Protokoll der Sitzung vom 17.12.2009

(Beifall des Abgeordneten Dr. Christian Magerl (GRÜNE))

- Herr Magerl, Sie sind da jetzt gerade zu mir gekommen.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Ich war in Geiselhaft der Bahn!)

Sie haben sich offensichtlich die Rede Ihres eigenen Kollegen Hartmann nicht anhören wollen. Denn zu Be

ginn der Debatte waren ganze drei Grünen-Abgeordnete da, bei so einem Thema.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

So wichtig kann es also wohl nicht sein.

Meine Damen und Herren, keiner sagt, dass wir perfekt sind. Keiner sagt, dass wir am Ziel sind. Aber wenn man umgekehrt argumentiert, wir seien so schlecht, dann bitte ich doch, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen.

Wir liegen mit rund 6,5 Tonnen CO2-Emission pro Einwohner und Jahr deutlich unter dem deutschen Schnitt. Zum Vergleich: Brandenburg - nicht von der CSU und der FDP regiert, Herr Thalhammer - 22,8 Tonnen. Bre men - dort sind sogar die GRÜNEN in der Verantwortung - 19,1 Tonnen.

(Zuruf von der CSU: Hört, hört!)

Ich will nicht sagen, dass die anderen alle Schuld auf sich laden. Aber ich möchte klarstellen, dass Bayern deutlich besser ist als Länder, die von Rot-Grün regiert werden. Das sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Übrigens bezieht das Umweltministerium seit Jahren ausschließlich Ökostrom, der zu 100 % aus erneuer baren Energien erzeugt wird. Ob alle Bereiche, für die Sie Verantwortung tragen, das auch tun, weiß ich nicht.

Ich möchte in die Vergangenheit zurückschauen. Wir lassen uns an dem messen, was wir tun. Das ist manchmal gar nicht leicht. Da gibt es Herausforderungen, da gibt es auch manchmal Streitfragen, da gibt es auch Widersprüche. Da muss man manchmal kämpfen, um Gegenwartsinteressen mit Zukunftsherausforderungen in Einklang zu bringen.

Aber ich erinnere zum Beispiel daran, dass eine rotgrüne Bundesregierung 1998 - zur historischen Wahrheit ist das wichtig zu erwähnen - in ihrer Koalitionsvereinbarung das Ziel ausgegeben hat, den CO2-Ausstoß zwischen 1990 und 2005 um 25% zu mindern. Die rotgrüne Bundesregierung, insbesondere mit Herrn Trittin, hat diese Einsparziele in jeder Form verfehlt. Ich bin ja nun wirklich offen für neue Argumente. Aber das, was Trittin in seiner Amtszeit geleistet hat, ist bestenfalls nichts im Vergleich mit dem, was Bayern geleistet hat.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Lieber Herr Glauber, Sie sagen, das Bayerische Klimaprogramm sei ein bisschen zu schwammig. Wir verdoppeln den Beitrag der erneuerbaren Energien bis

2020 im Endenergiebereich auf 20 %, wir erhöhen die Endenergieproduktivität in Bayern um 30 %, wir geben 750 Millionen Euro für alle Bereiche des Klimaschutzes aus - wenn sie irgendwo etwas vergleichbar Konkreteres finden würden, dann sollten wir uns über die Begrifflichkeit des Wortes "schwammig" noch einmal unterhalten. Das war ehrlich gesagt nichts.

Lieber Herr Wörner, der Professor, den Sie erwähnt haben, heißt übrigens Graßl, nicht Glasl - Glasl ist etwas anderes.

(Heiterkeit bei der CSU - Ludwig Wörner (SPD): Hab ich doch gesagt!)

Herr Professor Graßl, den wir alle sehr schätzen, hat mich übrigens letzte Woche in einem Interview sogar gelobt - nur zur Kenntnisnahme -, nicht nur Herr Thalhammer, vielen Dank.

(Zuruf von den GRÜNEN: Der war ja nicht dabei!)

- Ich weiß, das tut alles weh, aber nachdem Sie das auch so sehen, freut mich das sehr.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Wer solche Freunde hat, Herr Söder!)

Wir sagen, dass wir realistische Ziele wollen. Ich kann mich daran erinnern, dass Herr Magerl in einer Debatte in diesem Jahr - seit einigen Minuten hier im Raum - im Landtagsplenum gefordert hat, Ziel müsse es sein, CO2 pro Kopf auf null zu reduzieren. Meine Damen und Herren, man stelle sich vor, wenn das die Vision der GRÜNEN ist, dass wir am Schluss quasi nicht einmal mehr atmen, dann bin ich mir nicht ganz sicher, ob das realistische Ziele sind, die den Menschen dienlich sind.

Wir wollen realistische Ziele, und die heißen für uns ganz klar, unter 5 Tonnen CO2 zu kommen - wir modifizieren, wir gehen weiter in unseren Zielen -, aber bis 2030. Wir stellen damit alle Bereiche voran, von denen wir sagen, da wollen wir uns ändern.

Ein Punkt davon ist die Energiepolitik. Herr Hartmann hat - Herr Thalhammer, zwar nicht in seinem Antrag, aber früher einmal - die ganze Palette der Kernenergie untergebracht. Eines sage ich Ihnen schon: Natürlich spielt die Energiepolitik dabei eine zentrale Rolle, unbestritten. Aber die Frage ist: Sind wir da schlecht in Bayern? Zwei Drittel des Stroms, der in Deutschland aus Wasserkraft erzeugt wird, kommt aus Bayern. Fast die Hälfte des Stroms, der aus Solarkraft erzeugt wird, kommt aus Bayern. Beim Wind sind wir deswegen nicht so weit vorn, weil die Topografie an den Küsten nun einmal eine ganz andere ist.

Man kann also sagen, dass sich Bayern im Bereich der erneuerbaren Energien von keinem Land der Welt etwas zeigen lassen muss, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Aber es gibt einen Bereich - da stimme ich zu -, in dem ich gerne mehr machen möchte. Wenn in Deutschland der Wind weht, und zwar stark, muss Deutschland Strom exportieren. Warum? Meine Damen und Herren, wir haben ehrgeizige Ziele. Die Menschen waren auf dem Mond. Wir sind in der Nanotechnologie toll. Aber ein Bereich ist eklatant vernachlässigt worden; das ist die Speicherung von Energie. Wir haben keine substanzielle Speichertechnologie.

Die Große Koalition hat zu Beginn des Jahres 2005 in ihrem Koalitionsvertrag gesagt, dass dies eines der umweltpolitischen Ziele sei, das bis zum Jahr 2009 deutlich vorangebracht werden müsse. Die Bilanz des Umweltministers, der bis 2009 in Berlin im Amt war, nämlich Sigmar Gabriel, zeigt, dass bis auf den heutigen Tag in der Speichertechnologie nichts vorangekommen ist. Da müssen wir nacharbeiten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf des Ab- geordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

- Das sind die Fakten, die nicht einmal Sigmar Gabriel bestreitet.

Zum Ende: Ich nehme jedem Einzelnen hier das tiefe Bemühen um Veränderung und Verbesserung ab. Dass die Wege manchmal unterschiedlich sind, ist auch klar. Und natürlich gibt es aktuelle Herausforderungen, wenn man zum Beispiel sagt: Würde diese Straße noch etwas ausmachen oder nicht? Das sind manchmal schwierige Abwägungsprozesse. Da gibt es Streitigkeiten, auch bei uns. Aber eines muss klar sein: Am Ende geht es darum, dass wir dieses Land Bayern in dem weltweiten Prozess so gut wie möglich führen und die Menschen dabei mitnehmen. Anders wird es nicht gehen. Wir haben versucht, dazu unseren Beitrag zu leisten. Wir haben noch viel vor, und wir werden nicht nachlassen. Der gemeinsame Antrag von CSU und FDP scheint uns der beste Unterstützungsbeitrag für die Zukunft zu sein.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Staatsminister, bitte bleiben Sie noch am Rednerpult. Ich habe zwei Anmeldungen für Zwischeninterventionen, die eine stammt vom Kollegen Hartmann, und die zweite vom Kollegen Glauber.

(Ludwig Wörner (SPD): Ich habe mich auch gemeldet!)

- Als dritte kommt noch die Zwischenintervention des Kollegen Wörner hinzu. Wir gehen jetzt in der genannten Reihenfolge vor. Herr Kollege Hartmann, Sie sind der Erste, dann folgen die Kollegen Glauber und Wörner.

Sehr geehrter Herr Minister, ich habe Ihrer Rede entnommen: Bayern lässt sich daran messen, was Bayern erreicht. Wie passt das damit zusammen, dass Bayern seine CO2-Verursacherbilanzen an den Länderarbeitskreis Energiebilanzen gar nicht meldet? Warum tut man das nicht? Warum liegen die Zahlen von 2006 noch nicht vor? Es sind nur drei Bundesländer, welche die Zahlen noch nicht gemeldet haben. Wenn wir uns messen lassen wollen, müssen wir auch Zahlen vorlegen.

Noch eine Anmerkung zu Bremen: Wie lange regieren die GRÜNEN in Bremen mit? - Zwei Jahre! Sie werden doch keinen Vergleich mit den letzten 20 Jahren auf machen wollen, wenn wir erst zwei Jahre dort mitregieren.

(Tobias Thalhammer (FDP): Das Argument merke ich mir!)

- Die FDP darf sich das gerne merken, aber nicht die CSU in dieser Hinsicht.

Zur Kritik an Umweltminister Trittin während der rotgrünen Bundesregierung: Sie haben selbst die Solarkraft in Bayern in den Vordergrund gestellt und den Ausbau gelobt. Was war denn der Grundstock dieses Ausbaus? - Das war das EEG, das von Ihrer Partei jahrelang bekämpft wurde und dem im Bundesrat nicht zugestimmt wurde. Erst 2004 hat man erkannt, dass das eine Möglichkeit ist. Es ist dann einfach daneben zu sagen, Minister Trittin hat nichts erreicht.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Ich sehe, meine Argumente haben bei Ihnen eine Wirkung hinterlassen.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

- Das ist halt einfach so. Ich finde den Ansatz, wir müssten uns noch stärker messen lassen, wichtig. Ich strebe auch an, in den nächsten Jahren die Berichte und alle Zahlen zu Klimafragen gründlicher zu evaluieren als in der Vergangenheit

(Zuruf von den GRÜNEN)

- und öffentlich diskutieren, darauf können Sie sich verlassen -, weil wir in der Tat die Entwicklungen genau beobachten müssen. Wir waren vor Kurzem auf der Zugspitze: Allein die Permafrostentwicklung, die wir neu messen, hat extreme Auswirkungen auf den Zusammenhalt von Landschaften und für Leib und Leben von Menschen. Ich stimme Ihnen zu: Wir müssen in dieser Frage mehr tun und stärker evaluieren.

Sie sind nun seit zwei Jahren in Bremen an der Regierung, und ich stimme Ihnen darin zu, dass Sie in dieser Zeit die Welt nicht verändern können. Ich wollte das aber nur einmal sagen, damit Sie zur Kenntnis nehmen, dass Sie bei Ihren Freunden Ihre guten Vorschläge zur Verbesserung einbringen sollten.