Protokoll der Sitzung vom 22.04.2010

(Beifall bei den Freien Wählern)

Sind Sie fertig, Herr Kollege Dr. Herz? - Dann bleiben Sie jetzt bitte noch am Rednerpult für eine Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Wörner.

Herr Kollege Dr. Herz, sind Sie nach dem Redebeitrag des Kollegen Pachner denn nicht genauso verwundert wie ich? - Wir waren uns in diesem Haus lange Zeit einig, dass bayerische Bauern tolle Produkte erzeugen und dass sie getriezt werden, wenn sie das nicht machen. Bei ihnen schaut man sehr genau hin. In der weiteren Verarbeitung ist es uns aber egal nach dem Motto: Ist die Sau erst einmal aus dem Stall, kümmert sich kein Schwein mehr darum.

(Allgemeine Heiterkeit)

So ist es doch im Ergebnis. Deswegen frage ich: Wundert es Sie genauso wie mich, wenn Herr Kollege Pachner so tut, als sei dies Normalität, man könnte es so machen, es sei doch kein Problem? Wir vonseiten der SPD-Fraktion sehen es anders. Wir wollen, dass der Verbraucher nicht erst lesen muss, was auf der Rückseite des Produkts kleingedruckt steht. Das, was vorne drauf steht, muss auch im Produkt enthalten sein und sonst nichts. Wir wollen unsere Bauern davor schützen, dass solches Dreckszeug überhaupt auf den Markt kommt.

(Beifall bei der SPD)

Lieber Kollege Ludwig Wörner, wir sind uns nicht in allen Fragen dazu einig. Zu diesem Thema bleibt nur Folgendes anzumerken: Sie stehen hinter den Bauern, den Dorfmetzgern und den kleinen Läden. Das reicht aber nicht aus. Wir müssen das Ganze auch mit Leben erfüllen. Häufig erleben wir, dass Richtlinien aus Brüssel in Bayern teilweise noch schärfer umgesetzt werden, als es nötig wäre; und deswegen sehen wir, dass Theorie und Praxis häufig ein Stück weit auseinander liegen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Bleiben Sie noch einen Moment da, Herr Kollege Dr. Herz. Wir haben noch eine Zwischenbemerkung.

Herr Dr. Herz, möchten Sie hiermit sagen, dass das Fleisch, welches im Pressfleisch enthalten ist, von schlechter oder minderer Qualität ist?

(Sabine Dittmar (SPD): Theoretisch möglich!)

Hochgeschätzte Kollegin! Ich habe das mit keinem Wort erwähnt. Ich habe sogar gesagt, dass dieses Fleisch genauso in den Verkehr gebracht werden darf wie ganze Stücke. Ich habe nur gesagt, dass die Technik des Zusammenhaltens dieser Fleischstücke hoch fragwürdig ist. Ich glaube, Sie haben mir nicht zugehört.

(Gertraud Goderbauer (CSU): Doch, aber der Eindruck war ein anderer!)

Ich habe gesagt, wir haben in Bayern bei Fleisch einen Selbstversorgungsgrad von weit über hundert Prozent. Dieser macht es absolut nicht nötig, dass wir solche Verfahren anwenden. Kommen wir doch wieder darauf zurück, dass wir dem Verbraucher ein natürlich gewachsenes Fleisch anbieten. Dann brauchen wir keine Deklaration; denn der Verbraucher weiß, welches Stück Fleisch er auf dem Tisch hat. Und damit hat es sich.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Noch eine Frage der Frau Kollegin Goderbauer.

Wollen Sie bestreiten, dass dieses Stück, welches günstiger ist, vom selben Schwein stammt, von dem auch das teure Stück kommt? Jeder Einkäufer weiß doch, dass dieser Schinken günstiger ist.

Vielen Dank dafür, dass Sie das ansprechen. Jeder von uns im Haus kennt doch die Kampagne "Lebensmittel sind mehr wert". Wenn wir immer nur darauf schauen, dass Lebensmittel günstig sind, wird der Verbraucher irgendwann einmal glauben, dass Lebensmittel zum Nulltarif zu haben sind. Deshalb sollten wir in dieser Debatte einig sein und betonen, dass gute Lebensmittel auch einen guten Preis haben.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordneten der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Dechant. Vorher möchte ich aber eine Olympiasiegerin bei uns begrüßen, die auf

Einladung von Frau Präsidentin Stamm hier zu Gast ist. Auf der Tribüne sitzt Frau Jana Siegel aus Sonneberg, Olympic-Special-Siegerin im Tischtennis. Herzlich willkommen bei uns und Gratulation zu Ihrem Erfolg!

(Allgemeiner Beifall)

Sie ist in Begleitung von Frau Landrätin Zitzmann aus Sonneberg in Thüringen. Auch Sie heiße ich herzlich willkommen in Bayern.

(Allgemeiner Beifall)

Jetzt kommt Herr Kollege Dechant als nächster Redner zu diesem Antrag.

(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrtes Präsidium, sehr verehrter Herr Stellvertretender Ministerpräsident - der Ministerpräsident ist leider gerade nicht da -, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich in dieser Debatte mit dem anfangen, was zuletzt diskutiert wurde. Hier wurden die Begriffe "Dreckszeug", "minderwertiges Fleisch" und und und verwendet. Ich möchte klarstellen, dass das kein Dreckszeug ist, kein minderwertiges Fleisch oder Sonstiges, dass eine Sau nicht nur aus Schinken besteht, sondern auch aus allem anderen Fleisch, und dass man für die Bauern durchaus Positives erzielen kann, indem das Restfleisch hochwertig vermittelt wird, weil man ein hochwertigeres Produkt daraus herstellen kann. So weit denkt von Ihnen offensichtlich niemand. Das ist aber eigentlich auch kein Wunder.

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FW) Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich möchte betonen, dass das eine durchaus wichtige Debatte ist - auch wir haben einen Antrag gestellt -, dass aber mit der Art und Weise, wie sie geführt wird, mehr kaputtgemacht wird, als man gutmachen kann. Ich fange mit den Fakten an.

Herr Kollege, gestatten Sie gleich zu Beginn eine Zwischenfrage?

Am Schluss, jetzt bin ich gerade so schön in Fahrt.

Ich fange mit den Fakten an. Bis auf eine kleine Gruppe von Menschen, die unter Zöliakie leiden, ist das Produkt für niemanden schädlich.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Es ist kein minderwertiges Fleisch und kein minderwertiges Produkt. Fleisch wird schon seit jeher verklebt und

zusammengefügt. Man denke nur an Wurst. Hier macht man es, damit die Wurst schnittfest ist. Ich gebe Ihnen darin recht, dass das kein Schinken ist. Dementsprechend muss man es sauber klassifizieren und kennzeichnen, damit der Verbraucher entscheiden kann. Wir wollen den mündigen Verbraucher. Wir wollen den Verbraucher, der selbst entscheidet. Wir wollen die Menschen nicht entmündigen. Das will ich klar festhalten. Das sind die Fakten.

(Hubert Aiwanger (FW): Wenn das Produkt aus der Tüte ist, sieht man das nicht mehr!)

Nun zum Dringlichkeitsantrag der SPD: Mit der Begründung, dass in dem Fleisch Schädliches wäre, müsste ziemlich viel verboten werden, weil es gewisse Empfindlichkeiten, Allergien usw. gibt. Man müsste sogar Milch verbieten. Bei aller Liebe, wir wollen hier in Bayern doch nicht die Milch verbieten.

(Beifall bei der FDP)

Ich bitte um Versachlichung der Debatte. Wir wollen eine saubere Kennzeichnung und haben dazu auch einen Antrag gestellt. Wir wollen, dass der Verbraucher erkennen kann, was er kauft. Wir wollen, dass dem Verbraucher im Laden bewusst ist, dass er keinen Schinken erwirbt, sondern etwas anderes. Den Vorschlag des CSU-Kollegen, wie das Produkt heißen soll, finde ich sehr gut. Der Begriff ist nicht irreführend. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir künftig mit solchen Vorkommen umgehen. Wir Politiker werden aber nicht immer in Vorleistung gehen können, weil die Hersteller sich über Innovationen Gedanken machen, was ein positiver Aspekt ist.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen, dass das Endprodukt klar gekennzeichnet ist. Der Verbraucher soll entscheiden können, und er soll am Endprodukt erkennen können, was es ist. Das ist sehr wichtig. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bin auf Ihre Frage gespannt.

Aber das Wort wird immer noch von hier oben erteilt. Bitte schön, Frau Kollegin Sonnenholzner.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. Die Transglutaminase kann zu gesundheitlichen Problemen führen. Das ist zwar noch nicht sicher, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Die Milch ist ein Naturprodukt; man weiß, was drin ist, was vom Klebefleisch nicht behauptet werden kann. Bisher weiß ich noch nicht einmal sicher, dass Transglutaminase enthalten ist. Das war der erste Punkt.

Zweitens. Sie sagten, man könne auch andere Teile verkleben. Das kann man machen, aber derzeit wird das zusammengeklebte Fleisch als Schinken verkauft. Das ist - mit Verlaub - eine "Verarsche" der Bürgerinnen und Bürger; denn Schinken ist ein definiertes Stück Fleisch. Aus einem Wammerl kann durch Verkleben kein Schinken gemacht werden.

Drittens. Bei dieser Art der Produktion ist die Gefahr des Missbrauchs groß. Ich habe es vorhin schon einmal gesagt: Wenn kleine Stücke Fleisch zusammengeklebt werden, bietet es sich an, minderwertiges Fleisch zu nehmen. Das muss nicht sein, kann aber. Das führt zu einer Wettbewerbsverzerrung zulasten derer, die hochwertige Fleischprodukte aus der Region herstellen. Wenn Sie das nicht wollen, müssen Sie unserem Antrag folgen.

(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Kollegin, ich bedanke mich herzlich bei Ihnen, dass Sie unsere Einstellung und meine Ausführungen noch einmal klargestellt haben. Aus Ihren Ausführungen geht hervor, dass gekennzeichnet und dem Verbraucher dann die Entscheidung überlassen werden muss. Aus Ihrer Ausführung kann ich nicht heraushören, dass wir etwas verbieten müssten.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Nun wollen wir uns die Staatsregierung anhören. Frau Staatssekretärin Huml, bitte schön.

Lieber Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns alle einig, dass das oberste Gebot bei Lebensmitteln ist, dass kein gesundheitliches Risiko für die Verbraucher besteht.

Außerdem ist es genauso wichtig, dass die Kennzeichnung für den Verbraucher ersichtlich ist. Er muss wissen - egal ob Mann oder Frau, Kind, Senior usw. -, wenn er einkaufen geht, was er einkauft.

(Zuruf der Abgeordneten Renate Ackermann (GRÜNE))

Dieser Grundsatz muss eingehalten werden, und für den Verbraucher muss die Kennzeichnung klar und verständlich sein. Die Bayerische Staatsregierung wird sich auf Bundes- und auf europäischer Ebene einsetzen, dass klar gekennzeichnet wird, was im Klebefleisch und in anderen Produkten enthalten ist, damit der Verbraucher wirklich weiß, was er einkauft. Darum muss es uns allen gehen.