Protokoll der Sitzung vom 22.10.2009

Das wichtigste Argument aber ist, dass die doppelte Buchführung keineswegs vor Missmanagement und Fehlbewertung schützt. Man denke beispielsweise an die viel zu hoch bewerteten Immobilien der Bahntochter Aurelis, man denke an die Ausgliederung von Wertpapieren bei Banken, man denke an die Ausgliederung von Schulden in Zweckgesellschaften. Doppik schützt auch nicht vor der Einführung von Schattenhaushalten und auch leider nicht davor, Herr Kollege Barfuß, dass die CDU/FDP-geführte Bundesregierung 60 oder 70 Milliarden Schulden in Schattenhaushalte auslagern will. Das bedeutet natürlich, dass dann überhaupt keine Transparenz mehr gegeben ist.

Kolleginnen und Kollegen, den Kommunen drohen aufgrund der angestrebten Gesetzgebung der schwarzgelben Regierung schwere Zeiten. Doppik wird sie aber nicht retten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Kamm. Zum Abschluss hat sich Herr Staatsminister Herrmann gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin für diese differenzierte Debatte sehr dankbar, die diesem Thema angemessen ist. Mit dem Gesetz, das am 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist, haben wir es den Kommunen ermöglicht, auf die doppelte kommunale Buchführung umzustellen. Seither sind keine Ausnahmegenehmigungen nach der Experimentierklausel mehr erforderlich, sondern jede Kommune kann nun frei entscheiden, ob sie vom herkömmlichen kameralen Rechnungswesen auf die doppelte kommunale Buchführung umstellen will. Ich denke, es war richtig, dass wir diese Möglichkeit eröffnet haben.

Zum 30. Juni dieses Jahres hatten 29 kreisangehörige Gemeinden in Bayern, 8 kreisfreie Städte und immerhin 14 Landkreise in Bayern auf Doppik-Haushaltsführung umgestellt. Es ist also schon einiges in Gang gekommen.

Herr Kollege Barfuß, ich sage ausdrücklich, dass ich das begrüße. Wir wollen das auch weiterhin positiv begleiten. Ich füge aber hinzu - manches von dem, was Kollegin Kamm gerade gesagt hat, ist durchaus nicht falsch -, dass sich allein mit der Umstellung der Buchführung nicht alle finanziellen Probleme einer Kommu

ne in Wohlgefallen auflösen. Zwar wird manches in der Tat transparenter, und man kann manches vielleicht leichter erkennen. Meine Damen und Herren, wenn Sie sich anschauen, in welche Probleme manche Unternehmen in unserem Land in den letzten Jahren geraten sind - heute hat uns die Debatte über die Firma Quelle lange beschäftigt -, werden Sie erkennen, dass allein mit einer anderen Form von Buchführung nicht garantiert ist, dass keine großen wirtschaftlichen Probleme eintreten.

Manches, Kollege Barfuß, was wir an Vorgaben und Vorschriften für den Freistaat Bayern haben, hat seinen Sinn. Wenn ich an die Firma Quelle denke, fällt mir Folgendes ein: Wir haben die Verpflichtung im Freistaat Bayern, dass das Grundstockvermögen unangetastet bleiben muss. Wenn ich überlege, dass bei der Firma Quelle eines der Probleme daher rührt, dass zuzeiten von Herrn Middelhoff nacheinander das gesamte Immobilienvermögen der Firma veräußert worden ist und das in der so wunderschönen wirtschaftlichen Buchführung als einmalige Einnahme aufgeführt wird, für die Herr Middelhoff auch Superprämien bekommen hat, obwohl das ein Einmal-Effekt ist und im folgenden Jahr das gesamte Vermögen weg war, meine ich, dass es ganz gut ist, dass gemäß der Bayerischen Verfassung so etwas beim Freistaat Bayern nicht möglich ist. Wir sind gut beraten, das Grundstockvermögen unangetastet zu lassen. Von daher ist es richtig, meine Damen und Herren, dass wir die Möglichkeiten eröffnet haben, die mancher Kommune mehr Transparenz und neue Perspektiven eröffnen. Man muss sich das nach wie vor aber mit Bedacht ansehen, und man sollte sich von der Umstellung der Buchführung alleine nicht zu viel versprechen.

Bitte schön, Herr Dr. Barfuß.

Herr Staatsminister, ich möchte Sie implizit darauf hinweisen, dass ich die Rückstellungen, die der Staat allen für die Beamten zumutet, als richtig erkannt habe, weil ich für die Substanzerhaltung des Staates und der Kommunen bin. Deshalb sollten Sie nicht glauben, wenn ich für die Umstellung bin, dass ich möchte, dass wir die Substanz des Staates so schwächen, wie das Quelle gemacht hat. Wer verantwortungsvoll führt, ob er Minister oder Manager ist, muss wissen, was er tut. Das hängt nicht vom Rechnungswesen ab.

Herr Kollege, das war keine Zwischenfrage.

Lieber Herr Kollege Barfuß, ich bin weit davon entfernt, Ihnen zu unterstellen, dass Sie so etwas für

richtig hielten. Ich wollte nur bewusst den Kontrast herausarbeiten, wie sich die Herausforderungen darstellen.

Wir wollen das Thema insgesamt weiterentwickeln. Ich mache im Moment aber kein Hehl daraus, dass ich die finanzielle Förderung nicht für zwingend geboten halte. Ich darf in dem Zusammenhang daran erinnern, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Gesamtheit der bayerischen Kommunen im vergangenen Jahr 2008 einen Überschuss von rund 1,8 Milliarden Euro erwirtschaftet hat. Das heißt, die Summe aller Kommunalhaushalte in Bayern hatte im vergangenen Jahr rund 1,8 Milliarden Euro mehr Einnahmen als Ausgaben. Das wird sich im Jahr 2009 verändern. Das ist klar. Aber es kann nicht von vornherein eine Gleichung aufgemacht werden, dass bei jedem Thema, das die Kommunen im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung gerne aufgreifen möchten, automatisch nach einem staatlichen Zuschuss gerufen wird. Kommunale Selbstverwaltung heißt - auch das haben Sie nicht gesagt Herr Barfuß, ich sage das nur im Hinblick auf andere Kollegen, die sich geäußert haben - in der Tat zunächst, dass Kommunen das, was sie für richtig halten und was sie anpacken wollen, aus eigener Kraft stemmen können.

Wir haben die Freiräume dafür gewährt. Ich sage aber auch klipp und klar: Wir wollen das positiv weiter begleiten. Wir wollen aber auch weiterhin keine Kommune zur Doppik zwingen, sondern klar sagen, dass das in deren eigener Entscheidung liegt. Ich werde gerne einen umfänglichen Bericht den Ausschüssen des Landtags vorlegen, aus dem sich im Ausschuss eine entsprechende Debatte ergeben wird.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 16/2374 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der Freien Wähler, der GRÜNEN, der FDP und die Abgeordnete Dr. Gabriele Pauli, fraktionslos. Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? Ebenfalls keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag einstimmig angenommen.

Im Einvernehmen aller Fraktionen schlage ich vor, die restlichen Dringlichkeitsanträge nicht mehr aufzurufen, weil die Zeit bis 17.00 Uhr nicht mehr für die Diskussion ausreicht. Die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 16/2375 bis 2382, 2385, 2392 und 2393 werden in die zuständigen federführenden Ausschüsse verwiesen. Ich sehe keinen Widerspruch. - So beschlossen.

Ich lasse über den Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN auf Drucksache 16/2373 abstimmen. Dazu wurde namentliche Abstimmung beantragt. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Es kann jetzt mit der Stimmabgabe begonnen werden. Dafür stehen drei Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 16.25 bis 16.28 Uhr)

Drei Minuten sind vorbei. Wir können die nächste namentliche Abstimmung vornehmen. Ich lasse über den Dringlichkeitsantrag der SPD auf Drucksache 16/2386 abstimmen. Auch dazu wurde namentliche Abstimmung beantragt. Die entsprechend gekennzeichneten Urnen sind wieder bereitgestellt. Es kann jetzt mit der Stimmabgabe begonnen werden. Dafür stehen ebenfalls drei Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 16.29 bis 16.32 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Abstimmung. Ich bitte, die Stimmkarten zu entnehmen.

(Unruhe)

Wir kommen zur dritten namentlichen Abstimmung. Es geht um den Dringlichkeitsantrag der Fraktion der Freien Wähler auf Drucksache 16/2387 betreffend "Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien garantieren und Atomausstiegsdebatte sofort beenden". - Sie haben drei Minuten.

(Beginn der namentlichen Abstimmung: 16.32 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich will die Sitzung nach der Abstimmung nicht gleich schließen, weil ich das Ergebnis noch bekannt geben möchte, aber ich möchte niemanden daran hindern, unmittelbar nach der Abstimmung den Zug nach Hause zu nehmen.

(Ende der namentlichen Abstimmung: 16.35 Uhr)

Meine Damen und Herren, auch diese Abstimmung ist nun geschlossen.

Wie gesagt, ich schließe die Sitzung noch nicht offiziell, aber ich möchte niemanden daran hindern, zum Bahnhof zu gehen und einen Zug früher zu nehmen. Ich wünsche eine gute Heimfahrt. Kommen Sie gesund nach Hause.

Meine Damen und Herren! Die Ergebnisse liegen vor. Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, "Atomkraftnutzung nicht verlängern", Drucksache 16/2373, bekannt. Mit Ja haben

66 Mitglieder des Hohen Hauses gestimmt, mit Nein 87. Es gab eine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 6)

Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion "Bayern braucht Sonne statt Radioaktivität", Drucksache 16/2386: Mit Ja haben 66 Mitglieder gestimmt, mit Nein 87. Es gab eine Stimmenthaltung. Das Ergebnis ist damit identisch mit der vorherigen Abstimmung. Der Antrag ist abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 7)

Jetzt das Ergebnis der dritten namentlichen Abstimmung zum Antrag der Fraktion der Freien Wähler,

"Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien garantieren", Drucksache 16/2387: Mit Ja haben immer noch 66 Mitglieder gestimmt, mit Nein 89. Es gab zwei Stimmenthaltungen. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 8)

Ich darf damit die Sitzung schließen. Soweit Sie nichts mehr in München zu erledigen haben, wünsche ich eine gute Heimfahrt. Kommen Sie gesund nach Hause. Wir sehen uns nächste Woche wieder.