Protokoll der Sitzung vom 01.12.2009

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist das so beschlossen. Dann übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Bestätigung eines stellvertretenden Mitglieds des Landesgesundheitsrats

Der Staatsminister für Umwelt und Gesundheit hat mitgeteilt, dass die Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd als eine der in Artikel 2 Absatz 3 des Gesetzes über den Landesgesundheitsrat bezeichneten Körperschaften und Verbände Herrn Direktor Gerhard Witthöft als neues stellvertretendes Mitglied benannt hat. Das bisherige stellvertretende Mitglied, Herr Manfred Burmeister, ist zum 30. November 2009 aus dem Dienst der Deutschen Rentenversicherung ausgeschieden.

Herr Staatsminister Dr. Söder hat gebeten, die hierfür gesetzlich vorgesehene Bestätigung durch Beschluss des Landtags herbeizuführen.

Eine Aussprache findet nicht statt. Wir kommen deshalb sofort zur Abstimmung.

Wer dem vorgenannten Vorschlag seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP, der Freien Wähler, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? - Gegenstimmen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Der Landtag bestätigt damit gemäß Artikel 2 Absatz 3 des Gesetzes über den Landesgesundheitsrat Herrn Direktor Gerhard Witthöft als neues stellvertretendes Mitglied des Landesgesundheitsrats.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung die

Tagesordnungspunkte 11, 12 und 13 auf:

Antrag der Abgeordneten Franz Maget, Sabine Dittmar, Kathrin Sonnenholzner u. a. und Fraktion (SPD) Kein Handel mit Fleisch und Milch von Klontieren und deren Nachkommen (Drs. 16/1606)

und

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kein Fleisch und keine Milch von Klontieren und deren Nachkommen in Bayern! (Drs. 16/1629)

und

Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Ulrike Müller und Fraktion (FW) Fleisch und Milch von Klontieren verhindern Klonfleischverordnung schaffen (Drs. 16/1772)

Nochmals der Hinweis: Zum Antrag der SPD-Fraktion und zum Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN ist namentliche Abstimmung beantragt.

Nun eröffne ich die gemeinsame Aussprache. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Dittmar für die SPD. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Thematik "Kein Handel mit Fleisch und Milch von Klontieren und deren Nachkommenschaft in Bayern und der EU" hat sich der Bayerische Landtag bereits im Jahr 2008 sehr intensiv befasst. Im Januar 2008 wurde der Antrag der SPDFraktion auf die Initiative der CSU-Kollegin Frau Plattner hin um die Aufforderung an die Staatsregierung ergänzt, Zucht, Nachzucht und Samenmaterial vom Handel fernzuhalten, da ansonsten die weltweit anerkannte bayerische Tierzucht in ihrer Arbeit geschmälert würde, sich die Zucht nicht weiterentwickeln könne und weitere Zuchterfolge ausblieben. Der Antrag wurde damals einstimmig verabschiedet, sowohl im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherfragen, als auch im Landwirtschaftsausschuss und im Ausschuss für Europaangelegenheiten und letztendlich im Mai 2008 im Plenum.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Derzeit gibt es erfreulicherweise kein Klonfleisch auf dem europäischen Markt. Wir möchten, dass dies auch in Zukunft so bleibt, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. Wir wollen keine Lebensmittel von Klontieren und deren Nachkommen in den Regalen, weder in Europa noch in Deutschland noch in Bayern, ganz unabhängig von der Kennzeichnung.

(Beifall bei der SPD)

Die Landwirtschaftsminister der EU haben nun am 22.06. beschlossen, die Vermarktung von Klonfleisch neu zu regulieren. Die deutsche Ministerin Aigner hat zugestimmt. Sie hat dies als Verschärfung des geltenden Rechts interpretiert. Für mich ist das eine eklatante Fehleinschätzung der Situation. Denn wenn es eine Gesetzeslücke gab, wäre es sinnvoll und effektiv ge

wesen, die Agrarminister hätten diese sofort geschlossen.

(Beifall bei der SPD)

Mit der jetzt geltenden Regelung ist eine Tür geöffnet worden, die Sie so leicht nicht wieder schließen. Wir wissen, dass in den USA Klonfleisch auf dem Markt ist. Es ist eine Frage der Zeit, bis Zulassungsanträge auch in Europa gestellt werden. Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit - EFSA - hat uns ganz klar gesagt, in welche Richtung die Reise geht und wie die Entscheidung ausfallen wird. Eine Zulassungsverweigerung aus Gründen der Lebensmittelsicherheit wird es nicht geben, auch wenn die EFSA gleichzeitig bestätigt, dass die verfügbare Datenlage für eine qualifizierte Risikobewertung an sich relativ gering ist.

Kolleginnen und Kollegen, die Welt wartet nicht auf Klonfleisch; keiner will es, die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht, der Einzelhandelsverband nicht, die Fleischwarenindustrie nicht und der Bauernverband schon gar nicht.

Letzterer hat immerhin schon klar erkannt, dass Klonen wirklich eine ernsthafte Gefahr für Image und Charakter des bayerischen Landwirtschaftsmodells darstellt, ein Modell, das auf Produktqualität, auf den Prinzipien einer umweltfreundlichen Produktion und auf dem Respekt gegenüber dem Tier beruht und so erstklassige Produkte für die bayerischen Verbraucherinnen und Verbraucher produziert.

Das eigentlich Dramatische an der Diskussion ist die Tatsache, dass weder ethische Gesichtspunkte noch Belange des Tierschutzes und der Tiergesundheit in der Debatte berücksichtigt werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir wissen um die Leidensgeschichte geklonter Tiere: Missbildungen, Krankheiten, ein früher, oft qualvoller Tod. Wir stehen hier schon vor der Frage: Dürfen wir dies gezielt in Kauf nehmen, um das ideale Tier zu züchten, um noch mehr Milch und noch mehr Schnitzelfleisch zu erhalten? Ich sage Ihnen Nein. Nein, das dürfen wir nicht, denn was wir hier betreiben, ist eine großmannsüchtige Schöpfungsspielerei.

(Beifall bei der SPD)

Nebenbei möchte ich noch an die EU-Richtlinie aus dem Jahre 1998 erinnern; es ist die Nummer 58, die den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere vorsieht. Dort heißt es unter anderem, dass natürliche oder künstliche Zuchtmethoden, die den Tieren Leiden oder Schäden zufügen können, nicht angewandt werden dürfen.

Wenn der Agrarministerrat jetzt eine ethische Debatte fordert, dann ist das für mich die verkehrte Reihenfolge. Er hätte zuerst in eine breite ethische Debatte zu Beginn des Entscheidungsfindungsprozesses gehen müssen und bis dahin ein klares, deutliches Nein, ein Verbot aussprechen müssen.

Unser Antrag heute soll lediglich den Beschluss aus dem Jahre 2008 bekräftigen. Er ist erweitert um die Aufforderung an die Staatsregierung, alles zu unternehmen, um die geplante Regulierung zu stoppen und die bestehende Gesetzeslücke zu schließen.

Ich muss Ihnen noch eines sagen: Beim Formulieren des Antrags war ich mir eigentlich sicher, ein einstimmiges Votum im Ausschuss für Umwelt und Gesundheit zu bekommen. Dem war leider nicht so. Zwei Mal wurde der Antrag von der Tagesordnung abgesetzt und letztendlich abgelehnt. Das hat mich doch sehr gewundert, zumal der zuständige Minister Söder und auch Ministerpräsident Seehofer dem Handel eine klare Absage erteilt haben.

(Maria Noichl (SPD): Genau!)

Ministerpräsident Seehofer sagte beispielsweise in der "Bild am Sonntag" vom 29.06., also eine Woche nach dem EU-Beschluss: Anders als beim Genmais, wo es um Sicherheitsfragen geht, handelt es sich hier um eine ethische Frage.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): In der Tat!)

Aus ethischen Gründen dürfen wir nach meiner Überzeugung Klonfleisch nicht in die Lebensmittelkette lassen. Jetzt ist der Ministerpräsident leider nicht da; ich hätte ihn ganz gern gefragt, ob er auch heute noch dieser Überzeugung ist.

(Beifall bei der SPD - Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Das weiß man bei ihm nicht so genau! - Maria Noichl (SPD): Heute sicher nimmer!)

"Antenne Bayern" meldet: Gesundheitsminister Söder hat die EU-Entscheidung kritisiert und hofft, dass das Europäische Parlament die Pläne noch stoppt. Söder betonte, er sei aus ethischen Gründen gegen jede Vermarktung von Klonfleisch. "Wir wollen in Bayern kein Klonfleisch."

Nun ist auch Herr Minister Söder nicht da; ich denke, Frau Huml muss wieder das Eisen aus dem Feuer holen. Aber richten Sie ihm aus, er soll nicht auf Europa hoffen, sondern hier in Bayern aktiv werden und dafür sorgen, dass Bayern klonfleischfrei bleibt.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht heute nicht um die Freiheit der Wissenschaft und Forschung, um Handel oder die Kennzeichnungspflicht, sondern es geht hier um ethische Grundwerte. Ich bitte Sie deshalb herzlich, lassen Sie es nicht zu, dass diese Werte, dieser breite bayerische Schulterschluss gegen Klonprodukte aufgekündigt wird. Es ist dies ein Schulterschluss, den bislang nicht nur das gesamte bayerische Parlament, sondern auch breite gesellschaftliche Gruppen, Landwirte, Landfrauen, Handel, Verbraucherorganisationen, Tier-, Arten- und Naturschützer eingegangen sind. Lassen Sie es nicht zu, dass dieser Schulterschluss aufgekündigt und auf dem Altar einer Koalitionsvereinbarung geopfert wird.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dittmar. Als Nächste hat sich Frau Stamm zu Wort gemeldet.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch auf die Gefahr hin, dass ich das wiederhole, was meine Vorrednerin gesagt hat: Die Argumente liegen auf der Hand; sie müssen wiederholt werden und Sie, meine Damen und Herren, müssen sich das einfach noch einmal anhören.

(Maria Noichl (SPD): Das ist gut so, wenn die das jetzt noch einmal hören! Das ist schon recht!)

Mary Shelleys allseits bekannte Horrorgeschichte "Frankenstein" stand Pate bei der Namenschöpfung "Frankenfood". So werden Lebensmittel von Nachkommen geklonter Tiere in den USA genannt, ein Wort, das das Ungewisse, das Gruselige, das diese Lebensmittel als Beigeschmack haben, ausdrücken soll. Man weiß einfach zu wenig über Fleisch und Milch geklonter Tiere oder deren Nachkommen. In der Folge nenne ich es der Einfachheit halber "Klonfleisch".

Fakt ist: Es gibt keine wissenschaftliche Untersuchung über die Nährwerte von Klonfleisch. Selbst die EFSA das haben wir gerade schon gehört: die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit -, geht lediglich davon aus, dass Klonfleisch genauso wertvoll ist wie anderes, da die Erbmasse dupliziert wird.

In einer Stellungnahme bezüglich schädigender Einflüsse von Klonfleisch erklärt die EFSA, dass das Wissen über Klontiere noch gering sei. Warum dann das Ja aus Brüssel?