Protokoll der Sitzung vom 16.12.2009

Es hat den Titel: "Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden".

So viel dazu. Dann geht es weiter in der Aussprache zu Tagesordnungspunkt 10. Nächster Redner ist Herr Kol lege Seidenath für die CSU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident, ich fühle mich geehrt, als Erster der CSU-Fraktion unter Ihrem Präsidium eine Rede halten zu dürfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befassen uns heute in Zweiter Lesung mit dem Gesetzentwurf der GRÜNEN, durch den eingetragene Lebenspartner im bayerischen Beamtenrecht mit Eheleuten gleichgestellt werden sollen. Sie haben, meine Damen und Herren, Ihren Gesetzentwurf parallel zu einem anderen großen Gesetzgebungsvorhaben eingebracht, das uns in diesem Hohen Hause sehr bald und auch sehr intensiv beschäftigen wird, nämlich das neue Dienstrecht in Bayern, also die Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Beamten des Freistaats und der bayerischen Kommunen. Ich habe den aktuellen Entwurf mitgebracht. Er hat 483 Seiten - damit Sie einen Eindruck bekommen, welche Herkulesaufgabe sich dahinter verbirgt und wie umfassend die Neuregelungen sein werden. Man sieht und spürt förmlich den Anspruch des Gesetzeswerks, alle Bereiche des Beamtenrechts umfassend und vollständig zu regeln. Es befindet sich gerade in der Verbändeanhörung, wird Anfang 2010 in die parlamentarische Beratung kommen und soll im Sommer 2010 verabschiedet werden, um im Januar 2011 in Kraft treten zu können. Das sind überschaubare Zeiträume: das ist ein ambitionierter, ja ein straffer Zeitplan.

In der Tat nimmt Ihr Gesetzentwurf, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, Rücksicht darauf, dass das neue Dienstrecht wichtige Bereiche des bayerischen Beamtenrechts neu regeln wird. Deshalb haben Sie in Ihrem Gesetzentwurf die Beamtenbesoldung und die Hinterbliebenenversorgung ausgenommen. Geregelt werden sollen mit dem Entwurf stattdessen nur noch kleinere Teilbereiche wie Beihilfe, Reisekosten, Umzugskosten oder Trennungsgeld.

Neben dem neuen Dienstrecht ein weiteres Gesetz zu verabschieden, hieße - um es mit einem Bild auszudrücken -, noch während der Planungsphase neben einem vollständig neu konzipierten und modernsten Anforderungen genügenden Gebäude zusätzlich eine kleine Hütte zu schaffen, um noch Platz für ein paar Restanten vorzusehen. Nein, das müsste alles von vorneherein, solange das noch möglich ist, in die Konzeption und Architektur des neuen Gebäudes einfließen. Hier ist es noch möglich. Wir brauchen eine Gesamtlösung für alle Bereiche, bei denen im Beamtenrecht Regelungsbedarf besteht. Die kleinen Teilbereiche müssen in der Konzeptionsphase mit in das neue Werk einbezogen werden. Wir brauchen also eine Regelung aus einem Guss. Anders ausgedrückt: Mit Ihrem Gesetzentwurf wäre das neue Dienstrecht schon vor seinem Start Flickwerk. Der richtige Ort für die in Rede stehenden Anliegen ist nicht ein eigenes neues kleines Gesetz, sondern eben das neue Dienstrecht.

Deswegen haben wir in den Fraktionen und dem Ausschuss sehr einmütig über alle Fraktionsgrenzen hinweg einen Antrag beschlossen und die Staatsregierung aufgefordert - ich zitiere:

den Gesetzentwurf zum neuen Dienstrecht in Bayern (Bayerisches Dienstrechtsgesetz - Bay- DienstRG) um die für die rechtliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern mit Eheleuten im Beamtenrecht erforderlichen Regelungen zu ergänzen.

Wir haben hinzugefügt:

Hiervon unberührt bleibt, dass Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen.

Das also ist der richtige Weg. Durch die Einarbeitung in das neue Dienstrecht schaffen wir die zweckmäßige Regelung aus einem Guss. Deswegen werden wir den Gesetzentwurf der GRÜNEN heute ablehnen.

Im Übrigen, diesem Antrag ist das Finanzministerium bereits nachgekommen. Alle Punkte, Frau Stamm, die Sie im bayerischen Beamtenrecht regeln wollen, wurden mit eingearbeitet. Die Regelungen zu Beihilfe, Reisekosten, Trennungsgeld und Umzugskosten sind insbesondere durch die Generalverweisungsnorm in Artikel 115 Absatz 2 des neuen Werks enthalten. Es ist alles drin.

Meine Damen und Herren, letztlich ist das Gesetzestechnik. Darüber brauchen wir uns eigentlich heute nicht zu unterhalten. Sie haben aber dieses Thema bewusst hochgezogen, um darüber zu sprechen. Deshalb lassen Sie mich ein Wort zu inhaltlichen Seite sagen.

(Zurufe der Abgeordneten Christa Naaß (SPD) und Dr. Thomas Beyer (SPD): Das ist die Zweite Le sung!)

- Das ginge aber auch ohne Aussprache, Herr Kollege Beyer.

Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, ein Wort zur inhaltlichen Seite zu sagen, nämlich zur Grundproblematik der Gleichstellung. Es gab in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Änderung, und auch der Koalitionsvertrag auf Bundesebene sieht für das Beamtenrecht des Bundes Änderungen vor. Deswegen ist der Zusatz des Antrags "Hiervon unberührt bleibt, dass Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen." sehr wichtig.

Denn hier und im neuen Dienstrecht geht es um den Abbau von Benachteiligungen im Beamtenrecht. Rechte und Pflichten gehören zusammen. Da gleichge

schlechtliche Lebenspartner Unterhaltspflichten haben, ist es nur gerecht, wenn sie auch Rechte bei der Hinterbliebenenversorgung oder der Beihilfe haben. Aber es muss und wird andere Unterschiede weiterhin geben, etwa beim Adoptionsrecht oder der sozialen Finanzierung der künstlichen Befruchtung. Darauf wollte ich ausdrücklich hinweisen.

Ich sage ganz deutlich: Dem Antrag der GRÜNEN hätten wir in seiner ursprünglichen Form nicht zustimmen können, weil dort von der Relativierung von Ehe und Familie und einer vollständigen Gleichstellung von Ehepartnern und gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften die Rede ist. Unser Gesellschaftsbild ist ein anderes. Für uns als konservative und wertkonservative Partei bleibt der Schutz von Ehe und Familie ein herausragendes Gut. Trotzdem wollen wir, dass Nachteile im Beamtenrecht abgebaut werden. Dafür sind die entsprechenden Regelungen in das neue Dienstrecht eingearbeitet worden. Das ist der richtige Ort. Deswegen werden wir den Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Diana Stachowitz für die SPD-Fraktion. Bitte sehr.

Herr Präsident, ich freue mich, Sie hinter mir zu wissen.

Kolleginnen und Kollegen! Herr Seidenath, es geht nicht alleine um das Dienstrecht, auch wenn Sie das immer wieder hochhalten, sondern um ein ganz anderes Thema, nämlich die Gleichbehandlung und Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften im öffentlichen Dienst. Es ist wahr, dass das heute einer der Kernpunkte ist. Es geht um die gerechtere Behandlung von Familien, das haben Sie richtig erkannt. Wir unterstützen deshalb die Gleichbehandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaften. Dabei zeigt uns die Koalition eine unglaubliche Wendigkeit. Im Frühjahr hat die SPD einen Antrag zu diesem Thema gestellt, doch er ist abgelehnt worden mit den Argumenten, die Herr Seidenath vorhin noch einmal dargelegt hat: Homosexuelle bekommen keine Kinder. Auch die FDP hat den Antrag abgelehnt, weil sie den Koalitionskompromiss einhalten muss. Die FDP hat also Versprechen, die sie im Wahlkampf auf Homepages und darüber hinaus groß angekündigt hat, nicht erfüllt. Sechs Monate später, ich gebe es zu, mit Hilfe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, haben wir einen Antrag zu diesem Thema einstimmig beschlossen. Daraus lerne ich: Hartnäckige Oppositionsarbeit lohnt sich doch!

(Beifall bei der SPD)

Die Opposition kann verändern, nicht nur im Bereich des öffentlichen Dienstes. Wir sind auch im Sozialausschuss ein Stück weitergekommen, Frau Stamm. Trotz allem, wir werden uns bei diesem Gesetzentwurf enthalten, denn wir wollen sehen, welche Regelungen es im Dienstrecht geben wird. Wir kündigen an, alles, was nicht berücksichtigt wird, wird von uns in einem Gesetzentwurf nachgeschoben werden, damit alle Aspekte berücksichtigt werden. Wir enthalten uns also. Das Thema ist wichtig und muss immer wieder auf die Tagesordnung gebracht werden.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist Herr Kollege Felbinger. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, auch ich darf seitens unserer Fraktion die Freude anlässlich Ihrer ersten Amtshandlung zum Ausdruck bringen.

Danke sehr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften im bayerischen Beamtenrecht hat uns in den letzten Wochen viel beschäftigt. Das Thema hat, nicht zuletzt auch durch die Initiative der GRÜNEN, inzwischen eine Schnelligkeit erreicht, die man in diesem Maße nicht erwartet hätte. Als wir hier vor wenigen Wochen über das Thema beraten haben, haben die Freien Wähler bereits signalisiert, wir gehen davon aus, dass diese Fragen im neuen Dienstrecht berücksichtigt werden. Nun liegt uns der 483 Seiten umfassende Gesetzentwurf vor und es gibt es einen Ministerratsbeschluss vom 8. Dezember 2009, in dem die wesentlichen Eckpunkte festgehalten sind. Der Ministerrat hat beschlossen, dass alle notwendigen gesetzlichen Änderungen im Gesetz zum neuen Dienstrecht eingesetzt werden. Herr Kollege Seidenath hat das inzwischen ausführlich dargelegt; es betrifft die Beamtenbesoldung und vieles mehr. Die wesentlichen Punkte und Voraussetzungen für das bayerische Beamtenrecht sind damit erfüllt. In unseren Augen ist ein neues Gesetz deshalb nicht notwendig. Das neue Dienstrecht tritt zum 01.01.2011 in Kraft.

Ich möchte auf die Aussage des Grundgesetzes, wonach Ehe und Familie unter besonderem Schutz des Staates stehen, hinweisen. Es ist nicht zu verkennen, dass die Ehe nach dem Grundgesetz privilegiert ist. Die Privilegierung der Ehe, auch der kinderlosen Ehe, liegt in der auf Dauer übernommenen, auch rechtlich verbindlichen Verantwortung für den Partner. In diesem Punkt unterscheiden sich die eingetragene Lebenspartnerschaft und die Ehe aber nicht, deshalb ist es nicht in allen Fällen zulässig, die Ehe gegenüber der Lebens

partnerschaft zu bevorzugen. Eine Privilegierung der Ehe beruht auch darauf, dass aus ihr grundsätzlich Kinder hervorgehen. Eine zulässige Förderung von Eltern wäre deshalb vorrangiger Gegenstand des Grundrechtschutzes der Familie. In Zukunft wird deshalb, unabhängig von der Frage, in welcher Form die Partnerschaft stattfindet, eine stärkere Berücksichtigung des individuellen Versorgungsbedarfs notwendig sein. Ich gebe zu bedenken, es sollte grundsätzlich überlegt werden, ob man den Versorgungs- und Unterhaltsgedanken in den Vordergrund stellt oder künftig statt einer Witwen- oder Partnerrente eine Kinder- und Familienrente gewährt.

Wir werden uns dem Votum des federführenden Ausschusses anschließen. Wir haben uns dort enthalten, und das werden wir auch heute tun.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Nächster Redner ist Herr Professor Dr. Barfuß für die FDP. Bitte sehr.

Herr Präsident, auch ich darf Sie herzlich begrüßen. Ich freue mich, dass wir als 60-er Fans hier gemeinsam auftreten können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wir werden den Gesetzentwurf ablehnen, aber nicht weil wir gegen die geforderten Neuerungen sind. Wie schon manche Rednerin und mancher Redner gesagt haben, sind auch wir der Meinung: Es handelt sich hier um einen integralen Bestandteil des neuen Dienstrechts. Dort packen wir das auch hinein. Sollte dann noch etwas fehlen, dann müsste man nachfassen.

Ich glaube, wir alle können stolz sein, in einem Land zu leben, in dem die Menschen nicht diskriminiert werden, die vielleicht sexuell anders orientiert sind als der Mainstream. Es gibt Regionen und Länder, in denen diesen Mensch übel mitgespielt wird. Das ist bei uns nicht so, deshalb können wir auf unser wunderbares Grundgesetz stolz sein. Das sollte man auch so belassen. Ansonsten eignet sich dieses Thema überhaupt nicht für Rechthaberei. Man ist wohl ganz normal homosexuell veranlagt, wer es aber nicht ist, der muss das nicht wie eine Monstranz vor sich hertragen. Er muss sich aber auch nicht entschuldigen, dass er es nicht ist. Ich finde, das ist eine wunderbare Entwicklung, die eines Kulturlandes würdig ist. Bei dem sollte man es auch belassen.

Die FDP ist sicher nicht verdächtig, diese Entwicklung zu bremsen. Wenn wir den Gesetzentwurf ablehnen, dann deshalb, weil wir die Änderungen als Bestandteil des neuen Dienstrechtes wissen wollen. So werden wir das auch einbringen. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen, die ähnlich argumentiert haben.

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Barfuß. Es hat sich nun noch einmal Frau Kollegin Stamm zu Wort gemeldet. Das ist eine gute Sache. Ich darf bekannt geben, dass die CSUFraktion zu diesem Tagesordnungspunkt aus ersichtlichen Gründen namentliche Abstimmung beantragt hat.

(Diana Stachowitz (SPD): Wieder einmal! - Zuruf einer Abgeordneten der CSU: Gibt es hier Bewertungen?)

Frau Kollegin Stamm, Sie haben das Wort. Ich bitte um Aufmerksamkeit.

(Unruhe bei der CSU)

- Der Herr Präsident hat vorhin um Nachsicht gebeten, weil es seine Jungfernsitzung ist.

(Anhaltende Unruhe bei der CSU)

- Was ist denn das Problem? Frau Stamm hat das Wort. Sie hat darum gebeten, und Sie hat noch zwei Minuten 42 Sekunden Redezeit. Bitte sehr, Frau Kollegin Stamm.

Ich wollte eigentlich als Erstes Herrn Felbinger von den Freien Wählern meinen Dank aussprechen, weil er genau den Knackpunkt getroffen hat, der in der Begründung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts ganz klar angesprochen wird. Es gibt einen besonderen Schutz von Ehe und Familie, aber die Frage ist: Was ist Familie? - Das Urteil geht hier relativ weit, denn es sagt: Familie ist da, wo Kinder sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Karsten Klein (FDP))

Ich glaube, wir müssen hier noch ganz andere gesellschaftspolitische Debatten führen, beispielsweise die, die Herr Felbinger angesprochen hat. Es geht um die Grundsicherung da, wo das Geld gebraucht wird, und zwar dort, wo Kinder sind. Es gibt Schätzungen zum prozentualen Anteil von Eheleuten - zwischen 30 und 43 %, wobei 30 % vorsichtig geschätzt ist -, die keine Kinder haben, die aber vom Ehegattensplitting profitieren. Ich frage mich, was das soll. Das ist für mich eine ganz große Frage. Ich glaube, es ist angebracht zu sagen: Dort, wo Kinder sind, muss entlastet werden. Es ist dabei ganz egal, welche Lebensform dahintersteht. Es gibt eine Studie - auch das wissen Sie, Herr Seidenath -, des Familieninstituts in Bamberg. Diese Studie besagt, den Regenbogen-Kindern geht es kein bisschen schlechter. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)