Protokoll der Sitzung vom 01.07.2009

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Die Aussprache ist geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung.

Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 16/970, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 16/1209 mit 1211, 1213 mit 1216, 1222 mit 1228 und 1232 sowie die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Hochschule, Forschung und Kultur auf Drucksache 16/1650 zugrunde.

Vorweg lasse ich über die vom federführenden Ausschuss zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge auf den Drucksachen 16/1209 mit 1211, 1213 mit 1216, 1222 mit 1228 und 1232 abstimmen. Besteht damit Einverständnis, dass wir über die Änderungsanträge insgesamt abstimmen und der Abstimmung das Votum des jeweils federführenden Ausschusses für Hochschule, Forschung und Kultur zu Grunde legen? Das ist der Fall. Die Fraktionen sind so übereingekommen; vielen Dank. Dann lasse ich abstimmen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem Abstimmungsverhalten seiner Fraktion im jeweils federführenden Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Stimmenthaltungen? Keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten. Die Änderungsanträge sind damit abgelehnt.

Der federführende Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur empfiehlt den Gesetzentwurf zur Annahme mit der Maßgabe von Änderungen. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 16/1650. Wer dem Gesetzentwurf mit den vorgeschlagenen Änderungen

zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Stimmenthaltungen? - Gegen die Stimmen der SPDFraktion, der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ Die GRÜNEN und der Fraktion der Freien Wähler und zwei Stimmen aus der CSU-Fraktion - Prof. Dr. Bausback und Kollege Dr. Goppel - und bei zwei Stimmenthaltungen aus der CSU-Fraktion und einer Stimmenthaltung der Frau Abgeordneten Pauli so beschlossen.

Jetzt kommen wir zur Schlussabstimmung. Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir die Schlussabstimmung in namentlicher Form durch. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des federführenden Ausschusses für Hochschule, Forschung und Kultur zustimmen will, stimmt mit Ja. - Ich bitte die Stimmkarten abzugeben. - Fünf Minuten! -

(Namentliche Abstimmung von 14.58 bis 15.03 Uhr)

Der Wahlgang ist geschlossen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Stimmkarten werden ausgezählt. Das Ergebnis wird zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben. Ich bitte Sie, Ihre Plätze wieder einzunehmen, damit wir mit der Tagesordnung fortfahren können.

Ich rufe Herrn Kollegen Professor Bausback auf. Er möchte nach § 133 Absatz 2 der Geschäftsordnung eine Erklärung über sein Abstimmungsverhalten abgeben. Fünf Minuten stehen ihm dafür zur Verfügung. Bitte schön, Herr Professor Bausback.

Frau Präsidentin! Herr Ministerpräsident! Kolleginnen und Kollegen! Zu meinem Abstimmungsverhalten möchte ich Folgendes erklären: Die nun beschlossene Regelung des Artikels 10 Absatz 3 Satz 2 Halbsatz 1 des Hochschulgesetzes führt nicht nur zu einem Verfahren der Evaluierung, das ein bürokratisches Monstrum erschafft und auf Dauer ein offenes, dialogorientiertes Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden belastet.

Die faktisch geschaffene Veröffentlichung einer von der öffentlichen Hand organisierten Erhebung hat eine ganz andere Qualität als die in privaten Internetplattformen wie "spickmich.de". Die Regelung ist nach meiner Überzeugung verfassungswidrig im Hinblick auf die in Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes garantierte Freiheit der Lehre und Wissenschaft, auf die in Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes garantierte Freiheit der Hochschule als Institution und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die in Artikel 33 des Grundgesetzes eine verfassungsrechtliche Grundlage hat.

Im Übrigen bestehen aus meiner Sicht Bedenken im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Grundlagen des Datenschutzes. Weil damit Grundüberzeugungen meinerseits im Hinblick auf die Hochschule und die Verfassung berührt sind, habe ich anders als meine Fraktion dem Änderungsantrag der Freien Wähler aus Drucksache 16/1222 in den Ausschüssen, denen ich angehöre, zugestimmt. Ich habe mich den Voten des federführenden Ausschusses angeschlossen, weil dort ebenfalls ein Kollege der CSU dem Antrag der Freien Wähler zugestimmt hat. Das Änderungsgesetz zum Hochschulgesetz habe ich aus den ausgeführten Gründen abgelehnt. - Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU und der Frakti- on der Freien Wähler)

Nach § 133 Absatz 2 der Geschäftsordnung möchte ebenfalls Herr Kollege Dr. Goppel eine Erklärung abgeben. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Herr Ministerpräsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ungewöhnlich, dass sich der vorherige Amtsinhaber bei einer Änderung dieses unseres Hochschulgesetzes durch die eigene Fakultät zusammen mit einem Koalitionspartner trotzdem der Stimme enthält. Ich will das kurz und nachhaltig begründen.

Herr Professor Bausback hat im Wesentlichen die Gründe für seine Ablehnung der öffentlich gemachten Evaluierung innerhalb des Ausschusses benannt. Ich will das ausdrücklich unterstreichen. Ich halte es ebenso für gefährlich, dass wir staatlicherseits etwas organisieren, das Hetzjagden gegen einzelne Personen zur Folge haben kann. Das darf nicht durch die Freigabe von Umfrageergebnissen, die sich durch Zufallsfaktoren ergeben, weil jeder nach Lust und Laune abstimmen kann, zusammengestellt werden. Meine Überzeugung ist und bleibt, dass die Mehrheit dieses Hauses etwas zu leichtfertig mit dem ihr zukommenden Gestaltungsrecht umgeht.

Ich will auch unterstreichen, dass wir im sogenannten AGG seit geraumer Zeit genau gegenteilig von Europa an den Ohren gezogen bekommen: Dort darf keine Ausschreibung mehr erfolgen, bei der die ausschreibenden Stellen nicht äußerste Sensibilität walten lassen, damit niemand ausgegrenzt und irgendwie niedergemacht wird. An der in Rede stehenden Stelle des Gesetzes organisieren wir vom Parlament aus den Angriff gegen einzelne Personen. Das halte ich für falsch.

Kollege Sibler hat besonders nachhaltig darauf verwiesen, dass er hofft, dass von den negativen Möglichkeiten einer Evaluation niemand missbräuchlich Gebrauch macht. Weil ich solchen Missbrauch schon oft erlebt habe - ich bin ein wenig älter -, fürchte ich, dass sich

seine Hoffnung wahrscheinlich nicht bestätigen lassen wird.

Ich will auch sagen, dass ich gegen die Vergabe des Berufungsrechts an die Universitäten gestimmt habe, auch aus eigener Erfahrung. Wir haben in den letzten fünf Jahren - ich war dafür verantwortlich, wie die Berufungen laufen - in zwei von circa 600 Fällen Einreden, die vom Ministerium ausgingen, gehabt. Der kleine Rest von 99 % der Vorlagen ist ohne Probleme gelaufen. Dass an dieser Stelle die aufmerksame Begutachtung der Entwicklung der jeweiligen Hochschule durch das Ministerium als Netzhalter für insgesamt 40 Hochschulen zukünftig aus dem Verkehr gezogen und damit ausgehebelt wird sowie die Hochschulen ihre Eigenständigkeit für wichtiger erklären können als die Einbindung in ein bayerisches Gesamtkonzept mit einer Verteilung von Studienplätzen im gesamten Land mit der Möglichkeit, in allen Teilen, nämlich in Oberfranken, in München, in Augsburg und in Aschaffenburg, Vergleichbares studieren zu können, halte ich für sehr bedauerlich und die grundsätzlich falsche Entwicklung.

Ich weiß, dass immer auch die Hoffnung besteht, dass alles so kommt, wie man es sich erträumt. Das wünsche ich auch. Dagegen steht die Erfahrung in der Praxis: Nur zwei Fälle an allen Universitäten in fünf Jahren, in denen keine Korrektur der vorgelegten Liste angemahnt werden musste. Das heißt, das Ministerium hat an dieser Stelle eine gute und steuernde Vorwirkung für die Universitätsauswahl neuer Lehrstuhlinhaber gehabt.

Im Übrigen ist das Misstrauen, das mit der neuen Aufgabenkonzentration den Beamten des Ministeriums entgegengebracht wird, nicht zu unterschätzen.

Ich will eine dritte Bemerkung anfügen: Die Diskussion über die Einführung von Bachelor und Master ist nicht am Ende, sondern am Anfang. Wir haben blauäugig Frau Bulmahn, auch unter der Zustimmung dieses Hauses im Jahre 1999 ausdrücklich diesem Prozess zugestimmt. Inzwischen wissen wir, dass wir Europäer im Gegensatz zu den Amerikanern, die sich auf dem Weg befinden, unser altes, Humboldt zugeschriebenes, System zu übernehmen und dem einzelnen Studenten die Freiheit der Studiengestaltung zuzugestehen, bei uns eine organisierte Einheitlichkeit herbeiführen, die am Ende der Schule einer Verschultheit bis zum Staatsexamen in nichts nachsteht.

(Beifall bei der CSU)

Ich will mit meiner Abstimmung ausdrücklich unterstreichen, dass mir daran gelegen ist - Herr Minister Heubisch, das ist kein Angriff, sondern eine Bitte -, dass wir in Fragen von Bachelor und Master gemeinsam offener werden, den Hochschulen mehr Spielraum geben,

auch was die Länge des Studiums angeht und bei aller Sorge um Einheitlichkeit die Unterschiedlichkeit der Studienansätze nicht zu kurz kommen lassen. Wir brauchen 37 unterschiedliche Hochschulen mit variierenden Akzenten, eben keine Einheitshochschule. Die möchte ich gerade auch bei dem Anstieg der Studierendenzahlen ausdrücklich unterbunden wissen.

(Beifall bei der CSU)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Abstimmung über eine Verfassungsstreitigkeit und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 GeschO nicht einzeln beraten werden (s. a. Anlage 2)

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlage mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 2)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FDP, der Freien Wähler und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? - Sehe ich keine. Enthaltungen? - Auch nicht. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf: Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge Zur gemeinsamen Behandlung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, Inge Aures, Volkmar Halbleib u. a. und Fraktion (SPD) Vom bejubelten "klugen Deal" der BayernLB zum Milliarden-Grab am Balkan - Mietwohnungen statt Luxushotels! (Drs. 16/1684)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Soziales Grundrecht auf Wohnung sichern - kein Verkauf der GBW an Immobilienspekulanten (Drs. 16/1700)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Aures.

Sehr verehrter Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, meine lieben Kolleginnen, liebe Kollegen! Die SPD hat einen Dringlichkeitsantrag einge

bracht, den wir hier diskutieren wollen. Aber die Reihen sind gelichtet - überall, ich möchte uns nicht ausnehmen. Scheinbar interessiert das Wichtigste, was in der Geschichte des Freistaats Bayern derzeit läuft, nämlich der Zehn-Milliarden-Deal, der über die Bühne gegangen ist und ein großes Loch gestopft hat, die Leute nicht so sehr.

Aber ich möchte die Zeit nutzen und den Herrn Minister - Sie hören mir zu, wunderbar - noch einmal bitten, vertieft in die Sache einzusteigen. Es ist ganz einfach notwendig, sehr verehrter Herr Minister, dass Sie sich noch einmal Gedanken darüber machen, ob dieser "kluge Deal" im Mai 2007 gut und notwendig war. Wir möchten noch einmal aufgezeigt haben, wie Sie das wirtschaftlich bewerten, wie die Unterlagen damals waren, was sich daraus entwickelt hat.

Wenn Sie sich die Sache noch einmal vor Augen führen, stellt sich heraus, dass uns die Hypo Alpe Adria die SPD hat ja auch mitgemacht - 1,6 Milliarden Euro gekostet hat. Wenn ich in die Bilanz 2008 hineinschaue, stelle ich fest, dass sie in einem Jahr, nämlich im Jahr 2008, 637 Millionen Euro Miese gemacht hat. Das heißt, in drei Jahren war praktisch das Geld weg, das wir gesetzt haben. Da muss man sich wohl schon einmal Gedanken darüber machen. 30 % der Erwerbskosten in einem Jahr in den Sand gesetzt, Donnerwetter, kann man da nur sagen.

Ich habe mich intensiver mit der Sache auseinandergesetzt und dabei festgestellt, dass alles, was bei der Landesbank in der Konzernbilanz drin ist, in insgesamt 175 Beteiligungen steckt, 111 bei der Hypo Alpe Adria - das wissen Sie inzwischen. Wenn man sich das noch einmal zu Gemüte führt, stellt man fest: Da sind schon einige Kracher in dem ganzen Verfahren.

Aber zunächst einmal möchte ich mich mit der Hypo Alpe Adria beschäftigen, mit der Kärntner Holding Beteiligungs-AG. Wenn man da hineingeht und sich die Verträge holt, kann man sehen, dass darunter noch Gruppenmitglieder sind, die bei uns in der Bilanz überhaupt nicht erscheine: Da gibt es ein Hotel Seevilla, da gibt es das Golfhotel im Lamplhof - das ist bei uns in der Bilanz drin -, zum Beispiel das Congresshotel in Villach, das ein Minus von 940.000 Euro macht, die Golfanlage in Klagenfurt, Seltenheim, minus 1,7 Millionen Euro im letzten Jahr oder

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Respekt!)

die Golfanlage Hypo Alpe Adria, eine GmbH mit weiteren 268.000 Euro. Diese Liste geht weiter, meine Damen und Herren.

Man muss sich auch darüber wundern, dass wir in Wittenburg - das ist ganz weit weg von uns - einen Snow

Park hatten, der dann leider in Insolvenz geraten ist. Das hat uns 44,9 Millionen Euro gekostet. Dieses Geld ist einfach weg, das holen wir nicht mehr zurück. Deshalb müssen wir gemeinsam daran arbeiten, dass die 10 Milliarden Euro, die man hier gestemmt hat, wieder zurück in die Kasse dieses Hauses kommen.

Aber man fragt sich schon, ob wir uns eine Fluggesellschaft leisten können, eine Hypo Alpe Adria Bedarfsflug GmbH, die ein Minus von einer halben Million Euro pro Jahr macht und ein Anlagevermögen von 4,5 Millionen Euro hat - diese Cessna scheint ja ein ganz schönes Flugzeug zu sein. Aber ob das im Sinne unseres Landesbankgesetzes ist und ob es unsere Aufgabe ist, dies zu betreiben, muss man sich schon fragen.

Ich habe noch ein paar Kracher herausgesucht. Als Franke weiß man immer nicht so recht, wie man diese Begriffe ausspricht: Die Jersey Carinthia, ein Geschäft mit 148 Millionen Euro Minus, das andere 37 Millionen Euro minus - oder das Schlosshotel in Velden, das ich das letzte Mal schon bemüht hatte: 11 Millionen Euro zahlen wir, Sie alle, die Steuerzahlerinnen von Bayern, für ein Hotel, das wir dort betreiben. Das ergibt eine Summe von 257 Millionen Euro in einem Jahr. - Anhand dieser fünf Beispiele haben Sie praktisch schon das gesamte Defizit beieinander.

Deshalb stelle ich jetzt die Frage: Wie geht es weiter? Vor allem: Was halten Sie von der GBW-Gruppe? Man liest es nur in den Zeitungen, offiziell sind wir noch nicht damit befasst. Da wollen wir genau von Ihnen wissen, wohin die Reise gehen soll, was stellen Sie sich da vor? Da sind 34.000 Wohnungen betroffen. Das sind ein Haufen Mieter, viele Familien. Wenn das dauernd durch die Zeitungen geht, hat man natürlich Sorge, was damit passiert. Ich denke, es ist notwendig und an der Zeit, dass Sie sich damit befassen.