Protokoll der Sitzung vom 19.05.2010

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als überzeugter Bildungsföderalist muss ich dabei auch auf die Bundesebene verweisen, denn im Bund wird über die Einnahmen der Landeshaushalte ent

schieden. Schwarz-gelb trägt überall die Verantwortung, im Bund und im Land.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Leider!)

Sie machen eine ganz tolle Gleichung auf. Sie versprechen mehr Geld für Bildung, Forschung und Familien. Sie sagen, Sie hätten Milliardenausgaben für die Landesbank und die Hypo Alpe Adria. Sie haben Milliarden für die Finanzkrise ausgegeben. Sie reden von Steuersenkungen und machen Steuergeschenke. Wir haben die Wirtschaftskrise und sinkende Steuereinnahmen. Und Sie reden von Haushaltskonsolidierung und Null-Schulden. Diese Gleichung geht nicht auf, meine Kolleginnen und Kollegen. Sie kann nicht aufgehen. Das wissen alle. Das weiß auch die Bevölkerung. Das stellen Sie fest, wenn Sie mit den Menschen draußen reden.

Im kommenden Doppelhaushalt fehlen uns 5 Milliarden Euro. Deshalb wollen die Menschen wissen, wie Sie diese 1.000 Lehrerstellen finanzieren. Sie können keine Politik von Steuerschätzung zu Steuerschätzung betreiben - etwa nach dem Motto: Schaun’g ma mal, dann seng ma scho. Sie werden im Herbst in ein Haushaltsloch schauen und feststellen, dass Sie die 1.000 Lehrerstellen nicht finanzieren können.

Vielleicht hat Herr Spaenle auch den Koch gegeben und deutlich gemacht, dass bei einer solchen Finanzpolitik auch an der Bildung gespart wird. Wenn nicht, dann sagen Sie uns bitte, wie das geht. Bildung hat Priorität, das sagen übrigens alle. Wenn Sie aber sagen, Bildung hat Priorität, dann muss etwas anderes Posteriorität haben. Auf gut Deutsch: Wo sparen Sie, wo sind die Einschnitte? Die Fachpolitiker aller Fraktionen sind ganz gespannt; die Bevölkerung muss es wissen. Neben den Einschnitten, wie sieht es mit der Neuverschuldung aus? Machen Sie neue Schulden, um Lehrerstellen zu bezahlen, oder nicht? In welchem Maß wollen Sie Schulden aufnehmen? Sie werden sich mit Schweigen nicht über diesen Sommer retten können.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir GRÜNEN werden uns dieser haushaltspolitischen Verantwortung stellen. Wir werden in diesem Sommer Einsparungs- und Finanzierungsvorschläge machen.

Unser Antrag ist ein Lackmustest für Ihre Politik. Es ist ein Test, ob Sie Ihre Versprechen halten, ob die tausend Lehrerstellen auch kommen, ob diese Lehrerstellen auch finanziert sind. Die Regierungskoalition hat einen eigenen Antrag eingebracht. Dieser Antrag ist ganz interessant, wenn man ihn durchliest. Sie bekennen sich darin zu den Grundlagen des Koalitionsvertrages. Warum nennen Sie aber keine Zahlen aus

diesem Koalitionsvertrag? - In der Begründung nennen Sie Zahlen aus der Vergangenheit, aber was ist mit den zukünftigen Zahlen? Wir haben die Zahlen genannt, die in Ihrem Koalitionsvertrag stehen. Wir erwarten Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Freien Wähler darf ich jetzt Frau Kollegin Gottstein an das Rednerpult bitten.

(Von der Rednerin nicht autori- siert) Sehr geehrter Herr Präsident und, wieder einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen! Letzte Woche hat man, als in der Presse zu lesen war, der Koalitionsvertrag werde nicht eingehalten, zu überlegen begonnen. Man kommt dann zu verschiedenen Erklärungen. Einmal zu der, die gerade genannt worden ist: Aha, jetzt lässt er die Katze aus dem Sack. Oder man kommt zu der Erkenntnis: Die Not muss jetzt doch sehr groß sein. - Ich habe inzwischen aber eine andere Interpretation: Ein Hund ist er schon, oder: Er ist ein ganz Gerissener. Er weiß, es wird harte Verhandlungen geben. Er hat jetzt vier Dringlichkeitsanträge vorliegen, denen man eigentlich zustimmen muss. Mit diesem Pfund in der Hand kann er jetzt wuchern. Der Herr Finanzminister wird sich anstrengen müssen, dass bei der Bildung gestrichen wird. Unter diesem Aspekt, dass wir auf diese Weise die Einhaltung des Koalitionsvertrages haben werden, freue ich mich über so einen Ausrutscher. Eigentlich kann jetzt nichts mehr passieren. Wir wissen: Wir brauchen die Lehrer, wir bekommen die Lehrer. Dann ist doch schon ein Teil getan. Wir werden das genau beobachten. Wir werden allen vier Anträgen, auch dem Berichtsantrag der GRÜNEN, zustimmen. Wir werden warten, aber wehe, wenn - -.

Jetzt sind vier Anträge gestellt und ich denke, Sie werden erklären, Sie halten den Koalitionsvertrag ein. Ich weiß nicht, was Ihr Finanzminister dann noch tun kann. Ich hoffe, es bleibt dabei.

Für die CSUFraktion darf ich nun Herrn Kollegen Eisenreich an das Rednerpult bitten.

(Eberhard Sinner (CSU): So viel Einigkeit in der Bildungspolitik war selten!)

Meine Damen und Herren, selbst wenn stimmen würde, was Frau Gottstein gesagt hat, dann würden wir das nie zugeben.

(Heiterkeit bei der CSU)

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wenn man von der üblichen politischen Brachialrhetorik absieht, die insbesondere die SPD-Generalsekretärin vorgetragen hat, dann lässt sich feststellen: So viel Einigkeit in der Sache gibt es selten. Sie finden die Koalitionsvereinbarung von CSU und FDP gut. Wir finden sie auch gut.

(Beifall bei der CSU - Natascha Kohnen (SPD): Falsch, falsch! - Unruhe bei der SPD)

Sie sind bereit, ein zentrales Ziel der Koalition zu unterstützen, und bestätigen damit, dass die Koalitionsvereinbarung richtig ist, dass wir die richtigen Schwerpunkte gesetzt haben und über die richtigen Antworten verfügen. Über dieses Lob freuen wir uns sehr.

(Beifall bei der CSU - Lachen bei der SPD)

Die Diskussion, auch die öffentliche Diskussion der letzten Tage, hat gezeigt, dass nicht nur den Lehrern, den Eltern und den Schülern, sondern der großen Mehrheit der Gesellschaft Bildung ein zentrales Anliegen ist. Wir liegen also richtig, wenn wir sagen, dass auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Bildung in Bayern Priorität hat, dass bei der Bildung nicht gespart werden darf und dass jede Anstrengung unternommen werden muss, um unsere ehrgeizigen Ausbauziele zu erreichen.

Wir haben eine Reihe konkreter Ziele, die ich in diesem Antrag zusammen mit der Kollegin ausführlich dargelegt habe. Wir wollen die Klassenstärken weiter senken. Wir wollen die Ganztagsangebote weiter ausbauen. Wir wollen die individuelle Förderung weiter verbessern. Dafür brauchen wir - und deshalb sage ich, so viel Einigkeit gab es in der Sache noch nie zusätzliche Lehrerplanstellen. An vorderster Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen, kämpft dafür unser Kultusminister Ludwig Spaenle.

(Beifall bei der CSU)

Ich finde, er nimmt seine Verantwortung wirklich wahr, wenn er frühzeitig und nicht erst, wenn es zu spät ist, darauf hinweist, dass diese ehrgeizigen Ausbauziele bei einem gleichzeitigen Einbruch der Steuereinnahmen schwierig zu erreichen sind. Wir wollen glaubwürdig bleiben.

(Christa Naaß (SPD): Ihr wollt!)

Wir wollen unsere Versprechen halten. Wir wollen unser ehrgeiziges Programm erfüllen.

(Natascha Kohnen (SPD): Werden oder wollen?)

Schauen wir doch einfach die letzten beiden Jahre an, in denen die Koalition gearbeitet hat. Wir hatten das Ziel, 1.000 zusätzliche Lehrer pro Jahr. Was haben wir 2009 und 2010 gemacht? - Wir haben nicht nur 2.000 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen, wir haben die Forderung vielmehr übererfüllt, denn wir haben 2.700 zusätzliche Lehrerplanstellen geschaffen. Zusätzlich haben wir die demografische Rendite an den Volksschulen weitgehend bei den Schulen belassen. Wir haben die Ganztagsangebote ausgebaut und die Klassenstärke gesenkt. Wir haben die individuelle Förderung verbessert. Ich kann deshalb nur eines sagen: Wir beweisen unsere Glaubwürdigkeit durch Taten, und das ist der richtige Weg.

(Beifall bei der CSU)

Wenn schon von Bankrotterklärungen und ähnlichen Begriffen die Rede ist,

(Unruhe bei der SPD)

dann muss ich eines sagen: Wenn der Großteil der anderen Bundesländer genauso wirtschaften würde wie wir, dann müssten wir nicht jährlich 3,4 Milliarden Euro in den Ländenfinanzausgleich zahlen. Wir könnten unsere Ziele dann wesentlich leichter erreichen.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Für die FDPFraktion darf ich jetzt Frau Abgeordnete Renate Will ans Rednerpult bitten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich muss ich fast Danke sagen dafür, dass heute so viele Dringlichkeitsanträge eingereicht wurden. Wir hätten heute nämlich die Aktuelle Stunde zu diesem Thema gehabt. Die Aktuelle Stunde hätte geheißen: Vorfahrt für Bildung - 1.000 Lehrerstellen pro Jahr, am Koalitionsvertrag festhalten.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

- Nein, das kommt uns jetzt entgegen. Insofern ist es sehr wichtig, dass wir hier Klarstellungen haben. Der Dringlichkeitsantrag der Koalition beweist, Bildung hat für uns oberste Priorität, und das wird auch so bleiben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir haben es heute gehört: Gerade in schwierigen Zeiten wie diesen ist Bildung noch wichtiger. Wie wir alle wissen, müssen wir in Bildung investieren, weil das Zukunftsinvestitionen sind. Hier sind wir uns einig,

das hat Herr Kollege Eisenreich gerade gesagt. Es ist schön, dass wir uns auch einmal einig sind. Es heißt immer so schön, unser einziger Rohstoff ist Geist, und in den müssen wir investieren. Das steht außer Frage. Wir stehen deshalb zu unserem Wort.

Ich selbst war dabei, als diese Koalitionsvereinbarungen ausgehandelt wurden. Es war schwer genug, in Zeiten eines angespannten Haushaltes, wo man an allen Ecken und Enden sparen und auf das Geld schauen muss, zu sagen, an Bildung werde nicht gespart. Ich war diejenige, die das mit hinein verhandelt und gefordert hat: Mindestens 1.000 Lehrer kommen rein, und zwar zusätzlich zur demografischen Rendite, um endlich wahrmachen zu können, was wir wollen, nämlich die Klassen zu verkleinern und an allen Schulen bayernweit Ganztagsangebote einzuführen. Dies soll vor allem im Hinblick - vorhin ist es angesprochen worden - auf den Gedanken der Inklusion erfolgen, was notwendig macht, dass die Klassen kleiner werden. Ulrich Schäfer von der "Süddeutschen Zeitung" hat neulich gesagt: "Um die Spaltung der Gesellschaft zu mindern, muss der Staat vor allem in Bildung investieren, in Kindergärten und Schulen, und so die Aufstiegchancen der sozial Schwachen verbessern."

Für mich und unsere Fraktion ist Bildung ein zentrales Bürgerrecht und die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben in einer freien Bürgergesellschaft, auch vor dem Hintergrund des Inklusionsgedankens. Das steht außer Frage. Dazu stehen wir und deswegen werden wir alles daran setzen, dass wahr wird, was heute so heiß diskutiert wird und was in den letzten Wochen teilweise falsch interpretiert wurde.

(Zurufe von der SPD)

- Nein, ich habe mich sofort gemeldet und gesagt, das könne nicht sein, denn es sei so vereinbart. Bildung habe Priorität und solle auch Haushaltspriorität haben. Das wird - Sie haben es gehört - von allen Seiten bestätigt.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Welche denn? )

- Ja, welche denn? Einzelplan 05. Jeder kann es nachlesen. Es ist schon ausgeführt worden - ich muss das nicht wiederholen -, dass wir bereits 2.700 Lehrerstellen in den Haushalt eingestellt haben und dass wir insgesamt für den Ausbau der Ganztagsschulen Geld in die Hand nehmen.

Zu dem, was wir bisher in die Bildung investiert haben: Seit 2008 sind die Bildungsinvestitionen um knapp 10 % auf 9,4 Milliarden Euro gestiegen. Das kann sich wirklich sehen lassen. Wir haben jetzt einen eigenen Dringlichkeitsantrag eingebracht.

Ihre Dringlichkeitsanträge lehnen wir ab. Sie erübrigen sich durch unser klares und eindeutiges Bekenntnis zu den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages. Unser Dringlichkeitsantrag ist der Beweis, dass Bildung absolute Vorfahrt hat. Unsere Kernziele sind ein Ausbau der Ganztagsschulen bis zum Ende der Legislaturperiode und die Senkung der Klassenstärken in Grund- und Hauptschulen sowie an den weiterführenden Schulen, des Weiteren eine verbesserte intensive Förderung aller Schülerinnen und Schüler mit Hilfe von Intensivierungsstunden an allen Schularten. Ein wichtiges liberales Ziel ist - das ist auch das Ziel der Koalition insgesamt -, dass jeder Schüler und jede Schülerin den Abschluss machen kann, den sie oder er verdient und der zu ihm oder ihr passt. Deshalb müssen in der Fläche passgenaue Schulkonzepte entwickelt werden, und diese Möglichkeiten werden durch Intensivierung und durch Gelenkklassen geschaffen. Für diese hochgesteckten Ziele brauchen wir das Mehr von mindestens 1.000 Lehrern pro Jahr.