Insgesamt stehe ich den Vorschlägen skeptisch gegenüber, da ich von der Notwendigkeit von Neuregelungen nicht überzeugt bin. Trotzdem können Sie im Gesetzgebungsverfahren noch Überzeugungsarbeit leisten. Ich freue mich auf die Debatte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche, es kurz zu machen. Ich werde die vielen Punkte im Telegrammstil anticken.
Zunächst zu Herrn Kollegen Herrmann. Die Klagebefugnis sehe auch ich sehr skeptisch. Ich möchte keine Klagewelle haben. Ich wünsche mir, dass wir in der Diskussion, die wir führen werden, Beispiele dafür aufzeigen, dass Bürgerentscheide nicht umgesetzt oder konterkariert wurden.
Wir befinden uns heute in der Ersten Lesung. Wir von der FDP müssen uns heute noch nicht festlegen. Auch ich bin sehr gespannt auf die Beratungen.
Zur Bindungswirkung hat Kollege Herrmann eben schon ausgeführt, dass drei Jahre - Bayerischer Verfassungsgerichtshof! - zu viel sind. Die Dauer von einem Jahr hat sich bewährt. Über zwei Jahre kann man sicher diskutieren. Aber die politische Notwendigkeit sehe ich da nicht. Dabei denke ich an die moralische Bindungswirkung von Bürgerentscheiden. Der Rat, der betroffen war, wird sich sicher sehr gut überlegen, ob er sich über einen getroffenen Bürgerentscheid hinwegsetzt oder nicht.
Eine Notwendigkeit zu einer Abstimmungsbenachrichtigung sehe ich nicht. Herr Kollege Streibl hat schon dargestellt, wie emotional Bürgerentscheide vor Ort diskutiert werden. Dafür gibt es eine große Öffentlichkeit. Die Gemeinden können ohnehin schon Benachrichtigungen versenden, sodass ich keinen Bedarf zu einer gesetzlichen Regelung sehe.
Noch ein paar Worte zum Zustimmungsquorum. Frau Tausendfreund, immerhin haben es 60 % der Bürgerbegehren geschafft. Man kann es auch andersherum formulieren. Die Statistik wird möglicherweise von aussichtslosen Begehren getrübt, für die man - einigermaßen nachvollziehbar - nicht genügend Unterstützer findet. Es muss Grenzen geben. Da kommt es vor, dass eine Grenze nicht erreicht wird und der Bürgerentscheid scheitert.
Ich denke, die bisherigen Gesetze haben eine gute Grundlage abgegeben, Bürgerentscheide vor Ort durchzuführen. Aber wir gehen jetzt erst einmal in die Diskussion hinein. Wir befinden uns in der Ersten Lesung. Wir haben gemeinsam viele Einzelpunkte zu beraten. Ich freue mich auf die Diskussion mit Ihnen.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Stärkung der direkten Mitwirkungsrechte der Bürgerinnen und Bürger ist auch auf Landesebene ausdrücklich zu begrüßen. Allerdings müssen neue Regelungen echte Verbesserungen bringen, und sie müssen praxistauglich sein. Deshalb ist hier eine differenzierte Betrachtung angezeigt.
Ich beginne mit dem Gesetzentwurf der GRÜNEN. Die Absenkung des Quorums von 10 auf 5 % ist durchaus bedenkenswert. Allerdings muss man einräumen: Messlatte kann nicht sein, dass es jedes Anliegen schafft, sondern es gilt, dass es möglich ist, es zu schaffen. Dass dies machbar ist, hat gerade das jüngste Volksbegehren zum Rauchverbot sehr deutlich gezeigt.
Die Verlängerung der Eintragungsfrist halte ich ebenfalls für grundsätzlich überlegenswert. Vierzehn Tage sind ein kurzer Zeitraum. Ich meine, da ist ein Verbesserungsbedarf durchaus erkennbar.
Kritisch - das sage ich ganz ehrlich - sehe ich die Möglichkeit, Volksbegehren auch auf den Bereich haushaltsrechtlicher Auswirkungen zuzulassen. Da sehe ich die große Gefahr, dass punktuelle Änderungen vorgenommen werden. Der Haushalt hat jedoch ein Gesamtgefüge, das durch eine derartige Änderung vielleicht nicht mehr stimmig ist. Das gilt es zu berücksichtigen. Deshalb verhehle ich hier eine gewisse Skepsis nicht.
Dann einige Anmerkungen zu dem Gesetzentwurf der SPD: Kernelement ist hier das freie Unterschriftensammeln auf Landesebene. Dazu sage ich deutlich: Das halte ich nicht für zielführend. Stellen Sie sich in der Praxis den sozialen Druck vor, der entsteht, wenn der
freundliche Bekannte kommt, dem man etwas nicht abschlagen möchte. Oder denken Sie an den insistierenden, vielleicht etwas lästigen Nachbarn, der sagt: Unterschreiben Sie doch! Ich glaube, es ist nicht der richtige Weg, die Hürde hierfür herabzusetzen. Ich glaube eher, dass es sich hier um einen falschen Weg handelt. Ich meine, es ist wichtig, Volksentscheide zu erleichtern. Aber das freie Unterschriftensammeln kann dafür nicht der richtige Weg sein.
Die Möglichkeit, sich einer Hilfsperson zu bedienen, betrifft Einzelfälle, bei denen man sehr genau prüfen muss, ob es hier irgendwelcher Verbesserungen bedarf.
Alles in allem bedanke ich mich trotzdem sehr herzlich für die Vorschläge und freue mich auf spannende Beratungen in den Ausschüssen.
Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, die Gesetzentwürfe der Fraktion Freie Wähler, Drucksache 16/3678, und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, Drucksache 16/3935, dem Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen.
Die Gesetzentwürfe der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksaache 16/3936 und der SPD-Fraktion auf Drucksache 16/4015 sollen federführend dem Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz überwiesen werden. Besteht damit Einverständnis? - Das ist der Fall. Dann ist das ebenso beschlossen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Stärkung der direkten Demokratie Informationsrechte der Gemeinde-, Kreis- und Bezirksräte (ber. Drs.) (Drs. 16/3930) - Erste Lesung
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
zur Stärkung der direkten Demokratie Geschäftsgang der vorberatenden Ausschüsse (ber. Drs.) (Drs. 16/3932) - Erste Lesung
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Stärkung der direkten Demokratie Bildung und Besetzung kommunaler Ausschüsse (ber. Drs.) (Drs. 16/3933) - Erste Lesung
Die Gesetzentwürfe werden vonseiten der Antragsteller begründet. Für die Begründung stehen je Gesetzentwurf fünf Minuten zur Verfügung. Als Erster darf ich Frau Kollegin Tausendfreund das Wort erteilen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben drei Gesetzentwürfe vorgelegt. Darin geht es uns um die Stärkung der Mitwirkungsrechte der kommunalen Mandatsträgerinnen und -träger, also der gewählten Vertreter in den Gemeinderäten, den Stadträten und Kreistagen.
In dem ersten Gesetzentwurf geht es um individuelle Ansprüche. Bei dem individuellen Auskunftsanspruch geht es darum, die Kommunalverfassungen anzugleichen. Denn einen Auskunftsanspruch gibt es bereits, aber er steht nicht in allen betreffenden Gesetzen.
Zweitens ist das individuelle Akteneinsichtsrecht zu nennen. Dieses gibt es bisher noch nicht. Die Akteneinsicht wird unterschiedlich gehandhabt. Es gibt jedoch keinen Anspruch eines Gemeinde- oder Stadtrats, wichtige Unterlagen einzusehen, die er zur Vorbereitung von Sitzungen oder eigener Initiativen braucht. Zu den Unterlagen gehören auch Verträge, die eine Gemeinde geschlossen hat.
Es ist klar, dass das Einsichtsrecht auf den eigenen Wirkungskreis zu begrenzen ist. Aber diesen Anspruch auf Akteneinsicht gibt es bislang nicht. Es kommen durchaus sehr viele Fälle vor, wo einzelnen Gemeinderatsmitgliedern die Einsicht in Unterlagen verwehrt wird. Es wird immer gesagt, der Gemeinderat habe als Kollegialeinrichtung insgesamt dieses Recht und beschließe dann mit Mehrheit. Aber ich denke, auch ein einzelner Gemeinderat muss ein eigenes Recht haben, um sich auf eine Aufgabe vorbereiten und sachgerechte Entscheidungen treffen zu können.
Im dritten Punkt dieses ersten Gesetzentwurfs geht es um die ausreichenden Unterlagen. Es ist leider in manchen Gemeinden immer noch gang und gäbe, dass es
nur Tischvorlagen oder auch nur mündliche Sachvorträge gibt, sodass die Gemeinderats- und Kreistagsmitglieder sich nicht vernünftig vorbereiten konnten.
Beim zweiten Gesetzentwurf geht es darum, dass die vorberatenden Ausschüsse den abschließend beratenden Ausschüssen gleichgestellt werden. Dabei geht es insbesondere darum, dass auch für diese Ausschüsse das Öffentlichkeitsprinzip gilt, das ein Kernthema in den Kommunalverfassungen ist. Jetzt können vorberatende Ausschüsse generell nicht öffentlich tagen. Die eigentliche Diskussion findet aber dort statt. Wenn abschließend im Hauptgremium entschieden wird, findet oft gar keine richtige Diskussion mehr statt. Daher ist für die Bevölkerung nicht nachvollziehbar, wie die Entscheidungen vorbereitet wurden, wie sie zustande gekommen sind und wer sich wie wozu geäußert hat.
Beim dritten Gesetzentwurf geht es darum, dass wir auch auf der kommunalen Ebene, was die Ausschussbesetzung anbelangt, von dem Verfahren nach d’Hondt wegkommen. Das Verfahren nach d’Hondt hat sich als nicht geeignet erwiesen, in den Ausschüssen wirklich Spiegelbildlichkeit herzustellen. In vielen Bereichen sind wir zunehmend von d’Hondt weggekommen. Das gilt auch für die Besetzung der Landtagsausschüsse. Von drei Fraktionen liegen Gesetzentwürfe vor, die vorsehen, auch für die Wahlen auf kommunaler Ebene beim Auszählen des Wahlergebnisses vom d’hondtschen Verfahren wegzukommen. Deshalb wollen wir dieses Verfahren, das die kleineren Parteien grob benachteiligt, auf kommunaler Ebene ausschließen.
Was dann jeweils die Gemeinde macht, ob sie nach Sainte-Laguë/Schepers oder nach Hare-Niemeyer verteilt oder ein optimiertes anderes Verfahren anwendet, ist vor Ort zu entscheiden.
Die gröbsten Verzerrungen sind ja bereits vom Verwaltungsgerichtshof in den wegweisenden Entscheidungen aus dem Jahr 2004 ausgeschlossen worden, wobei der Grundsatz der Überaufrundung und der Unterrepräsentation aufgestellt worden ist, sodass eben bei einer Partei nicht überaufgerundet werden darf, wenn gleichzeitig eine andere Partei dadurch in den Ausschüssen unterrepräsentiert ist. Der sauberste Weg ist also, bei der Verteilung der Ausschusssitze ganz von d’Hondt wegzukommen.
So viel in kurzen Worten zu unseren drei Gesetzentwürfen. Ich hoffe, dass sie auf Zustimmung treffen. Möglicherweise läuft das wie bei den letzten Gesetzentwürfen, aber ich hoffe, dass Sie sich ernsthaft damit auseinandersetzen und dass wir im Sinne der kommunalen Demokratie zu positiven Ergebnissen kommen.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Ich eröffne die allgemeine Aussprache. 5 Minuten je Fraktion. Als Erstem darf ich Kollegen Dr. Herrmann das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Gesetzentwürfe der GRÜNEN sehen, wie eben gehört, verschiedene Änderungen in der Gemeindeordnung, in der Landkreisordnung und in der Bezirksordnung vor. Die Entwürfe sind nicht neu, weil sie schon in der 14. Legislaturperiode zum Teil gleichlautend eingebracht worden sind. Wir müssen nur sehen, ob sich seither Neuerungen ergeben haben.
Um es gleich vorweg zu sagen: Auch die Regierungsfraktionen werden in der nächsten Zeit einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem einige Bestimmungen, die das kommunale Wahlrecht betreffen, als Reaktion auf die Erfahrungen der letzten Kommunalwahl geändert werden sollen. Auch dabei steht natürlich die Stärkung der kommunalen Demokratie im Vordergrund. Es wäre daher wünschenswert, wenn die Entwürfe der GRÜNEN in diesem inhaltlichen Zusammenhang in den Ausschüssen diskutiert würden. Ich würde es bedauern, wenn die vorgelegten Entwürfe einseitig durchgepeitscht würden, statt sie im Zusammenhang mit unseren Vorschlägen zu beraten.
Was die Inhalte der Entwürfe betrifft, möchte ich folgende Überlegung vor die Klammer ziehen: Müssen wir als Landesgesetzgeber in den von den Entwürfen aufgegriffenen Fragen wirklich tätig werden oder ist nicht gesetzgeberische Zurückhaltung geboten, wenn es um die inneren Angelegenheiten, um die organisatorischen inneren Fragen der Kommunen, mithin um den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung geht? Gehören die Punkte, die Sie ansprechen, in ein Landesgesetz oder nicht eher in die Geschäftsordnung der Gemeinderäte sowie der Kreis- und Bezirkstage? Diese Gremien sollten wir nämlich nicht bevormunden. Diese Überlegungen sollten auch bei der Beratung in den Ausschüssen im Vordergrund stehen.
Zu den Entwürfen selbst in aller Kürze folgende Anmerkungen: Soweit es um die Schaffung eines individuellen Auskunftsanspruches und eines individuellen Akteneinsichtsanspruches von Gemeinde-, Kreis- und Bezirksräten gegenüber den jeweiligen Verwaltungen geht, werden wir uns das genau überlegen müssen. Aus der eigenen praktischen Erfahrung als Fraktionsvorsitzender einer Kreistagsfraktion kann ich sagen: Ich hatte bisher nie das Problem, gewünschte Unterlagen oder Auskünfte verweigert zu bekommen, obwohl unsere Fraktion keine Mehrheit im Kreistag hat. Der In