Protokoll der Sitzung vom 01.12.2009

Wir haben diese Eingaben aus folgendem Grund auf diese Tagesordnung gesetzt: Es handelt sich um zwei gleichlautende Petitionen mit drei gleichen Forderungen; wir haben das nachgeprüft. Das Interessante dabei war, das die Bürgerinitiative Aßling und der Bund Naturschutz genau die gleiche Petition gestellt haben. Deswegen hat die Bayerische Staatsregierung für beide Petitionen dieselbe Stellungnahme abgegeben. Sie haben das auch geschrieben und nochmals gesagt, dass beide Petitionen mit gleichem Inhalt gemeinsam behandelt werden sollten. Wir haben über beide Petitionen diskutiert mit dem Ergebnis, die Eingabe der Bürgerinitiative Aßling gemäß § 80 Nummer 3 GeschO der Staatsregierung als Material zu überweisen und die Eingabe des Bundes Naturschutz gemäß § 80 Nummer 4 GeschO für erledigt zu erklären.

Wir meinen, dass hier angesichts des gleichen Sachverhalts eine Ungleichbehandlung vorliegt. Das finde ich aus sachlichen Gründen nicht gerechtfertigt. Denn obwohl im gleichen Ausschuss beide Petitionen gleich behandelt worden sind, ist das Ergebnis unterschiedlich. Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier der Bund Naturschutz abgestraft werden soll. Ich gebe zu, dass der Bund Naturschutz über viele Bereiche kritisch urteilt, den Finger in klaffende Wunden legt - das ist ganz klar - und auch manchmal aneckt, aber er tritt für die Natur ein, ähnlich wie der ADAC für die Autobesitzer.

Wenn wir beginnen, kritische Verbände so zu behandeln, dann passiert das morgen mit dem Bauernverband, übermorgen mit dem Fischereiverband oder mit dem Landesbund für Vogelschutz. Würde so etwas auch bei einer Petition des Verbandes der Bayerischen

Wirtschaft passieren? Deswegen meine ich, dass diese Ungleichbehandlung eines gleichen Sachverhalts ungerecht ist. Daher stellen wir den Antrag, die Petition des Bundes Naturschutz genauso zu bewerten wie die Eingabe der Bürgerinitiative Aßling und sie gemäß § 80 Nummer 3 der Geschäftsordnung der Staatsregierung als Material zu überweisen. Das heißt, das Anliegen erscheint als nicht unberechtigt. Seine Umsetzung setzt jedoch die Änderung einer Rechtsvorschrift voraus. Das letzte Mal hatten CSU und FDP im Ausschuss über das Petitum gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung entschieden, die anderen Fraktionen sind bei § 80 Nummer 3 der Geschäftsordnung geblieben. Ich bitte, dass es auch bei der Petition des Bundes Naturschutz bei § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung bleibt.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordneten der FDP)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Stewens. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht hier im Endeffekt um zwei Petitionen, um das einmal deutlich zu sagen: Bei der Petition eines Bürgerforums geht es zwar um eine ähnliche Petition wie beim Bund Naturschutz. Aber nach einem Gespräch mit dem Bürgermeister und dem Bürgerforum, also mit den Initiatoren dieser Petition, des Bürgerforums in der Gemeinde Frauenneuharting in meinem Stimmkreis, hat sich der Inhalt als völlig anders herausgestellt. Die Gemeinde Frauenneuharting hat ein sehr teures Gutachten in Auftrag gegeben, um einen Standort zu suchen, der von der Bevölkerung akzeptiert wird. Unterdessen hat aber dann O2 ohne Rücksprache mit dem Bürgermeister die Antenne auf das Wirtshaus in Jakobneuharting gesetzt und die Gemeinde vor vollendete Tatsachen gestellt. Vor diesem Hintergrund ist man dieser Kooperationsvereinbarung, die das Umweltministerium mit den Mobilfunkbetreibern geschlossen hat, in keiner Weise gerecht geworden. Deswegen haben wir hier beschlossen, die Eingabe als Material an die Staatsregierung zu überweisen.

Ich möchte nochmals klar sagen, dass sich bei der Petition des Bundes Naturschutz der Inhalt völlig anders darstellt. Ich weiß, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hierüber immer wieder einen textgleichen Antrag bringt. Wir wissen, dass es hierzu zahlreiche Untersuchungen und sehr viele Gutachten gab und dass natürlich weder die - ins Deutsche übersetzt: - Internationale Kommission zum Schutz vor Nichtionisierender Strahlung noch die Weltgesundheitsorganisation, also die WHO, haben erkennen lassen, dass die von ihnen empfohlenen Grenzwerte nicht ausreichend wären, um den Gesundheitsschutz der

Bevölkerung zu gewährleisten. Das ist schlicht und einfach die Basis für die Grenzwerte, die die meisten europäischen Länder haben. Übrigens war die Sachlage schon unter Umweltminister Jürgen Trittin, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die gleiche; denn er hat schon im August 2002 geantwortet - ich zitiere ihn -: "Auch nach der Bewertung der neueren wissenschaftlichen Literatur gibt es keinen Nachweis für eine Gesundheitsbeeinträchtigung unterhalb der gegenwärtig geltenden Grenzwerte." Damit bestätigt die Strahlenschutzkommission, dass die geltenden Grenzwerte vor nachgewiesenen Gesundheitsgefahren ausreichend schützen. Diese Sachlage hat sich in den letzten Jahren seit 2002 in keiner Weise geändert.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Runge?

Herr Kollege, bitte.

Geschätzte Frau Kollegin, kann es sein, dass Sie beide Petitionen gar nicht kennen, weder die Petition unserer gemeinsamen Freunde in Aßling noch die Petition des Bundes Naturschutz? Ich habe beide hier. Sie sind ungefähr auf der Strecke von 99,99 % wortgleich und in der Begründung absolut gleich. Einmal heißt es lediglich "wir bitten", und bei der anderen Petition heißt es "wir fordern auf". Ansonsten sind sie identisch.

(Heiterkeit)

Herr Kollege Runge, Sie waren nicht im Umweltausschuss anwesend, sonst würden Sie meine Begründung kennen. Aber jetzt haben Sie die Chance, meine Begründung zu hören. Ich habe bereits gesagt, dass ich mich sowohl mit dem Bürgermeister als auch dem Bürgerforum unterhalten habe, um noch einmal genau zu erfahren, was die Hintergründe dieser Petition sind.

Da habe ich ein ganz anderes Verständnis von der Arbeit eines Parlamentariers. Ich bin durchaus der Ansicht, dass man die Sorgen und Ängste der Bürger aktiv aufnehmen und diesen in der Behandlung einer Petition entsprechend begegnen muss. Da sind wir offensichtlich etwas unterschiedlicher Auffassung. Sei’s drum.

(Beifall bei der CSU)

Natürlich kenne ich beide Petitionen und wir haben sie auch im Ausschuss entsprechend beraten. Vor diesem Hintergrund habe ich einerseits gesagt, hier bei der Petition des Bürgerforums Material und bei der Petition des Bundes Naturschutz habe ich auf Ablehnung plädiert.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Stewens. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Schneider.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Brauchen wir zum Vorsorgeschutz vor Mobilfunkstrahlung eine Änderung der Bauordnung? - Ich stelle fest, wir bräuchten sie nicht, wenn der Mobilfunkpakt in Bayern funktionieren würde und wenn er tauglich wäre.

(Beifall bei der SPD)

Aber wir müssen feststellen, dass die Betreiber nicht einmal die Vorgaben des Mobilfunkpaktes I und II einhalten. Aus diesem Grunde halten viele Bürger den Mobilfunkpakt für überflüssig, da er den Kommunen und Bürgern nicht wirklich hilft.

(Beifall bei der SPD)

Es ist daher erforderlich, dass dieser Pakt deutlich nachgebessert wird. Mobilfunkbetreiber, Kommunen und Bürger müssen auf Augenhöhe verhandeln können.

(Beifall bei der SPD)

Daher hat die SPD einen Bericht über den Mobilfunkpakt eingefordert. Die Betreiber lassen viel zu oft die notwendige Kooperationsbereitschaft mit den Kommunen und den Bürgern vermissen. So kommt es immer wieder vor, dass die Betreiber einen Vertrag abschließen, einen Sendemast errichten, ohne die Gemeinde zu informieren. Das im Mobilfunkpakt vorgesehene Konsultationsverfahren ist reine Makulatur.

(Beifall bei der SPD)

Allerdings halten wir nichts davon, dass wegen des nicht funktionierenden Mobilfunkpaktes gleich eine Änderung der Bauordnung vorgenommen werden muss.

(Beifall bei der SPD)

Eine Nachbesserung des Paktes scheint hier die bessere Lösung zu sein. Ob der Ansatz der Freien Wähler, die Baunutzungsverordnung zu ändern, der richtige Ansatz ist, wagen wir zu bezweifeln. Ein entsprechender Antrag wurde ja gestellt; wir warten ab, was dabei herauskommt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Fraktion will, dass die Sorgen und Ängste der Bürger ernst genommen werden.

(Beifall bei der SPD)

Dies muss im Mobilfunkpakt seinen Niederschlag finden. Dies ist der Schauplatz, auf dem wir uns bewegen. Wir haben uns im Ausschuss dafür ausgesprochen, dass die vorliegende Eingabe aufgrund der Erklärung der Staatsregierung für erledigt erklärt wird und bleiben bei unserem Votum. Wir stimmen daher für diesen Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Kollege Schneider. Herr Kollege Dr. Fahn, wollten Sie eine Zwischenintervention oder welche Absicht hatten Sie?

Es ist noch Redezeit da!

Ja, die haben Sie noch. Ich gehe aber zunächst die Wortmeldungen der Reihe nach durch und da hat zunächst der Kollege Dr. Runge das Wort.

Herr Dr. Fahn, wenn Sie noch eine Redezeit anmelden wollen, dann muss das Ihre Fraktion hier vorne angeben; wenn Sie lediglich am Saalmikrofon stehen, gehe ich davon aus, dass es eine Intervention ist.

Herr Kollege Dr. Runge, Sie haben das Wort.

Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, große Verwirrung zu einer kleinen Petition; da haben einige hier im Hohen Hause 180-Grad-Pirouetten gedreht.

Es war in der Tat ein seltsamer Vorgang. Derselbe Ausschuss sagt zu identischen Petitionen einmal hü und einmal hott. Beide Petitionen sind deckungsgleich, Frau Kollegin Stewens, wie die Staatsregierung selber schreibt. Es heißt lediglich einmal: "Wir bitten den Landtag …" und zum anderen heißt es, "Wir fordern die Landesregierung auf …". Das ist der einzige Unterschied. Ansonsten sind beide Seiten wortgleich. Gleichwohl hat Frau Stewens jetzt wortreich versucht, irgendwelche Unterschiede zu konstruieren.

Ich würde mich, wenn ich Ausschussvorsitzender wäre oder im Ausschuss dabei sein würde, auch wundern, wie derselbe einmal so sagt und das nächste Mal bei der identischen Petition etwas anderes sagt.

Zum Inhalt ist jetzt von der SPD auch eine etwas komische Botschaft gekommen. Als wir vor wenigen Wochen den Antrag zur Bauordnung beraten haben, hat der Kollege Dr. Wengert exakt das Gegenteil gepredigt, nämlich dass er unseren Gesetzentwurf unterstützen würde.

(Zurufe von der SPD)

Es gibt drei Forderungen an den Landtag und es ist interessant, dass das, was von der Staatsregierung kommt, damit übernommen wird.

Das Erste ist, soweit ich die Petition richtig im Kopf habe, die Aufforderung zu Aktivitäten im Sinne eines vorsorgenden Gesundheitsschutzes. Dazu heißt es in der Antwort der Staatsregierung, sie sei nicht zuständig; es sei Sache des Bundes. Hier wird rekurriert auf die Beantwortung einer Anfrage der Linken, und das ist es dann auch schon.

Da, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, möchte ich gleich widersprechen. Selbstverständlich sind auch wir zuständig für den vorsorgenden Gesundheitsschutz.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Herr Kollege Fahn, ich erinnere Sie an eine Reihe von Gerichtsurteilen, die Sie wohl immer noch nicht gelesen haben. Am 3. August 2007 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Kommunen sehr wohl das Recht zu einer vorsorgenden Bauleitplanung im Kontext von Gesundheit und Mobilfunk zugesprochen.

Herr Kollege Dr. Runge, jetzt möchte die Frau Kollegin Stewens eine Frage an Sie richten.