- Auf das Strafrecht gehe ich beim nächsten Punkt ein. Bei der Forderung nach Herabsetzung des Wählbarkeitsalters für Bürgermeister und Landräte nehme ich diesen Punkt gerne auf.
Aus unserer Sicht könnte man das Wählbarkeitsalter für Bürgermeister und Landräte selbstverständlich auf 18 Jahre heruntersetzen. Allerdings gibt es auch Gründe dagegen. Wir glauben, dass es für ein so verantwortungsvolles Amt einer gewissen Lebenserfahrung und Qualifikation bedarf. Eine Herabsetzung des Wählbarkeitsalters wäre möglich, es wäre eine politische Entscheidung, aus unserer Sicht ist sie aber nicht zwin
gend erforderlich. Ich darf daran erinnern, dass in anderen Ländern das Wählbarkeitsalter für Bürgermeister sogar deutlich höher ist. In bestimmten Ländern muss man 23 Jahre alt sein, um Bürgermeister werden zu können. In anderen Ländern sind es sogar 25 Jahre.
Ich komme jetzt zu einer der wesentlichen Forderungen, nämlich zur Wählbarkeit der Unionsbürger als Bürgermeister. Sie wissen selbst, dass der Bürgermeister nicht nur kommunale Aufgaben hat. Im übertragenen Wirkungskreis übernimmt er eine Reihe von staatlichen Aufgaben. Deswegen halten wir es für sinnvoll, dass gewisse Ämter Staatsbürgern vorbehalten bleiben. Das sieht im Übrigen auch die Kommunalwahlrichtlinie der Europäischen Union vor. Wir glauben, dass es dafür sinnvolle Gründe gibt. Deswegen möchten wir, ohne der inhaltlichen Diskussion vorzugreifen, bei dieser Regelung bleiben.
Des Weiteren fordern Sie, dass Jugendliche und ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger bei Bürgerversammlungen reden können. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass das noch nie abgelehnt wurde. Eine solche Diskussion wäre eine Scheindebatte. Jedem ist es möglich, sich an einer Bürgerversammlung zu beteiligen. Ich kenne keinen einzigen Fall, in dem das Rederecht verweigert worden ist. Ich glaube, diese Diskussion ist eher akademischer Art. Ich sehe hierfür keinen politischen Handlungsbedarf.
Ich glaube, dass über einige Ihrer Forderungen im Innenausschuss in der nächsten Woche noch näher diskutiert werden wird, so zum Beispiel über die Forderung, das Wählbarkeitsalter für die Bürgermeister herabzusetzen. So viel vorab zu unserer Einschätzung und zu unserer grundsätzlichen Linie.
- Zum Strafrecht wollte ich nur sagen, dass es hier auch eine Trennung gibt, weil man zwar mit 18 Jahren schon volljährig ist, das Jugendstrafrecht aber bis 21 Jahre gilt. Da gibt es eine weitere Trennung.
Das volle Jugendstrafrecht kann aber bis zum 21. Lebensjahr angewandt werden. Ihr Vorschlag wäre eine weitere Trennung zwischen Rechten und Pflichten, die wir auf keinen Fall befürworten.
Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Stärkung von Mitwirkungsrechten in unseren Kommunen und die Stärkung der Demokratie vor Ort ist ein wichtiges Thema, weshalb der vorliegende Gesetzentwurf auch unserer Meinung entspricht. Die Haltung, die Sie, Herr Kollege Lorenz, für die CSU-Fraktion deutlich gemacht haben, ist ein Ausdruck des Misstrauens und der Ausgrenzung von Menschen, den wir nicht mittragen.
Der Gesetzentwurf des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat im Wesentlichen folgenden Inhalt - Frau Kamm hat ihn dargestellt -: die Absenkung des Wahlalters bei den Kommunalwahlen auf 16 Jahre; die Absenkung des Mindestalters für die Wählbarkeit zu Bürgermeistern und Landräten von 21 auf 18 Jahre; die Wählbarkeit von EU-Bürgerinnen und -Bürgern zum ersten Bürgermeister und zum Landrat und zu deren Stellvertreter; das Mitspracherecht, das garantierte und nicht nur das freiwillige Mitspracherecht, für Nicht-EUBürgerinnen und -Bürger und für Jugendliche unter 18 Jahren bei Bürgerversammlungen sowie die Verpflichtung zur Einrichtung von Integrationsräten in Kommunen ab 20.000 Einwohnern.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Ihr Gesetzentwurf, der heute vorgelegt wird, stößt bei der SPD-Fraktion auf viel Sympathie, nicht zuletzt deshalb, weil wir in unserem Gesetzentwurf, auf den schon hingewiesen wurde, vor fünf Wochen einen Großteil gleichlautender Forderungen gestellt haben. Wir sehen in Ihrem Gesetzentwurf eine Unterstützung unserer Forderungen. Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, Sie gehen einen Schritt weiter. Sie wollen umfassendere Mitwirkungsmöglichkeiten für Menschen in den Kommunen. Diese Forderungen sind zu diskutieren. Wir werden das in der nächsten Woche bei einer gemeinsamen Beratung im Ausschuss tun. Sie fordern die Herabsetzung des Mindestalters für Wahlberechtigte auf 16 Jahre. Wir haben vor wenigen Tagen das Gleiche in einem Antrag gefordert. Wir glauben allerdings das habe ich in der letzten Wahlperiode schon deutlich gemacht -, dass hierfür die Bayerische Verfassung zu ändern ist. Diese Forderung werden wir einbringen; denn ein Gesetzentwurf, der die Bayerische Verfassung nicht berücksichtigt, wäre unzureichend. Deshalb muss dies nachgeholt werden.
Ein weiterer Unterschied zu unserem Gesetzentwurf sind Ihre Vorschriften für Bürgerversammlungen. Sie wollen für solche Versammlungen keine Altersgrenze. Wir wollen dagegen eine Begrenzung auf 14 Jahre. Auch über diese Frage werden wir diskutieren und das Richtige und Zielführende bei der gemeinsamen Beratung in den Ausschüssen beschließen.
Ein weiterer Unterschied zu unseren Vorschlägen sind Ihre Forderungen im Hinblick auf die Integrationsräte. Vor Ort können wir feststellen, dass in den Kommunen zunehmend Integrationsräte eingerichtet werden bzw. Ausländerbeiräte in Integrationsräte umgewandelt werden. Ich halte das für richtig und zukunftsweisend; denn nicht die Staatsbürgerschaft ist für die Mitwirkung ausschlaggebend, sondern allein der Gedanke der Integration. Wir sollten das auch so handhaben.
Frau Kollegin Kamm, Sie haben recht, dass es nicht nur auf kommunaler Ebene zu einer Stärkung von Demokratie und Mitwirkung kommen darf. Wir brauchen diese Stärkung auch auf Landesebene und auf Bundesebene. Wir werden dazu Vorschläge machen. Ich hoffe auf zielführende und gute Beratungen in den Ausschüssen. Für die SPD-Fraktion kann ich zu Ihren Vorschlägen in weiten Teilen Zustimmung signalisieren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der GRÜNEN enthält einige Punkte, mit denen wir uns voll einverstanden erklären können, aber auch andere Punkte, mit denen wir Schwierigkeiten haben.
Zunächst zu den Mitwirkungsrechten der Bevölkerung in den Kommunen. Lassen Sie mich dabei auf die Forderung nach mehr Demokratie in den Kommunen eingehen. Heute wurden die Steuerreform und die damit zusammenhängenden Punkte und Argumente sowie die Gewerbesteuer genannt, deren Existenz infrage gestellt wird. Es wird zumindest daran gebastelt. Die viel gerühmte Selbstverwaltung der Kommunen wird infrage gestellt; denn wenn die Kommunen am finanziellen Gängelband des Staates hängen, können sie sich nicht mehr selbst verwalten. Sie sind dann auf das Geld angewiesen, das sie bekommen und das sie selbst verwalten müssen.
Lassen Sie mich zum Gesetzentwurf selbst kommen: Sie wollen, dass Nicht-Unionsbürger das Wahlrecht erhalten. Damit haben wir Probleme. Dieses Wahlrecht müsste zumindest an das Bleiberecht und an eine gewisse Dauer des Aufenthalts in den jeweiligen Kommu
nen gekoppelt werden. Darüber können und müssen wir reden. Zur Veränderung des aktiven und passiven Wahlrechts für Unionsbürger kann ich sagen, dass wir Freien Wähler ein grundsätzliches Problem damit hätten, wenn jemand Bürgermeister würde, der nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Die deutsche Staatsbürgerschaft sollte eine Grundvoraussetzung dafür sein, dass jemand Bürgermeister oder Landrat werden kann.
Zum Wahlalter von 16 Jahren: Das ist grundsätzlich eine sehr interessante Idee, der ich persönlich sehr aufgeschlossen gegenüberstehe. Ich sehe allerdings Schwierigkeiten; denn den Statistiken zur Wahlbeteiligung ist zu entnehmen, dass sich bei einer solchen Regelung die Wahlbeteiligung insgesamt reduzieren würde, weil ein Großteil dieser 16- bis 18-Jährigen nicht zur Wahl gehen würde. Diesem Thema könnten wir nur nähertreten, wenn im Unterricht an unseren Schulen der Demokratie und der kommunalen Selbstverwaltung ein deutlich stärkeres Gewicht gegeben würde. Die Kinder und Jugendlichen müssen auf diese Demokratie vorbereitet werden. Hier müsste noch Aufklärungsarbeit geleistet werden.
Die Integrationsräte - eine tolle Sache - müssen realisiert werden. Damit sind wir völlig einverstanden. Durch die Ausländerbeiräte sind sie bereits auf der kommunalen Ebene vertreten. Das müssen wir intensivieren. Dies wird ein interessantes Thema in den Ausschussberatungen sein.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben schon öfter über kommunalpolitische Themen und Änderungen der Wahlgesetzgebung gesprochen. Heute sprechen wir über ein Bündel verschiedener Maßnahmen. Ich gehe sie einmal von oben nach unten durch, um die Position der FDP darzustellen.
Zunächst zur Absenkung des aktiven Kommunalwahlrechts auf 16 Jahre. Frau Kollegin Kamm, hier muss ich Ihnen leider einen Korb geben. Das können wir nicht mittragen. Wir haben innerparteilich sehr heftig über dieses Thema diskutiert. Die Jungen Liberalen haben sich für diese Senkung eingesetzt. Sowohl die FDP als auch die FDP-Landtagsfraktion haben sich aber dagegen ausgesprochen. Wir glauben, dass sich die bestehende Regelung bewährt hat. Wir wollen aber die genannten 18 Jahre bei der Zusammenführung des aktiven und passiven Wahlalters festschreiben. Wir sind gerade dabei, unseren Koalitionspartner davon zu
überzeugen, dass bereits 18-Jährige Erste Bürgermeisterinnen und Bürgermeister bzw. Landrätinnen oder Landräte werden könnten. Hier sehen wir keinerlei Veranlassung, die bisherige Regelung zu belassen. Wir wollen eine Zusammenführung auf das Alter von 18 Jahren. Die Gespräche mit unserem Koalitionspartner dauern an. Wie Sie sicherlich ahnen, ist der Ausgang dieser Gespräche völlig offen.
Wir haben uns auch beim passiven Wahlrecht für EUBürger auf den Weg gemacht. Wir sehen keine Gründe, warum ein europäischer Mitbürger nicht Landrat oder Bürgermeister werden sollte. Die Bürger können darüber entscheiden, ob sie denjenigen oder diejenige gerne hätten. Bei den Bürgern ist das Votum gut aufgehoben. Wir als Gesetzgeber sollten keine Schranke einziehen, um Kandidaten künstlich zu verhindern.
Zu den Einwohnerversammlungen: In der Koalition wurde vereinbart - Sie haben sicherlich die Pressemitteilung gelesen -, dass das Antrags- und Rederecht für Nicht-EU-Bürger kommen soll. Dieser Punkt ist in Ihrem Antrag enthalten. Die FDP und die Union können Ihnen hierzu positive Signale übermitteln. Über die Mitwirkungsrechte für Kinder und Jugendliche haben wir soeben in der Fraktion diskutiert. Wir werden uns Ihre Argumente im Ausschuss noch einmal genauer anhören. Im Moment sehen wir hier jedoch keinen Handlungsbedarf.
Die Jugendparlamente sind die richtige Einrichtung, um die Jugend an die Politik heranzuführen. Wir könnten allenfalls überlegen, ob Vertretern des Jugendparlaments ein Anhörungsrecht in städtischen Ausschüssen gewährt werden könnte. Ein direktes Mitwirkungsrecht für Kinder in der Einwohnerversammlung muss jedoch nicht gesetzlich verankert werden. Wenn ein Bürgermeister eine Wortmeldung erhält, wird er nicht die Frage stellen, wie alt der Betreffende ist und ob diese Wortmeldung wirklich sein muss. Hier kann man sich sicherlich verständigen. Wegen der einen oder anderen Ausnahme muss das Gesetz nicht angepasst werden.
Die FDP begrüßt es, dass es Initiativen für die Einrichtung von Integrationsräten gibt. Wir wollen den Kommunen aber die Einführung von Integrationsräten nicht vorschreiben. Bayern ist ein großes Flächenland mit unterschiedlichen Verhältnissen. In den Städten sieht es anders aus als auf dem Land, in den Landkreisen und den Gemeinden. Deshalb müssen auch unterschiedliche Ergebnisse möglich sein. Wenn in einer Gemeinde ein verschwindend geringer Anteil ausländischer Mitbewohner vorhanden ist, muss ein solcher Integrationsrat nicht unbedingt sein. Wir sehen das eher skeptisch. Ganz nebenbei: Eine Verpflichtung würde für die Kommunen zusätzliche Kosten verursachen. Deswegen appellieren wir, solche Integrations
Wir wollen die Argumente zu den einzelnen Punkten im Ausschuss abwägen und wirken lassen. Einen gewissen Diskussionsstand habe ich Ihnen mitgeteilt. Es gibt noch weitere Anträge. Wir wollen alles zu einem großen Paket zusammenfassen, um einmal in dieser Legislaturperiode die einschlägigen Wahlgesetze zu ändern.
Wir hatten einen sehr ehrgeizigen Terminplan, der Ende Januar vorsah. Das war sehr ehrgeizig. Wenn es uns bis zur Osterpause gelingen würde, wäre ich sehr zufrieden.
Wir werden zügig beraten. Nächste Woche schon haben wir den Bericht des Innenministers bezüglich der Wahlerfahrung aus 2008. Danach werden wir die einzelnen Punkte einfließen lassen. Ich freue mich auf ein neues Gesetz für die nächste Kommunalwahl 2014.
Herr Kollege, vielen Dank. Nun hat Frau Kollegin Kamm noch einmal das Wort. Sie haben noch vier Minuten Redezeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Kollege Lorenz! Ich möchte zum aktiven Wahlalter von 16 Jahren etwas sagen. Sie haben meiner Meinung nach einen nicht ganz passenden Vergleich gebracht. Sie haben gesagt, die Rechte und Pflichten würden zunehmend getrennt, und es gebe zunehmend eine Auseinanderentwicklung. Ich meine, Jugendliche mit 16 Jahren haben verdammt viele Pflichten. Es wäre sehr positiv, Herr Rohde, wenn es zu einem stärkeren Zusammenrücken zwischen politischer Bildung in der Schule, Vorbereitung auf die Wahlen und der Möglichkeit, aktiv zu wählen, käme.
Zu dem Thema "Antrags- und Rederecht in Bürgerversammlungen" ist zu sagen, dass derzeit die Bürgerversammlungen von außerordentlich gesetzten und honorigen Persönlichkeiten besucht werden. Die Position des einen oder anderen Jugendlichen oder einer Schülerin wäre eine Bereicherung der Thematik.
Haus! Ich kann Sie beruhigen. Ich will die Debatte nur um einige Minuten verlängern. Meine praktischen Erfahrungen als Bürgermeister haben mich motiviert, zur Verantwortung einige Sätze zu sagen.