche Gelder an Familien und Kinder fließen, und umso mehr fordern sie zusätzliche Mittel für Rentner." Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass es die alternde Demografie den Jüngeren immer schwerer machen wird, öffentliche Hilfe zu bekommen. Zudem sind sie pessimistisch, einen generationenübergreifenden Zusammenhalt der Gesellschaft werde es in Zukunft nicht mehr geben. Macht Ihnen das Angst?
- Nein? Liegt es vielleicht daran, dass wir 20- bis 60Jährigen nicht mehr zu den unter 19-Jährigen gehören werden? Dass wir vielleicht auch nicht mehr zu denen gehören werden, welche das hoffentlich gute und lebenswerte Leben der best ager finanzieren müssen? Also machen wir hier Lobby-Politik für die Älteren und verhindern damit, dass junge Menschen über Maß an Entscheidungen beteiligt werden, die anders ausfallen könnten, als wir es vielleicht in der Vorstufe unserer Altersfreizeit haben wollen.
Wenn dies so wäre, wenn jeder junge Wähler und jede junge Wählerin, die ebenso egoistisch für seine oder ihre Interessen stimmen würde wie wir Älteren, dann wäre jeder von diesen jungen Wähler einer zu viel. Dann stimmen Sie gegen unseren Antrag, der die Zahl dieser jugendlichen Wähler erhöhen könnte. Dann stimmen Sie gegen die Absenkung des Wahlalters auf 16.
Natürlich habe ich hier etwas übertrieben. Peter Paul Gantzer und ich hoffen gemeinsam darauf, dass der Generationenvertrag als wichtiges sozialpolitisches Element erhalten bleibt. Aber haben wir denn so viel Angst vor dem Recht junger Menschen, durch Wahlen in unsere politischen Diskussionen und Entscheidungen einzugreifen? Fakt ist, es gibt in Deutschland immer weniger Kinder und Jugendliche, aber immer mehr ältere Menschen. Aufgrund dieser demografischen Entwicklung richtet sich die Politik an den Interessen der Älteren aus. Peter Paul Gantzer wird sagen:
"Zeit wurde es." Aber das meinte ich mit der provokativen Frage, ob wir nur Lobby-Arbeit für diese Älteren machen wollen. Denn wenn wir das nicht wollen, können wir es nur mit einer Absenkung des Wahlalters verhindern. Denn solange junge Menschen von der politischen Willensbildung ausgeschlossen sind, wird die Politik, also wir, ihre Interessen weiterhin nicht angemessen berücksichtigen. Vielleicht sind ja Ältere als Wählerschicht homogener und es sind ja auch viel mehr. Die Präsidentin des Bayerischen Jugendrings hält uns schließlich auch vor:
Abgeordnete und Parteien wollen gewählt werden, also sehen sie vor allem die Interessen derjenigen, die ihnen die meisten Stimmen bringen. Das sind heute schon die Älteren, und dieser Trend wird sich aufgrund der Bevölkerungsentwicklung in Zukunft noch deutlich verstärken.
Ich sage das so provokativ, weil wir uns in der Vergangenheit oft genug mit den Argumenten pro und kontra Absenkung des Wahlalters auseinandergesetzt haben. Ich will das nicht zum x-tausendsten Mal wiederholen. Aber zahlreiche Befragungen und Studien und nicht zuletzt die Jugend-Enquetekommission des Bayerischen Landtags in diesem Haus haben bewiesen und belegt, dass es weder entwicklungspsychologische noch juristische Gründe gibt, die einer Absenkung des Wahlalters widersprechen würden.
Argumente wie "Die jungen Menschen sind politisch zu unreif, wollen selbst überhaupt nicht wählen oder sind politikverdrossen und wählen nur radikal" lasse ich nicht gelten. Das habe ich an dieser Stelle und auch in der Jugend-Enquete - eine Kollegin in der Jugend-Enquete war auch dabei und hat diese Erkenntnisse mit genießen können - klar gemacht: Diese jungen Menschen sind in der Lage zu wählen. Sie sind vielleicht parteienverdrossen, aber nicht politikverdrossen.
Wenn das Argument, dass die Bildung nicht reicht, greifen soll, sage ich eines: Für die Bildung, die nötig ist, damit junge Menschen kompetent entscheiden können, sind wir selber zuständig. Wir als Bayerischer Landtag können die politische Bildungsarbeit, den Sozialkundeunterricht an Schulen, verbessern und so die jungen Menschen befähigen. Dann kann für junge Menschen auch das Motto gelten: Wer Pflichten hat, muss auch mit adäquaten Rechten ausgestattet sein. Der Bayerische Jugendring unterstützt uns dabei, auch wenn ihm unsere Forderung nicht weit genug geht. Der Bayerische Jugendring fordert nämlich nach wie vor das Wahlalter 14, und auch dafür gibt es sachliche Gründe. Aber wir streben den Konsens an, gemeinsam mit allen Abgeordneten des Bayerischen Landtags in einem ers
ten Schritt das Wahlalter auf 16 Jahre abzusenken. Damit werden hoffentlich auch alle leben können. Diesem Angebot sollten Sie folgen. Stimmen Sie unserem Gesetzesantrag zu. Geben Sie den jungen Menschen die Chance, ihr Recht frühzeitig in Wahlen wahrnehmen zu können. Ich zitiere noch einmal den Bayerischen Jugendring:
Politik interessiert sich heute zu wenig für junge Menschen und nicht umgekehrt. Junge Menschen wollen unsere Gesellschaft mitgestalten, und das Interesse an gesellschaftlicher Teilhabe wächst mit den Möglichkeiten, an Entscheidungen mitzuwirken.
Lassen Sie sich das jetzt durch den Kopf gehen und stimmen Sie unserem Gesetzesantrag zu.
Merry Christmas, Mr. Presi dent!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte Sie um etwas mehr Engagement, um den vielleicht von diesen Maßnahmen betroffenen Jugendlichen oben auf der Zuschauertribüne klarzumachen, dass es hier nicht um einen Schaufenstervortrag geht, sondern dass wir ernsthaft über einen kurzen und bündigen, aber bestimmt nicht falschen Antrag der FDP diskutieren. Ein paar Fragezeichen gibt es allerdings schon, gerade was "kurz und bündig" betrifft.
Erst einmal bin ich überrascht, dass dieser Antrag lediglich einen Bericht und dazu noch einen dringlichen Bericht über präventive Maßnahmen zur Bekämpfung der Überschuldung bei Jugendlichen fordert, wobei Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, anscheinend schon genau zu wissen glauben, was man Ihnen berichten wird, nämlich dass die Präventionsmaterialien nicht hinreichend auf ihre Wirksamkeit evaluiert und die Maßnahmen zumeist nicht ausreichend vernetzt sind. Sie meinen, dass Kinder und Jugendliche bei uns
im Freistaat nicht ausreichend auf den richtigen Umgang mit dem Geld vorbereitet werden. Sie schreiben das in Ihrem Antrag und sagen, dass Sie das dem aktuellen Sozialbericht entnehmen. Warum fordern Sie also einen Bericht der Staatsregierung, der Sie, soviel ich weiß, angehören, statt konkrete Maßnahmen zu fordern, mit denen die Prävention verbessert werden kann?
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, weiter überrascht mich - das allerdings positiv -, dass Sie in Ihrem Antrag die soziale Vererbung von Bildungsarmut monieren. Ich hatte bisher immer den Eindruck - ähnlich wie Kollege Pfaffmann es in seiner Zwischenintervention angedeutet hat -, dass Sie eigentlich kein großes Problem mit unterschiedlichen einkommens- und schichtspezifischen Bildungschancen haben. Ich denke hier zum Beispiel an die Diskussion über die Studiengebühren. In diesem Punkt hat mich Ihr Antrag überrascht und erfreut. Wenn Sie im Kampf gegen die Staatsregierung in Sachen Bildungsgerechtigkeit Hilfe brauchen, stehen wir an Ihrer Seite.
Unabhängig davon werden meine Fraktion und ich den Dringlichkeitsantrag unterstützen, weil wir Schuldenpräventionsprogramme grundsätzlich richtig und wichtig finden und präventiven Maßnahmen grundsätzlich Vorrang vor Strafen einräumen.
Damit bin ich beim dritten Punkt, der mich bei Ihrem Antrag überrascht hat. Mich wundert, dass Sie Ihr Koalitionspartner nicht zurückgepfiffen hat; denn schließlich gehört Präventionsarbeit nicht unbedingt immer zu den Wegen, die Ihre Kolleginnen und Kollegen von der CSU in der Jugendpolitik primär gehen wollen. Ich denke zum Beispiel an die Diskussion über die Verschärfung des Jugendstrafrechts.
Kommen wir zum Antrag. Dass aktive Präventionsarbeit zur Verminderung der Verschuldung von jungen Menschen bei uns im Freistaat wichtig ist, zeigt nicht zuletzt der Befund aus dem Zweiten Bayerischen Sozialbericht, wie Sie im Antrag richtig ausführen und wie auch die Rednerin der CSU richtig gesagt hat. Dort wird unwirtschaftliche Haushaltshaltführung bei über der Hälfte der Fälle als Hauptgrund für die Überschuldung von jungen Menschen zwischen 19 und 25 Jahren angegeben. Dies zeigt, dass eine bessere Vorbereitung der jungen Menschen im Hinblick auf den richtigen und vernünftigen Umgang mit Geld wichtig ist. Allerdings dürfen wir nicht vergessen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die beste Vorbeugung gegen die Überschuldung von jungen Menschen die Vermeidung ihres Armutsrisikos ist. Nach der unwirtschaftli
chen Haushaltsführung ist nämlich Arbeitslosigkeit die zweite Hauptursache für die Verschuldung der jungen Menschen im Freistaat, und gegen Arbeitslosigkeit hilft nun einmal keine Aufklärung über den Umgang mit Geld.
Die Befunde des Zweiten Sozialberichts zeigen, dass Bayern zwar bei der Kinder- und Jugendarmut im Vergleich zum übrigen Bundesgebiet noch relativ gut dasteht. Aber was uns Sorgen bereiten muss, liebe Kollegen und Kolleginnen, ist doch der relative Anstieg der Kinder- und Jugendarmut, der bei uns in Bayern zu verzeichnen ist. Sorgen bereiten muss uns die Wohlstandsschere, die in Bayern immer weiter auseinanderklafft. Sorgen bereiten müssen uns die Kids, die mittags nichts zum Essen bekommen. Sie wissen, liebe Kollegen und Kolleginnen hier auf der Regierungsbank: Von dem Geld, das wir bei der Landesbank verloren haben, hätten wir zehn Jahre lang jedem Schüler in Bayern ein warmes Mittagessen finanzieren können.
Die beste Präventionsarbeit hilft nicht, wenn die Bayerische Staatsregierung weiterhin eine Politik macht, die immer mehr Jugendliche in die Armut treibt. Wir wissen alle: Der Schlüssel, nicht in die Armuts- und Schuldenfalle zu geraten, ist der Zugang zu Bildung und Ausbildung. Solange die Staatsregierung hier weiter vor sich hinträumt, wird sich an der Verschuldungsproblematik von Jugendlichen in Bayern nicht viel ändern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir noch eine letzte Anmerkung zum vorliegenden Antrag. Wenn wir auf den Sozialbericht, auf den Sie sich beziehen, nicht zehn Jahre hätten warten müssen, wären wir schon viel früher auf die Diskrepanz zwischen zahlreichen bestehenden Programmen und deren fehlender Wirksamkeit aufmerksam geworden und hätten schon viel früher handeln können. - Frohes Fest!
Frau Staatssekretärin, ich möchte bezüglich der Frage des Kollegen Thorsten Glauber hinsichtlich der Einschränkung des Konsums von Alkohol im öffentlichen Raum kurz nachhaken. Der zunehmende Alkoholkonsum und vor allen Dingen der Missbrauch von Alkohol mit all seinen Begleiterscheinungen stellt die Kommunen vor erhebliche Probleme. Denn der Ort des Geschehens ist meist der innerstädtische Bereich. Viele Städte und Gemeinden haben deswegen Satzungen und Verordnungen erlassen, in denen sie das Sich-Niederlassen zum Alkoholkonsum im öffentlichen Raum untersagen. Das ist übrigens eine Maßnahme, die der Herr Innenminister Herrmann in den Medien als Antwort auf meine schriftliche Anfrage im Januar dieses Jahres in dieser Sache als ausreichend bezeichnet hat. Das ist sie aber nicht. Der VGH Mannheim hat kürzlich solche Maßnahmen wieder aufgehoben. Es herrscht aus unterschiedlichsten Gründen eine große Rechtsunsicherheit bei den Kommunen. Wenn beispielsweise keine regelmäßige Gefahr von den betreffenden Jugendlichen ausgeht, oder wenn diese den Alkohol nur im Vorbeigehen konsumieren, sich also nicht niederlassen, dann greift diese Regelung nicht. Ich frage Sie deshalb: Wird die Staatsregierung ihre unzureichende Position überdenken, und was gedenken Sie hinsichtlich der für die Kommunen unzureichenden Regelungen des Artikel 7 des Landesstrafund Verordnungsgesetzes zu unternehmen?
(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit dem Karlsruher Urteil, mit dem der Lissabonner Vertrag grundsätzlich für verfassungskonform erklärt wurde, ist in Deutschland eine Diskussion über eine notwendige stärkere Einbindung der parlamentarischen Organe, also von Bundestag und Bundesrat, bei EU-Entscheidungen der Exekutive entbrannt. Diese Einbindung verlangt das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf das sogenannte Begleitgesetz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CSU, in Ihrer Partei wird dabei heftigst gestritten. Der Streit geht bis hin zu persönlichen Angriffen Ihres Generalsekretärs auf verdienstvolle Europaabgeordnete wie zum Beispiel Elmar Brok und bis hin zu wechselseitigen Vorwürfen, dass der jeweils andere keine Ahnung von dem Thema hätte. Taliban-Vorwürfe und systematische Demontagen Ihres Landesgruppenchefs in Brüssel möchte ich dabei gar nicht erwähnen. Ich will auch zu dieser aus meiner Sicht triebgesteuerten Wahlkampfkraftmeierei heute nicht viel sagen.
Ich möchte nur eines sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Treiben Sie es nicht so weit, dass am Ende die Interessen Deutschlands in Europa Schaden nehmen. Wir brauchen als Deutsche und als Bayern eine funktionsfähige und leistungsstarke Europäische Union. Dazu brauchen wir den Lissabon-Vertrag. Wir brauchen auch eine starke und wirksame Vertretung Deutschlands und Bayerns in Brüssel.
Eine deutsche Bundesregierung als lahme Ente kann die Interessen des bayerischen Löwen nicht zur Geltung bringen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es steht viel auf dem Spiel.
- Natürlich gehöre ich als Bayer zu den Löwen.
Herr Sinner, wenn einige in Ihrer Partei, aus welchen parteitaktischen Motiven auch immer, es unter dem Mäntelchen "mehr Demokratie" darauf anlegen, dass der Lissabon-Vertrag doch noch zu Fall gebracht wird, indem aus Deutschland das falsche Signal an die Iren geht, wenn Ihre Parteifreunde damit Erfolg hätten, ginge sehr viel kaputt. Das wäre ein Fiasko für Deutschland, für Bayern und für uns alle.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ich glaube aber, dass wir uns mit den ausgewiesenen Europapolitikern in Ihrer Fraktion in diesem Punkt einig sind.
- Herr Sinner, ich komme zu meinem Antrag, für den ich um Ihre Zustimmung werbe, denn er ist ein zutiefst bayerischer Antrag. Er ist kein europapolitischer Antrag, auch wenn er im Zusammenhang mit dem Karlsruher Urteil steht.
- Ich weiß, Sie fühlen sich hier besonders betroffen, und deswegen drücken Sie Ihre Betroffenheit in Form eines Angriffs aus. Das müssen Sie auch einmal aushalten.
Unser Antrag steht im Zusammenhang mit dem Karlsruher Verlangen, die Legislative gegenüber der Exekutive zu stärken. Das heißt, Karlsruhe fordert eine größere Mitwirkung des Parlaments in politischen Entscheidungen. Das gilt nach meiner und nach Meinung der SPD nicht nur für supranationale Konstellationen wie für die EU, sondern das gilt noch mehr für ein föderatives System. Deshalb wollen wir mit unserem Antrag erreichen, dass die Staatsregierung - ich zitiere aus unserem Antrag - "vor Entscheidungen im Bundesrat ihr Abstimmungsverhalten jeweils vor der Sitzung der Länderkammer dem Landtag durch ein Mitglied der Staatsregierung darzulegen und zu begründen" hat. In einer parlamentarischen Demokratie sollte das eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, denn der Geist unserer Verfassung ist eindeutig ein parlamentarischer. Er besagt, dass der einzig legitime Ort für politische Willensbildungen und Entscheidungen die Parlamente sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, bei den Diskussionen über den Föderalismus in der letzten Legislaturperiode hatte ich für mich persönlich das Gefühl, die SPD wäre etwas parlamentslastiger und Ihre Frak
tion etwas exekutivhöriger. Doch die Diskussion über weiterreichende Rechte und Kompetenzen des Parlaments, wie sie momentan gegenüber der Exekutive auf Bundesebene geführt wird, hat mich nun eines Besseren belehrt. Noch nie haben wir von Markus Ferber, Alexander Dobrindt oder Horst Seehofer so oft gehört, wie wichtig das Parlament sei. Ich zitiere Ihren gegenwärtigen Generalsekretär aus Ihrem Parteiorgan "Bayernkurier" vom 11. Juli 2009: " Es gehört zur parlamentarischen Kontrolle, dass sich die Regierung bei wichtigen Entscheidungen an die Beschlüsse von Bundestag und Bundesrat halten muss und sich nicht einfach darüber hinwegsetzen darf."
- Natürlich. Sie sehen: Im Gegensatz zu Ihnen setzen wir uns auch mit anderen Meinungen auseinander.
Herr Kollege Sinner, es wird Sie besonders wundern, dass ich mit Herrn Dobrindt völlig übereinstimme, wenn ich für uns in Bayern das Wort "Bundestag" durch das Wort "Landtag" ersetze; denn was für das Verhältnis zwischen Regierung und Parlament in Berlin gilt, muss uns auch hier in Bayern recht und billig sein. Wir haben eine unmittelbare parlamentarische Gestaltungsaufgabe. Dieser können und müssen wir gerecht werden.
Weder über die Aktivitäten der bayerischen Vertreter im Ausschuss der Regionen noch über das Abstimmungsverhalten der Bundesrats-Vertreter Bayerns in Europafragen werden wir Parlamentarier vorab intensiv informiert. Wir werden auch nicht zu unserer Meinung als Volksvertreter befragt. Die Staatsregierung wird damit ihrer Verantwortung gegenüber dem Bayerischen Landtag nicht hinreichend gerecht.
Zum Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN möchte ich zwei Anmerkungen machen. Der erste Teil - vor allem in der neuen Fassung - bleibt sogar hinter unserem Antrag zurück. Während wir fordern, dass die Staatsregierung den Landtag vor Entscheidungen einzubeziehen hat, fordern Sie, Herr Kollege Dr. Runge, weichgespült, dass die Staatsregierung über das, was wir fordern, zu berichten hat. Das ist völlig ungewohnt angesichts Ihrer sonst zu beobachtenden gnadenlosen Härte. Wenn in diesem Hohen Hause irgendjemand dieser Forderung nicht zustimmen kann, sollte er einmal sein parlamentarisches Selbstverständnis grundlegend hinterfragen.
Diesem Punkt wird die SPD zustimmen.
Wir hatten anfangs ein gewisses Magengrummeln beim zweiten Teil Ihres Dringlichkeitsantrags in der ursprünglichen Fassung. Dieses Magengrummeln haben Sie jedoch beheben können. Der jetzigen Formulierung können wir ohne Weiteres zustimmen. Bei der Formulierung "nicht im Schnelldurchlauf beraten und beschlossen werden" klingt bei mir noch zu viel von der christsozialen Melodei durch, die von denen angestimmt wurde, die eine rechtzeitige Hinterlegung der Ratifikationsurkunde vor einem irischen Votum verhindern wollten. Ich erinnere nur an eine Aussage von Herrn Kollegen Dobrindt, mit der er den Zeitplan für das Begleitgesetz bis zum irischen Referendum am 4. Okto ber infrage gestellt hatte. Die jetzige Fassung ist für uns aber ohne Weiteres zustimmungsfähig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie die aktuelle Diskussion über eine stärkere Beteiligung des Parlaments seriös führen wollen, sollten Sie sich unserem Anliegen für dieses Parlament nicht verschließen. Über die Details, wie der Landtag von der Staatsregierung vor einer Sitzung des Bundesrats zu informieren und einzubinden ist, können wir uns sicherlich verständigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, wir arbeiten bereits an anderen Baustellen sehr konstruktiv zusammen. Wie wäre es denn zum Beispiel mit dem Vorschlag, dass die Staatsministerin nach den Kabinettssitzungen, in denen Bundesratsvoten festgelegt werden, zu uns in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten kommen sollte? Wenn Sie - losgelöst von dem Verfassungsgerichtsurteil - von der Bundesregierung eine stärkere Beteiligung des Parlaments fordern, sollten Sie dieses Anliegen für unsere eigene Arbeit im Bayerischen Landtag übernehmen. Berlin soll regeln, was dort zu regeln ist. Wir im Bayerischen Landtag sollten konstruktiv unsere Hausaufgaben erledigen, also die parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten verbessern. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag.
(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Sinner, Sie haben mich nach zwei Minuten ermahnt, ich möge doch zu meinem Antrag sprechen und nicht zu Europa. Sie selbst aber haben fast 80 % Ihrer Zeit für die Diskussion über das Urteil des Bun
desverfassungsgerichts in Berlin verwendet. Ich hoffe aber, dass die Kollegin von der FDP und der Kollege von den Freien Wählern dafür umso mehr das Element ansprechen, um das es uns wirklich aufrichtig geht. Es geht um mehr Beteiligung des bayerischen Parlaments hier in Bayern.
Vielleicht gehen Sie darauf noch etwas mehr ein. Das andere ist: Sie haben mich darauf hingewiesen, wenn ich in Richtung Berlin von einer Lame Duck spreche und dann hier dasselbe fordere, würde ich mich ad absurdum führen. Das war eine rhetorische Falle, in die Sie prompt getreten sind. Damit sagen Sie nämlich dasselbe für sich. Wenn Sie es in Berlin fordern, dann müssen Sie es hier umsetzen. Ich freue mich, denn Sie werden jetzt, wenn Sie selbstkritisch sind, sagen: Ja, Herr Förster, da haben Sie recht, deshalb werden wir Ihrem Antrag doch zustimmen.
(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD hat dazugelernt. Wo ist denn Thomas Mütze? Ich wollte ihn jetzt ansprechen. Wir haben im Abschlussbericht der Jugend-Enquete-Kommission der letzten Legislaturperiode Angebote wie die Freiwilligendienste als wichtige Instrumente erkannt, die jungen Menschen eine Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen und gleichzeitig junge Menschen fördern. FSJ und FÖJ regen junge Menschen zu einem größeren Engagement an. Sie unterstützen sie einerseits bei der gesellschaftlichen Teilhabe, andererseits aber auch bei der persönlichen Entwicklung. Dies wird auch von den Jugendlichen so gesehen und beantwortet. Die Aufgabe der Träger ist es, die Dienste so zu organisieren, dass die Freiwilligen durch pädagogische Fachkräfte fachlich angeleitet und pädagogisch begleitet werden. In den Jahren 2006 und 2007 standen in allen Freiwilligendiensten ca. 18.100 aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes geförderte Plätze zur Verfügung. Hinzuzurechnen sind auch noch 4.587 Plätze für junge Männer, die seit 2003 Zivildienst im FSJ ableisten. Die Zahl der öffentlich geförderten Plätze hat sich in den letzten zehn Jahren zwar fast verdoppelt, doch die Interessentenzahlen übersteigen regelmäßig die Zahl der Plätze, die zur Verfügung stehen. So viel aus dem Bericht der Jugend-Enquete-Kommission, an den ich an dieser Stelle das Hohe Haus noch einmal erinnern möchte.
Gerade aus diesem Grund ist es wichtig, den Trägern und Einsatzstellen der Jugenddienste auch finanziell den Rücken zu stärken. In unserem Fall, lieber Thomas Mütze, heißt das: Wir müssen verhindern, dass zusätzliche Kosten wie zum Beispiel die Umsatzsteuer den Träger finanziell zu sehr belasten, sodass dadurch die Maßnahmen gefährdet werden. Wie das aussieht, hat
Thomas Mütze gerade ausgeführt. Deswegen wird die SPD-Fraktion dem Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auch zustimmen, weil dieser Antrag richtig und wichtig ist.
Jetzt werden sich die GRÜNEN hoffentlich freuen. Die Kollegen von der CSU und der FDP werden sich aber fragen, warum die SPD in den Ausschüssen anders abgestimmt hat. Ich möchte Ihnen diesen Sinneswandel kurz begründen. Wenn man etwas falsch gemacht hat und dies zugibt, ist es keine Schande. Das sollten Politiker ruhig öfter machen.
Die Kollegen der CSU dürfen uns sicherlich auch nicht zu sehr schimpfen, denn das bayerische Finanzministerium hat doch eine Fehlinformation verbreitet, der wir, aber auch die Landtagspräsidentin, Frau Barbara Stamm, aufgesessen sind. Ich darf sie im Folgenden zitieren, um auch bei Ihnen die entsprechende Autorität zu haben. Herr von und zu Lerchenfeld, Sie sind dieser Fehlinformation auch aufgesessen. Diese Fehlinformation besagt, dass eine umfassende Umsatzsteuerbefreiungsregelung für das Freiwillige Soziale Jahr und das Freiwillige Ökologische Jahr nicht machbar zu sein scheint. Wir wurden auf eine alternative Möglichkeit verwiesen, die bei entsprechender vertraglicher Regelung nach § 11 Absatz 2 des JFDG quasi via Mustervereinbarung nach derzeit geltender Rechtslage auch eine weitgehende Umsatzsteuerbefreiung bewirken würde. Das Ganze ist nicht so wie bisher kommuniziert worden. Wir haben auf Bundesebene, wie Thomas Mütze ausgeführt hat, beispielsweise die Möglichkeit, das FSJ oder das FÖJ als steuerbefreiendes Bildungsjahr in das Umsatzsteuergesetz aufzunehmen, sodass dann keinerlei Probleme mehr mit EU-rechtlichen Regelungen bestehen würden.
Das ist auch das, was wir wollen. FSJ und FÖJ sollen eine Bildungsmaßnahme sein. Bildung erfolgt nicht nur auf kognitiver Ebene in Form von Schulunterricht und ähnlichen Veranstaltungen. Bildung, insbesondere für Schlüsselqualifikationen wie Kommunikations-, Kooperations- und Teamfähigkeit, werden ganzheitlich, also auch auf personaler und sozialer Ebene erworben. FSJ und FÖJ zeichnen sich hier gerade aus.
Wenn wir den Bildungseffekt von FSJ und FÖJ in den Vordergrund stellen wollen, sollten wir auch verhindern, dass die Angebote von FSJ und FÖJ verringert werden. Das würde aber geschehen, wenn wir den Umgehungsweg über die Musterverträge einschlagen würden. Darin liegt nämlich der Informations- oder Denkfehler, der in der Argumentation, wie sie bisher geführt wurde und die Sie anscheinend aufrechterhalten wollen, ge
macht wurde. Teilweise sind kleine und kleinste Träger von Maßnahmen gar nicht in der Lage, die Maßnahmen verwaltungstechnisch durchzuführen. Was es für größere Träger bedeutet, hat Thomas Beyer schon angedeutet. Die normale Regelung in § 11 Absatz 2 des Gesetzes über die Förderung der Jugendfreiwilligendienste würde zum Beispiel bei der bayerischen Sportjugend eine Mehrbelastung von 220.000 Euro im Jahr bedeuten. Um dies zu verhindern, sollten wir diese Dienste nicht durch eine Erhebung von Umsatzsteuer gefährden.
Ich bitte Sie, mit uns umzudenken. Wir haben dazugelernt. Wir vertrauen darauf, dass Sie auch dazulernen und dem Antrag zustimmen, um so eine dauerhafte Umsatzsteuerbefreiung für FSJ und FÖJ zu erreichen. Wir müssen darüber jetzt nicht im Detail diskutieren. Das muss auf Bundesebene erfolgen. Wir werden natürlich auch unsere Kontakte nutzen und auf unsere Partner in Berlin dahingehend einwirken, dass diese sinnvolle Maßnahme durchgeführt wird.
(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit unserem Antrag soll die Staatsregierung aufgefordert werden, umgehend der zwischen dem CSU-geführten Bundeslandwirtschaftsministerium und den Bundesländern getroffenen Vereinbarung nachzukommen und auch die bayerischen Empfänger der EUDirektzahlungen an die deutsche Landwirtschaft in Höhe von 5,4 Milliarden pro Jahr zu publizieren. Dass wir dies heute in Form eines Dringlichkeitsantrags tun, liegt darin begründet, dass die Sache wirklich äußerst dringlich ist. Denn mit dem Ablauf des 16. Juni 2009 drohen dem Freistaat Bayern wegen der Vertragsverletzung Strafzahlungen. Ich habe begründete Zweifel daran, dass wir angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise in der Lage sind, Strafen in Millionenhöhe zu zahlen, was uns nun blüht. Laut der gestern erschienenen Pressemitteilung des Bayerischen Obersten Rechnungshofes geht es um eine einmalige Zahlung in Höhe von 12,7 Millionen Euro zuzüglich bis zu 700.000 Euro täglich. Das ist keine gute Aktion in Zeiten, in denen das Geld an allen Ecken und Enden fehlt.
So lassen Sie mich hier den Präsidenten des Obersten Rechnungshofes, Dr. Fischer-Heidlberger zitieren:
Der Staatshaushalt bietet derzeit wirklich keinerlei Spielraum für rechtlich höchst riskante Auseinandersetzungen mit der EU. Die Bayerische Staatsregierung sollte tun, was 26 Mitgliedstaaten der EU und 15 deutsche Bundesländer auch schon getan haben, und die Daten veröffentlichen.
Das sehen wir von der SPD auch so. Neben dem Bedürfnis, unnötige Strafzahlungen zu vermeiden, geht es uns aber weiter darum, dass, wie meine Fraktion in diesem Haus schon seit Jahren fordert, durch eine Offenlegung der Zahlungen dazu beigetragen wird, dass die vielen Auswüchse bei den EU-Subventionen abgestellt werden. Und es geht uns darum, durch eine Offenlegung dafür Sorge zu tragen, dass die EU-Gelder tatsächlich denen zugute kommen, für die sie gedacht sind,
nämlich den Bauern und darum der bäuerlichen Landwirtschaft ein gerechtes Einkommen zu sichern, das sie über den Markt für ihre Produkte leider nicht erzielt. Es geht darum, dass wir aus den Forderungen des ORHBerichts 2007 Konsequenzen ziehen. Darum geht es, und um nichts anderes. Es geht nicht um eine Neiddebatte, wie Sie von der CSU wider besseres Wissen vorgeben. Das ist Unsinn. Jeder bäuerliche Betrieb, dem Geld zusteht, soll dieses Geld erhalten - Punkt, Ausrufezeichen.
Aber wir wollen, dass die Bauern nicht beschissen werden, weil ein Großteil der ihnen zustehenden Gelder von Großkonzernen und Industriebetrieben regelrecht abgezockt wird. Was viele geahnt haben, ist durch die erfolgte Veröffentlichung der Empfänger von EU-Direktzahlungen seit wenigen Tagen bewiesen. Ich zitiere aus der betreffenden dpa-Meldung vom 15. Juni:
Die Agrarsubventionen der EU gehen beileibe nicht nur an die Bauern. Längst streichen auch große Konzerne und ihre Tochterunternehmen Millionen aus Brüssel ein.
Weiter heißt es dort:
Zu den Großempfängern zählen zahlreiche Unternehmen aus der Lebensmittelwirtschaft, aber auch BASF, Bayer, Merck, RWE, Salzgitter und Thyssen-Krupp stehen auf der Empfängerliste von Hilfen der Europäischen Union.
Anderen Berichten zufolge erhalten in Deutschland 0,5 % der Betriebe jeweils mehr als 300.000 Euro, während 70 % jeweils bis zu 10.000 Euro erhalten. Verlierer sind also die kleinen Betriebe, die ums Überleben kämpfen.
Maria Noichl hat mir freundlicherweise die Zahlungen für Bayern noch ein wenig präziser aufgeschlüsselt. 27.000 kleine landwirtschaftliche Betriebe in Bayern erhalten gerade mal bis zu 100 Euro im Monat. Das ist ein Taschengeld. Damit bekommen diese Betriebe, diese 27.000 Betriebe ungefähr dieselbe Summe an Zahlungen, die an einen der 103 Großbetriebe geht. Das sind gerade mal 0,1 % der Gesamtzahl der geförderten Betriebe in Bayern überhaupt. Von daher stellt sich die Frage: Wer schützt hier wen? Sehr geehrter Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, verkaufen Sie mit Ihrer Schaufensterpolitik die Bauern nicht für dumm. Wenn Sie in München die heldenhaften Verteidiger einer Geheimhaltung spielen, während Ihre Parteifreundin Aigner in Berlin schon längst eingelenkt hat, vertreten Sie nicht wirklich die Interessen der Bauern.
Im Gegenteil: Sie lassen sich vor den Karren derer spannen, die ein Interesse daran haben, dass die Wahrheit nicht ans Licht kommt, weil dann der Saustall, der jetzt herrscht, ausgemistet werden müsste.
Denn wovor haben Sie denn Angst, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CSU? Vor einer Neiddebatte in den Dörfern? Damit geben Sie doch völlig unnötigerweise ein Stichwort für Neidhammel. Mit Ihrer Politik der Heimlichtuerei erreichen Sie genau das Gegenteil dessen, was Sie vorgeben. Sie tragen damit erst dazu bei, dass EU-Agrarförderung anrüchig erscheinen könnte. Das ist sie aber nicht. Außerdem, Sie wissen doch: Im Dorf kennt man sich. Jeder weiß doch vom anderen, welche Flächen er hat, und kann sich somit bei einer flächenmäßigen Förderung ausrechnen, was dem anderen zusteht.
Anrüchig, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist deswegen nur der Saustall, dass zum Beispiel Südzucker 34,4 Millionen Euro aus dem Topf bekommt, der den Bauern mit Fug und Recht zusteht.
Anrüchig ist der Saustall, dass zum Beispiel eine Tochterfirma der Lufthansa 106.276 Euro abzockt, weil sie auf den Lufthansa-Flügen über die EU-Grenzen hinaus
Zucker, Kaffee, Sahne und Brötchen serviert und damit Agrarprodukte exportiert. Das stinkt im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel, meine sehr verehrten Damen und Herren.
All das muss auf den Tisch, damit endlich reiner Tisch gemacht werden kann. Darauf haben die Bauern ein Anrecht, und darauf haben die Steuerzahler ein Anrecht, denn um deren Geld handelt es sich. Denn das stinkt zum Himmel. Anders ist es mit den Direktzahlungen, die die Bauern erhalten. Es ist nicht anrüchig, dass die EU die Agrarpolitik subventioniert. Es war, ist und bleibt es ein Markenzeichen der SPD, für faire Löhne und gerechte Einkommen zu kämpfen. Das gilt für alle. Unser politischer Leitspruch heißt: Bayern, aber gerechter. Das gilt selbstverständlich auch für die Bauern. Aus unserer Sicht sind nämlich EU-Direktzahlungen keine Almosen, im Gegenteil, das ist gerechter Lohn für die Leistung der Bauern, das ist Förderung für Qualität, aus, Punkt.
Kein Vernünftiger - ich unterstreiche: Vernünftiger! neidet Bauern ihr gerechtes Einkommen. Das machen nur Neidhammel. Und Neidhammel dürfen nicht Richtschnur einer vernünftigen Politik sein.
Um zum Ende zu kommen; die Zeit läuft davon: Die bereits in den vergangenen Tagen ans Licht gekommenen Missstände zeigen, dass die EU-Agrarförderung reformiert gehört, damit sie zielgenauer fördert, also zielgerecht wird. Das Ziel heißt: Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft durch Sicherung eines fairen Einkommens. Darüber und über den besten Weg zum Ziel sollten wir reden, meinetwegen auch streiten.
(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Kollege, Sie haben gesagt: Die CSU weiß, was für die bayerischen Bauern gut ist.