Protokoll der Sitzung vom 24.02.2010

Meine Damen und Herren, damit will ich es in der Ein führung jetzt belassen. Wir werden bei der Beratung der einzelnen Änderungsanträge deutlich zur Sprache brin

gen, warum wir ändern wollen und wo wir Notwendig keiten für Änderungen sehen.

Kolleginnen und Kollegen, eine Schlussbemerkung möchte ich mir schon noch leisten. Ich weiß, dass Mi nister Söder immer so gerne auf das tolle Trinkwasser von München abhebt. Recht hat er! Herr Minister, Sie müssen aber schon die ganze Geschichte des Münch ner Trinkwassers kennen. Sie wissen es nicht, weil Sie kein Münchner sind, aber Sie sollten es schon wissen, bevor Sie etwas Falsches sagen.

Als sich München vor rund 140 Jahren dafür entschie den hat, die Trinkwassergewinnung auf den Tauben berg zu verlegen, war die erste Maßnahme, den gesamten Grund und Boden da draußen zu enteignen. Das will kein Mensch mehr. Deshalb hat man sich in einem späteren Rechtszug darauf geeinigt, den Men schen, die da draußen das Land bewirtschaften, eine Bezuschussung zu geben. In manchen Fällen geht das. Aber 400 anhängige Verfahren zur Ausweisung von Trinkwasserschutzgebieten, die zum Teil seit 20 Jahren nicht abgeschlossen sind, beweisen, dass Ihr Weg, nämlich der Weg des Handelns, verkehrt ist.

(Zuruf des Abgeordneten Josef Miller (CSU))

Sie müssen auf die Zeit achten.

Herr Miller, Sie sind doch der jenige, der den Landwirten den Boden mit dem entzieht, was er da gerade treibt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ NEN - Widerspruch bei der CSU - Josef Miller (CSU): So ein Schwachsinn!)

Vielen Dank, Herr Kollege. Wir fahren in der Aussprache fort. Als nächster Redner ist Herr Kollege Hanisch gemeldet; dann kommt noch Herr Dr. Fischer für die FDP-Frakti on. Herr Hanisch, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zum Procedere des Gesetzge bungsverfahrens möchte ich nichts mehr sagen, weil dazu schon einiges gesagt worden ist. Wenn man aber ein Gesetz aus dem Boden stampft, weil man verhin dern will, dass das Bundesgesetz in Kraft tritt, führt das dazu, dass selbst die Regierungsparteien noch Ände rungsanträge einbringen müssen. Man hat schon ins gesamt den Eindruck, dass bei diesem Gesetz wirklich schlampig gearbeitet worden ist.

Lassen Sie mich nun auf die Probleme zu sprechen kommen, die wir bei der Trinkwasserversorgung sehen. Meine Damen und Herren, wenn ich daran denke, dass

man im Jahr 2000 in der Europäischen Union einer Li beralisierung des Trinkwassermarktes das Wort gere det hat, haben wir schon gewisse Bedenken, dass man jetzt in dieser Richtung weitermacht. Über Nacht bringt man dieses auf zwei Jahre befristete Wassergesetz.

Noch einige Worte zu dieser Befristung: Wie will man eine Regelung innerhalb von zwei Jahren auf ihre Taug lichkeit hin überprüfen, wenn man in diesen zwei Jahren schon Schwierigkeiten hat, die notwendigen Voraus setzungen zu schaffen? Wenn man nach zwei Jahren ein Änderungsgesetz erlassen kann, braucht man keine Befristung. Welche Erfahrungen kann man denn in zwei Jahren schon sammeln? Nach einem Jahr oder nach eineinhalb Jahren müssen in vielen Bereichen Evaluierungen stattfinden. Da sehen wir Riesenproble me. Es ist unmöglich, innerhalb von zwei Jahren auf das Ausführungsgesetz zu reagieren. Wir sind ge spannt, wie lange es dauern wird, bis die Ausführungs bestimmungen zu diesem Gesetz da sind. Wenn man dann noch die Erfahrungen abwarten muss, wird das Riesenprobleme geben. Den Behörden gibt man für die Wasserrandstreifen eine Übergangsfrist bis zum Jahr 2021, aber nach zwei Jahren will man die Erfahrungen verwerten. Wie soll das denn gehen? Auch das dürfte wohl ein riesengroßes Problem geben.

Meine Damen und Herren, wir sehen die Auswirkungen auf viele kleine Wasserbetriebe. In der Regel sind es die Kommunen, die Schwierigkeiten bekommen wer den und die hohe Entschädigungsforderungen erwar ten können, so wie es bei diesem Gesetz aussieht. Den Preis zahlen letztlich die Bürger, weil die Kommunen diese Belastungen natürlich an die Bürger weitergeben werden. Letztlich steht der Wasserpreis zur Rede. Auf der einen Seite gibt es Steuersenkungen, und auf der anderen Seite muss der Bürger wieder zur Kasse ge beten werden. Das passt einfach nicht zusammen.

Meine Damen und Herren, wir müssen wie die Schieß hunde aufpassen, damit die Privatisierungstendenzen dieses Gesetzes letztlich nicht zu Qualitätseinbußen beim Wasser führen. Insgesamt gesehen sind wir der Auffassung, dass das Gesetz relativ überhastet und schlampig behandelt worden ist. Im federführenden Ausschuss wurde es erst behandelt, nachdem es in an deren Ausschüssen schon Thema war. In der Situation haben manche gesagt, wir können dazu keine Stel lungnahme abgeben, weil vieles hopplahopp über die Bühne gegangen ist. Wir werden trotzdem zustimmen, weil wir verhindern wollen, dass hier plötzlich das Was serhaushaltsgesetz des Bundes in Kraft tritt, das für viele zu Benachteiligungen führen wird. Insgesamt tun wir das aber mit großen Bauchschmerzen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Herr Dr. Fischer, Sie sind der nächste Redner. Dann kommt Herr Staats minister Dr. Söder.

Herr Präsident, sehr ge ehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir arbeiten unter Zeitdruck bei der Beratung des Wassergesetzes, und ja, wir bedauern diesen Zeitdruck, wir hätten uns das anders gewünscht. Es ist aber auch schon klar gesagt worden, wer für diesen Zeitdruck verantwortlich ist, nämlich weder die Koalitionsfraktionen noch die Baye rische Staatsregierung.

(Beifall bei der FDP)

Die Materie ist kompliziert, sie hat große Bedeutung und berührt viele Interessen: den Natur- und Gewäs serschutz, die Wasserversorger, die Kommunen, aber auch die Eigentümer, die Landwirtschaft, die Fischerei und viele Freizeitsportverbände. Diese Interessen gilt es auszugleichen, und zu 95 % ist das geschehen.

Einige Fragen sind auch für uns nach wie vor offen. Für uns geht es um die Frage des Ausgleichs für staatliche Belastungen des Eigentums. Wo beginnt die unzumut bare Beeinträchtigung des Eigentums im Sinne des Wassergesetzes? Welche Beeinträchtigungen lösen staatliche Ausgleichspflichten aus? Sollen diese Aus gleichspflichten auf land- und forstwirtschaftliche Nutz ungen beschränkt bleiben oder auch anderen zugute kommen? - Unser liberales Selbstverständnis verlangt hier von uns eine sorgsame Prüfung. Wir Liberale wol len Eingriffe ins Eigentum nur, wenn sie zwingend nötig sind, und wir wollen sie ausgleichen, soweit dies mög lich ist.

(Beifall bei der FDP)

Es geht aber auch noch um etwas anderes: Es geht um die Frage der Abgrenzung des Gemeingebrauchs. Es geht um Fragen der persönlichen Entfaltungsfreiheit. Wir wollen Beschränkungen hier ebenfalls nur, soweit dies zwingend nötig ist, und keinen Schritt weiter.

(Beifall bei der FDP)

Ich komme nun zu dem, wo ich Sie, verehrte Kollegin nen und Kollegen der Opposition, nicht verstehen kann. Herr Kollege Magerl, Sie beklagen, dass hier überstürzt ein Gesetz durchgepeitscht wird, und kritisieren dann in einem Atemzug, dass wir es in zwei Jahren noch einmal überprüfen wollen. Das ist für mich widersprüchlich.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie im Ausschuss nicht ausgezogen, sondern dageblieben wären, dann wüssten Sie auch, dass es nicht "Sunset-Klausel" heißt, sondern "Außerkrafttre

ten" und dass Ersteres im Sprachgebrauch des Geset zes nicht vorkommt.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Wörner, Sie sehen, manchmal lohnt es sich, sich mit der Materie zu beschäftigen.

(Ludwig Wörner (SPD): Warum steht es dann im Antrag?)

Halt, Herr Dr. Fischer, Herr Dr. Magerl hat sich für eine Zwischenin tervention gemeldet.

Herr Kollege Fischer, nachdem Sie offensichtlich alles gelesen und auswen dig gelernt haben, frage ich Sie: Wie erklären Sie sich, dass auf Drucksache 16/3633 unter der Überschrift "Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt und Gesundheit" - aus dem ich als Vorsit zender übrigens nicht ausgezogen bin - unter Artikel 79 steht: "Inkrafttreten, Sunset-Regelung". Das steht in dem Beschlussvorschlag, den wir heute beschließen sollen. Wie passt das mit Ihrer Rede zusammen?

Bitte, Herr Dr. Fischer.

Erstens habe ich keines falls übersehen, dass Sie als Vorsitzender nicht ausge zogen sind, aber Sie haben sich an den Abstimmungen nicht beteiligt und haben gesagt, das sei so zu werten, als ob Sie nicht anwesend wären.

Zweitens stand das tatsächlich so im Antrag, aber es steht jetzt nicht mehr so im Text.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Das ist Beschlus sempfehlung!)

- Das ist geändert.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Nein!)

Herr Dr. Fischer, ich würde Sie noch einmal ans Pult bitten; denn Ihr Kol lege Thalhammer hat sich an Sie gewandt. Bitte sehr.

Herr Kollege, es heißt immer, Lesen bildet. Ich will die Sache klarstellen und zitiere aus dem Text, den wir heute als Abstimmungs grundlage haben:

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. März 2010 in Kraft.

Nicht mehr, Herr Dr. Magerl.

Außerkrafttreten

Wenn wir hier schon irgendwelche Scheindebatten füh ren, dann setzen wir uns doch bitte wenigstens mit dem Gesetzestext auseinander und lesen, was drinsteht.

(Christine Stahl (GRÜNE): Genau, lesen!)

Stopp, Herr Dr. Fischer. Herr Kollege Dr. Beyer hat sich zu einer Zwischenintervention gemeldet.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Will er nicht erst ant worten?)