Dankenswerterweise haben Sie den Satz "In der Ruhe liegt die Kraft" zitiert. Ihre Ruhe kann ich erkennen. Können Sie uns darüber hinaus erläutern, wo in diesem Zusammenhang Ihre Kraft liegt?
Herr Kollege Muthmann, wir lassen uns nicht aus der Ruhe bringen. Sie wissen, dass wir uns in vielen Punkten einig sind und verantwortungsvoll mit diesem Thema umgehen werden. Deswegen vertraue ich unserem Wirtschaftsminister. Er wird dies verantwortungsvoll mit unseren Regierungsbehörden durchführen. Ich beantrage die Ablehnung dieses Antrags.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wo die Kraft des Herrn Kollegen Stöttner geblieben ist. Das Ganze war kraftlos, saftlos, aber wenigstens humorvoll. Ich würde gerne einen anderen Satz dagegenstellen: Besser aussetzen als aussitzen. Damit kündige ich gleich die Zustimmung zu diesem Antrag seitens unserer Fraktion an. Die letzte Fortschreibung des LEP war im Jahr 2006. In Bezug auf das Einzelhandelsziel hat es keine Einigung gegeben. Die Teilfortschreibung wurde für das Jahr 2007 angekündigt. Nun vernehme ich mit großem Erstaunen, dass schon im Jahr 2009 eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden ist. Inzwischen schreiben wir das Jahr 2010. Sie hätten schon längst handeln sollen.
Das Zentrale-Orte-Prinzip, das diesem System zugrunde liegt, ist grundsätzlich gut und erhaltenswert. In der praktischen Anwendung zeigt sich jedoch, dass dieses Prinzip in vielen Regionen unseres Landes die Realität nicht mehr abbildet. Beispielsweise in den Regionen Nordostbayerns geht die Bevölkerung teilweise dramatisch zurück. Das hat zur Folge, dass die Nahversorgung mit Gütern des täglichen Lebens zunehmend problematischer wird. Die strikten und sehr detaillierten
Regelungen im LEP zur Kaufkraftabschöpfung oder zur Verkaufsflächenfestlegung lassen die Nahversorgung gerade für Menschen, die nicht mit ihrem eigenen Fahrzeug mobil sind, immer mehr zu einem Problem werden. Die schnelle Neufassung des Einzelhandelsziels ist deshalb notwendig. Es ist nicht nur das Recht, sondern die Pflicht dieses Hauses, der Staatsregierung an dieser Stelle ordentlich auf die Füße zu treten, damit es schneller vorwärts geht. Den Schwerpunkt bildet dabei der Ausgleich zwischen den Bedürfnissen der kleinen Orte und den berechtigten Interessen der Innenstädte. Es ist nicht sinnvoll, Zielabweichungsverfahren durchzuführen, wenn sich das Ziel in Überarbeitung befindet.
In seinem Bericht vom 5.10.2009 hat das Wirtschaftsministerium selbst eingeräumt, dass es keinen Aufschluss über die Auswirkungen und Folgen der ministeriellen Ausnahmegenehmigungen geben könne. Deshalb muss das Einzelhandelsziel zügig überarbeitet werden und bis zum Abschluss dieses Prozesses auf Zielabweichungsverfahren verzichtet werden, die laut Aussage des Ministeriums immer eine Ermessensentscheidung sind, aber für ihre weitreichenden Folgen keine angemessene, für alle nachvollziehbare Grundlage haben.
Bevor ich dem Kollegen Runge das Wort erteile, möchte ich Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Christoph Rabenstein, Inge Aures, Susann Biedefeld u. a. SPD, betreffend Vorfinanzierung der Planung zur Elektrifizierung der Bahnstrecke Nürnberg - Hof, Drucksache 16/2265, bekanntgeben. Mit Ja haben 57, mit Nein 83 Abgeordnete gestimmt. Es gab eine Enthaltung. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Wir fahren in der Antragsberatung fort. Zu Tagesordnungspunkt 21 spricht jetzt Herr Dr. Runge von den GRÜNEN.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag ist vom Grunde her berechtigt. Deswegen werden wir ihm zustimmen, wohl wissend, dass nichts Gutes kommt, weil weitere Aufweichungen drohen. Zu diesem Ergebnis kommen wir, wenn wir uns die Entwürfe der einzelnen Verbände ansehen. Wir werden dann selbstverständlich gegenhalten; das ist keine Frage.
Wir haben schon kurz etwas über die Rückgriffe auf die Änderungen des Landesentwicklungsprogramms gehört. 2006 kam die Gesamtfortschreibung völlig überstürzt. Die Gesamtfortschreibung davor war 2003. Wir wissen, weshalb das so war: weil gleichzeitig das Greifen der EU-Planungs-UVP gedroht hat. Deswegen musste man es ganz schnell machen. Dabei gab es keine Einigkeit in Ihrer Fraktion, die damals noch die ganz große Mehrheit hatte, zu zwei Punkten. Das betraf die Großbetriebsformen des Einzelhandels und die Problematik mit den zentralen Orten.
Noch im gleichen Jahr kam Ihr Antrag. Er nannte sich Resolution. In dem Antrag haben Sie gefordert - das ist auch mit einer ganz großen Mehrheit durchgegangen -, die Teilfortschreibung müsse zeitnah sein. Herr Kollege Wengert hat darauf hingewiesen, dass Sie gesagt haben, spätestens im Jahr 2007 müsse das sein. Aber jetzt haben wir schon das Jahr 2010.
Da frage ich mich schon, Herr Kollege Stöttner: Wie verschnarcht wollen Sie Ihren Noch-Wählern denn gegenübertreten? Es kann doch nicht wahr sein, dass Sie einen Antrag stellen, wonach alles zeitnah sein soll das war vor vier Jahren -, während Sie sich jetzt, im Jahr 2010, hierher stellen und sagen, in der Ruhe liege die Kraft.
Ich habe hier einen Artikel. Ich will ihn nicht herumreichen. Die Überschrift heißt: "CSU fordert Waffengleichheit". Da geht es um diese Thematik. Darin erklärt die Vorsitzende der CSU in der Stadt Germering: Ja, noch dieses Jahr wird das Landesentwicklungsprogramm, was das Fachziel Einzelhandel anlangt, geändert. Weit getäuscht!, muss man der Dame zurufen. Denn wir haben im Wirtschaftsausschuss staunend, aber auch freudig gehört, dass jetzt doch eine Gesamtfortschreibung gemacht wird. Dabei gäbe es vieles zu bedenken.
Seitens des Vertreters des Ministeriums wurde hier eine Jahreszahl genannt. Er hat gesagt: Wir schaffen es allenfalls gegen Ende dieser Legislaturperiode.
Also: In der Ruhe liegt die Kraft. 2006 sprachen Sie von "zeitnah". Jetzt hören wir, vielleicht seien wir im Jahr 2013 soweit.
Insgesamt war das eine interessante Vorstellung. Wir haben gelesen, dass Frau Hessel gesagt hat, das Landesentwicklungsprogramm werde grundlegend neu überarbeitet; am liebsten seien ihr die leeren Seiten, wenn diese aus dem Ministerium geliefert würden.
Dann kam der Herr aus dem Wirtschaftsministerium. Der sagte: Es gibt so vieles zu berücksichtigen; wir müssen viele Dinge neu einarbeiten, sodass wir eine Gesamtfortschreibung brauchen. - Das passt aber mit einem weiter verschlankten Programm und leeren Seiten nicht unbedingt zusammen.
In diesem Komplex werfen wir neugierig noch einmal die Frage auf: Was wollen Sie überhaupt weiter kürzen, wenn Sie 2006 - ich zitiere - schon gekürzt, entschlackt, dereguliert und bis auf das unbedingt notwendige Maß gestrafft haben? Wir können uns nicht vorstellen, was darüber hinaus noch gehen soll. Es handelt sich jedenfalls immer um sonderbare Widersprüche, mit denen Sie leben wollen und leben müssen.
Zu der Thematik der Großbetriebsformen des Einzelhandels: Zugegeben, die jetzige Regelung ist sehr sperrig. Da wird von Kaufkraftabschöpfungsquoten je Sortiment gesprochen, die auf verschiedene Größenklassen umgelegt werden. Der Teppich ist zum Beispiel ein anderes Sortiment als die Auslegware usw.
Aber es gibt durchaus gute Gründe, hier restriktiv vorzugehen. Es gab die Sonderfortschreibung Lex Ingolstadt 2002, bei der der Sündenfall im Grunde begangen worden ist, nämlich durch den Weggang von der Verpflichtung einer Anbindung an den ÖPNV und der städtebaulich integrierten Lage. Zu nennen sind hier vor allem auch die Ausnahmen von den Kaufkraftabschöpfungsquoten im Verflechtungsbereich, zum Beispiel Ikea Taufkirchen - Brunnthal. Da darf die Kaufkraft der beiden Orte tatsächlich zu etwa 500 % abgeschöpft werden. Aber so etwas macht keinen Sinn.
Wir sehen sehr wohl, wo die Begehrlichkeiten liegen. Hier soll weiter aufgeweicht werden. Bisher gibt es die Wünsche nach sehr hohen Schwellenwerten. Da muss man klar sagen: Leute, es droht weiterhin eine Verödung innerorts. Die Notwendigkeit wird größer, dass die Leute zum Einkaufen weit fahren. Da gilt es, sehr genau hinzusehen. Dies werden wir in der Beratung tun. Deswegen unterstützen wir diesen Antrag.
Bevor ich dem Kollegen Kirschner das Wort erteile, gebe ich einen kurzen Hinweis für Ihre Planung, gegebenenfalls auch für den Besuch der Landtagsgaststätte. Der nächste Tagesordnungspunkt wurde einvernehmlich abgesetzt. Mit dem übernächsten Tagesordnungspunkt werden wir die Sitzung beschließen. Das Sitzungsende wird voraussichtlich gegen 23.00 Uhr zu erwarten sein. Nun hat Herr Kollege Kirschner das Wort.
Wertes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Freien Wähler fordern, dass innerhalb von drei Monaten ein Entwurf zur Fortschreibung der Feststellung des LEP zum Einzelhandel mit dem Ziel der Vereinfachung vorgelegt und darüber hinaus eine Zulassung für gewisse Gebiete an der tschechischen und der österreichischen Grenze herausgenommen wird.
Die im Ausschuss gegebene Begründung teile ich. Ich teile auch die Sorge des Ausblutens von Innenstädten; denn ich komme aus einer Gegend, in der es kleine Kommunen und Städte gibt.
Ich teile nicht den Wunsch, Gebiete an der tschechischen und österreichischen Grenze herauszunehmen. Meines Erachtens liegt hier eine gewisse Willkür vor; das ist nicht definierbar.
Wir stimmen deshalb und insbesondere aus folgenden Gründen Ihrem Antrag nicht zu: Das abweichende Verfahren ist erstens ein ordentliches Verfahren, ist ein rechtmäßiges Verfahren. Die oberste Planungsbehörde ist an klare gesetzliche Regelungen gebunden. Zielabweichungen, Voraussetzungen und Grundzüge der Planung werden nicht berührt. Die Abweichungen sind mit raumordnerischen Gesichtspunkten vereinbar. Die betroffenen Kommunen müssen gehört werden. Das ist ein bekanntes, ganz reguläres Verfahren.
Wir stimmen Ihrem Antrag zweitens deswegen nicht zu, weil wir einen Abschluss der Gesamtfortschreibung haben wollen. Wir wollen keine Insellösung herausnehmen. Wir wollen nicht hier ein Problem und da ein Problem lösen. Zu dieser ganzen Problematik müssen wir alle betroffenen Kommunen und Verbände hören.
Derzeit befindet sich das Wirtschaftsministerium in einem offenen Dialog mit kommunalen Spitzenverbänden, den regionalen Planungsverbänden, mit betroffenen Wirtschaftsverbänden und der Obersten Baubehörde. Im August 2009 wurde eine Arbeitsgruppe mit dem Ziel eingerichtet, dass die Gesamtfortschreibung bis Ende 2010 vorgelegt wird, damit dann im Landtag und in seinen Ausschüssen die Diskussion stattfinden kann.
Wenn Ihr Antrag auf das Thema FOC Herrieden abzielt, wie es im Ausschuss zu vernehmen war - ich unterstelle das jetzt einfach einmal -, dann ist das zu kurz gesprungen. Warum? Weil dort schon ein Antrag vorliegt. Wir können der Kommune nicht einfach sagen: Wir knicken jetzt das laufende Verfahren; es ist rechtlich nicht zulässig. Das heißt: Der Antrag wird wie jeder andere Antrag derzeit normal bearbeitet. Darauf hat die Kommune einen Rechtsanspruch.
Des Weiteren gehe ich davon aus, dass das Ministerium sehr verantwortungsvoll mit einer Entscheidung umgeht, die im Interesse der Bürger, des Flächenverbrauchs, der nicht erweitert werden darf - das sage ich ausdrücklich - und im Interesse der kleinen und mittleren Unternehmen sowie der älteren Menschen in den Städten liegt. So wünsche ich es mir, und davon gehe ich auch aus.
Werter Herr Kollege Muthmann, "mit Kraft voranzugehen" heißt nicht, eine kleine Kugel oder ein Mosaiksteinchen voranzubringen, sondern das ganze LEP.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Bayerische Staatsregierung darf ich nun Staatsminister Martin Zeil das Wort erteilen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Ihnen versichern: Die Staatsregierung hat den Handlungsbedarf beim Einzelhandelsziel längst erkannt. Die Vorarbeiten für ein neues Einzelhandelsziel sind auf gutem Weg. Herr Kollege Muthmann, Sie wissen ja aufgrund Ihrer Erfahrung als Landrat: In der kommunalen Familie wird das höchst unterschiedlich beurteilt.
Deswegen war es gut, dass wir alle einmal aus ihren Schützengräben herausgeholt haben in eine Arbeitsgruppe, an der alle beteiligt sind, und daran arbeiten, ein Einzelhandelsziel zu entwickeln, das einfacher und kommunalfreundlicher werden soll. Sie werden staunen, wie nahe wir uns bei den Arbeiten schon sind.
Wir brauchen auch künftig Regelungen, die die Entwicklung des Einzelhandels unterstützen. Ziel ist es, dass die Versorgung der Bevölkerung in allen Landesteilen zeitgemäß gestaltet wird, dass unsere Gemeinden gestärkt werden und die Attraktivität der zentralen Orte erhalten bleibt.
Daher sollen Einzelhandelsprojekte auch künftig in der Regel in zentralen Orten entstehen. Eine zeitgemäße Nahversorgung mit Lebensmitteln und anderen Waren des täglichen Bedarfs soll jedoch in allen Gemeinden möglich sein.
Vereinfachte Vorgaben zur städtebaulich integrierten Lage von Einzelhandelsbetrieben erscheinen möglich und sinnvoll. Die kommunalen Spielräume und damit die kommunale Verantwortung für die Steuerung von Einzelhandelsprojekten können erweitert werden.
Aber wir dürfen nicht übersehen, dass das Einzelhandelsziel mit vielen anderen Festlegungen des LEP in engen Wechselwirkungen steht, zum Flächensparen beispielsweise, zur Vermeidung zusätzlicher Verkehrs