Protokoll der Sitzung vom 10.06.2010

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man könnte jetzt auf Bayerisch sagen: Jetzt haben wir den Dreck im Schachterl. Es ist aber viel schlimmer. Lieber Herr Markus Söder, lieber Herr Staatsminister: Ihre Versprechen und vor allem die Versprechen des Herrn Ministerpräsidenten Seehofer haben dorthin geführt, wo wir heute sind.

Ihre Politik war: Raus aus den Kartoffeln und rein in die Kartoffeln; eine Politik, die permanent zwischen Ablehnung und Zustimmung geschwankt hat und die nicht nur Bauern und Menschen verunsichert hat. In Europa machen Sie nach wie vor eine andere Politik, als Sie dies in Bayern sagen. Sie machen auch im Bund eine andere Politik, als Sie das in Bayern vermitteln. Bei der Gentechnik wird das noch einmal ganz deutlich: Sie haben die Menschen vorgeführt, Sie haben das nun bestehende Desaster mit verursacht. Sie sind schuldig geworden, dass dieses Dreckszeug draußen ist; warum auch immer das geschehen ist. Wenn man jetzt böse wäre, könnte man spekulieren, ob das nicht Absicht war, denn wenn es einmal draußen ist, kann man es nicht mehr zurückholen. Man wird das nicht beweisen können.

Ich bin beim ersten Punkt. Schade, dass der Herr Innenminister nicht da ist. Ich glaube, er ist für die Staatsanwaltschaften zuständig, wenn mich nicht alles täuscht.

(Zurufe von der CSU: Die Justizministerin ist das!)

- Die Justizministerin? - Die ist ja da. Wunderbar. Dann kann sie uns sicher Auskunft darüber geben, warum der Staatsanwalt bisher nicht tätig wurde. Es geht um ein Offizialdelikt, Kolleginnen und Kollegen. Nach meiner Meinung wäre es die verdammte Pflicht und Schuldigkeit dieses Staates, dafür Sorge zu tragen, dass sofort Ermittlungen beginnen, damit das Ganze nicht irgendwie im Pulverdampf untergeht. Ich bitte darum, dass heute noch geklärt wird, warum das nicht geschehen ist; wenn ja, was dabei herausgekommen ist.

(Beifall bei der CSU)

Nach meiner Kenntnis weiß das bisher niemand.

Das zeigt deutlich, wie locker man in Bayern nach wie vor mit so etwas umgeht. Jeden anderen kleinen Täter, der etwas verunreinigt, packen wir sofort an der Wäsche.

(Hubert Aiwanger (FW): Jeder kleine Metzger ist dran!)

- Zu Recht. Aber warum dann hier nicht? Warum ist nicht schon längst die Staatsanwaltschaft unterwegs, um herauszubekommen, wer was angestellt, wer was verbrochen hat? Wir meinen, das sind die Folgen einer verfehlten Agrarpolitik. Schade, dass der ehemalige Herr Landwirtschaftsminister nicht da ist. Er hat seinerzeit noch von 10-Meter-Abständen geträumt, und Sie, die meisten Kolleginnen und Kollegen, die hier sitzen, mit ihm. Sie haben uns mächtig

bekämpft, als wir seinerzeit gesagt haben, das würde nicht funktionieren. Sie haben sich dann von den Wählern halbherzig eines Besseren belehren lassen. Jetzt haben wir alle miteinander ein Problem.

Ich habe die Bitte an Staatsminister Söder, dass er heute kundtut, wo in Bayern das passiert ist. Das muss heute geschehen, nicht irgendwann. Denn wir müssen überlegen, wie wir das Zeug am schnellsten aus den Feldern entfernen. Ich warne davor, so locker zu sagen: Dann pflügen wir es halt unter. Sie wissen genauso gut wie ich, dass es Erfahrungen mit MON 810 gibt. So groß dürfte der Unterschied da nicht sein. Bei MON 810 haben wir gesehen, dass der genveränderte Mais durchwachsen kann. Wir hatten Fälle von Durchwuchs. Wer diesen Durchwuchs kennt, weiß, dass man das Zeug nicht so leicht aus den Feldern bringt, wie man bisher gedacht hat. Wir glauben, dass es dringend notwendig ist, alles daranzusetzen, dieses Dreckszeug aus den Feldern zu entfernen, und daran, dass so etwas nicht mehr passieren kann.

Wir fordern Sie auf, Sorge dafür zu tragen, dass diejenigen, die dieses Desaster angerichtet haben, der notwendigen Strafe zugeführt werden. Diese Strafe muss so heftig sein, dass so etwas in Zukunft nicht mehr passiert. Alle müssen von dieser Strafe so abgeschreckt werden, dass es keiner mehr probiert.

(Beifall bei der SPD)

Ein letztes Wort an die FDP, meine lieben Kolleginnen und Kollegen: Einen Unfall kann man das bei der Gentechnik nicht nennen. Kann man von einem Unfall beim Öl sprechen? - Wir hatten bisher das Glück, dass bei uns mit der Radioaktivität noch kein Unfall passiert ist. Sie sollten Ihre Technikgläubigkeit aufgeben; Sie sollten gemeinsam mit uns einen Weg in die Zukunft finden, der sicher für Mensch und Natur ist.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. Nächster ist Herr Füracker; dann kommt Herr Dechant. - Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Niveau Ihrer Ausführungen, Herr Kollege Wörner, spricht für sich: Sie wollen aus einem niedersächsischen Problem ein bayerisches machen.

(Hubert Aiwanger (FW): Es ist ein bayerisches Problem geworden!)

- Der Herr Schreiwanger beginnt schon wieder. Lassen Sie mich wenigstens eine Minute reden, ohne dass Sie dreinschreien.

(Hubert Aiwanger (FW): Das fällt mir bei Ihnen schwer!)

Es geht um ein niedersächsisches Thema, das zu einem bayerischen geworden ist, weil wir von Niedersachsen erst ein Vierteljahr, nachdem dort die Ergebnisse bekannt geworden sind, informiert wurden.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Wer regiert denn in Niedersachsen?)

Dafür können Staatsminister Söder und die Bayerische Staatsregierung nichts. Sie können noch so oft versuchen, das zu einem bayerischen Thema zu machen; es ist keines.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Das war Wulff!)

- Könnten Sie nicht einmal läuten, Herr Präsident?

Nun, Sie setzen sich schon durch.

Die Position der Bayerischen Staatsregierung und der CSU ist schon mehrfach dargestellt worden, zuletzt am 25. April dieses Jahres. Darüber brauche ich nicht mehr zu referieren. Wir lehnen den Anbau von Produkten aus der grünen Gentechnik ab. Dass nun dieses Saatgut unwissentlich und unverschuldet von den Bauern ausgesät wurde, ist in der Tat ein Ärgernis, das uns allen miteinander nicht gefallen kann. Aber heute so zu tun, als würden die bayerischen Behörden plötzlich durch die Initiative der GRÜNEN oder der SPD auf ein Problem aufmerksam, ist schon fast skurril. Staatsminister Söder hat längst angeordnet, dass das, was Sie heute in Ihren Dringlichkeitsanträgen fordern, geschehen wird, dass nämlich die betroffenen Felder von diesem Mais befreit werden. Insofern haben die Landwirte schon genug Ärger; da müssen wir heute im Landtag nicht mehr beschließen, dass jetzt auch noch veröffentlicht wird, auf welchen Feldern und bei welchem Landwirt eine solche Betroffenheit besteht. Meine Damen und Herren, wir stimmen gerne für einen Berichtsantrag, aber die Geschädigten auch noch in der Öffentlichkeit an den Pranger zu stellen, damit jeder weiß, auf welchem Feld und bei welchem Bauern das unverschuldet passiert ist, geht mir zu weit, das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen.

(Beifall bei der CSU - Hubert Aiwanger (FW): Das erfährt man sowieso, weil umgepflügt werden muss!)

Meine Damen und Herren, wir werden vielmehr die betroffenen Bauern gemeinsam mit den Verbänden unterstützen, wenn sie gegen die Schuldigen vorgehen. Es ist in der Tat ein Ärgernis, dass die Saatgutfirmen so tun, als wären sie nicht schuld daran. Gott sei Dank wurde gerichtlich klargestellt, dass die Saatgutfirmen den Behörden sagen müssen, wer Saatgut bekommen hat. Hier wird auch reagiert. Dass die Händlerdaten erst Anfang Juni bekannt gegeben werden mussten, hat dummerweise dazu geführt, dass der Mais bereits ausgesät ist und vernichtet werden muss. Die Staatsregierung handelt. Wir brauchen da keine großen Belehrungen. Der Mais wird beseitigt. Ich bin dafür, dass wir uns in beiden Ausschüssen diese Berichte geben lassen; das ist keine Frage.

Aber so zu tun, als wäre man der Retter des Bayernlandes von der grünen Gentechnik, wenn man nur auf den fahrenden Zug aufspringt, ist schon ein Stück weit ein Akt besonderer Verlogenheit, Herr Wörner. Deswegen haben wir einen eigenen Antrag eingebracht. Wir beantragen, dass über die Dinge berichtet wird und dass der Öffentlichkeit ganz klar kundgetan wird, wie das zustande kam, welche Konsequenzen bereits daraus gezogen werden, welche Konsequenzen daraus noch gezogen werden sollen. Deswegen ist unser Antrag für das ganze Haus zustimmungsfähig.

Den Antrag der GRÜNEN lehnen wir ab. Ich habe es schon angesprochen: Wir sind dagegen, Daten über Menschen zu veröffentlichen, die nichts dafür können und die nur den Schaden haben, damit andere mit dem Finger auf sie zeigen können. Das wird mit uns nicht geschehen. Lieber Herr Wörner, mehr als den ausgesäten Genmais zu beseitigen, kann man nicht tun. Über das, was Sie unter "Maisdurchwuchs" verstehen, können wir uns gerne einmal bei einer Halben Bier fachlich unterhalten; bei der Thematik kenne ich mich ein bisschen aus; da bin ich mir ganz sicher.

Im Antrag der Freien Wähler, lieber Herr Dr. Herz, wird von Glaubwürdigkeit gesprochen. Darin wird gefordert, auf die Saatguthersteller einzuwirken bzw. gesetzlich sicherzustellen, dass sich solche Fälle nicht wiederholen können. Diese Forderung ist sehr mutig. Ich gratuliere ganz herzlich! Wissen Sie was? - In Amerika gibt es die Todesstrafe auf Mord. Sie verhindert auch nicht, dass Morde stattfinden.

(Hubert Aiwanger (FW): So ein Krampf, mein Gott naa! Hören Sie doch auf!)

Sie werden mit noch so vielen gesetzlichen Vorgaben nicht verhindern können, dass irgendjemand gegen ein Gesetz verstößt. Es geht auch um das Thema Glaubwürdigkeit, wenn man den Menschen vorgau

kelt, dass es keine Probleme mehr gäbe, wenn man nur an den Gesetzen etwas veränderte.

(Hubert Aiwanger (FW): Sie fordern doch immer Gesetzesverschärfungen!)

In der Summe möchte ich feststellen, dass die niedersächsischen Behörden die bayerischen Behörden in der Tat zu spät informiert haben. Die bayerischen Behörden sind seit Bekanntwerden eingeschritten. Sie haben das getan, was angezeigt ist; das Weitere werden sie noch tun. Die Anträge auf einen Bericht sind in Ordnung, aber jemanden an den Pranger zu stellen, der ohnehin schon genug Schaden hat, finden wir nicht in Ordnung. Deswegen werden wir dem Antrag, den wir gemeinsam mit der FDP gestellt haben, zustimmen; die anderen Anträge werden wir logischerweise ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege, bleiben Sie bitte noch einen Moment da; Herr Dr. Herz hat noch eine Zwischenintervention. - Ich bitte um mehr Aufmerksamkeit.

Herr Kollege Füracker, nach Ihren Ausführungen ist es eigentlich hinfällig und nicht mehr nötig, dass wir uns in diesem Hohen Hause über das Thema Gentechnik und Wahrhaftigkeit bei Entscheidungen der Politik unterhalten.

Stimmen Sie mir zu, Herr Dr. Herz, dass die Forderung, wir sollten auf die Saatguthersteller einwirken bzw. gesetzlich sicherstellen, dass sich solche Fälle nicht wiederholen können, in der Tat kompliziert zu realisieren sein dürfte? Ich bin höchst gespannt auf den Vollzug dieses Antrags und darauf, wie Sie das gesetzlich sicherstellen wollen. Wenn wir Ihrem Dringlichkeitsantrag zustimmen würden und es gäbe wieder so einen Fall, wären Sie die Ersten, die sagen, wir hätten das nicht entsprechend gesetzlich sichergestellt.

Die Tatsache, dass bekannt wurde, dass dieses verunreinigte Saatgut ausgebracht wurde, haben wir letztlich behördlichen Kontrollen, die staatlicherseits durchgeführt wurden, zu verdanken. Insofern ist der Vorgang doch ein Beweis dafür, dass die staatliche Kontrolle in diesem Bereich greift.

(Beifall bei der CSU)

Schade ist natürlich, dass uns das niedersächsische Ministerium erst im Mai gemeldet hat, was im Februar offensichtlich vorgefunden wurde. Deswegen sage ich Ihnen: Daraus einen Skandal der Bayerischen Staatsregierung zusammenzudichten und Staatsminister

Söder für das verantwortlich zu machen, was hier geschehen ist, bringt mich zu der Aufforderung an Sie: Etwas mehr Niveau bitte, etwas mehr Niveau!

(Beifall bei der CSU)

Der nächste Redner ist Herr Dechant, der sich bereits auf den Weg gemacht hat. Danach hat sich Herr Staatsminister Söder zu Wort gemeldet.

Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nun ein Stück weit zur Sachlichkeit zurückkehren.

(Heiterkeit bei der SPD)

Bei allem Respekt, die Ausdrücke, die hier fallen, finde ich teilweise schon etwas daneben. Ich möchte festhalten, dass der Antrag immerhin wirklich dringlich ist. Das Problem ist akut. So viel muss ich festhalten. Der Antrag ist jedoch überflüssig, weil die Staatsregierung alles dafür tut, Gesetzeskonformität herzustellen. Der Staatsanwalt wird nicht von der Politik, sondern von den Gesetzen gesteuert. Sollte der Staatsanwalt seine Ermittlungen aufnehmen müssen, wird er dies auch tun.