Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Streibl, Sie behaupten, das Markenzeichen der Freien Wähler sei ihre Unabhängigkeit. Gestatten Sie mir, dass ich dies anzweifle. Das Markenzeichen der Freien Wähler ist ihre Unerkenntlichkeit und ihre Orientierungslosigkeit.
Davon haben wir uns in vielen Abstimmungen überzeugen können. Der von Ihnen eingereichte Dringlichkeitsantrag kann nur von einer Gruppierung eingebracht werden, die sich zwar nicht als Partei definiert, jedoch mehr fordert als die Fraktionen von Parteien. Wenn es darum geht, die Ausstattungen der Fraktionen untereinander zu verteilen, legen Sie die gleichen Verhaltensweisen wie diese an den Tag.
Ein solcher Antrag kann nur von einer Gruppierung eingebracht werden, die die Rolle der Parteien in dieser Demokratie entweder nicht verstanden hat oder nicht akzeptieren will. Ich möchte daran erinnern, dass die Parteien unter der Geltung des Grundgesetzes eine andere Rolle einnehmen, als es in anderen Ländern der Fall ist oder früher in Deutschland der Fall war.
Ich habe keinen Grund, Skandale, die es wegen Parteispenden immer wieder gegeben hat, gutzuheißen oder schönzureden. Die SPD ist von Spendenaffären in der Regel nicht betroffen gewesen. Im Regelfall waren immer die anderen Parteien betroffen. Ich erinnere an die Flick-Affäre. Ich erinnere an die hessische Spendenaffäre. Ich erinnere an den Fall Möllemann. Ich erinnere an die Kohl-Affäre. Ich könnte noch an viele weitere Affären erinnern. Sie müssen lange nachdenken, um eine Affäre zu finden, die Sie mit der SPD und irgendwelchen Spenden verbinden. Diese Affären werden Sie nicht finden.
Meine Damen und Herren, weil das so ist, möchte ich Folgendes richtigstellen. Die Parteienfinanzierung in Deutschland folgt den klaren Regeln des Parteiengesetzes. Dem Transparenzgebot wird genau Rechnung getragen. Demnach finanzieren sich Parteien aus Mit
Ich möchte Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Wir haben das scharfe Parteiengesetz eingeführt, weil es vor allem bei der SPD in den Ortsverbänden zu Saldierungen gekommen ist, die zu erheblichen Schwierigkeiten geführt haben. Dies nur zur Erinnerung. In Deutschland haben wir Parteien mit Tradition -
Daran kann ich mich nicht erinnern, da es die Vorgänge in der von Ihnen beschriebenen Form nicht gegeben hat.
Den Gründen für die Verschärfung der Regeln über die Parteienfinanzierung liegen Ereignisse zugrunde, die im Umfeld Ihrer Partei aufgetreten sind.
Wir haben die höchstmögliche Transparenz. Die Parteien haben im Gegensatz zu den Gruppierungen der Freien Wähler über die Herkunft ihrer Finanzen detailliert Auskunft zu geben. Sie sind verpflichtet, Spendenund Mitgliedsbeiträge ab einer bestimmten Höhe in ihren Rechenschaftsberichten anzugeben. Zudem gibt es Publikationspflichten. Meine Damen und Herren, bei korrekter Ausführung ist die Parteienfinanzierung in Deutschland äußerst transparent und ein Vorbild für andere Länder.
Die Regelungen für die Parteienfinanzierung folgen mehreren Prinzipien, Herr Kollege Streibl. Die Abhängigkeit von Parteien von externen Großspendern soll reduziert werden. Dafür gibt es konkrete Regelungen. Auch eine finanzielle Abhängigkeit von dem Wohlwollen der jeweiligen Regierung soll vermieden werden. Die staatlichen Mittel, die an Parteien fließen, dürfen maximal so hoch sein wie die Einnahmen einer Partei aus anderen Quellen. Dies hat gute Gründe. Die Parteien sollen ihre Wurzeln und ihre finanziellen Ressourcen aus der Gesellschaft beziehen. Wir wollen keine überwiegend staatlich finanzierten Parteien und keine staatlich finanzierten Wählergruppen. Die Parteien sollten sich im gesellschaftlichen Raum bewegen und nicht vom Staat alimentiert werden.
Nun möchte ich mich konkret zu Ihrem Antrag äußern. Was beabsichtigen Sie mit folgender Aussage in der Begründung zu Ihrem Dringlichkeitsantrag: "Aufgrund des Finanzbedarfs der Parteien besteht jedoch auch stets die Gefahr illegitimer Einflussnahme auf das politische Geschehen."? Die Bedeutung dieses Satzes sollten Sie mir erklären. Diese Formulierung ist sehr gewagt.
"Parteien sind aber Vereinigungen von Bürgern und nicht von Organisationen; die Parteien sind gehalten, Politik für den Bürger und nicht für Organisationen zu machen."
Was wollen Sie denn damit sagen? Kann es sein, Herr Streibl, dass Sie hierbei nicht bedacht haben, dass sich Bürgerinnen und Bürger gelegentlich in Organisationen vereinigen? Die einen sind Mitglied einer Gewerkschaft, andere sind Mitglied einer Kirche, wieder andere sind Mitglied im ADAC. Organisationen bestehen regelmäßig aus Personen. Deswegen ist es nicht illegitim, wenn eine Partei sagt, sie vertrete in einer bestimmten Frage auch die Interessen einer Organisation, weil sie diese Interessen für richtig hält.
Ich halte es zum Beispiel nicht für illegitim, wenn die CSU ausdrücklich sagt, sie vertrete in dieser oder jener Frage die Interessen des Bayerischen Bauernverbandes. Genauso wenig ist es illegitim, wenn die SPD sagt, in dieser oder jener Frage vertrete sie die Interessen des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Ja, es ist noch nicht einmal illegitim, wenn die FDP in der Frage der Mehrwertsteuersenkung sagt, sie vertrete die Interessen von Hoteliers.
So etwas ist nicht illegitim. Es gibt Sanktionsmöglichkeiten für den Fall, dass es zu unerwünschten Ergebnissen führt. Die Sanktionsmöglichkeiten gibt es aber nicht über die Parteienfinanzierung, sondern letztlich über den Wähler bei der nächsten Wahl.
Sie mahnen auch an, Sponsoring sollte so wie Spenden behandelt werden. Aber da bitte ich doch, ein bisschen zu differenzieren. Man wird zwischen dem Sponsoring in Richtung Parteien und Sponsoring gegenüber Amtsträgern differenzieren müssen. Es ist schon ein Unterschied, ob jemand einen Infostand bei der Landesversammlung einer Partei unterhält oder ob jemand zum Beispiel einen Empfang des Ministerpräsidenten sponsert. Da wird man doch wohl differenzieren müssen. Aber das machen Sie in Ihrem Antrag nicht. Auch deswegen können wir diesem Antrag, wenngleich er in einzelnen Punkten - wenn es um die Begrenzung der
Höchstbeträge bei Spenden oder um die Frage der Publikationspflicht und darum geht, ab welchem Betrag man ansetzen sollte - etwas für sich hat, leider nicht zustimmen. Insgesamt weist der Antrag aber eine populistische Richtung auf und ist im Einzelnen nicht durchdacht.
Kollege Bauer, wollen Sie eine Zwischenfrage stellen oder eine Zwischenbemerkung machen? - Herr Schindler, würden Sie bitte noch einmal ans Pult gehen? Zu einer Zwischenbemerkung hat Herr Kollege Prof. Bauer das Wort.
(Vom Red- ner nicht autorisiert) Herr Kollege Schindler, ich bin von Ihren Ausführungen sehr überrascht. Sie haben hier den Eindruck erweckt, als könnten die Freien Wähler massiv Geld verstecken. Dies weise ich mit aller Entschiedenheit zurück. Wir sind ein eingetragener Verein. Herr Schindler, Sie wissen ganz genau, dass die Gelder, die in die Vereinskasse kommen, offengelegt werden müssen.
Hier bitte ich Sie, genau zu differenzieren und Ihren juristischen Sachverstand walten zu lassen. In der Öffentlichkeit darf nicht der Eindruck entstehen, wir könnten Gelder verstecken.
Sehr geehrter Herr Professor Bauer, ich stimme Ihnen weitgehend zu. Ich hätte das nicht gesagt, wenn nicht Ihre Fraktion, insbesondere Herr Streibl, hier unterschwellig den Eindruck erweckt hätte, als wäre bei den Parteien alles skandalträchtig und würde ständig Geld hin und her geschoben. Wenn dieser Eindruck nicht erweckt worden wäre, hätte ich nicht entsprechend reagiert. Ich habe im Übrigen kein Wort zurückzunehmen.
Kolleginnen und Kollegen! Wir GRÜNEN sind durchaus der Meinung, dass es Verbesserungsbedarf gibt. Was das Parteiengesetz und das Sponsoring angeht, ist die Transparenz zu verbessern. Im Bundestag haben wir eine entsprechende Initiative gestartet. Frau Guttenberger hat darauf hingewiesen.
Als Grundlage für unsere Reformbestrebungen nehmen wir den Greco-Bericht des Europarats aus dem letzten Jahr, hier speziell bezüglich der Parteienfinanzierung in Deutschland. In dem Bericht ist in Zusam
menarbeit mit Transparency International und Transparency Deutschland aufgezeigt worden, dass wir bei den Transparenzregeln durchaus noch etwas verbessern können.
Gleichwohl ist es so: Die Tatbestände, über die wir diskutieren und über die wir uns auch empört haben, sind nur deswegen in die Öffentlichkeit gekommen, weil es hier die Verpflichtung zur Veröffentlichung gibt und die Einnahmen ausgewiesen werden müssen. Damit ist nachweisbar, welche Spende welcher Partei in welchem Zeitraum zugegangen ist.
Unsere Vorstellungen gehen dahin, dass es eine jährliche Obergrenze von 100.000 Euro geben muss. Jedoch wollen wir nicht, dass Spenden juristischer Personen - sprich: von Unternehmen - per se verboten sind. Denn dann würde sich der Spender einen Umweg überlegen. Ob die Firma Mövenpick oder Herr Baron von Finck spendet, ist im Ergebnis gleich; nur der Name ist anders. So kommen wir nicht zu einer erhöhten Transparenz und einer besseren Situation. Des Weiteren sollten Parteispenden im Rechenschaftsbericht durchaus schon bei einer geringeren Höhe ausgewiesen werden. Auch die Anzeigepflicht beim Bundestagspräsidenten, die jetzt bei 50.000 Euro liegt, kann man durchaus herabsetzen, zum Beispiel auf 25.000 Euro. Das wäre eine sinnvolle Maßnahme.
Die Wahlkampfkosten zeitnah nach dem Wahlkampf zu veröffentlichen trägt ebenfalls zur erhöhten Transparenz bei, ebenso, dass Kapitalgesellschaften ihre Spenden im Geschäftsbericht veröffentlichen müssen.
Wir können Ihrem Antrag, Kolleginnen und Kollegen der Freien Wähler, nur in einigen Punkten zustimmen. Den ersten Punkt müssen wir ablehnen, da Sie damit Spenden juristischer Personen verbieten wollen. Ich habe schon gesagt, dass das keinen Sinn macht, da sich Spenden dann auch einen Umweg suchen können.
Den zweiten Punkt des Antrags, die Begrenzung auf einen Höchstbetrag von 50.000 Euro, halte ich für mehr oder weniger willkürlich.
Was die Publizitätspflicht und die Sponsorenzuwendungen angeht, sind wir mit Ihnen der Meinung, dass alles ausgewiesen werden muss.
Wir begrüßen, dass Sie selber fordern, Wählergruppen mit Parteien gleichzustellen. In der Tat können Wählergruppen schon jetzt Quittungen für Spenden ausstellen, sie sind aber nicht den gleichen Transparenzregeln unterworfen. Sie müssen nicht ausweisen, dass sie gesetzlich korrekt mit den Spenden umgehen. Deswegen begrüßen wir Ihre Forderung nach Gleichstellung. Sie sollten da aber den Mund nicht zu voll nehmen, da Sie selbst nicht den Transparenzregeln unterworfen sind,
die für die Parteien gelten. Es ist also erfreulich, dass Sie da eine Änderung anstreben. In dem Punkt haben Sie unsere Unterstützung.
Wir haben punktweise Abstimmung beantragt. Dadurch können wir einigen Punkten Ihres Antrags zustimmen. Dem Gesamtantrag können wir jedoch nicht zustimmen.
Wie Sie, Frau Bause, es gerade gesagt haben, weise ich allgemein noch einmal darauf hin, dass auf Antrag der FW-Fraktion gemäß § 125 der Geschäftsordnung über alle Punkte einzeln abgestimmt werden soll.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe heute einen Antrag der Freien Wähler zu einem Gesetzentwurf gelobt. Umso deutlicher möchte ich jetzt sagen, dass dieser Antrag völlig verfehlt ist.