Protokoll der Sitzung vom 17.12.2009

Im heutigen Dringlichkeitsantrag fordern wir, dass jede Fraktion, die im Landtag vertreten ist, mindestens einen Vertreter entsenden kann. Bitte sagen Sie also nicht, wir sollten einen Antrag zur Gesetzesänderung vorlegen und keinen Dringlichkeitsantrag. Das haben wir damals getan, und Sie haben den Antrag abgelehnt. Aufgrund der politischen Aktualität haben wir jetzt einen Dringlichkeitsantrag nachgereicht. Ich sage noch einmal: Wir haben bereits im Juni 2009 gefordert, dass pro Fraktion je ein Vertreter in den Verwaltungsrat kommt.

Dann wollen wir hier auch den Sachverstand im Gremium etwas aufmörteln. Wir haben daher gefordert, dass eines von den vier weiteren externen Mitgliedern fundierte Kenntnisse und Erfahrungen im Passiv- und Aktivgeschäft und im Immobiliengeschäft haben muss. Das geht also über das hinaus, was momentan gefordert ist. Das ist mehr als recht und billig vor dem Hintergrund, was wir aktuell erleben.

Herr Minister Fahrenschon hat im Ausschuss beim Gespräch über diese Dringlichkeitsanträge einige Äußerungen fallen lassen, etwa des Inhalts: Es sei ihm, dem Finanzminister Fahrenschon, schon wichtig, in grundlegenden Fragen in Abstimmung mit dem Bayerischen Landtag zu handeln; wo bleibe hier die Opposition. - Dann heißt es weiter, er halte es aber für problematisch, dass jede Fraktion einen Sitz im Verwaltungsrat habe; denn es gebe hier zwei zentrale Verantwortungskreise, einmal den Verantwortungskreis von Vorstand und Verwaltung, der sich damit beschäftige, wie man die Bank positioniert und für die Zukunft gut aufstellt; der Vorstand arbeite hoch engagiert, der Verwaltungsrat stehe ihm zur Seite, kontrolliere ihn und sei bei der Ausrichtung mit Leitentscheidungen behilflich. Dem stehen in meinen Augen die Aussagen von Herrn Beckstein entgegen, der sich nur als nominales Mitglied des Verwaltungsrates gefühlt hat. Hier steht aber, der Verwaltungsrat kontrolliere die Ausrichtung und sei bei Leitentscheidungen behilflich; eine Beteiligung der Opposition sei nicht nötig, weil die Mitglieder der Staatsregierung den Abgeordneten rund um die Uhr Rede und Antwort stehen würden, um den Anliegen der Fraktionen zu entsprechen.

Es heißt weiter, die vier externen Mitglieder seien keine willfährigen Marionetten, sondern sie nähmen ihr Amt vielmehr unabhängig, weisungsfrei und mit vollem Stimmrecht wahr. - Die vier externen Mitglieder sind also keine Marionetten. Offensichtlich gibt es nominale Mitglieder, ich habe aber keine Ahnung, welche Rolle die bei Leitentscheidungen spielen.

Herr Aiwanger, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich rede jetzt fertig.

Die Entsendung des Ministerpräsidenten hält er auch nicht für erforderlich; denn nach der Bayerischen Verfassung sei jeder Staatsminister für sein Ressort verantwortlich. Herr Ministerpräsident hat bei der HGAAEntscheidung aber bekannt gegeben, er hätte um 6.30 Uhr morgens die finale Entscheidung getroffen, die HGAA zu verkaufen. Hier sagt man, das sei nicht erforderlich, jeder sei für sein Ressort selbst verantwortlich. Der Ministerpräsident ist nicht im Verwaltungsrat,

das ist auch nicht nötig, aber er trifft die letzte Entscheidung.

Auch das Doppelstimmrecht der staatlichen Vertreter kann man in meinen Augen in Zweifel ziehen. Darüber wollen Sie aber selbst entscheiden. - Es sei davor zu warnen, die staatliche Beteiligung über zusätzliche Vertreter des Landtags umzusetzen; so Originalzitat Herr Fahrenschon.

Meine Damen und Herren, das ist der Hintergrund. Man will die Opposition aus dem Verwaltungsrat heraushalten, man braucht sie nicht, alles ist in Butter, man hat die Lage im Griff, und wir werden dann informiert, wenn es nötig ist, und zwar rund um die Uhr, und in die anderen Angelegenheiten sollen wir uns bitte nicht einmischen. Angesichts der Ereignisse der letzten Tage und Monate ist es aber überfällig, dass wir die Zusammensetzung des Verwaltungsrats ändern. Der Landtag und die Staatsregierung mögen dafür sorgen, dass je ein Vertreter der Landtagsfraktionen mit am Tisch sitzt. Wenn uns das nicht gelingt, dann sind wir eine traurige Gesellschaft.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordneten der SPD)

Danke, Herr Kollege Aiwanger.

(Abgeordneter Hubert Aiwanger (FW) bleibt am Rednerpult)

Herr Kollege Aiwanger, es gibt keine Zwischeninterventionen. Sie dürfen zu Ihrem Platz zurückgehen.

Die nächste Wortmeldung von der CSU kommt von Herrn Weidenbusch, bitte.

Frau Vizepräsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Aiwanger, ich darf zum Antrag zunächst formal sagen: Wir werden den Antrag ablehnen, weil es uns als abwegig erscheint, als Landtag die Staatsregierung zu etwas aufzufordern, wenn wir selbst als Gesetzgeber dazu berufen wären, das Ziel zu erreichen, das Sie mit dem Antrag verfolgen.

(Hubert Aiwanger (FW): Das habt ihr auch schon abgelehnt, ihr lehnt alles ab, ihr versteckt euch immer hinter einem anderen Baum!)

Es macht doch wirklich keinen Sinn, die Staatsregierung aufzufordern, wenn der Landtag selbst der Gesetzgeber ist, der diese Veränderung herbeiführen kann. Ich habe Verständnis dafür, dass Sie das wollen. Sie sollten aber zugeben, dass es nicht sinnvoll wäre, wenn sich der Landtag mit solchen Anträgen seiner Gesetzgebungsrechte berauben würde.

Ich habe gestern diesen Antrag gelesen. Mein erster Reflex war, mir zu überlegen, was ich den Freien Wählern sagen würde. Ich habe einmal nachgeschaut, was dort passiert, wo nicht die CSU in den Verwaltungsräten von Kreditinstituten sitzt. Ich könnte Ihnen das im Einzelnen vortragen. Ich könnte Beispiele der SPD und der Freien Wähler anführen. Bei den GRÜNEN gibt es solche Beispiele nicht, weil diese nirgendwo so viel Macht hatten, dass sie etwas versaubeuteln konnten. Das führt uns aber nicht weiter. Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir diesen Bankbetrieb organisieren.

(Hubert Aiwanger (FW): Das ist der Auftrag!)

Sie werfen den Verwaltungsräten vor, Fehler begangen und sich strafbar gemacht zu haben. Außerdem stellen Sie die Frage nach der Haftung.

(Hubert Aiwanger (FW): Diese Frage lässt sogar Herr Fahrenschon prüfen!)

- Herr Kollege Aiwanger, seien Sie doch nicht so aufgeregt. Das ist doch nicht notwendig. Lassen Sie uns einmal seriös den Sachverhalt betrachten.

Dieser Landtag hat vor einem Jahr beschlossen, 10 Milliarden Euro in den Haushalt einzustellen, davon 7 Milliarden Euro für die Eigenkapitalstärkung der BayernLB und 3 Milliarden Euro als stille Einlage. Ich bitte alle heute anwesenden Kolleginnen und Kollegen, auf der Heimreise einen weißen Zettel zur Hand zu nehmen und aufzuschreiben, wie sich diese 10 Milliarden Euro im Einzelnen zusammensetzen. Alle Kolleginnen und Kollegen sollten sich fragen, ob sie damals nachvollzogen haben, welche Risikobeurteilungen zu welchen Einzelbewertungen führten und warum die damalige Summe bei 10 Milliarden Euro gelegen hat.

Ich bitte jeden - auf der Nachhausefahrt, nicht jetzt - ehrlich zu sein und die Frage zu beantworten, ob er sich damals nicht darauf verlassen hat, was der Finanzminister, die Bank und die Finanzexperten in der jeweiligen Fraktion gesagt haben. Dann können Sie ermessen, inwieweit sich ein Verwaltungsrat auf die Vorlagen des Vorstandes und auf die Aussagen der zur Prüfung berufenen Beamten verlassen muss und inwieweit er sich selbst damit befassen kann. Hier sind selbstverständlich unterschiedliche Gewichtungen möglich, mit denen unterschiedlich umgegangen werden kann. Ich bitte jedoch - auch bei der eigenen Betrachtung im Spiegel - um ein bisschen Fairness. Haben Sie zu allen Themen, über die wir hier entscheiden, die notwendige Erkenntnistiefe, die eigentlich erforderlich wäre?

(Hubert Aiwanger (FW): Geben Sie uns doch diese Erkenntnistiefe! Warum mauern Sie? Warum wollen Sie die Oppositionsvertreter partout nicht im Verwaltungsrat haben? Arbeitnehmervertreter und Externe sind im Verwaltungsrat, aber wir nicht!)

Sie haben die Möglichkeit, Zwischenfragen zu stellen oder eine Zwischenintervention zu machen.

Ich habe versucht, Ihnen zu sagen, dass die Wahrnehmung dieser Aufgaben - unabhängig davon, welches Parteibuch jemand hat - schwierig ist. Sie wiederholen ständig, das CSUParteibuch sei Voraussetzung für die Mitgliedschaft gewesen. Das stimmt natürlich nicht.

(Hubert Aiwanger (FW): Dr. Naser hat es schnell noch abgelegt!)

- Sie wissen doch ganz genau, dass im Verwaltungsrat professionelle Sparkassenvertreter waren, die kein CSU-Parteibuch hatten. Aus politischen Gründen blenden Sie aus, dass im Verwaltungsrat zwei VollzeitSparkassenleute saßen. Das sind keine CSU-Mitglieder. Sie nennen diese Leute Experten.

(Beifall bei der CSU)

Wo war das Veto dieser Experten? Wir würden nicht hier sitzen, wenn es automatisch funktionieren würde, sobald pro Fraktion ein Experte im Verwaltungsrat sitzen würde. Das ist leider nicht der Fall.

(Hubert Aiwanger (FW): Dann würde aber etwas kritischer gearbeitet!)

Ich bin dafür, dass wir uns zur Regelung dieser Fragen Mechanismen überlegen.

(Hubert Aiwanger (FW): Dafür ist es höchste Zeit!)

Sie machen es sich aber sehr einfach. Sie sagen, wenn ein Experte Ihrer Fraktion im Verwaltungsrat gesessen hätte, wären die Probleme nicht aufgetaucht. Die Hypo Group Alpe Adria wäre dann im letzten Jahr auf wundersame Weise plötzlich zu einem Goldesel geworden. So stellen Sie das dar. Sie wissen, dass das nicht stimmt.

(Hubert Aiwanger (FW): Machen Sie sich nicht lächerlich! Das habe ich nie gesagt! Ich habe gesagt, dass die Kontrolle dann kritischer gewesen wäre!)

- Doch, das haben Sie gesagt. Auch wenn die Kontrolle kritischer gewesen wäre, hätte sich am Ergebnis nichts geändert. Das müssen Sie einräumen.

(Hubert Aiwanger (FW): Das würde ich bezweifeln!)

Herr Kollege Weidenbusch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Pohl?

Geht diese Frage von meiner Zeit ab?

Ja.

Dann nicht.

Leider ist es nicht so einfach, dass alles gut läuft, wenn es ein anderer macht. Sie hätten den Verwaltungsrat zwar kritischer begleiten können, es wäre aber nichts anderes herausgekommen. Heute ist Weihnachten. Da man an Weihnachten Wünsche äußern kann, wünsche ich den kommunalen Spitzenverbänden, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst sind und bei der Auswahl ihrer Vertreter in Gremien das nötige Verantwortungsbewusstsein haben und dabei alles richtig machen, auch in naher Zukunft.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Hubert Aiwan- ger (FW): Meinen Sie Herrn Schaidinger?)

Die Zwischenfrage wurde in eine Zwischenintervention umgewandelt. Bitte, Herr Kollege Pohl.

Herr Kollege Weidenbusch, wir haben Ihren netten Weihnachtsgruß an Herrn OB Schaidinger nach Regensburg vernommen. Ich denke, dass das Parlament und die Regierung etwas anderes sind als der Verwaltungsrat und der Vorstand. Wir haben im Dezember letzten Jahres über die Frage befinden müssen, ob wir der BayernLB 10 Milliarden Euro geben oder sie mit einem Risiko von 100 Milliarden Euro - Zitat Ministerpräsident Seehofer - sterben lassen sollen. Hier erübrigt sich eine Risikobeurteilung.

Niemand kann behaupten, er hätte es anders oder besser gemacht. Aber diejenigen, die in der Verantwortung waren und es schlecht gemacht haben, haben nun einmal diese Verantwortung. Wir wollten damals mit unserem Antrag, den wir heute wiederholen, nur eines bezwecken: Wir wollten deutlich machen, dass wir künftig bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Wir fordern eine Abkehr von dem bisherigen System, das Sie in einer der letzten Sitzungen wie folgt umschrieben haben: Wenn man andere als die Mitglieder der Regierungsfraktionen in diesen Verwaltungsrat reinließe - also Freie Wähler, SPD oder GRÜNE -, würde dadurch das Rating dieser Bank gefährdet. Ich denke, das Rating dieser Bank wurde durch andere Dinge gefährdet.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Bitte, Herr Kollege Weidenbusch.

Herr Kollege Pohl, abgesehen davon, dass ich nicht glaube, dass dieses Zitat korrekt ist, schlage ich vor, dass uns die Bankexperten aller Fraktionen eine Kostprobe ihrer Kenntnisse geben. Sie können an diesem Mikrofon sagen, wie diese 10 Milliarden Euro im letzen Jahr genau kalkuliert wurden.