Protokoll der Sitzung vom 22.10.2009

(Staatsminister Martin Zeil: Mir ist jede Frage recht!)

Danke schön. - Herr Minister, das klang ja wie aus dem Gutachten der Stromversorger, wie man am besten die PR für die Atomlobby macht. Das haben Sie schön zitiert, trotzdem haben wir es wiedererkannt. Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass das Umstiegskonzept der GRÜNEN auf drei Säulen beruht? Dazu gehört nämlich auch die Steigerung der Energieeffizienz und die Energieeinsparung. Ein wichtiges Thema, das Sie als Wirtschaftsminister kennen sollten. Dann werden Sie wohl auch zur Kenntnis nehmen, dass bisher alle Wachstumsprognosen für die erneuerbaren Energien, egal, welche Sparte Sie nehmen, immer übertroffen wurden. Wir können auch in Zukunft davon ausgehen, dass sich das so weiterentwickelt.

Ich empfehle Ihnen einen Besuch auf der Internetseite www.virtuelleskraftwerk.de. Da werden auch Ihre Fragen zur Grundlastversorgung geklärt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich bin Ihnen dankbar für diese lehrreichen Hinweise. Sie können sich vorstellen, dass dem bayerischen Wirtschafts- und Energieminister die Potenziale auch von Energieeffizienz bekannt sind. Ich habe Sie ja zurückgefragt: Wie wollen Sie denn beispielsweise diese Strommengen, die die Kernkraft liefert, gerade auch in Bayern, von heute auf morgen ersetzen? Darauf sind Sie, jedenfalls was die klimaschonenden Technologien angeht, bisher die Antwort schuldig geblieben.

(Margarete Bause (GRÜNE): Wir haben doch Stromüberschuss!)

Herr Minister, es gibt keine weiteren Zwischenbemerkungen mehr. - Ach Entschuldigung, Herr Kollege Wörner, so wie sonst im Hubschrauber, auch hier schneller.

Ja, so ist es, Herr Präsident.

Herr Minister, von heute auf morgen abzuschalten, davon ist überhaupt nicht die Rede. Wir haben im Gesetz Laufzeiten vereinbart. Wenn Sie die einhalten, dann ist von einem sofortigen Abschalten überhaupt nicht die Rede. Sie würden damit sicherstellen, dass der Druck hoch bleibt und dass regenerative Energien verstärkt eingeführt werden. Das ist das Gesetz, das wir haben. Sie unterlaufen das. Damit wird aus dem ganzen Gebilde der Druck herausgenommen, auf regenerative Energien umzusteigen.

Punkt zwei. Wenn Sie hier Krokodilstränen vergießen, dass Energie verteuert wird, was die Verbraucherinnen und Verbraucher belastet, darf ich Sie darauf hinweisen, dass die von Ihnen in der neuen Koalition beschlossenen Maßnahmen die Verbraucherinnen und Verbraucher erheblich höher belasten als die geringen Aufschläge beim Strom.

Drittens, und da sollten Sie sich noch sehr sachkundig machen: Diese tausend Überprüfungen, von denen immer geredet wird, beinhalten so schlichte Dinge wie die Übergabe eines Kraftwerks von einer Schicht zur anderen. Dabei ist es völlig normal, dass man einen Check durchführt und nachsieht, ob noch alle Lampen brennen - im wahrsten Sinne des Wortes - und ob noch alles im grünen Bereich läuft.

Wenn man das alles als Sicherheitsüberprüfung im klassischen Sinne ansieht, was Bürgerinnen und Bürger erwarten, dann kommt man auf tausend Sicher

heitsüberprüfungen. Wenn man allerdings die wirklich ernst zu nehmenden Sicherheitsüberprüfungen zugrunde legt, sind es erheblich weniger. Sie sollten hier aufhören, Märchen zu erzählen. Wenn Ihre jungen Kollegen das machen, dann verzeihe ich ihnen das; die können das noch nicht so genau wissen. Aber die lernen es vielleicht noch.

(Thomas Kreuzer (CSU): Das ist ja ein Monolog!)

Sie sollten aufhören, auf den Expertisen der Energieerzeuger herumzureiten, und wir sollten den Weg, der beschritten worden ist, weitergehen.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Mar- garete Bause (GRÜNE))

Herr Kollege, ich glaube, Sie haben keinen Anlass, hier selbstgerecht über andere Kollegen zu urteilen,

(Beifall bei der FDP und der CSU)

zumal Ihnen die Wählerinnen und Wähler gerade auch zu dem Punkt die richtige Lehre erteilt haben.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch zwei Antworten auf das geben, was Sie in der Sache gesagt haben. Zum einen gehe ich davon aus - ich kann es nur wiederholen -, dass gerade auch das bislang von Ihnen geführte Umweltministerium, das in seinem Namen auch die Reaktorsicherheit führt, die notwendigen Schritte im Einvernehmen mit den Ländern bisher unternommen hat, um die Sicherheit zu gewährleisten. Ich finde, Sie sollten nicht durch die Hintertür infrage stellen, was hier an hohem Sicherheitsstandard auch durch Bundespolitik und Bundeszuständigkeiten gewährleistet ist. Ich finde, wir sollten hier auch nicht die Koalitionsverhandlungen führen. Sie werden es erleben, Herr Wörner: Es wird eine sehr vernünftige, auch gerade auf nachhaltige Energiepolitik ausgerichtete Vereinbarung geben. Bei Ihrem Atomausstiegsszenario sind Sie die Antwort schuldig geblieben, wie wir denn die Klimaschutzziele ohne den Einsatz der Kernenergie gewährleisten können. Das war die Schwäche Ihres sogenannten Ausstiegskompromisses.

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister, vielen Dank. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt auf Drucksache 16/2210, den Dringlichkeitsantrag abzulehnen. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Schauen Sie auf

Ihre Fraktionsvorsitzenden! Abstimmung wie üblich. Die Zeit läuft: drei Minuten.

(Namentliche Abstimmung von 11.25 bis 11.28 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zeit ist abgelaufen. Die Auszählung erfolgt, wie immer, separat.

Wir fahren in der Tagesordnung fort. Ich komme zurück auf den Tagesordnungspunkt 5.

(Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um Aufmerksamkeit. Herr Fraktionsvorsitzender Schmid!

(Georg Schmid (CSU): Ich sitze!)

Vielen Dank.

Ich komme zurück auf den Tagesordnungspunkt 5. Offen sind hier noch die in der Anlage zu Tagesordnungspunkt 5, Nummern 2, 4 und 10 aufgeführten Anträge, zu denen Einzelberatung beantragt worden ist.

Ich rufe zunächst die Listennummer 2 auf.

Antrag der Abgeordneten Dr. Otto Bertermann, Tobias Thalhammer, Thomas Dechant u. a. und Fraktion (FDP) Bedarfsgerechtes, flächendeckendes Angebot spezialisierter, ambulanter palliativmedizinischer Versorgung (Drs. 16/1137)

Ich eröffne die Aussprache. Erste Wortmeldung: Herr Dr. Bertermann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diesen Tagesordnungspunkt, den wir schon im Ausschuss diskutiert haben, heute nochmals auf die Tagesordnung gesetzt, weil er uns sehr dringlich und wichtig ist. Sie wissen, dass die spezialisierte, ambulante Palliativversorgung in Deutschland vier Jahre gebraucht hat, bis sie letztlich beim Bürger und beim Patienten angekommen ist. Es hat seit dem Jahre 2007 zwei Jahre gedauert, bis bayerische Patienten in den Genuss dieser Behandlung kommen sollten. Jeder Tag, in dem in Bayern kein Vertrag zur spezialisierten, ambulanten Versorgung geschlossen wird, ist ein verlorener Tag. Er trägt mit dazu bei, dass die Lebensqualität der Patienten verschlechtert wird und dass wir viele Patienten ihr Leben nicht zu Hause beenden lassen können, sondern diese Patienten müssen in die Krankenhäuser. Schauen wir in andere Länder, etwa nach Nordrhein-Westfalen und Hessen. Diese beiden Länder haben diese spezialisierten, ambulanten Palliativverträge. Dort funktioniert es. Wir in Bayern hatten bis zum 01.07.2009 keine ent

sprechenden Verträge. Das heißt, die Krankenkassen haben auch jetzt noch 60 unbearbeitete Verträge liegen. Das ist der Grund, warum ich dieses Thema heute auf die Tagesordnung habe bringen lassen. Wir hatten einen Bericht an die Staatsregierung geschickt mit der Bitte, dass sie zeitnah berichten solle. Aber es sind wieder vier Monate vergangen, in denen nichts geschehen ist.

Unser Antrag zielt darauf ab, in Bayern die Versorgung zu verbessern. In Bayern haben wir für 250.000 Bürger ein solches Palliativ-Care-Team geplant. Das heißt, dort kann die Versorgung einmal komplett oder mit Unterstützung des Hausarztes durchgeführt werden. Wir haben jetzt ganze drei Teams in Bayern, brauchen aber 51 Teams. Wir Liberalen halten es für dringend notwendig, dieses Ziel zu erreichen.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich aber noch auf eine andere Ebene zu sprechen kommen, damit uns das Ganze noch ein bisschen näher gebracht wird, denn auch die Angehörigen und Patienten sind betroffen. Ich zitiere Ihnen eine Aussage von einem dieser Patienten:

Ich finde es beschämend, dass meine Mutter in ihren letzten Lebenswochen ihre Krankenkasse verklagen musste, damit sie die Kosten für die Sterbebegleitung übernimmt. Besonders verletzt es mich, dass die Kasse sie auf die Sozialhilfe verwiesen hat. Sie wollte doch nur gut versorgt zu Hause sterben.

Ich meine, es ist ein Grundrecht, dass die Menschen zu Hause sterben dürfen, dass die Lebensqualität gewährt wird und dass wir keine Ökonomisierung dieser letzten Lebensphase haben, indem die Krankenkassen über Tages- und Fallpauschalen diese Versorgung hinauszuzögern versuchen.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich abschließend noch eine andere Ebene nennen, die mir sehr am Herzen liegt: Es ist sehr zu begrüßen, dass der Gesetzgeber die Initiative ergriffen hat; denn wenn wir Menschen, wie zum Beispiel den ehemaligen Hamburger Justizsenator Kusch, mit ihren Tötungsgedanken bremsen möchten, müssen wir auch in Bayern die Palliativmedizin für alle Menschen flächendeckend anbieten.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Stewens.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist dieses ein sehr sensibles Thema. Es geht letztendlich um das Ende in unserem Leben und darum, dass Menschen, die Schmerzen haben, durch die Palliativmedizin und durch Palliativ-Care-Teams begleitet werden. Deswegen war es uns - auch mir persönlich - ein großes und wichtiges Anliegen, gerade § 37 b in das SGB V aufzunehmen und dann auch sozusagen Teams zu schaffen, die die Brücke von der stationären Behandlung, also den Palliativbetten, hin zur ambulanten Behandlung mit den niedergelassenen Ärzten und natürlich auch dem ehrenamtlichen Bereich, etwa den Hospizdiensten und -helfern, sind. Der Hintergrund ist, dass für Menschen, die aus Palliativbetten kommen, um dann nach Hause zu gehen, weil jeder von uns am liebsten zu Hause sterben möchte, auch eine angemessene qualitative Versorgung durch Palliativ-Care-Teams sichergestellt wird. Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass im April 2007 § 37 b in das Sozialgesetzbuch aufgenommen worden ist. Dann hat natürlich der Gemeinsame Bundesausschuss in Berlin entsprechende Qualitätskriterien auf den Weg gebracht. Das hat durchaus etwas länger gedauert, auch das muss man dazusagen.

Die Qualitätskriterien für die Weiterbildung waren sehr anspruchsvoll. Die üblichen Scheine, die man bei der Kammer auf dem Gebiet der Palliativmedizin bei Fortbildungen gemacht hat, haben also nicht mehr gegolten. Es mussten 160 Stunden absolviert werden. Die Hausärzte und die niedergelassenen Ärzte mussten mindestens 75 Patienten im Bereich der Palliativmedizin in den letzten drei Jahren behandelt haben. Das heißt, wir sind jetzt auch im niedergelassenen Bereich so weit, dass wir ausreichend Allgemeinmediziner und Fachärzte haben, die jetzt wirklich starten können.

Auf dem Gebiet der Hospizdienste waren wir in Bayern schon immer sehr gut aufgestellt. Was die Palliativbetten betrifft, haben wir bundesweit eine hervorragende Struktur: Wir haben 38 Palliativstationen mit 351 Betten, 102 Betten sind in Planung, sodass wir in Bayern im stationären Bereich - gemessen am Ausbaustand vorbildlich sind und unter den deutschen Ländern an der Spitze liegen. Das ist die einzig richtige und wichtige Antwort auf die aktive Sterbehilfe in Deutschland. Darauf möchte ich schon noch hinweisen, lieber Kollege Otto Bertermann, weil es uns beiden ein Herzensanliegen ist. Darüber müssen wir uns im Klaren sein.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf von der FDP: So ist es!)

Wir alle wollen keine aktive Sterbehilfe. Deswegen müssen wir den Menschen die Angst vor dem Sterben nehmen, wenn sie zum Beispiel Krebs haben, aber