Protokoll der Sitzung vom 14.10.2009

Beim SPD-Antrag ist es folgendermaßen: Wenn Sie, Frau Wild, als SPD anregen möchten, dass auch weiterhin in Deutschland all die gentechnisch veränderten Pflanzen verboten bleiben, die bisher schon verboten sind, muss ich Ihnen sagen, dass wir bisher nur ein Verbot von MON 810 haben. Ihr Antrag geht also an der Realität vorbei. Hinzu kommt, dass wir auch hier Wort halten und das, was Sie in Punkt 2 fordern, ohnehin - mit Ihrem Antrag oder ohne ihn - umsetzen und gerade

auch als CSU-Position wie schon in der Vergangenheit heute sehr selbstbewusst vertreten.

In der Summe denke ich, meine sehr verehrten Damen und Herren, sollten wir aufhören, das Thema Gentechnik in der Landwirtschaft nur dazu zu benutzen, irgendwelche parteipolitischen Scharmützel auszutragen. Konzentrieren wir uns auf das, was wichtig ist: Wir müssen uns darauf konzentrieren, dass der Agrarstandort Deutschland durch diese Diskussion nicht unnötig in eine Ecke gestellt wird, in der er sich nicht befindet. Kein Mensch in Deutschland will irgendjemandem durch den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen einen Schaden zufügen, insbesondere wir in Bayern nicht. Darauf lege ich Wert, und dabei wird es auch bleiben. Dazu brauchen wir keine Belehrungen von den GRÜNEN und der SPD. Wir werden deswegen diese beiden Anträge ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. Für die Fraktion der Freien Wähler darf ich nun Frau Müller ans Mikrofon bitten. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie dürfen es mir glauben: Es ist mir eine persönliche Herzensangelegenheit, ein gentechnikanbaufreies Bayern zu haben. Ich bin der tiefsten Überzeugung, dass wir keine Agrogentechnik in Bayern brauchen. Allerdings haben wir hier zwei Dringlichkeitsanträge vorliegen, die wirklich schon Beschlusslage vom April und vom Mai sind. Wir haben uns im Bayerischen Landtag dafür ausgesprochen, und ich denke, es sind große Anstrengungen im Bund erforderlich, um die Beschlüsse, die wir damals gefasst haben, umzusetzen. Ich kann nur wünschen, dass diese Beschlüsse auch so vollzogen werden.

Bei dem Antrag der GRÜNEN haben wir hinsichtlich der Nulltoleranz große Probleme. Wir werden diesem Antrag so nicht zustimmen können, sondern wir werden uns enthalten; denn Nulltoleranz bedeutet keine Spur von gentechnisch veränderten Futtermitteln. Nulltoleranz bedeutet tatsächlich, dass eine Handvoll von gentechnisch verändertem Soja, das wir in der EU nicht zugelassen haben, dazu führt, dass eine ganze Schiffsladung mit 50.000 Tonnen vernichtet werden muss. Das können wir nicht mittragen, denn ich glaube, dass es dann zu Versorgungsengpässen bei den Schweinemastbetrieben kommen würde. Es gibt nur die Möglichkeit, diese EU-Verordnung mit einer praktikablen Regelung zu versehen. Ich wünsche mir hier eine Anpassung an die Schweiz. Dort gilt nämlich die 0,5Toleranz-Regelung. Sie wissen alle, dass im Lebensmittelbereich sogar 0,9 gilt. Hier brauchen wir also einen praxisgerechten Ansatz. Wir können hier nicht

einerseits große Hürden aufbauen und andererseits gleichzeitig bei der Biodieselbesteuerung die Vernichtung unserer Ölmühlen vorantreiben. Sie wissen es alle: Bei der Ölmühlpresse entsteht hochwertiges Eiweißfutter in Form von Rapskuchen. Hier müssen wir alle Möglichkeiten nutzen.

Wie gesagt, die Fraktion der Freien Wähler wird sich beim Antrag der GRÜNEN enthalten. Dem Antrag der SPD werden wir zustimmen, obwohl wir wissen, dass es bisher in Deutschland nur ein Verbot von MON 810 gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der Freien Wähler)

Vielen Dank, Frau Kollegin Müller.

Für die FDP-Fraktion darf ich dem Kollegen Dechant das Wort erteilen.

(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema "grüne Gentechnik" beschäftigt uns hier immer wieder. Ich muss dazu im Vorfeld ein paar Sätze sagen.

Ich würde mir wünschen, wir alle in diesem Haus gingen gemeinsam verantwortungsvoll mit diesem Thema um. Wir würden uns Lösungen für die Probleme überlegen, die uns durch die grüne Gentechnik entstehen. Wir haben Probleme bei der Patentierung etc. etc. Es wird uns nichts helfen, wenn wir eine Vogel-Strauß-Politik betreiben, den Kopf in den Sand stecken und sagen: Wir wollen mit der Sache nichts zu tun haben. Wir haben mit der grünen Gentechnik zu tun, jetzt und in Zukunft, und wir werden sie nicht aufhalten können.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben jetzt in Berlin Koalitionsverhandlungen, wo auch das Thema grüne Gentechnik behandelt wird. Ich bin davon überzeugt, dass die Kollegen von der CDU/ CSU und meine Kollegen verantwortliche Lösungen für dieses Thema diskutieren und finden werden. Ich muss ganz ehrlich sagen: Zu denen habe ich größeres Vertrauen als zu Vertretern der Vorgängerregierungen RotGrün oder der Großen Koalition.

(Zuruf von der SPD: Es klatscht aber auch nie- mand!)

- Ich weiß, das macht nichts. Dafür habe ich einen Zwischenruf gekriegt, das ist doch auch etwas wert.

(Harald Güller (SPD): Aber keine Unterstützung vom eigenen Laden!)

- Das macht nichts, die sind gerade ein bisschen eingeschlafen.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP) - Harald Güller (SPD): Was hab ich gehört: Die FDP ist bei Ihrer Rede eingeschlafen?)

- Bei meinen Vorrednern von den anderen Fraktionen verwundert mich das auch nicht.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

- Jetzt lasst mich weiterreden.

Wir müssen uns aktiv mit diesem Thema auseinandersetzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben heute schon einmal über das Thema erneuerbare Energien diskutiert. Dazu werden wir verstärkt Mais brauchen, wenn ihr alles das umsetzen wollt, was hier diskutiert wurde. Wir haben Schädlinge, die das betrifft. Wir haben vielleicht Probleme, die das betrifft, die die grüne Gentechnik unter Umständen vernünftig lösen kann. Deswegen warne ich davor, sie zu verbieten. Ein Verbot würde uns für die Zukunft unter Umständen Handschellen anlegen, die wir nicht mehr loswerden.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Dasselbe ist es mit der Nulltoleranzregelung. Sie ist völlig unpraktikabel. Unsere Landwirte sind auf Eiweißfuttermittel angewiesen. Wir können es uns nicht leisten, ganze Schiffsladungen zurückgehen zu lassen, nur weil das Schiff zwei Jahre vorher vielleicht gentechnikveränderte Ware befördert hat.

(Zuruf von der SPD: So ein Schmarrn!)

- Das ist kein Schmarrn, das ist so.

Herr Daxenberger, ich habe Ihren Beitrag wirklich aufmerksam verfolgt. Ich kann Ihre Äußerungen auch von Ihrem Standpunkt aus nachvollziehen. Aber ich kann nicht nachvollziehen, dass Sie mehrmals in Ihrer Rede den Begriff "Mafia" verwendet haben. Das ist für mich falsch. Damit schüren Sie gezielt Ängste. Wir reden doch nicht über die Mafia, sondern über eine Industrie, die berechtigterweise Geld verdienen will. Aber weder wir von der FDP noch die Kollegen von der Union werden von irgendeiner Mafia gesteuert. Deswegen bitte ich Sie, diesen Begriff in Zukunft nicht mehr zu verwenden.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP) - Zuruf des Abgeordneten Sepp Daxenberger (GRÜNE))

Jetzt zu den Anträgen im Speziellen. Wir werden den Antrag der GRÜNEN wegen dieser Nulltoleranzgrenze ablehnen, weil diese völlig unpraktikabel ist. Des Weiteren werden wir den Antrag der SPD ablehnen, weil dort drinsteht, dass man Freilandanbau für Forschungszwecke nicht mehr durchführen soll. Wir machen es im Moment nicht, aber wir werden uns nicht festlegen lassen, ob wir es nicht vielleicht in ein paar Jahren wieder tun wollen.

Ich bitte Sie darum, diese Anträge ebenfalls abzulehnen. Ich bedanke mich.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP) und bei Abgeordneten der CSU)

Es tut sich einiges auf der Besuchertribüne. Bevor ich die neu Hinzugekommenen begrüße, darf ich jemanden begrüßen, der schon länger dort Platz genommen hat, nämlich den früheren SPD-Abgeordneten Dr. Manfred Schuhmann. Herzlichen willkommen bei uns im Landtag, Herr Schuhmann.

(Allgemeiner Beifall)

Aus dem Plenum liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit gebe ich als letztem Redner in dieser Debatte Herrn Staatsminister Söder das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal bin ich sehr beeindruckt davon - ich bin ähnlich wie der Herr Ministerpräsident von den Koalitionsverhandlungen hergekommen -, dass die SPD uns jetzt noch gute Ratschläge gibt, was wir in den Koalitionsverhandlungen machen sollen.

(Harald Güller (SPD): So hilfreich sind wir!)

Sie hatten lange genug Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, was Sie für Deutschland leisten wollen. Die Wähler wollten Sie nicht. Das müssen Sie endlich einmal akzeptieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Das muss einmal gesagt werden.

Die heutigen Anträge, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind in der Tat überflüssig, weil sie nichts Neues darstellen. Man muss einmal sagen, was wir in Bayern beim Thema grüne Gentechnik bewegt haben. Herr Daxenberger, Sie haben es ein Stück weit anerkannt. Ich danke übrigens an dieser Stelle ganz herzlich meiner Fraktion. Die CSU-Fraktion hat sich über die Zeit hinweg an der einen oder anderen Stelle nicht nur

bewegt, sie hat auch ihrem engagierten Umweltminister zugestanden, dass wir unsere Position weiterentwickeln, aber eben nicht aus ideologischen Gründen,

(Hubert Aiwanger (FW): Aus wahltaktischen!)

sondern wissenschaftlich objektiv fundiert. Unser Maßstab darf bei diesem Thema nicht Ideologie sein, sondern es muss naturwissenschaftlich objektiv-sachlich begründet sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Hubert Aiwanger (FW): Oje!)

Genau so war das Verbot der Landwirtschaftsministerin in Berlin zu begründen, Genmais MON 810 zu verbieten. Es hat naturwissenschaftlich nachvollziehbare Gründe für diese Entscheidung gegeben.

Mit diesem Kompass haben wir im letzten halben Jahr eine Fülle von Entscheidungen getroffen, die uns in der Tat auf dem Weg zu einem gentechnikanbaufreien Bayern vorangebracht haben.

In Berlin geht es jetzt um Folgendes: Wir wollen, übrigens auch aus sachlichen Gründen, weil die Topografie in Bayern eben eine ganz andere ist als beispielsweise in Nord- oder Ostdeutschland, weil auch die Einstellung der Menschen, der Verbraucher hier eine andere ist als in Nord- oder Ostdeutschland, eine klare Möglichkeit schaffen, dass wir in Bayern stärker regeln können, wie wir in dieser Frage entscheiden. Wir wollen, dass wir im Bayerischen Landtag entscheiden können, was auf bayerischen Äckern und Feldern angebaut wird, und dass dies nicht irgendwo anders entschieden wird. Deswegen kämpfen wir dafür, auf europäischer Ebene eine Regelung zu finden. Und der EU-Kommissionspräsident hat das erste Mal angedeutet, dass er sich vorstellen kann, dieses Recht auf die Regionen zu übertragen. Da wollen wir dranbleiben.

Klar ist auch: MON 810 bleibt - eine wissenschaftlich begründete Entscheidung - nach wie vor verboten.