Also jetzt einmal runter vom Gas. Wir brauchen jetzt weniger Emotionen und Ruhe, und das wollen wir so weiterführen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin eigentlich nicht überrascht von dem - nennen wir es einmal so: - kooperativen Reflex der Einigkeit der vier ablehnenden Fraktionen. Das musste irgendwann einmal kommen. Zum einen kann man es gut draußen verkaufen, einen Schuldigen ausgemacht zu haben. Zum anderen bin ich mir ziemlich sicher, dass das vom Kollegen Hubert Aiwanger vorgeschlagene Thema wieder auf die Tagesordnung kommen wird. Wenn Sie draußen herumhören, stellen Sie fest, es ist alles andere als abwegig. Sie hören in der Praxis draußen viel Zustimmung. Wenn ich zum Beispiel meinen Kollegen Florian Streibl sehe, der auch aktiver Jäger ist, stelle ich fest: Die wissen, wovon sie sprechen.
Hubert Aiwanger hat das nicht zur Gaudi gebracht, wie es einige darzustellen versucht haben. Er hat in seiner Heimat erlebt, dass es in einem Pilotprojekt geklappt hat. Von daher ist das ein realistischer Vorschlag, der diskutiert werden sollte. Wir können mit einer Ablehnung leben. Aber diese fadenscheinigen Argumente, die Sie quer durch alle vier Fraktionen gebracht haben, gehen, das muss ich sagen, ein Stück zu weit.
Ich beginne mit der Kollegin Noichl. Sie hat gefordert: Es muss wieder mehr Wissenschaftlichkeit in die Politik. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle sind jetzt schon eine Zeit lang im Geschäft, wenn wir auch noch nicht so lange im Landtag sind. Aber Wissenschaftlichkeit in der Politik, wer hat das schon einmal erlebt?
(Beifall bei Abgeordneten der Freien Wähler - Tho- mas Kreuzer (CSU): Bei den Freien Wählern nicht!)
Im Übrigen, liebe Maria Noichl, bin ich hocherfreut über den Zusammenhang zwischen Leberknödel und Wissenschaft. Den bekommt man auch nicht alle Tage.
Dem Kollegen Magerl möchte ich antworten: Natürlich gilt das Waldgesetz. Darin sind wir uns völlig einig. Aber draußen wird das so verstanden, als ob es nicht mehr gelte. Das müssen wir aufgreifen und in unsere Antworten einbeziehen.
Damit komme ich zum Kollegen Klaus Steiner. Klaus, sosehr wir uns sonst schätzen, aber was du gesagt hast, war sehr unsachlich und an der Wirklichkeit vorbei.
Wenn wir die Themen, die denen draußen vor Ort auf den Nägeln brennen, ausblenden und nur die Showbühne aufmachen, dann bekommen wir Situationen, wie ich sie erlebt habe.
Damit komme ich abschließend zum Kollegen Füracker. Da sind wir genau beim Punkt. Anfangs wurde erwähnt: Es ist alles in Ordnung. Wir haben das Jagdgesetz, wir haben das Waldgesetz. Dann kam die Aussage, Kollege Aiwanger habe geschürt. Ich selber habe vor wenigen Tagen in Kempten erlebt, dass nach der Rede des Forstbeamten 80 % der Jäger den Saal verlassen haben. Als ich gefragt habe, woher das kam, hörte ich: Das Gutachten hat die Jäger in Misskredit gebracht. Das ist der Ausgangspunkt. Wir unterstellen das nicht Herrn Minister Brunner. Aber wenn es aus der Verwaltung an die Öffentlichkeit gelangt ist, dann trägt er dafür ein Stück Verantwortung.
Ich sage es noch einmal: Um auf dem Weg zu einem vernünftigen Waldumbau voranzukommen, brauchen wir die Jägerschaft. Da dürfen wir die Leute nicht mit solch demotivierenden Papieren aufhetzen und ihnen vorwerfen: Ihr seid völlig daneben. So geht es auf keinen Fall.
Ich komme zum Schluss. Kollege Dechant ist zurzeit leider nicht da. Ich habe hier ein Interview mit ihm in der "Jagdzeitung". Es geht nicht um die Aussage "Wald vor Wild". Es geht insgesamt um das Waldgesetz. Wenn Kollege Dechant populistisch fordert, der Grundsatz "Wald vor Wild" muss weg, dann stelle ich schon die Frage an Minister Helmut Brunner: Wie sieht es in der Koalition von CSU und FDP aus?
(Beifall bei den Freien Wählern - Hubert Aiwanger (FW): Das ist die Doppelzüngigkeit der Regierung!)
Sie haben neulich auch in dieser Zeitung erwähnt: "Wir stehen zum Waldgesetz." Dann müssen Sie auch dazu stehen. Es kann nicht sein, dass der Koalitionspartner auf Stimmenfang geht, und Sie allein gelassen werden.
Ich bitte Sie, das im Namen der bayerischen Jäger und Waldbesitzer und insgesamt im Namen des bayerischen Waldes zu klären. Denn so können wir auf keinen Fall weitermachen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele sind draußen in den Stimmkreisen sehr oft bei der Jägerschaft und auch bei den Waldbesitzern unterwegs, kennen die Jagdgenossenschaften und haben engen Kontakt mit diesen Gruppen. Vielerorts stellen wir fest, dass sich in den letzten Jahren die Kooperation zwischen den beteiligten Gruppen verbessert hat. Es werden zunehmend häufiger gemeinsame Veranstaltungen organisiert, gemeinsame Waldbegänge finden statt. Diese dienen der Auseinandersetzung und dem Erfahrungsaustausch. In zahlreichen Fällen wird bei der Festlegung der Abschussplanung auch Einvernehmen erzielt. Aktuell kann ich aus meinem Bereich Kulmbach mitteilen, dass es sehr wohl Regionen gibt, in denen es klappt.
In meinem Stimmkreis waren auch Hegegemeinschaften an der Pilotstudie beteiligt. Das Ergebnis hat gezeigt, dass die Konsequenzen einer Freigabe sehr unterschiedlich sein können. Eine völlige Freigabe ist ohne das konkrete Beleuchten der Situation vor Ort und ohne Kenntnis der örtlichen Situation nicht möglich. Wir können aus dem Pilotprojekt nicht die Erkenntnis ziehen, dass es in Bayern flächendeckend ohne entsprechende Maßgabe klappen würde.
Die jüngsten Kontaktgespräche der Jägerschaft und der Waldbesitzer in der Region erwecken den Anschein, dass ein moderater Umgang für die Zukunft auf dem Weg ist, jedenfalls ein moderaterer, als er bisher in manchen Gegenden geherrscht hat. An der Basis herrscht viel weniger Aggression und Irritation als bei den Verbandsspitzen, Herr Aiwanger. Ich setze auf gute Ideen, auf Kreativität. Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel aus dem Fichtelgebirge nennen. Dort gibt es folgende Festlegung durch die Bayerischen Staatsforsten: Man erhält in den Pirschbezirken einen Rabatt, wenn man sich zum Beispiel beim Tanneneinzelschutz engagiert. Für tausend Jungpflanzen, die man schützt, kann man 30 % Rabatt bekommen. Das ist für Jäger oft sehr wohl ein Anreiz, hier entsprechend tätig zu werden.
Für die CSU gilt, dass uns Jäger wie Waldbesitzer gleichermaßen wichtig sind. Wir werden auch am Jagdgesetz keine Änderung vornehmen. Das ist mit der CSU
Uns muss aber auch klar sein, dass es in der künftigen Generation vielleicht nicht mehr so viele interessierte Jäger gibt, wie es aktuell der Fall ist. Uns sind beide Gruppen wichtig. Es muss der Wald geschützt werden, es muss aber auch die Bejagung personell weiterhin möglich sein.
Ich kann mir sehr wohl eine Modifizierung des Vegetationsgutachtens vorstellen. Wir erzielen jetzt schon oft Einvernehmen: Wenn die Grundbesitzer ihr Okay geben, die Jäger und Jagdgenossenschaften einverstanden sind, dann kann sehr wohl eine eigenverantwortliche Situation entstehen. Aber flächendeckend werden wir es nicht erreichen. Das sagen uns auch die Experten vor Ort. Man braucht eine Orientierungslinie. Dass wir aber insgesamt im Rahmen des Bürokratieabbaus bei diesen komplexen Gutachten nachdenken, halte ich für sehr, sehr wichtig. Daher finde ich es gut, dass der Minister dieses Symposium durchführen wird. Dabei werden alle Gruppen am Tisch sitzen und ihre Meinungen äußern. Wir werden die entsprechenden Konsequenzen daraus ziehen.
Allerdings möchte ich noch eines klarstellen: Für eine Emotionalisierung und Eigenprofilierung ist uns dieses wichtige Thema zu schade.
Herr Aiwanger, da Sie schon so engagiert sind, vielleicht noch eine ganz andere Sache, die zwar nichts mit dem Rehwild zu tun hat, sehr wohl aber mit dem Schwarzwild: Wir haben in vielen Regionen Bayerns eine ganz drastische Zunahme der Schäden durch Schwarzwild. Die Fraktion der CSU hat einen entsprechenden Antrag auf den Weg gebracht. Ich darf Ihnen einmal die Zahlen nennen: Wir haben im Laufe der letzten Jahre Streckenzunahmen beim Schwarzwild von rund 7.000 im Jahr 1985 auf jetzt das Achtfache zu verzeichnen. Im Landkreis Bayreuth liegen wir beim 35-Fachen.
Es gibt also viel zu tun, was Jagd, Wald und Flur anbelangt, und wir hoffen weiterhin auf eine gute Kooperation.
(Beifall bei der CSU - Hubert Aiwanger (FW): Wir wollen, dass nicht nur Papiere produziert werden, sondern dass gehandelt wird!)
Herr Aiwanger, sind Sie jetzt mit Ihren Zwischenbemerkungen zu Ende? - Gut. Dann können wir mit der Tagesordnung fortfahren. Jetzt hat Herr Staatsminister Brunner das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Aiwanger, ich nehme Sie gerade in diesem Punkt sehr ernst. Sie sind Waldbesitzer, Sie sind Jagdgenosse, und Sie sind Jäger. Also müssten Sie eigentlich die Interessen und die Ziele der verschiedenen Gruppen in sich vereinigen. Ich denke, das ist bei gutem Willen auch durchaus möglich. Viele Landwirte als Jäger und viele andere Jäger stellen unter Beweis, dass sie einvernehmlich mit Waldbesitzern ihr Handwerk und ihr Hobby ausüben.
Erstens sollten wir uns darüber einig sein, dass wir waldverträgliche Wildbestände brauchen und dass wir als Lehre aus der Vergangenheit zukunftsgerichtete, klimatolerante Mischwälder begründen sollten.
Wir haben in Bayern noch 260.000 Hektar Fichten- und Kiefernreinbestände. Wir sollten diesen Umbau nach und nach im Einvernehmen mit den Grundstücksbesitzern, ob Privat- oder Kommunalwaldbesitzern, vorantreiben. Deswegen, meine Damen und Herren, möchte ich gerade hier die Jäger einbinden und nicht ausgrenzen. Wir brauchen auch die Jäger zum Waldumbau.
Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sollten Sie - und da meine ich nicht nur Sie, Herr Aiwanger, sondern alle sollten sich angesprochen fühlen - auch einmal zur Kenntnis nehmen, dass ein Gutachten, das aus meiner Sicht diesen Namen nicht verdient und von mir für gegenstandslos erklärt worden ist, wobei sich der zuständige Abteilungsleiter öffentlich entschuldigt hat, nicht ständig wieder hervorgeholt werden sollte, sondern als bedeutungslos anzusehen ist.