Protokoll der Sitzung vom 26.11.2009

Richtig ist, dass die Staatsregierung mit der BayernFITInitiative zwischen Forschung und Wirtschaft die kleinen und mittelständischen Unternehmen einbezieht. Das hebe ich ausdrücklich positiv hervor. Es muss aber noch ausgebaut werden. Regionale, kleine und mittelständische Unternehmen sollen in gleicher Weise von den innovativen Erkenntnissen der bayerischen Forschungsinstitute profitieren. Sie sind das Rückgrat der bayerischen Wirtschaft.

Die Forschung in der grünen Gentechnik wurde heute noch nicht genannt, ist aber ein Punkt, der in den letzten Wochen und Monaten immer diskutiert wurde. Laut der Bayerischen Staatsregierung sind eine starke staatliche und eine private Forschung im Bereich der grünen Gentechnik notwendig, um zu gewährleisten, dass der heimischen Landwirtschaft das Potenzial dieser Technologie nicht länger vorenthalten wird.

Nach Auffassung der Freien Wähler - das haben wir schon häufiger im Plenum, im Umwelt- und im Landwirtschaftsausschuss gesagt - ist es nicht Aufgabe des Freistaates, eine risikoreiche Technologie zu entwickeln, sondern seine Aufgabe ist es, Landwirtschaftsformen zu entwickeln, die seit Langem gezeigt haben, wie eine nachhaltige und die Gesundheit und Umwelt schützende Produktion aussehen kann, und zwar bei gleichzeitigem Erhalt der bäuerlichen Betriebe.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Im Juli 2009 fand hier im Bayerischen Landtag ein Symposium über die Risiken der Gentechnik statt. Einige von uns waren anwesend. Es wäre dringend notwendig, die Heilsversprechen der grünen Gentechnik einer kritischeren Prüfung zu unterziehen.

Bayerische Forschung müsste eine kritische Abwägung zwischen den Risiken und dem erhofften Erfolg der grünen Gentechnik vornehmen. Was bisher fehlte - das hat Herr Dürr schon öfters gesagt -, ist eine fundierte Risikofolgenabschätzung.

Wie wir wissen, gibt es da zwischen der CSU und der FDP einen Zwist. Wissenschaftsminister Heubisch fordert immer wieder, dass in der Zukunft die entsprechende Forschung in der Gentechnik in Bayern voranzutreiben ist.

Auf der anderen Seite hat die CSU jetzt umgesteuert. Sie sagt jetzt: Wir wollen eine gentechnikfreie Zone errichten. So sprach Umweltminister Söder. Das begrüßen wir natürlich zu hundert Prozent, wenn Bayern eine gentechnikfreie Zone wird. Dann brauchen wir ja auch keinen Anbau mehr zu Forschungszwecken, selbst dann nicht, wenn die Forschung ins Gewächshaus verbannt wird.

Zu der Frage, ob die Staatsregierung ihre Ankündigung wahrmacht, eine Rückkehr zur staatlichen Freilandforschung zu vollziehen, heißt es, das sei mit der CSU nicht zu machen. Es wurde gesagt: Das bleibt abzuwarten.

Es gibt noch andere Beispiele. So hat es die CSU im Landkreis Freising im Frühjahr 2009 abgelehnt, den Landkreis zur gentechnikfreien Zone zu erklären. Es hieß, das sei ein Angriff auf Wissenschaft und Forschung. Diese könnten nicht nur im Glashaus stattfinden.

Daher ist heute immer noch die Fragestellung offen: Wie lautet die Position der CSU?

Aber wie wir wissen, gibt es auch noch die FDP. Die hat zur Gentechnik eine ganz andere Meinung. Damit sind also noch spannende Zeiten vorhergesagt.

Es wird mehr Forschung für Umweltschutz, Klimaschutz und erneuerbare Energien gefordert. Den Freien Wählern wäre es natürlich lieber, wenn mehr Forschungsmittel in den Umweltschutz und erneuerbare Energien gesteckt würden. Mehr Forschungsmittel für regionale Leuchtturmprojekte, die nur auf erneuerbare Energien setzen, wären ein nachhaltiges Signal für einen nachhaltigen Klimaschutz mit internationaler Vorbildwirkung. So etwas wollen wir in der Zukunft voranbringen.

Die CO2-Emissionen müssen wir mehr als bisher senken. Dieses Ziel kann nur durch rasches und konsequentes Handeln auf allen Ebenen erreicht werden. Lokal angepasste und aufeinander abgestimmte Maßnahmen zur Energieeinsparung, zur Steigerung der Energieeffizienz und zum Einsatz erneuerbarer Energien müssen Teil einer nachhaltigen Klimapolitik werden. Insbesondere den Regionen und den Kommunen als lokalen und bürgernahen Handlungsfeldern kommt hier eine Schlüsselrolle zu. Daher sagen die Freien Wähler immer häufiger: Die Kommunen und die Bürger

müssen in das Konzept noch stärker eingebunden werden.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Die bayerische Forschungspolitik muss noch mehr als bisher in die Offensive gehen.

Die Vorredner haben schon viel über die Bildungspolitik gesprochen. Das ist natürlich ein ganz wichtiger Punkt. Für die Forschung in der Bildungspolitik war ein Leitgrundsatz bisher die Verknüpfung von Forschung und Lehre in der Person des forschenden und lehrenden Professors. Doch mit den starren Stundenplänen und Lehrinhalten der Bachelor-Studiengänge rücken wir leider von diesem Erfolgskonzept ab. Der Professor unterrichtet den Standardkurs, statt über spannende Forschungsergebnisse zu berichten. Diese kontraproduktive Unterteilung in Lehr- und Forschungsprofessur verstärkt den Trend noch.

Die Freien Wähler fordern: Forschung und Lehre müssen so eng miteinander verknüpft werden, dass kein Blatt Papier mehr dazwischen passt.

Bill Gates hat Bayern einmal das "europäische HighTech-Mekka" genannt. Aber immer weniger Wissenschaftler pilgern nach Bayern. Das ist ein Problem, dem wir uns alle stellen müssen. Immer mehr Wissenschaftler wandern ins Ausland. Der Standort Deutschland wir dadurch unattraktiver.

Schuld sind natürlich auch langwierige Berufungsverfahren und eine im internationalen Vergleich nicht konkurrenzfähige Besoldung der Professoren usw. Das neue Dienstrecht hat die Besoldung zwar etwas verbessert, aber insgesamt kommt zu wenig dabei heraus.

Wir wollen den Nachwuchs in der Forschung fördern. Auch da spielt der Nachwuchs eine Rolle. Der wissenschaftliche Nachwuchs muss mit völlig unsicheren Einkommensverhältnissen leben. Der Verdi-Vertreter Hans-Jürgen Sattler nannte die Jobbedingungen in Bayern objektiv prekär. Der akademische Mittelbau hangelt sich jahrelang von einem befristeten Job zum nächsten. Er ist einem Professor auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Die Bezahlung ist gerade im Vergleich zu den Gehältern in Unternehmen minimal.

Ob es schließlich mit der Professur klappt, ist ungewiss. Was wäre die Alternative? Die Alternative heißt Taxifahren.

Die Freien Wähler fordern eine bessere Planungssicherheit für den Nachwuchs, unbefristete Arbeitsverträge, strukturierte Förderprogramme statt persönlicher Abhängigkeit, eine Bezahlung, die mit derjenigen ausländischer Forschungszentren und den Gehältern der

Wirtschaft zumindest annähernd konkurrieren kann, und eine stärkere Durchlässigkeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft.

Noch etwas zum Thema Gleichstellung. Unser Gleichstellungsbeauftragter sitzt hier ganz vorn. Gleichstellung wird allerorten propagiert. Doch in der Praxis ist die Gleichstellung noch nicht angekommen. Noch immer verdienen Forscherinnen weniger. Noch immer sind zu wenige der Lehrstühle von Professorinnen besetzt.

Dazu nenne ich ein Beispiel. Die Frauenquote beträgt beim Studienanfang 63 %. Bei den Promotionen sind es nur noch 40 %, bei den Habilitationen nur noch 20 %. Die Professorinnen machen nur noch 13 % aus. Für die Gleichstellungsbeauftragten der Fraktionen bleibt hier also noch etwas zu tun.

Die Ökonomisierung der Forschung wurde schon angesprochen. Hier liegt ein Problem, wenn es vielleicht auch nicht im Mittelpunkt der ganzen Betrachtung steht. Über den Hochschulrat nehmen die Stiftungsprofessuren und Drittmittelprojekte inzwischen einen großen Raum ein. Vielleicht ist es ein zu großer Raum. Wir meinen, die Staatsregierung steht in der Pflicht, hier ein Gleichgewicht zwischen der öffentlichen Grundfinanzierung und der Anwerbung von Drittmitteln zu schaffen.

Wir meinen, die verfassungsmäßig garantierte Forschungsfreiheit darf nicht auf dem Altar der Ökonomisierung geopfert werden.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Die Freien Wähler unterstützen die Staatsregierung, wenn sie der Forschung oberste Priorität einräumt. Damit liegt sie goldrichtig. Denn die Forschung ist für den Einzelnen genauso wie für Bayern von zentraler Bedeutung.

Forschung befriedigt die menschliche Neugier. Von Kindesbeinen an ist es ein menschliches Grundbedürfnis, die Welt zu verstehen und sie lebenswerter zu gestalten. Sind die Ursachen einer Krankheit erst einmal erforscht, ist es leichter, sie zu heilen. Derartige Innovationen ermöglichen künftiges Wirtschaftswachstum, machen Bayern global wettbewerbsfähig, sichern Arbeitsplätze und damit künftigen Wohlstand.

Ich fasse zusammen: Die Freien Wähler fordern eine Wirtschaftspolitik, die den Mut aufbringt, sich zu entscheiden, die strategische Schwerpunkte setzt und die Profilbildung der Forschungsinstitute aktiv vorantreibt.

Wir fordern regionale Entwicklungspotenziale. Diese müssen entfaltet werden. Die Exzellenz sollte nicht nur in München konzentriert werden. Wir fordern - ich habe

es vorhin schon einmal gesagt - eine regionale Gerechtigkeit.

Wir wollen eine bayerische Forschungspolitik, die auch kleine und mittlere Unternehmen von ihren innovativen Technologien profitieren lässt.

Wir wollen Forschung und Lehre noch stärker miteinander verbinden.

Wir wollen noch mehr als bisher Schwerpunkte auf Klimaschutz und erneuerbare Energien setzen.

Wir wollen eine Forschungspolitik, die mehr Transparenz und Kontinuität in der Forschung statt kurzfristiger Schnellschüsse schafft.

Wir wollen eine Forschungspolitik, die den Forschungsstandard für internationale Spitzenforscher wieder attraktiv macht.

Wir wollen eine Forschungspolitik, die dem Nachwuchs bei attraktiver Besoldung eine Planungssicherheit gibt. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Wir wollen eine Forschungspolitik, die Gehälter bietet, die zumindest annähernd mit denen der Wirtschaft konkurrieren können.

Wir wollen eine Forschungspolitik, die mehr Durchlässigkeit zwischen Wirtschaft und Forschung schafft.

Wir wollen eine Forschungspolitik, die die verfassungsmäßig garantierte Forschungsfreiheit nicht auf dem Altar der Ökonomisierung opfert und eine solide Grundfinanzierung der Lehrstühle bereitstellt. Wir wollen eine Forschungspolitik, die den Wettbewerb in der Forschungslandschaft anfacht, aber unter fairen Bedingungen.

Wir wollen eine Forschungspolitik, die die Gleichstellung - das habe ich vorhin schon gesagt - tatsächlich verwirklicht.

Wir wollen eine Forschungspolitik, die sich der Grenzen der Forschung bewusst ist und auch die ethische Dimension mit einbringt und Nutzen und gesellschaftliche Risiken sorgfältig abwägt.

Ein Zitat zum Schluss: In der Wissenschaft gebührt meist der Ruhm demjenigen, der die Welt von einer Idee überzeugen kann, und nicht demjenigen, der die Idee zuerst hatte.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Danke sehr, Herr Kollege Dr. Fahn. Als Nächster hat das Wort der Kollege Karsten Klein.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die wirtschaftliche Stärke Deutschlands fußt und kommt aus der Stärke, die wir uns in Forschung und Entwicklung über mehrere Jahrhunderte erarbeitet haben. Diese wirtschaftliche Stärke ermöglicht eine der wohlhabendsten Gesellschaften, sie ermöglicht einen Wohlfahrtsstaat, sie ermöglicht Kultur und den Sozialstaat.

Ich sage das deshalb am Anfang meiner Rede, weil hier in der Diskussion über die Ökonomisierung immer so getan wird, als seien dies Dinge, die sich gegeneinander ausschließen. Anders herum ist das der Fall: sie bedingen sich.