Protokoll der Sitzung vom 11.03.2010

Nächste Rednerin ist Frau Stachowitz. Ihr folgt Herr Kollege Meyer. Frau Kollegin, bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die GRÜNEN haben mit ihrem Gesetzentwurf deutlich gemacht, dass hier eine Gesetzeslücke geschlossen werden muss. Auch Herr Seidenath hat die Notwendigkeit dargestellt. Wir von der SPD vertreten die Auffassung: Es ist richtig, die Angelegenheit, wie es auch vom Hauptpersonalrat im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport gefordert wird, im Beamtengesetz zu regeln. Die Fachwelt sagt in ihren Kommentaren ganz klar, ein Gesetz auf Landesebene, das auf die Bundesebene verweist, ist nicht unbedingt das Richtige. Von daher werden wir von der SPD eine Initiative in die Diskussion über das Beamtengesetz bei dem vorher von Herrn Seidenath genannten Paragrafen einbringen, die darauf gerichtet ist, dass klargestellt wird, dass die Diskriminierung über Gendiagnostik in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen in Bayern nicht stattfindet.

Wir wollen nicht, dass es so geregelt wird wie auf Bundesebene. Da können nämlich über eine Verordnung immer wieder Einschränkungen vorgenommen werden. Wir wollen, wie vom Hauptpersonalrat in Hessen, Sachsen und Hamburg gefordert, ausschließen, dass Gendiagnostik stattfinden kann und dass dadurch Einfluss auf Arbeitsverhältnisse genommen wird.

Von daher werden auch wir in der betreffenden Ausschusssitzung einen Vorschlag unterbreiten und hoffen auf Unterstützung. Ich denke, die GRÜNEN haben letztlich das gleiche Ziel, und einen Anstoß hat es nicht nur in Bayern gegeben, sondern das Thema wird bundesweit diskutiert, seit das Bundesgesetz in Kraft getreten ist. Die Gesetzeslücke zu schließen, ist richtig; es sollte aber bitte umfassend geschehen. Wir werden das Thema im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes auch anhand einer Initiative der SPD diskutieren.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist Herr Kollege Meyer.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Gesetzeslücke wird nicht so meilenweit groß sein. In der Zielsetzung sind wir uns alle einig. Im privatrechtlichen Arbeitsleben darf es die Gendiagnostik nicht geben. Das Gendiagnostikgesetz enthält auch arbeitsrechtliche Benachteiligungsverbote. Diese Verbote sind fast noch wichtiger. Die Gesetzeslücke ist vorhanden. Deswegen sind auch wir der Meinung, dass für die bayerischen Beamtinnen und Beamten eine entsprechende Regelung zu gelten hat. Darüber, ob sie direkt im Beamtengesetz oder in einem eigenen Gesetz verankert wird, werden wir im Ausschuss gründlich oder auch nur kurz diskutieren. Die Zielsetzung unterstützen wir. Aus einem Wettstreit über Formfragen, welcher Antrag falsch oder richtig sei, halte ich mich heraus. Diesen Streit brauchen wir nicht.

Vielleicht brauchen wir überhaupt keine Regelung, weil der Dienstherr direkt an die Grundrechte gebunden ist und eine Gendiagnostik von Beamtinnen und Beamten gar nicht verlangen darf. Das Gendiagnostikgesetz ist ein Ausfluss des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Der Dienstherr steht allerdings in einem direkten Rechtsverhältnis zu den Beamtinnen und Beamten und ist in diesem Rahmen auch an die Grundrechte gebunden. Wir stimmen aber einer entsprechenden Regelung zu. Ich freue mich schon auf die Diskussion im Ausschuss.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Die letzte Wortmeldung im Rahmen der Aussprache, die mir vorliegt, kommt von Herrn Dr. Barfuß.

Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Uns allen liegen genetische Diskriminierungen fern. Deswegen bedanke ich mich für die große Einigkeit über das Ziel. Die Wege dahin sind unterschiedlich. Wir werden ihn so gehen, wie es der Kollege Seidenath gesagt hat. Wir können diese Regelung elegant im neuen Dienstrecht unterbringen. Es genügt, wenn ich Ihnen ankündige, dass wir die Regelung dort unterbringen werden. Jetzt wünsche ich einen guten Appetit. Das war es schon.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Barfuß, ein paar Aufgaben haben wir vor der Mittagspause noch zu erledigen.

Erstens schließe ich damit die Aussprache zu diesem Gesetzentwurf. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Das ist der Fall. Dann ist es so beschlossen.

Ich rufe noch Tagesordnungspunkt 11 auf:

Abstimmung über eine Verfassungsstreitigkeit und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. a. Anlage 1)

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(S. a. Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Außerhalb der Tagesordnung darf ich bekanntgeben, dass gemäß § 26 Absatz 2 der Geschäftsordnung die FDP-Fraktion ab sofort Herrn Kollegen Thomas Dechant als neues Mitglied des Ausschusses für Bundesund Europaangelegenheiten benennt. Er tritt dort an die Stelle von Frau Kollegin Dr. Bulfon. Ich bitte um Kenntnisnahme.

Damit haben wir das erledigt. Jetzt unterbreche ich die Sitzung bis 13.30 Uhr für eine kurze Mittagspause.

(Mittagspause von 12.45 bis 13.34 Uhr)

Meine Damen und Herren, wir führen jetzt die Sitzung im Anschluss an die Mittagspause fort.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Florian Streibl u. a. und Fraktion (FW) Änderung des Parteiengesetzes (Drs. 16/4100)

Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner: Herr Kollege Streibl. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beraten jetzt ein Thema, das sozusagen ein Markenzeichen der Freien Wähler ist: die Unabhängigkeit. Mit Parteispenden haben die meisten Bürgerinnen und Bürger ein Problem. Parteispenden, Sponsoring, Nordrhein-Westfalen - ein Basar der Politik. Man könnte auch sagen "Rent a Ministerpräsident". Das alles hat eine gewisse Anrüchigkeit, deshalb muss mehr Transparenz geschaffen werden. Wenn sich ein Großspender aus der Hotellerie scheinbar eine Steuerermäßigung erkaufen kann, dann kann das nicht im Sinne des Gesetzgebers und der Bevölkerung sein. Es stellt sich die Frage: Benötigen Parteien Geld? - Das trifft wohl zu. Aber woher soll es kommen? Die nächste Frage ist: Benötigt man für die politische Willensbildung Geld? Ist sie von Geldflüssen abhängig? - Letztlich sind es doch die Bürger, die die Politiker in die Parlamente wählen. Deshalb müssen es auch die Bürger sein, die die Parteien finanzieren. Ein altes Sprichwort sagt: Wer zahlt, schafft an. - In einer Demokratie kann es doch eigentlich nur der einzelne Bürger sein, der anschafft.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Organisationen, Firmen oder Verbände dürfen nicht Einfluss auf die Politik nehmen, sie dürfen nicht diesen Anschein oder auch nur ein bestimmtes Bedürfnis erwecken. Die Organisationen dürfen durch ihre Finanzkraft nicht Einfluss auf die Politik, auf die Entscheidungen, nehmen. Sie dürfen nicht mehr Einfluss nehmen, als das den einzelnen Bürgern möglich ist. Wir haben deshalb den vorliegenden Dringlichkeitsantrag gestellt, der Parteispenden auf natürliche Personen begrenzt. Juristische Personen und Personenvereinigungen dürfen danach keine Spenden mehr machen. Natürliche Personen dürfen Parteispenden nur noch bis zu einer Höhe von 50.000 Euro jährlich geben, damit finanzkräftige Familien keine höheren Beträge spenden können.

Auch das Sponsoring muss offengelegt werden. Mehr Transparenz muss auch in der Frage sein, wie Spenden behandelt werden. Damit man uns nicht vorwerfen kann, die Freien Wähler würden sich als Wählergruppe in dieser Frage leichter tun, haben wir gesagt, Wählergruppen und Parteien müssen gleich behandelt werden. Wir wollen also kein Privileg für uns erreichen.

Wir können auch dem Beispiel der Grande Nation Frankreich folgen: Seit 1995 ist es dort Firmen und juristischen Personen verboten, Parteispenden zu geben. Das wirkt sich auf die Glaubwürdigkeit der Politik aus. Wenn man sagt, nur der Bürger kann eine Partei fördern und auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen, dann hat das Auswirkungen. Letzten Endes müssen die Parteien schließlich Politik für den Bürger machen und nicht Politik für die Organisationen

oder für Wirtschaftsverbände. Man kann das Vertrauen in die Politik stärken, wenn dargelegt wird, woher das Geld kommt, und wenn man sich bescheidener gibt. Den Anschein jeglicher Käuflichkeit sollte man tunlichst vermeiden. Leider gibt es dieses Bild in der Bevölkerung, wahrscheinlich in vielen Fällen noch nicht einmal zu Unrecht. Diesem Denken muss man eine Politik der Glaubwürdigkeit entgegenstellen.

Der politische Erfolg, meine Damen und Herren, darf nicht von der Finanzkraft abhängen, der politische Erfolg muss von der Vernünftigkeit der politischen Argumente abhängig sein, von der Glaubwürdigkeit der Personen, die diese Argumente vortragen. Das heißt Politik. So muss unabhängige Politik sein, eine Politik, wie wir als Freie Wähler sie vertreten.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Nächste Wortmeldung für die CSU-Fraktion: Frau Kollegin Guttenberger. Bitte sehr.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Parteien nehmen in der Demokratie eine wichtige Funktion wahr. Sie tragen zur politischen Willensbildung bei und bilden damit die wichtige Säule der politischen Verfasstheit in einem demokratischen Staatssystem. Politische Willensbildung erfolgt dadurch, dass das Volk Kandidaten einzelner Parteien wählt. Besondere Verfassungsregelungen, beispielsweise das Parteienprivileg, garantieren, dass sich Parteien entsprechend ihrer Aufgabe in unserem Staatssystem, in unserer Demokratie verhalten. Für die Parteienfinanzierung ist grundsätzlich die Bundestagsverwaltungsamt zuständig. Bisher war es üblich, dass Änderungen durch fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe erfolgten, und zwar meist unter Hinzuziehung von Kommissionen mit Experten, die fraktionsübergreifend besetzt worden waren.

Mit diesem Antrag der Freien Wähler soll der Eindruck erweckt werden, wir hätten derzeit bei den Parteispenden keine Transparenz.

(Alexander König (CSU): Bei den Freien Wählern gibt es keine Transparenz!)

Es soll der Eindruck erweckt werden, hier würde irgendwie gemauschelt. Heute ist Glaubwürdigkeit das aktuelle Thema. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das zugute halten muss, jedenfalls begreifen sich die Freien Wähler nicht als Partei. Die Freien Wähler fallen also nicht unter die Regelung für die Parteienfinanzierung. Sie fallen auch nicht unter die Veröffentlichungspflicht.

(Alexander König (CSU): Wie viel haben die Freien Wähler denn bei der letzten Landtagswahl bekommen? Haben Sie Nachweise?)

Sie wissen deshalb offensichtlich nicht, dass die Herkunft der Million, die immer wieder durch die Presse geistert, bei allen Parteien offengelegt werden muss. Eine Parteispende muss offengelegt werden, sofern sie eine bestimmte Summe übersteigt. So viel zum Thema Glaubwürdigkeit.

Vielleicht wissen Sie nicht, wie transparent dieses Gesetz ist, weil es für Sie nie zur Anwendung kam. Sie vermitteln den Eindruck, als führte eine Stückelung der Spenden zu mehr Transparenz. Jeder weiß, dass die Stückelung von Spenden in diesem Fall auch nicht verboten wäre. Sie erwecken den Eindruck, dass die Aufführung juristischer Personen als Spender ganz und gar unzulässig sei.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind der festen Überzeugung, dass die Transparenz dann größer ist, wenn im Rechenschaftsbericht der Name der juristischen Person und nicht der Name des Inhabers oder der Name eines Dritten aufgeführt ist. Wir sind der Ansicht, dass es sich um ein sehr transparentes Gesetz handelt und wir mit diesem Gesetz bisher in hervorragender Weise gefahren sind.

Ich sehe jedoch auch, dass sich die Art des Sponsorings in den letzten Jahren wesentlich verändert hat. Nach meiner Kenntnis haben die GRÜNEN im Bundestag eine Initiative gestartet, die der Bundestag jedoch noch in keiner Weise beraten hat.

Wir sympathisieren jedenfalls mit einem SponsoringTransparenz-Gesetz, da wir offenlegen wollen, welche Gelder eine Partei für ihre Arbeit erhält. Im Gegenzug interessiert uns jedoch ebenfalls, welche Mittel eine Universität vonseiten Dritter erhält. Was bekommt ein Fernsehsender? Was bekommen bestimmte Medien? Was bekommen Naturschutzverbände? Was bekommt der Bund der Steuerzahler? Mir fallen in diesem Zusammenhang viele Punkte ein. Wir fordern ein Transparenzgesetz, das speziell das Sponsoring umfasst. Ansonsten sehen wir keinerlei Veranlassung, das Parteiengesetz in irgendeiner Weise in Misskredit zu bringen. Das Parteiengesetz hat viel Transparenz geschaffen. Mit dem Parteiengesetz ist eine von allen Parteien im Deutschen Bundestag getragene Lösung auf den Weg gebracht worden.

Ich habe immer wieder vernommen, dass eine skandalträchtige Diskussion ausgelöst worden sei. Skandal impliziert die Auslösung einer Empörung oder Entrüstung im Sinne eines moralischen Gefühls.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mich befremdet es, dass Sie einerseits nicht unter das Parteiengesetz fallen und somit nichts offenlegen müssen, andererseits über die Offenlegungen empört sind. Wir werden diesem Dringlichkeitsantrag aus den genannten Gründen nicht zustimmen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Als nächster hat das Wort Herr Kollege Schindler von der SPD.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Streibl, Sie behaupten, das Markenzeichen der Freien Wähler sei ihre Unabhängigkeit. Gestatten Sie mir, dass ich dies anzweifle. Das Markenzeichen der Freien Wähler ist ihre Unerkenntlichkeit und ihre Orientierungslosigkeit.