Protokoll der Sitzung vom 01.07.2009

(Beifall bei der CSU)

Er hat gehandelt durch den Ausbau der Infrastruktur, durch ein gutes Bildungssystem, aber auch durch eine direkte aktive Wirtschaftspolitik. Sie ist in besonderer Weise darauf orientiert, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu stärken. Sie ist vor allem darauf

orientiert, dem Mittelstand eine echte Wettbewerbschance zu geben. Die Großen können sich in der Regel selber helfen, in guten und in schlechten Zeiten. Aber die Kleineren haben es schwieriger. Sie haben in der Regel nicht das Eigenkapital und nicht die Machtposition. Sie sind eher in der Gefahr, durch Marktmacht begrenzt zu werden. Da muss der Staat handelnd eingreifen in guten und in schlechten Zeiten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Wir bekennen uns also ausdrücklich zu einem aktiv handelnden Staat. Wir lehnen eine gelenkte Marktwirtschaft ab. Wir lehnen eine Staatswirtschaft à la SPD ab. Wir lehnen aber auch einen Nachtwächterstaat ab, der mehr oder weniger sagt: Wir mischen uns in wirtschaftliche Abläufe nicht ein. Es geht um die Zukunft des Landes, es geht um Arbeitsplätze. Wir haben die Kraft des Handwerks und des Mittelstands auch in einer Zeit gesehen, als man im Grunde nur noch die Global Player gelobt und gedacht hat: Na ja, das Handwerk, der Mittelstand die haben nur noch eine begrenzte Lebenszeit. Deshalb dürfen die Zünfte und die Handwerker noch ein bisschen arbeiten. Die CSU ist der Tradition verpflichtet. Der Mittelstand bietet heute drei Vierteln der Menschen in Bayern den Arbeitsplatz. Der Mittelstand war in den letzen zehn Jahren die Jobmaschine. Die Großen haben abgebaut, der Mittelstand hat aufgebaut. Der Mittelstand ist heute innovativ wie kein anderer Wirtschaftszweig.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU und der FDP )

Das ist auch ein Ergebnis unserer gemeinsamen Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren.

Wir haben uns auch zum Produktionsstandort Bayern bekannt. In den letzten zehn Jahren, gerade in der Zeit der Internetblase 2000/2001, war es eigentlich üblich, die wissensorientierte Dienstleistungsgesellschaft mehr oder weniger an die Wand zu malen, in der Wissen das allein Entscheidende war. Es wurde mehr oder weniger gesagt: Mit der Produktion macht man sich die Hände dreckig. Sie sollte man in die Schwellenländer verlegen, nach Asien und dergleichen mehr. Wir machen nur noch die White-Colour-Berufe. Wir machen nur noch die Pläne. Wir machen die Konzepte und verdienen das Geld, und die anderen sollen arbeiten.

Wir haben uns dem immer widersetzt und haben gesagt: Bayern muss auch ein Produktionsstandort sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU - Alexander König (CSU): Richtig!)

Wir sind besser gerüstet, aus der Krise herauszukommen, als beispielsweise die Vereinigten Staaten von

Amerika, wo zwar der Dienstleistungsbereich größer ist, wo man aber - die Automobilwirtschaft zeigt es - die Produktion sträflich vernachlässigt hat, weil man sich im Grunde der asiatischen Hersteller bedient hat. Wir brauchen als Zentrum eine kräftige, gute Produktion. Denn Konzepte für die Zukunft und Innovation können nur aus der Produktionserfahrung kommen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Ich weiß nicht, ob Kollege Runge noch da ist oder zuhört. Ich will mich jetzt auf Ihren Antrag konzentrieren. Es geht darum, nach welchen Kriterien wir in schwieriger Zeit handeln. Ich möchte fünf Kriterien für uns nennen.

Erstens: Wir wollen helfen wie die Feuerwehr, wenn es brennt. Aber wir wollen auch wieder herausgehen und keine dauerhaften Staatsbeteiligungen verursachen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Ich räume auch ein, dass wir da unsere Erfahrungen, auch negative Erfahrungen haben. Wir haben auch eine Menge draufgezahlt. Aber wir sind im Gegensatz zu anderen lernfähig. Wir wollen nicht mehr dauerhaft mit Beteiligungen hineingehen. Wir wollen nicht, wie die SPD das macht, mehr oder weniger Wirtschaftsbeteiligung betreiben mit Staatsbeteiligung und Staatsengagement, sondern wir wollen in der Not helfen, aber Vorrang hat die private Wirtschaft.

Zweitens: Es geht uns um die Erhaltung von Arbeitsplätzen. Das kann nicht in der Weise erfolgen, dass man mehr oder weniger eine Garantie für Arbeitsplätze gibt wie bei Holzmann oder bei Opel - Herr Steinmeier: Ihr könnt euch auf den Staat verlassen. Wer so etwas sagt, führt die Leute hinters Licht. In der globalen Wettbewerbswirtschaft ist niemand in der Lage, eine solche Arbeitsplatzgarantie abzugeben, sondern wir müssen sagen: Wir helfen dort, die dauerhaft wettbewerbsfähigen Arbeitsplätze zu erhalten, ihnen vielleicht auch eine Brücke zu bauen. Aber das, was vielleicht durch den Strukturwandel oder durch andere Technik überholt ist, darf man auch nicht künstlich am Leben halten, weil das die teuerste Form der Wirtschaftspolitik ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Drittens: die Mittelstandsorientierung. Ich möchte ausdrücklich unterstützen, was der Wirtschaftsminister hier gesagt hat. Es darf nicht sein, meine Damen und Herren, dass sich bei den Menschen der Eindruck verfestigt: Bei den großen Unternehmen kommt der Minister und bei den kleinen kommt der Gerichtsvollzieher.

Ganz im Gegenteil: Wir müssen gerade den kleinen in besonderer Weise helfen. Die großen haben viel mehr Möglichkeiten, und deshalb ist die Orientierung auf den Mittelstand ein außerordentlich wichtiges Kriterium.

(Ingrid Heckner (CSU): Super!)

Viertens: Wir wollen nicht als Staat allein helfen. Man darf Manager, Eigentümer und die bisher beteiligten Banken nicht einfach aus der Verantwortung entlassen. Diese stehlen sich oftmals davon, und der Staat hat das ganze Problem am Hals. So kann das Ganze nicht laufen, meine Damen und Herren. Es kann nur so sein, dass wir solche Nothilfen daran binden, dass sich die bisherigen Eigentümer bis an die Grenze ihrer Möglichkeiten einsetzen, auch mit Privatkapital. Auch die bisher beteiligten und finanzierenden Banken müssen bereit sein, Verzichte zu leisten, und zusätzlich muss nach neuen Investoren gesucht werden. Nur dann macht es Sinn.

Als Fünftes sind dem Ganzen Geschäftsmodelle und Konzepte zugrunde zu legen. Nur wenn ein entsprechendes Geschäftsmodell vorliegt, dann rentiert sich auch der Einsatz von Steuergeldern und nur dann ist er auch verantwortbar. Einfach Geld hineinzugeben, damit eine Zeit lang Ruhe ist, das ist die schlechteste Form von Wirtschaftspolitik. Das heißt, wir gehen davon aus, dass jeweils ein Konzept vorhanden sein muss.

Ich fasse also zusammen: Die Konzepte, nach denen wir gehen, sind: erstens keine Staatsbeteiligungen, zweitens Erhaltung von dauerhaft sicheren Arbeitsplätzen, drittens Mittelstandsorientierung, viertens Partnerschaft mit anderen und fünftens ein entsprechendes Konzept. Dann werden wir auch über die Krise gut hinwegkommen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Huber, bleiben Sie bitte noch kurz da. Herr Dr. Runge hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Herr Kollege Erwin Huber, herzlichen Dank für den erhellenden Beitrag. Viele Ihrer Worte waren für uns tatsächlich spannend. Sie haben bei den fünf Kriterien, die Sie angeführt haben, gesagt, dass Sie keine dauerhaften Staatsbeteiligungen wollen. Das heißt aber, im Extremfall können Sie sich tatsächlich Staatsbeteiligungen vorstellen.

Im Übrigen war auch das eine oder andere, was Minister Zeil gesagt hat, sehr interessant. Zu Quelle hat er gesagt: dieses Fass ohne Boden. Das ist eine interessante Wertung.

(Zuruf von Staatsminister Martin Zeil (FDP))

Jetzt aber zu dem angekündigten Abstimmungsverhalten von Ihnen und Ihrer Fraktion, sehr geschätzter Kollege Erwin Huber.

Übertreiben Sie es nicht!

(Harald Güller (SPD): Völlig ungewohnt!)

Sie haben gemeint, eigentlich sei es Usus hier im Hause Berichtsanträgen zuzustimmen. Aber dieser Antrag habe den Zweck, Zwietracht zu streuen. - Herr Minister - Herr Kollege, ich hab mich schwer getan, aber jedes Wort ist brav formuliert, jedes Satzzeichen ist brav formuliert. Da ist überhaupt nichts Böses drin. Der Dringlichkeitsantrag unter Nummer 8 zum Thema Quelle ist etwas anders formuliert, aber in diesem Antrag werden Sie kein böses Satzzeichen finden. Von daher finde ich das Verhalten, das Sie angekündigt haben, ziemlich erstaunlich.

Vor allem muss doch niemand Zwietracht streuen. Das ist wirklich greifbar gewesen. Selbst heute war zu lesen, dass Minister Söder in Bayern den Bundeswirtschaftsminister massiv angegriffen hat. Da sagen Sie, wir wollten Zwietracht streuen. Um Gottes Willen. Wir wollen Sie davor bewahren, Zwietracht weiterhin auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten auszutragen.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Noch einmal zu unserem Anliegen.

(Erwin Huber (CSU): Mir kommen schon fast die Tränen!)

Letzter Satz: Selbstverständlich ist jeder Fall anders geartet, das ist überhaupt keine Frage. Aber wir verlangen sinnvolle Leitlinien, eine Richtschnur. Denn ein Kompass war in dem letzten gerade angesprochenen Fall nicht erkennbar. Aber vielleicht werden Sie ja noch besser.

Bitte schön, Herr Huber.

Ich möchte nur zwei Bemerkungen machen. Erstens: Herr Kollege Runge, damit wir uns nicht missverstehen. Sie haben zwei Wörter von mir in unzulässiger Weise zusammengefasst. Ich habe gesagt: "Keine Staatsbeteiligungen" und "die Orientierung an Arbeitsplätzen, die dauerhaft zu sichern sind".

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Martin Runge (GRÜ- NE))

"Dauerhaft" habe ich nicht auf Staatsbeteiligungen bezogen. Wir wollen hier mit keinen Staatsbeteiligungen mehr einsteigen. Ich habe auch gesagt, dass wir ein

schlägige schlechte Erfahrungen haben. Das macht gar keinen Sinn, denn, meine Damen und Herren, im Zweifel ist der Staat nicht der bessere Unternehmer, sondern der Privatmann, der mit vollem Risiko haftet, ist der bessere Unternehmer als der Bürokrat.

Als Zweites sage ich, dass wir Ihren Antrag ablehnen. Zum einen hat der Wirtschaftsminister die aktuellen Zahlen genannt. Zum anderen habe ich Ihnen die Kriterien genannt. Drittens sind Sie lange genug im Bayerischen Landtag, um all die Fragen, die Sie gestellt haben, selber beantworten zu können.

Der Zweck Ihres Antrags ist, auch wenn Sie wie ein Lämmlein gesprochen haben, Streit und Zwietracht zu säen. Aber auf den Pflanz fallen wir nicht herein.

(Beifall bei der CSU)

Weiterhin hat Herr Dr. Wengert für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns nach diesem eher heiteren Intermezzo zum Ernst der Lage zurückkehren. Das Gesagte könnte die Überschrift vertragen: "Huber bleibt sich treu."

Lassen Sie mich drei Dinge sagen.

Erstens: Wir haben in den letzten Monaten immer wieder und teilweise auch mit fraktionsübergreifenden Beschlüssen die Staatsregierung aufgefordert, den durch die Finanzkrise in Schieflage geratenen bayerischen Unternehmen in der ganzen Bandbreite der zur Verfügung stehenden Instrumentarien Unterstützung zukommen zu lassen. Damit korrespondiert natürlich das berechtigte Interesse des Landtags, möglichst zeitnah zu erfahren, in welcher Weise, mit welchen Mitteln und natürlich mit welchem Ergebnis die Staatsregierung die Beschlüsse umgesetzt hat. Deshalb unterstützt die SPD-Fraktion selbstverständlich den Berichtsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wie es der üblichen Vorgehensweise in diesem Haus entspricht. Es gibt überhaupt keinen Grund, Herr Kollege Huber, von diesem Weg abzuweichen.