Protokoll der Sitzung vom 23.03.2010

Aber wir dürfen nicht übersehen, dass das Einzelhandelsziel mit vielen anderen Festlegungen des LEP in engen Wechselwirkungen steht, zum Flächensparen beispielsweise, zur Vermeidung zusätzlicher Verkehrs

belastungen und insbesondere zur Anpassung von Versorgungsstrukturen an die Herausforderungen des demografischen Wandels.

Da wäre es nicht sinnvoll, die Festlegungen zum großflächigen Einzelhandel isoliert zu verändern; vielmehr muss - deswegen hat die Staatsregierung dies auch beschlossen - in einem abgestimmten Gesamtpaket entwickelt werden, wie die Landesplanung und das Landesentwicklungsprogramm künftig gestaltet werden sollen.

Das aktuelle Einzelhandelsziel, dem dieses Hohe Haus zugestimmt hat, ist bis auf Weiteres selbstverständlich zu beachten. Deswegen muss ich zum Antrag, der die Zielabweichung betrifft, Folgendes feststellen: Der Antrag berührt zum einen das grundsätzliche Verhältnis von Legislative und Exekutive. Er verkennt auch, dass Gemeinden, die einen Antrag auf Zielabweichung stellen, einen rechtsstaatlichen Anspruch auf eine Entscheidung haben. Die oberste Landesplanungsbehörde ist bei Entscheidungen über Zielabweichungen an die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes und an Artikel 29 des Bayerischen Landesplanungsgesetzes gebunden. Solange das geltende Einzelhandelsziel nicht geändert ist, kann Grundlage für die Entscheidung Kollege Dr. Kirschner hat darauf hingewiesen - nur dieses Ziel sein. Eine Vorfestlegung, Anträge auf Zielabweichung ohne Prüfung automatisch abzulehnen, ist daher mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar.

Meine Damen und Herren, die Staatsregierung teilt die Grundaussage des Antrages insoweit, dass eine Reform der Landesentwicklung, auch der Festlegungen zum großflächigen Einzelhandel, erforderlich ist. Wir arbeiten bereits mit Nachdruck an einer Lösung. Ich darf auch zu dieser späten Stunde sagen: Gegenüber den müden Antragsübungen der Opposition strotzt diese Staatsregierung zu jeder Stunde nur so vor Kraft.

(Beifall bei der FDP und der CSU - Lachen bei der SPD, den GRÜNEN und den Freien Wählern)

Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt auf Drucksache 16/4011 die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Vielen Dank. Das sind die Fraktionen der Freien Wähler, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? Vielen Dank. Das sind die Fraktionen der CSU und der

FDP. Enthaltungen? - Keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich erinnere daran, dass wir die Tagesordnungspunkte 22 bis 32 und Tagesordnungspunkt 7 - Antragsliste -, Nummer 10 heute nicht mehr aufrufen.

Ich rufe deswegen Tagesordnungspunkt 7

Antragsliste -, Nummer 8 auf:

Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Prof. (Univ Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FW) Gewässerqualität im Fränkischen Seenland nachhaltig sichern - Umweltschutz der Landwirte honorieren (Drs. 16/2670)

Zu dem Antrag ist Einzelberatung beantragt worden. Ich eröffne die Aussprache. Wir haben wieder fünf Minuten Redezeit pro Fraktion. Für die Freien Wähler erteile ich dem Kollegen Dr. Fahn das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu später Stunde beschäftigen wir uns jetzt mit dem Zustand des Großen Altmühlsees. Der Große Altmühlsee ist biochemisch sehr labil, sodass jederzeit wieder Algenplagen auftreten können.

Am 29. Oktober vergangenen Jahres wurde im Umweltausschuss ein Antrag der GRÜNEN besprochen und mit dem Hinweis auf eine Fränkische Seenkonferenz abgelehnt. Diese Fränkische Seenkonferenz hat inzwischen stattgefunden. Wir haben gemerkt, dass es dort noch viele Fragen gab, die aufgearbeitet werden müssen. Wir haben auch gemerkt: Weder eine Vertiefung des Altmühlsees von zwei auf vier Meter noch chemische Maßnahmen zur Phosphatfällung würden zu einer Verbesserung führen.

Was haben wir gemacht? Wir von den Freien Wählern haben das Thema mit Experten durchgesprochen, daraufhin ein Maßnahmenpaket formuliert und als Antrag hier eingebracht. Es waren sieben Punkte, die uns sehr wichtig sind. Da ging es um eine Optimierung der landwirtschaftlichen Förderprogramme, es ging darum, dass das Kulturlandschaftsprogramm KULAP flächendeckend für das gesamte Einzugsgebiet zur Anwendung kommt, dass die Zahl der Teilnehmer an Agrarumweltmaßnahmen erweitert wird, dass zum Beispiel auch kleine Nebenerwerbslandwirte profitieren - so wie früher - und auch Privatpersonen. Was uns ebenfalls wichtig ist: Eine wissenschaftliche Begleitung unter Berücksichtigung aller Einflussfaktoren soll stattfinden. Das ist deshalb wichtig, weil der Altmühlsee flachgründig ist, einen geringen Wasserfluss hat, künstlich angelegt ist und es kaum Vergleichsmöglichkeiten gibt.

Aus diesem Grunde haben wir diesen Antrag eingebracht. Er ist im zuständigen Ausschuss besprochen worden. Die Diskussion über solche Anträge läuft immer nach demselben Schema: Erst spricht jemand vom Umweltministerium und dann jemand von der CSU. Sie sagen: Ja, es ist vom Prinzip her richtig, was da gefordert wird, aber der eine oder andere Punkt wird ja schon umgesetzt. Damit wird dann immer begründet: Deswegen lehnen wir den Antrag der Freien Wähler ab.

Dabei ist ganz klar, dass mindestens vier Punkte unseres Antrags in keiner Weise aufgenommen worden sind, beispielsweise, was uns wichtig ist, zum einen diese wissenschaftliche Begleitung oder zum anderen, dass die Zahl der Teilnehmer an dem Agrarumweltprogramm erweitert wird.

Weiter wurde uns gesagt: Am 20. April wird es noch eine zweite Konferenz zum Altmühlsee geben, danach sehen wir weiter. Es ist gut, dass diese zweite Konferenz stattfindet, aber uns ist wichtig, dass die Punkte, die wir eingebracht haben, da mit eingearbeitet werden, dass es nicht immer so pauschal heißt: Einiges wird gemacht, und deswegen wird der gesamte Antrag der Freien Wähler abgelehnt. Das finde ich nicht fair in Bezug auf das Antragspaket, das hier von uns geschnürt worden ist. Daher haben wir diesen Antrag wieder eingebracht und bitten um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Als nächsten Redner darf ich Herrn Dr. Hünnerkopf für die CSU-Fraktion ans Rednerpult bitten. - Ich höre, es spricht Herr Wägemann. Das wurde mir nicht angezeigt. Aber auch ihm erteile ich gern das Wort.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich nicht umbenennen lassen und heiße nach wie vor Wägemann. Aber ich übernehme die Aufgabe für Dr. Hünnerkopf gern.

Sehr geehrter Herr Fahn, viel Ahnung - das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen - haben Sie von der Angelegenheit nicht. Ich glaube auch nicht, dass Sie sich vor Ort wirklich ernsthaft damit befasst haben. Ich bin der örtliche Stimmkreisabgeordnete. Ich war auch gemeinsam mit der Kollegin Naaß bei dieser Altmühlsee-Konferenz bzw. dieser Fränkischen Seenkonferenz dabei. Ganz so, wie Sie es dargestellt haben, ist es beileibe nicht abgelaufen. Die Sache hat auch eine lange Vorgeschichte, wie ich aus meiner Zeit als Bezirksrat und als Vertreter des Bezirks in den Seenzweckverbänden weiß. Hauptproblematik ist die Fischerei, dann kommen die Umweltmaßnahmen, die Kläranlagen und schließ

lich die Landwirtschaft, die entsprechend für Einträge sorgt.

Es ist viel Unfug geredet worden. Dabei hat sich der Kollege Wörner ganz besonders hervorgetan, wie ich im Protokoll gelesen habe. Er hat gesagt: Der Altmühlsee ist für touristische Zwecke angelegt worden. Keine Ahnung, kann ich da nur sagen. Es handelt sich um eine wasserwirtschaftliche Baumaßnahme. Der Tourismus ist ein sehr willkommener, aber reiner Nebeneffekt. Einen touristischen See hätte man mit Sicherheit nicht mit 2 bis 2,5 m Tiefe angelegt, weil man da von vornherein weiß, welche Probleme solche Flachseen mit sich bringen.

Die Altmühlsee-Konferenz hat die Handlungsfelder aufgezeigt. Es wurden entsprechende Arbeitsgruppen gegründet. Diese arbeiten derzeit. Es ist sehr viel auf den Weg gebracht worden, auch im landwirtschaftlichen Bereich. Der gesamte Einzugsbereich ist inzwischen wassersensibles Gebiet. Im gesamten Einzugsbereich sind KULAP-Maßnahmen möglich. Die Ämter für Landwirtschaft in Ansbach und Weißenburg werden jetzt eine Beratungsinitiative für die Landwirte starten, um sie auf diese Programme aufmerksam zu machen. Sie müssen auch berücksichtigen, dass in dem Gebiet eine extrem hohe Biogasanlagendichte herrscht, die Sie nicht unbedingt in ein KULAP-Programm hineinbringen werden. Aber es ist inzwischen alles angeleiert worden, was man anleiern kann. Es sind Abwassersonderförderungsmaßnahmen über das Umweltministerium angelaufen, ein eigenes Sonderförderprogramm. Die Mittel für den Vertragsnaturschutz sind in ausreichender Höhe bereitgestellt und auch für die Zukunft zugesichert. Insoweit kann ich guten Gewissens sagen: Das ist auf einem guten Weg, und wir brauchen diesen Antrag eigentlich wirklich nicht mehr, weil die Maßnahmen hervorragend laufen.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege?

(Thomas Kreuzer (CSU): Nein!)

Herr Wörner kann sich gegebenenfalls zu einer Zwischenintervention wieder melden. Er redet eh so viel, da muss es zu diesem Zeitpunkt nicht auch noch sein.

Ich bin als örtlicher Stimmkreisabgeordneter entsprechend am Ball und habe sehr viel erreicht. Im Gegensatz zu anderen, die meistens nur Landtagsanfragen eingereicht oder Briefe geschrieben haben, haben wir konkret gehandelt und vor Ort für unsere Bürgerinnen und Bürger sowie für unsere Gegend etwas erreicht.

(Widerspruch bei der SPD)

Deswegen werden wir diesem Antrag auch nicht zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Herr Kollege, bleiben Sie noch kurz. Die anvisierte Zwischenintervention von Herrn Kollegen Wörner ist da. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Kollege, zu Ihren Einlassungen zu meiner Person will ich mich nicht äußern. Das disqualifiziert Sie selbst.

Aber nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass ich im Ausschuss gesagt habe, dass sich dieser See zu einer touristischen Attraktion entwickelt hat. Das können Sie wohl nicht bestreiten. Dass er dafür möglicherweise nicht geplant war, das ist Ihr Problem, nicht meines. Sie waren damals der angebliche Sachwalter. Vielleicht hätten sie früher mehr darüber nachdenken müssen, was aus dem See alles werden kann. Aber das zeichnet Sie aus.

Ich will nur noch einmal klarstellen: Ich habe auf die touristische Bedeutung dieses Sees bis nach Nürnberg hingewiesen, und das ist wohl nicht falsch. Aber im Zitieren und im Wahrheit-Sagen sind Sie genauso wie Ihr Fraktionsvorsitzender halt meistens nicht bei der Wahrheit, sondern bei der Unwahrheit.

(Unruhe und Zurufe von der CSU)

Wenn es notwendig ist, lügen Sie hier und entschuldigen sich nicht einmal.

Herr Kollege Wägemann, bitte.

Nur in aller Kürze. Lesen Sie das genehmigte Protokoll des Ausschusses nach.

(Widerspruch bei der SPD)

Da steht es so drin, wie ich es gesagt habe. Ansonsten habe ich nichts hinzuzufügen.

Wenn Sie falsch zitiert werden, dann müssen Sie sich darum kümmern. Ich habe Sie korrekt zitiert. Sie haben laut Protokoll gesagt, das sei ein See, der für touristische Zwecke errichtet wurde.

Vielen Dank, Herr Kollege. Für die SPD-Fraktion darf ich nun der Frau Kollegin Naaß das Wort erteilen.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir befassen uns mit dem Antrag, weil wir seit über zehn Jahren vor allem am Altmühlsee mit einer

Algenproblematik zu kämpfen haben und seit zehn Jahren kaum etwas getan wurde. Das sind die Tatsachen. Trotz vieler Schreiben von Bürgermeistern, von Abgeordneten usw. an die verschiedenen Ministerpräsidenten oder zuständige Fachminister wurde in den letzten zehn Jahren fast nichts unternommen, und deswegen ist die Situation heute so, wie sie ist.

Wir hatten ab Mitte Juni des vergangenen Jahres eine massive Algenproblematik, nicht nur über zwei, drei Wochen, sondern über den ganzen Sommer hinweg. Im Jahr 2008 war es zwei, drei Wochen ganz massiv. Die Kioskbetreiber klagen über Umsatzeinbußen von bis zu 40 %. Große Klagen gab es auch seitens der Liegeplatzbesitzer, der Segler und Surfer und der Beherbergungsbetriebe. Es hat also sehr wohl Auswirkungen auf den touristischen Bereich.

Herr Kollege Wägemann, es ist klar, dass der Bau der Seenlandschaft eine wasserwirtschaftliche Maßnahme war und ist. Trotzdem erinnere ich in diesem Zusammenhang daran, dass die Staatsregierung durch einen Landtagsbeschluss vom Juli 1970 den Auftrag bekam, dafür Sorge zu tragen, dass die Gewässer im Überleitungssystem für die Erholung der Bevölkerung erschlossen werden können.

(Beifall bei der SPD)