Zur Objektivität gehört auch Wissenschaftlichkeit und es gehört auch der Bereich dazu, den Sie am liebsten aus dem Wald draußen haben wollen. Das Verbissgutachten ist derzeit die höchstmögliche Objektivität, die wir haben. Momentan haben wir nichts Besseres. Vielleicht gibt es später einmal etwas Besseres. Aber momentan brauchen wir genau dieses Gutachten alle drei Jahre, da es den Wald vor Ort genau beurteilt.
Auch ich bin mit vielen Jägern draußen unterwegs. Verantwortungsbewusste Jäger freuen sich über ein Verbissgutachten, weil sie damit deutlich aufgezeigt bekommen, dass sie ihrer Jagd mit großen Anstrengungen nachgekommen sind und gute Erfolge erzielt haben. Für verantwortungsbewusste Jäger, in deren Revier der Verbiss stimmt, ist das Gutachten nicht gefährlich und es macht ihnen keine Sorge.
Das Gleiche gilt für die Waldbesitzer. Für viele - wir haben über 500.000 Waldbesitzer - ist das Verbissgutachten eine Möglichkeit, ein wissenschaftliches Dokument darüber in Händen zu haben, wie es im Wald ausschaut. Dass dieses Gutachten weiterentwickelt werden muss, weil wir unbedingt Aussagen zu den einzelnen Revieren haben müssen, ist selbstverständlich, und das wollen wir gemeinsam angehen.
Sie wollen die Sache immer wieder auf Ortsebene ziehen. Sie wissen doch, wie es vor Ort ausschaut, wenn es da Jagdversammlungen gibt. Da gibt’s dann einen Leberknödel extra und noch a’ Bier danach, und dann passt’s schon wieder. Und genau das haben die Waldbesitzer jetzt satt. Denn der Leberknödel extra und das Bier danach können nicht das aufwiegen, was die Zäunung kostet.
(Hubert Aiwanger (FW): Die Waldbesitzer wählen doch die Jagdpächter! Die suchen sie doch aus! Wollen Sie denen sagen, welche Jäger sie haben müssen?)
Wer dieses dreijährige, gut eingespielte Gutachten, dieses Dreiphasenmodell, teilweise oder ganz aushebeln will - da sind Sie dabei -, stärkt dadurch natürlich ausschließlich die Jäger.
Derjenige schwächt die Waldbesitzer und schwächt vor allen Dingen auch die Gesellschaft. Denn wir alle sind Waldbesitzer und auch Waldbegeher. Das heißt: Sie zielen da in die völlig falsche Richtung.
Unser Ziel muss es sein, Objektivität in den Wald zu bringen. Weniger Emotionen und mehr Ehrlichkeit, weniger Vocke und Aiwanger im Wald würden uns allen sehr gut tun.
Ich wundere mich auch, dass wir heute dieses Thema als dritten Aufguss haben. Ich kann nur noch einmal sagen: Da findet Wahlkampf statt, aber kein Wahlkampf zwischen den politischen Parteien, sondern auf einer ganz anderen Ebene. Ich sage Ihnen: Wenn jeder Verband, den wir in Bayern haben, seinen Wahlkampf hier im Landtag austragen würde, wie jetzt der Jagdverband,
dann, muss ich sagen, wären wir in unserer Arbeit gelähmt. Für mich ist das ein Missbrauch dieses Plenums des Bayerischen Landtags.
Auch dazu, was in den letzten Wochen mit dem Gutachten oder mit dem Papier aus dem Landwirtschaftsministerium gelaufen ist, muss ich sagen: Darüber kann ich nur den Kopf schütteln. Wir haben uns auch immer wieder mit der Staatsforstverwaltung auseinandergesetzt und durchaus den einen oder anderen Strauß ausgefochten. Aber wie hier mit dieser Verwaltung umgegangen wird, das können wir in diesem Haus nicht dulden. Da müssen auch wir ein klares Signal für die Staatsforstverwaltung aussenden: So kann und darf man mit diesen Beamten nicht umgehen.
Wir sollten uns bei der gesamten Thematik auf das zurückziehen, was in den Gesetzen steht, was wir hier teilweise einstimmig beschlossen haben und was auch in dem einschlägigen Gutachten der Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft vom April 2009 zu der Thematik "Rehwildbejagung mit oder ohne Abschussplanung" steht. Denn das sollte eigentlich die Leitlinie sein - nicht irgendein Wunschdenken oder ein Wahlkampfgetöse innerhalb der Jägerschaft.
Ganz klar, es gilt das Bayerische Waldgesetz. Dieser Passus, nämlich Artikel 1 Satz 2 Nummer 2, ist, das ist schon erwähnt worden, seinerzeit hier einstimmig verabschiedet worden. Darin steht klar und deutlich, das Gesetz solle dazu dienen, einen standortgemäßen und möglichst naturnahen Zustand des Waldes unter Berücksichtigung des Grundsatzes "Wald vor Wild" zu bewahren oder herzustellen. Das ist die Richtschnur. Nach dieser Richtschnur versuchen auch unsere Waldbesitzer und die Bayerischen Staatsforsten sowie die Staatsforstverwaltung zu arbeiten, und das ist gut so.
"Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung durch das Wild möglichst zu vermeiden, …"
Insbesondere soll die Bejagung die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglichen. Das sind die Richtschnur und die Aussage des Gutachtens. Daran müssen wir uns entlanghangeln, danach müssen wir unsere Aussagen treffen. Da ist es wenig hilfreich, einen Gesetzentwurf einzubringen, wie es die Freien Wähler gemacht haben, um das Thema heute in der Aktuellen Stunde noch einmal aufzukochen.
Richtschnur für uns ist auch das Vegetationsgutachten. Wenn ich die letzten zwei Vegetationsgutachten anschaue, stelle ich fest - ich führe die Debatte zu diesem Thema schon einige Jahre -: Wir haben teilweise einen Anstieg, teilweise eine Stagnation auf einem Niveau, das noch nicht akzeptabel ist. Deshalb müssen wir hier natürlich an die Abschussplanung herangehen. Ich komme selber gerade vom Landratsamt Freising, wo wir heute den Abschussplan einstimmig verabschiedet haben. Das läuft. In diesem Zusammenhang sind wir, glaube ich, auf keinem so schlechten Weg. Insofern ist es wenig hilfreich, wenn diese Debatte hier von den Freien Wählern nochmals losgetreten wird.
Von uns aus gibt es ein klares Bekenntnis zu dem Grundsatz "Wald vor Wild". Wir sehen uns darin auch unterstützt. Es gibt einen Brief von der Fakultät "Forstwissenschaft und Ressourcenmanagement" der TU München an Herrn Staatsminister Brunner, in dem die international anerkannten Wissenschaftler klar und deutlich sagen: Haltet an diesem Grundsatz "Wald vor Wild" fest. Deutlicher kann man es eigentlich nicht formulieren. Deshalb gibt es für uns keinerlei Bestrebung, in diesem Punkt das Waldgesetz und das Jagdgesetz zu ändern.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrter Herr Aiwanger, Friedrich Schiller hat einmal gedichtet: "Das Reh springt hoch, das Reh springt weit, warum auch nicht? Es hat ja Zeit." Sie scheinen auch eine Menge Zeit zu haben, wenn Sie - und das ist von meinen Kollegen schon ausreichend angesprochen worden - dieses Thema jetzt zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen wieder aufs Tapet bringen. Das ist organisierter Zeitdiebstahl.
(Beifall bei der CSU - Hubert Aiwanger (FW): Wofür berufen Sie dann ein Symposium ein, wenn alles passt?)
Das Thema "Wild und Verbiss" ist sehr wichtig. Gerade deswegen müssen wir sehr behutsam und mit Ruhe diskutieren und behandeln. Wenn wir das nicht tun, Herr Aiwanger, dann gibt es Verlierer. Verlierer sind dabei der Wald und das Wild, aber auch die Waldbauern und die Jäger. Wir müssen diese emotionale Diskussion versachlichen. Es gibt keine Alternative zur konstruktiven Zusammenarbeit zwischen Waldbauern und Jägern, wie dies auch von meinen Vorrednern dargestellt worden ist.
Deswegen ist es wichtig und richtig, dass unser Landwirtschaftsminister die Beteiligten zu regelmäßigen Treffen zusammenholt und einlädt, um die aktuellen Fragen zu diskutieren. Ebenso soll jetzt in Regionalkonferenzen mit den Kreisgruppen des BJV über diese Dinge gesprochen werden.
Regelmäßige Revierbegänge mit Jagdgenossen und Jagdpächtern zur Verbesserung der Situation und der Wildlebensräume sind die sinnvollen Maßnahmen, die auch der Kollege Füracker schon dargestellt hat.
Sie, Herr Aiwanger, machen alle zum Verlierer, wenn Sie dieses Thema hier alle paar Wochen anheizen; der Hintergrund wurde schon dargestellt. Sie zündeln da mit völlig untauglichen Anträgen und mit einem völlig falschen Ansatz am Jagdgesetz herum. Sie fordern eine Änderung des Jagdgesetzes, die weder die Waldbesitzer noch die Jäger wollen.
(Hubert Aiwanger (FW): Die haben Sie noch gar nicht gefragt. Reden Sie mit den Leuten an der Basis!)
Die Dünnsäure, die Sie hier verklappen, scheint Ihnen nichts auszumachen. Es stimmt schlicht und einfach nicht, dass die Verbände dafür sind. Die sagen alle: Wir brauchen keine Änderung des Jagdgesetzes, macht doch bitte dieses Fass nicht auf.
Das sind Reviere, bei denen man sich hernach einig war. Das waren Reviere mit einer guten Verbisssituation, nicht die Reviere, mit denen wir Probleme haben. Deswegen ist es ein Problem, wenn man jetzt diese Regelung überall einführen würde. Das funktioniert nicht.
Zum Schluss: Ihr Antrag scheitert auch deswegen, weil er juristisch eine völlige Wurstelei ist, denn Sie definieren nicht klar, was Sie wollen. Sie kommen nicht einmal mit den Begriffen "Eigentümer", "Jagdgenossen" und "Antragstellung" zurecht. Sie fordern mehr Transparenz. Sie verlagern das Ganze nach unten und verunsichern die Unteren Jagdbehörden mit Kann-Bestimmungen.
Man kann eine solche Vereinbarung treffen. Wann ist die Voraussetzung gegeben, dass man zwingend eine solche Vereinbarung treffen muss? Hören Sie doch endlich auf, sich selber etwas vorzugaukeln. Wenn Sie zu viel Zeit haben, dann machen Sie etwas anderes, aber nicht das hier.
- Nein, Herr Aiwanger. Das ist eine Schreierei, die Sie hier vollbringen. Ich habe vorher schon einmal gesagt, diese Dünnsäure, die Sie hier manchmal verklappen, ist unerträglich.
Noch ein Wort zu Frau Noichl: Frau Noichl, mit Ihrem Appell, Emotionen herauszunehmen, haben Sie Recht. Aber es nicht in Ordnung, wenn Sie hier gerade wieder Öl ins Feuer gießen und den Jagdverband und seinen Präsidenten frontal angreifen. Der Jagdverband und sein Präsident haben diese Regelungen in den letzten Jahren in verantwortungsvoller Weise unterstützt und dazu beigetragen, dass wir vernünftige Regelungen finden.
- Jetzt ist Ruhe, Herr Aiwanger. Seien Sie nicht so aufgeregt. Machen Sie mit bei "Bauer sucht Frau", vielleicht wissen Sie dann, wie kostbar die Zeit ist.
Also jetzt einmal runter vom Gas. Wir brauchen jetzt weniger Emotionen und Ruhe, und das wollen wir so weiterführen.