Protokoll der Sitzung vom 06.10.2009

(Beifall bei der SPD)

Ich darf, vielleicht auch für den einen oder anderen Kollegen in meinem Blickfeld rechts, klarstellen: Wir unterstützen die Position von Staatssekretär Dr. Weiß uneingeschränkt. Wir erwarten vom Ministerpräsidenten auch, dass er zu einer Korrektur seiner Haltung im Interesse der Kommunen bereit ist. Diese Staatsregierung darf die Kommunalfreundlichkeit nicht nur im Munde führen, sondern muss sie tatsächlich praktizieren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Freien Wähler)

Auch dieser Gesetzentwurf muss hinterfragt werden; denn die Staatsregierung handelt nicht etwa deswegen, weil sie davon überzeugt ist, dass das Verfahren des kommunalen Finanzausgleichs kommunalfreundlicher gestaltet werden muss, sondern deshalb, weil sie dazu vom obersten bayerischen Gericht gezwungen wurde. Sie hat letztendlich für die augenblickliche Gestaltung des kommunalen Finanzausgleichs eine juristische Ohrfeige bekommen. Man merkt Ihrem Gesetzentwurf deutlich an, dass Sie nicht aus eigenem Engagement, sondern auf Druck des Verfassungsgerichts tätig werden. Das ist ein Reförmchen, das den Namen Reform nicht verdient. Alles bleibt so, wie es ist. Man spricht von "erprobter Praxis", und der Entwurf ist nur die Fortschreibung des Status quo. Der Verfassungsgerichtshof hat aber gefordert, das Verfahren für den Finanzausgleich auf neue Beine zu stellen. Was macht aber die Staatsregierung? Sie wollen die Gestaltung des Finanzausgleichs auf den alten Beinen belassen und allerhöchstens die Fußnägel lackieren - und zwar schwarz.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Fünf zentrale Punkte in diesem Gesetzentwurf passen nicht für die Kommunen, nicht für das Selbstverständnis des Landtags und auch nicht für die Anforderungen, die der Verfassungsgerichtshof an uns gestellt hat.

Der Verfassungsgerichtshof hat ein transparentes Verfahren gefordert. Es muss klar sein, an welchen Kriterien sich der Gesetzgeber - wir als Landtag - bei der Gestaltung des Finanzausgleichs orientiert. Das Gericht hat auch ein klares Bekenntnis zur Beteiligung der Kommunen an diesem Verfahren gefordert. Diese drei Anforderungen werden vom Gesetzentwurf nicht erfüllt.

Zur Transparenz: So, wie der Gesetzentwurf im Augenblick formuliert ist, bleibt alles so wie bisher. Eine Beteiligung des Landtags - gerade wurde die politische Variante erwähnt, dass das Parlament hier selbst Einfluss nimmt - bleibt komplett außen vor. Das einzige Zugeständnis der Staatsregierung an dieses Parlament besteht darin, dass der Vorsitzende des Haushaltsausschusses - welcher Partei er angehört, brauche ich hier nicht zu sagen - bei diesen Gesprächen dabei sein darf. Welches Bild hat eigentlich die Staatsregierung von diesem Parlament und seiner Bedeutung, wenn nicht einmal alle Fraktionen dieses Landtags an diesen Gesprächen beteiligt sind?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Freien Wähler)

Wenn schon ein geordnetes Verfahren für den Dialog mit den Spitzenverbänden oder den Kommunen als notwendig erachtet wird, dann muss doch auch im parlamentarischen Verfahren selbst die Möglichkeit bestehen, die Spitzenverbände und die Meinung der Kommunen anzuhören und den Dialog, den sie vorab führen, auch in diesem Parlament noch einmal zu führen, um zu hinterfragen, ob das Verhandlungsergebnis für die Kommunen wirklich so schön und wunderbar ist. Dieser Aufgabe stellt sich dieser Gesetzentwurf überhaupt nicht. Wir fordern die Beteiligung der Kommunen und der kommunalen Spitzenverbände am eigentlichen parlamentarischen Verfahren durch einen gemeinsamen Ausschuss von Innerem und Haushalt, damit der Dialog dort hinkommt, wo er hingehört: in die Mitte des Parlaments.

(Beifall bei der SPD)

Drei Fragen sind völlig ungeklärt: Was sind Pflichtaufgaben? Was sind freiwillige Leistungen? Sind Pflichtaufgaben nur die Mindestanforderungen und alles, was darüber hinausgeht, freiwillige Leistungen? Was ist eine angemessene Ausgestaltung der Frage der freiwilligen Leistungen? Es fehlt völlig eine Klärung, welche kommunale Ebene welchen Bedarf hat und welche Bedarfsdifferenzierung zwischen den verschiedenen Strukturen bei Bezirken, Landkreisen und Gemeinden in Bayern erforderlich ist. Völlig unbeantwortet ist auch die Frage, ob es nach dem Urteil des Verfassungsgerichts ausreicht, dass zwar die kommunalen Spitzenverbände eingebunden sind, nicht aber die Kommunen selbst.

Last but not least stelle ich fest: Wir müssen noch eine weitere Anforderung des Verfassungsgerichts erfüllen, nämlich, dass die Kommunen wieder in angemessener Weise an der Steuerentwicklung im Freistaat beteiligt werden. Das heißt für uns schon aus verfassungsrechtlichen Gründen auch eine deutliche Erhöhung des Prozentsatzes an der Masse des Steuerverbundes, den die Kommunen bekommen. Wir fordern seit Jahr und Tag - und sehen uns darin vom Verfassungsgerichtsurteil bestätigt - eine Erhöhung von 11,94 auf 15 %. Andere Bundesländer sind hier wesentlich weiter, zum Beispiel Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen, das 23 % vorsieht. Das sind die eigentlichen Probleme, die wir im kommunalen Finanzausgleich lösen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Für die CSU darf ich nun Kollegin Erika Görlitz das Wort geben.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute wird der Gesetzentwurf zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes in Erster Lesung eingebracht. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof

hat uns mit seinem Urteil vom 28.11.2007 die Aufgabe gestellt, den kommunalen Finanzausgleich in Teilen neu zu regeln. Seine Entscheidung ist geteilt ausgefallen: Alle angegriffenen einzelnen Vorschriften des kommunalen Finanzausgleichs wurden als rechtmäßig bestätigt. Auch die Ausgestaltung der einzelnen Leistungen wurde nicht beanstandet. Auch an der Höhe der konkreten Finanzausstattung der Kommunen hatte das Gericht in seinem Urteil grundsätzlich nichts auszusetzen.

Die Klage war jedoch insofern erfolgreich, als das Gericht dem Gesetzgeber einen Arbeitsauftrag mit auf den Weg gegeben hat. Die Richter halten das bisherige Entscheidungsverfahren über die Höhe des kommunalen Finanzausgleichs für mangelhaft. Die Ursache hierfür liegt darin, dass sich der Verfassungsgerichtshof selbst nicht zutrauen wollte, eine Aussage über eine zu einem bestimmten Zeitpunkt angemessene finanzielle Ausstattung der Kommunen zu treffen. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, dass diese Frage nicht von den ureigenen politischen Entscheidungen der Kommunen selbst zu trennen ist. Die Einnahmen kann und muss die Kommune selbst steuern. Beispielsweise entscheidet die Kommune über die zumutbare Höhe der Hebesätze, über die Gestaltung der Umlagesätze und über Einsparungen im kommunalen Haushalt. Diese Entscheidungen trifft sie selbstständig. Hierbei will sich der Verfassungsgerichtshof nicht an die Stelle des Gesetzgebers oder des Gemeinderats vor Ort setzen, in dessen Entscheidungsbefugnis das liegt.

Um den Bedarf überhaupt erst beurteilen zu können, erfordert ein wirkungsvoller Schutz der Kommunen aber ein transparenteres Verfahren, das der eigentlichen politischen Entscheidung vorangeht. Dabei soll nachvollziehbar gemacht werden, was den Gesetzgeber im Einzelnen bei der Beurteilung der Frage bewegt hat, welche Mittel er der kommunalen Familie insgesamt zur Verfügung stellt. Der Gesetzentwurf sieht nun vor, dass es grundsätzlich bei den bewährten Verfahrensschritten bleiben wird, also bei Geschäftsführergesprächen und Spitzengesprächen. Auch die Abstimmung mit den Kommunen über eine Schwerpunktsetzung hat Bestand. Für diese Gespräche und auch für den Haushaltsgesetzgeber wird jedoch künftig - das ist die entscheidende Neuerung eine Liste mit festen Eckwerten der Finanzlage von Staat und Kommune vorliegen. Zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden wurde eine Liste, die als Anlage auch anhängt, darüber erarbeitet, welche Bereiche zu den Pflichtaufgaben und welche zu den freiwilligen Aufgaben gehören und welche Gemeinkosten hier gelten. Der Gesetzentwurf will damit den bewährten Weg stärken, sich in Verhandlungen auf politischer Ebene über einen Entwurf des Finanzausgleichs zu einigen.

Kollege Halbleib, wir sollten uns nicht die Möglichkeit nehmen, dass die Beteiligten zum Beispiel zu dem Ergebnis kommen, dass sie den Digitalfunk über den Finanzausgleich regeln wollen. Ich halte es für richtig, so viel politische Flexibilität und so viel politischen Willen wie nur möglich walten zu lassen.

Wir hätten auch nach dem Vorbild anderer Länder einen Sachverständigenausschuss einberufen können. Diese Sachverständigenhörigkeit ist aber nicht unser Ding. Wir sind der Meinung, dass wir derartige Entscheidungen auf der Grundlage von zuverlässigen Eckdaten treffen können und sollen. Daher soll die Stärkung der politischen Entscheidung darin liegen, dass für die Gespräche mit den Kommunen und die Beratung über den Haushalt aussagekräftige Daten über die aktuelle finanzielle Situation von Staat und Kommunen vorliegen werden. Damit wird auch das Kernanliegen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes entsprechend getroffen.

Wir alle haben Verständnis, dass sich die Kommunen leichter täten, wenn die FAG-Mittel großzügiger bemessen wären. Wir alle sind Kommunalpolitiker. Hier und heute eine Erhöhung zu fordern, ist nicht die richtige Stelle. Wir müssen abwarten, wie die Steuerschätzungen ausfallen und wie sich die Situation des Landes und der Kommunen darstellt. Erst dann kann entschieden werden, wie die Mittel vergeben werden sollen. Ich bin guter Dinge und überzeugt, dass wir mit diesen Änderungen eine gute Regelung finden werden, die den Kommunen aber auch dem Freistaat Bayern gerecht wird.

(Beifall bei der CSU)

Für die Fraktion der Freien Wähler darf ich Herrn Mannfred Pointner das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Änderungsentwurf zum Finanzausgleichsgesetz ist notwendig geworden - das wurde bereits gesagt - wegen des Urteils des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes vom November 2007. Diese Entscheidung wurde aufgrund von Popularklagen der Bezirke Oberbayern und Schwaben und aller Landkreise in Oberbayern und Schwaben ausgelöst. Die Kläger haben nicht in erster Linie geklagt, weil das Entscheidungsverfahren nicht transparent genug sei oder, wie das Gericht gesagt hat, nicht rational nachvollziehbar war, sondern die Popularklagen wurden erhoben, weil die Höhe der Bezirksumlage in Oberbayern und Schwaben die Landkreise und Gemeinden derart belastete, dass die kommunale Selbstverwaltung, zu der auch die Möglichkeit von freiwilligen Leistungen gehört - also die freie Spitze sozusagen

nicht mehr gewährleistet war. Herr Staatssekretär Pschierer, Sie haben bereits ausgeführt, dass das Gericht diesem Hauptanliegen nicht nachgekommen sei, weil - vereinfacht gesagt - die Bereitstellung der Haushaltsmittel im Rahmen des FAG einer weitgehend politischen Bewertung unterliege.

Das Gericht - auch das müssen wir feststellen - erkennt aber ausdrücklich an, dass die ausreichende Finanzausstattung der Kommunen zum Kern der Selbstverwaltung gehört und verfassungsrechtlich überprüfbar ist. Diese verfassungsrechtliche Prüfung ist in ein qualifiziertes Entscheidungsverfahren vorverlagert worden.

Über die Einzelheiten des Änderungsvorschlags werden wir uns im Haushaltsausschuss unterhalten müssen. Sie haben im Wesentlichen das jetzt schon praktizierte Verfahren in das Gesetz übernommen. Der Vorteil besteht darin, dass das geregelt ist. Ob das alles den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes entspricht, müssen wir diskutieren.

Sie haben die kommunalen Spitzenverbände angesprochen. Es gibt aber auch bei den Kommunen andere Meinungen, die eine genauere Regelung wünschen. Die Beteiligung der Kommunen ist uns sehr wichtig. Sehr wichtig ist aber auch - das will ich anmerken -, dass daraus ein unbürokratisches Verfahren wird, ohne dass die Rechte der Kommunen, die vom Gericht festgelegt worden sind, vernachlässigt werden. Ich habe nichts dagegen, wenn Kollege Winter beteiligt ist; er kann die Anliegen des Ausschusses vertreten. Ich muss aber dem Kollegen Halbleib recht geben, dass es weitaus sachgerechter wäre, wenn alle Fraktionen an den Gesprächen beteiligt würden. Allen Fraktionen gehören Mitglieder an, die sich mit dem Finanzausgleich auskennen, weil sie diesen seit Jahrzehnten praktizieren.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Wichtiger als die Abwicklung des Verfahrens ist aber, dass die politische Wertung vorgenommen wird, nämlich ob die Verteilung des Bedarfs richtig ist und ob die Geldmenge für den Finanzausgleich die richtige ist.

Die Klagegründe bestehen nach wie vor und haben sich in letzter Zeit sogar verschärft. Ursache sind die ständig steigenden Sozialausgaben der Bezirke, insbesondere im Bereich der Eingliederungshilfe. Die Erhöhung der Sozialausgaben entsteht auch dadurch, dass der Bund und das Land Vorgaben machen zur Einhaltung von Standards. Hinzu kommt für Oberbayern und Schwaben, dass Artikel 15 Absatz 2 des FAG nicht ganz gerecht war. Ich weiß, dass die Bezirke daran sind, das in Ordnung zu bringen, weil sich das Finanzministerium nicht recht herangetraut hat. Vielleicht regeln das die Bezirke, dann wird es eine vernünftige Regelung.

Die Steigerung der Sozialausgaben wird mit den 580 Millionen Euro bei Weitem nicht aufgefangen. Nicht nur die Bezirke, sondern vor allem die Landkreise haben immer höhere Ausgaben im Sozialbereich, wie für die Grundsicherung im Alter. Die Anzahl der Bedürftigen steigt und damit die Kosten. Auch die Ausgaben für die Jugendhilfe steigen. Betrachten Sie den Fall der Kindsgefährdung, der zu einem erheblichen Anstieg der Personalkosten geführt hat.

Die Freien Wähler fordern für den nächsten Nachtragshaushalt, dass in den kommunalen Finanzausgleich mehr Geld fließt. Anlässlich des Doppelhaushalts 2009/2010 haben wir bereits für den Finanzausgleich 2009 die Erhöhung des Kommunalanteils am Steuerverbund beantragt. Wir verlangen das deshalb, weil wir wissen, dass die Kommunen erhebliche Einbrüche bei den Einnahmen haben werden. Das betrifft nicht nur den kommunalen Finanzausgleich, sondern auch die Einkommensteuerbeteiligungen und vor allem die Gewerbesteuer. Die Kommunen leisten ungeheuer viel auf dem investiven Bereich. Der investive Sektor ist wichtig für Wachstum und Beschäftigung. Darum werden wir in den Verhandlungen zum Finanzausgleich am Ende dieses Jahres darauf drängen. Die Freien Wähler haben entsprechende Anträge gestellt.

Ich möchte vorab schon auf das Argument eingehen, die Wirtschaftslage sei schlecht, die Steuereinnahmen brächen weg. Allerdings habe ich in den letzten Monaten, als es um Steuererleichterungen und Konjunkturpakete ging, gehört, die paar Millionen werde sich der Freistaat Bayern noch leisten können. Wir werden das im Spätherbst ansprechen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN darf ich Kollegin Kamm das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Herbst 2005 haben dreißig Landkreise, vier kreisfreie Städte und 232 kreisangehörige Gemeinden eine Popularklage erhoben. Sie waren der Auffassung, dass die Finanzausstattung der Kommunen einem stetigen Erosionsprozess ausgesetzt sei, der sich durch schwindende Einnahmen auf der einen Seite und steigende Ausgaben vor allem im Bereich der Jugend- und Sozialhilfe auf der anderen Seite bedingt sei. Sie beklagten, dass sich der Freistaat und der Bund nicht ausreichend an den Aufgaben der Bezirke insbesondere bei der Eingliederungshilfe beteiligten. Sie waren der Auffassung, dass den freiwilligen Aufgaben weitgehend der Boden entzogen sei, und sie waren sogar der Meinung, dass die Kommunen im Pflichtbereich an den Rand der Lei

stungsfähigkeit gerieten. Ursächlich hierfür sind nach Auffassung der Kommunen die gesetzlichen Regelungen, die zu einer nicht angemessenen Finanzausstattung führten und dadurch das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Kommunen verletzten. Die Verteilungssymmetrie zwischen dem Freistaat und den Kommunen sei nicht gewahrt - so die Gemeinden -, und die derzeitige Praxis der Verteilung der Gesamtsumme des Finanzausgleichs - Herr Pschierer - zwischen dem Finanzministerium und den kommunalen Spitzenverbänden frei auszuhandeln - man kann auch sagen: frei auszumauscheln - sei mit der Verfassung nicht vereinbar. Die Teilhabe der Bedarfsträger am Entscheidungsprozess müsse durch entsprechende gesetzliche Regelungen organisiert und verfahrensmäßig strukturiert werden. - So die Gemeinden.

Bereits im November 2007 hat das Verfassungsgericht den Gemeinden zumindest teilweise recht gegeben. Es wollte sich allerdings nicht zur Frage der ausreichenden Finanzausstattung äußern, weil es der Auffassung war, diese Frage sei politisch zu entscheiden und nicht durch ein Verfassungsgericht. Es hat aber entschieden, dass es zur Garantie der kommunalen Selbstverwaltung gehört, dass es eine Absicherung des Entscheidungsprozesses gibt, dass angemessene nachvollziehbare Verfahren Voraussetzung für die sachgerechte Findung eines gerechten Finanzausgleiches sind und dass das derzeitige Fehlen solcher Verfahrensregeln zur Unvereinbarkeit des Finanzausgleichs mit der Verfassung führt. So das Verfassungsgericht.

Das Gericht hat dem Freistaat aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2009 die erforderlichen Verfahrensregeln zu schaffen. Was ist seither passiert? - Im Jahr 2008 gar nichts. Was ist im Jahr 2009 passiert? - Bis jetzt auch nichts. Kurz vor Fristablauf wird uns nun dieser Gesetzentwurf vorgelegt. Die Frage lautet jetzt: Wie ist dieser Gesetzentwurf zu beurteilen?

Dieser Gesetzentwurf - das ist als Erstes deutlich zu sagen - schafft kein echtes Mitspracherecht der kommunalen Ebene. Die Modalitäten des kommunalen Finanzausgleichs sind nach wie vor lediglich mit den Vertretern der Kommunen zu erörtern, eine echte Beteiligung ist nicht vorgesehen.

Der Gesetzentwurf ist auch deshalb nicht ausreichend, weil viele Regelungen fehlen. Dem Freistaat würde es gut zu Gesicht stehen, wenn er die Finanzzuweisungen freiwillig und in fairer Weise der allgemeinen Lohn- und Preisentwicklung anpassen würde. Wir stehen zum Beispiel vor der Situation, dass die Pro-Kopf-Zuweisungen an die Gemeinden seit dem Jahr 2000 auf gleicher Höhe geblieben sind. Es würde dem Freistaat auch gut zu Gesicht stehen, wenn vor der Übertragung neuer Aufgaben an die Gemeinden ein sachgerechter Finanz

ausgleich geschaffen würde. Wir haben beispielsweise beim Digitalfunk erlebt, dass dieser Leitsatz für die Staatsregierung bis heute nicht gilt.

Es wäre besser, wenn der Freistaat die Quoten der Kommunen an den Steuerverbünden nicht ständig beschneiden, ausplündern und in neue Aufgaben umdefinieren würde. Es wäre sehr viel besser für die Kommunen, wenn die zweckgebundenen Investitionszuweisungen zeitnah bezahlt würden und die Transparenz gewahrt würde. Ich denke hier beispielsweise an die Finanzierung des Sozialhilfeausgleichs der Bezirke, wo viel umdefiniert und gemauschelt worden ist.

Nicht zuletzt wäre es wunderbar, meine Damen und Herren, wenn die Kommunen die Daten des kommunalen Finanzausgleichs, die das Statistische Landesamt gespeichert hat, einsehen könnten. Es nützt nicht viel, wenn aufgrund des Gesetzentwurfs Berge von Statistiken erarbeitet werden, aber die Kommunen nicht die Möglichkeit haben, einzusehen, wie die Kennziffern der Gemeinden für die Schlüsselzuweisungen, die bei der Berechnung der Ausgangsmaßzahlen zugrunde liegen, tatsächlich sind.

Es wäre sehr viel mehr zu tun in Sachen Transparenz. Der vorliegende Gesetzentwurf genügt uns nicht. Mehr zu tun ist auch in Sachen faire Zusammenarbeit des Freistaates mit den Kommunen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Als letzten Redner in dieser Runde darf ich für die FDP-Fraktion Herrn Prof. Dr. Georg Barfuß ans Mikrofon bitten.

Herr Präsident, Herr Staatssekretär der Finanzen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! An fünfter Stelle kann man nur feststellen: Es herrscht mehr oder weniger große Einigkeit in allen Fraktionen, dass es hier um Verteilungsgerechtigkeit geht. Ich vergleiche den Staat immer mit einer Familie. Ich selbst bin Vater von fünf Kindern und meine, die Antwort auf die Frage, ob ich meine Kinder gerecht behandle, kann nicht sein: 100 geteilt durch 5 ist 20. Vielmehr geht es darum, jedem das zukommen zu lassen, was ich für eine bestimmte Zeit für nötig erachte. Langfristig muss das Ganze natürlich ausgeglichen sein. Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass die Aufforderung des Gerichts eine Chance ist, das Finanzausgleichsgesetz fortzuentwickeln hin zu einer Operationalisierung. Man soll wirklich sehen, wer bekommt was wofür und ist dieses in Ordnung und gerecht.

Ich war selbst lange genug Bürgermeister, um auf der anderen Seite zu wissen, wie es ist, wenn man Finanzausgleich beansprucht. Machen wir uns nichts vor: In