Protokoll der Sitzung vom 10.06.2010

(Beifall bei der CSU)

Das ist eine Tatsache, die nun auch Folgebelastungen mit sich bringt. Es war damals eine Entscheidung, für die man Beifall bekommen hat. Heute allerdings müssen wir die Bürde auf uns nehmen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Soziale Gerechtigkeit heißt auch, nachfolgenden Generationen gesunde Staatsfinanzen zu hinterlassen. Das ist nachhaltige Politik und ganz besonders Sozialpolitik. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der CSU: Bravo!)

Danke, Herr Kollege Winter. Für die Freien Wähler bitte ich Herrn Pointner ans Rednerpult.

Frau Präsidentin, meine liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln heute ein Thema, über das vor einigen Tagen in Berlin nach langen Verhandlungen Beschluss gefasst wurde. Und nun sollen wir dieses Thema im Rahmen eines Dringlichkeitsantrags in ein paar Minuten abhandeln. Das ist natürlich ungeheuer schwierig, weil es in diesem ganzen Sparpaket eine Vielfalt einzelner Probleme gibt. Das Sparpaket ist mit einem Kraftakt beschlossen worden, wie es die Bundeskanzlerin formuliert hat, und es war von vornherein klar, dass nicht alle einverstanden sein würden. Dass Sparen schwierig ist, werden wir in den nächsten Monaten auch hier im Bayerischen Landtag erleben, wenn der Doppelhaushalt 2011/2012 beraten wird.

Aber - Kollege Winter hat das bereits angesprochen am Sparen führt angesichts der Staatsverschuldung kein Weg vorbei. Auch ohne die Neuverschuldungsgrenze im Grundgesetz und ohne die EU-Vorgaben müssten wir die Neuverschuldung zurückführen. Dies gebietet die Verantwortung für die Zukunft unserer Jugend.

Wir reden im Grunde nur von der Rückführung der Neuverschuldung und nicht einmal von der Rückführung der Verschuldung. Darüber wird überhaupt noch nicht gesprochen.

Wenn wir die heutige Diskussion Revue passieren lassen, ist es umso unverständlicher, dass wir noch vor ein paar Monaten hier im Hohen Hause über das Wachstumsbeschleunigungsgesetz sprechen mussten. Damit haben die Regierungsfraktionen im Bund noch vor einigen Monaten Steuergeschenke verteilt, die wir jetzt anderen wegnehmen müssen, damit der Haushalt einigermaßen in Ordnung kommt.

Entscheidend für die Akzeptanz von Sparmaßnahmen ist, dass sie sozial ausgewogen sind, dass sich alle Bevölkerungsteile nach ihren Möglichkeiten beteiligen, auch die starken, nicht nur die schwachen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Entscheidend ist auch - das ist ein Maßstab für Sozialleistungen -, dass jeder bei uns menschenwürdig leben soll.

Genauso entscheidend ist aber auch, dass es sich um eine echte Konsolidierung des Haushalts handelt, dass es keine Luftnummern gibt und dass keine Verschiebungen in die Zukunft erfolgen und auch keine Verschiebungen auf die Länder oder Kommunen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Wenn ich mir nun die Sparvorschläge ansehe, erkenne ich, dass diese den Vorgaben nicht gerecht werden. Ich habe heute Morgen im Radio gehört, dass Ihr Vordenker, Herr Glück - ich weiß nicht, ob er es heute noch ist -, gesagt hat, hier bestehe eine soziale Schieflage. Der Wirtschaftsbeirat der Union, der heute ebenfalls schon erwähnt wurde, hat das genauso formuliert. Auch in seinen Augen muss man die Starken belasten, wenn man schon den sozial Schwachen etwas wegnimmt. Damit werden sowohl Spitzensteuersatz wie auch Reichensteuer eine Notwendigkeit.

Ich denke, die Bundesregierung muss hier nachjustieren. Allerdings wird das wohl erst nach der Bundespräsidentenwahl erfolgen, um bis dahin keine Unruhe in das Ganze zu bringen und vielleicht die Wahl eines bestimmten Kandidaten zu gefährden.

Trotz aller Sympathien für den Vorschlag der SPD und GRÜNEN können wir den Antrag in dieser pauschalen Form leider nicht akzeptieren. Wir sind sicher nicht uneingeschränkt gegen jegliche Kürzung im Sozialbereich und man muss durchaus jeden Einzelfall überprüfen. Es gibt aber gerade auch im Sozialbereich beispielsweise bei den Hartz-IV-Empfängern Dinge, bei denen etwas über das Ziel hinausgeschossen wurde. Und da muss durchaus einmal untersucht werden, ob das so sein muss.

Darauf komme ich noch. Zunächst aber möchte ich darauf hinweisen, dass diese Sparvorschläge auch Einnahmeverbesserungen enthalten, die wir durchaus begrüßen, wenn sie denn kommen sollten.

Ich nenne zum Beispiel die Luftverkehrsabgabe, die dringend notwendig ist und die hoffentlich auch kommt. Ich habe schon gehört, dass sich einige dagegen wehren. Das ist schon klar, aber diese Luftverkehrsabgabe ist allein aus ökologischen Gründen erforderlich. Vor allen Dingen beseitigt sie einen Wettbewerbsnachteil anderer Verkehrsträger, da bisher der Luftverkehr keine Kerosinsteuer zahlt. Das wäre in meinen Augen also eine positive Geschichte.

Sinnvoll wäre auch eine Brennelementesteuer, wenn sie nicht an die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke gebunden wäre.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Die Begründung, dass damit die Kosten für die Stilllegung von Kraftwerken getragen werden müssten, ist für mich schon etwas erstaunlich. Diese Kosten entstehen genauso wie für die Endlagerung oder für die Sanierung von Asse auch ohne Verlängerung der Laufzeiten.

Sinnvoll wäre es auch, eine Ausnahmeregelung bei der Ökosteuer für die energieeffizienten Unternehmen einzuführen. Für uns ganz wichtig wäre darüber hinaus die Finanzmarktabgabe. Sie ist dringend geboten. Da ginge es nicht nur darum, Geld in die leeren Kassen zu bringen, sondern auch darum, ein längst überfälliges Zeichen gegen willkürliches Spekulantentum zu setzen. Wir werden die Koalition bei diesen Überlegungen an ihren Worten messen und auf die Fristeinhaltung für die Einführung bis spätestens zum Jahre 2012 drängen.

Den Steuersatz für Reiche habe ich schon genannt. Aber leider wird das nicht ausreichen, um die desolate Finanzlage in Ordnung zu bringen. Es müssen auch im sozialen Bereich in einigen Punkten Einsparungen vorgenommen werden. Das habe ich schon angesprochen. Ich denke da zum Beispiel an die Arbeitsförderung.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Ich möchte jetzt nicht ins Detail gehen. Es gibt aber eine Unmenge von Fördermaßnahmen, wo dies möglich wäre. Aus meiner langjährigen Erfahrung und als Mitglied im Verwaltungsausschuss eines Arbeitsamtes weiß ich, dass einige dieser Maßnahmen relativ wirkungslos sind. Sie nutzen hauptsächlich denen, die dieses Förder- oder Leistungsangebot erbringen. Da muss man einmal prüfen, ob das alles Sinn macht.

Wenn die Bemessungsgrundlage beim Elterngeld von 67 auf 65 % für bestimmte Einkommen verkürzt wird, dann ist das nicht so dramatisch. Wir haben es durchgerechnet: Es macht ungefähr 25 Euro pro Monat aus.

Das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger ist meines Erachtens systemwidrig, weil man es dafür bekommen sollte, dass man als Arbeitnehmer zu Hause bleibt. Wenn für neugeborene Kinder ein höherer Aufwand erforderlich ist, was durchaus denkbar wäre, sollte man das im Zusammenhang mit der Neuregelung dieser Kinderregelsätze in Ordnung bringen.

Man könnte noch einige andere Punkte ansprechen, aber das würde zu weit führen. Aber eines muss klar sein: Wenn breiten Teilen der Bevölkerung finanzielle Opfer abverlangt werden, ist es unabdingbar, auch darüber nachzudenken, in welcher Form die Verursacher dieser weltweiten Finanzkrise zu deren Beseitigung herangezogen werden. Es geht nicht an, dass einige wenige die Suppe einbrocken, die letztlich eine ganze Gesellschaft auslöffeln muss,

(Beifall bei Abgeordneten der Freien Wähler)

während sich diese Verursacher unbehelligt und gar mit schamlos großen Abfindungen zur Ruhe setzen oder davonstehlen können.

Wir Freien Wähler treten insbesondere für die Belange der Kommunen ein. Deswegen werden wir bei aller Notwendigkeit nicht Maßnahmen befürworten können, die die finanzielle Lage der Kommunen verschlechtern. Ich spreche die Rentenversicherung für die Hartz-IV-Empfänger an. Wenn nämlich dieser Rentenbeitrag nicht mehr bezahlt wird, bei dem es nicht um viel Geld geht, das ist schon klar, wird das auf die Kommunen verlagert, weil diese über die Grundsicherung diesen Ausgleich erbringen müssen, wenn die Leute in Rente gehen.

Etwas anderes ist es im Übrigen, wenn ich den Antrag der GRÜNEN anschaue, bei den Zuschlägen für das ALG II. Wenn diese wegfallen, ist es schlimm für die Leute, aber die Kommunen werden dadurch nicht belastet, weil das die Leistung der Arbeitsagentur ist und

die Kommunen ohnehin für diese Leute die Kosten der Unterkunft tragen müssen.

Noch einmal zusammenfassend: Wir werden, eben weil sie so pauschal gehalten sind, den beiden Anträgen der SPD und der GRÜNEN nicht zustimmen können. Ich betone allerdings, dass das nicht bedeutet, dass wir damit dem Sparpakt der Bundesregierung zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Freien Wähler - Ha- rald Güller (SPD): Eine schwierige Operation!)

Danke, Herr Kollege Pointner. Ich bitte jetzt Herrn Klein für die FDP ans Pult.

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Laut einer neuen Umfrage sprechen sich 73 % für das Sparen aus. Ich denke, das ist eine gute Zahl. Sie unterstützt dieses Sparpaket.

Ich muss an dieser Stelle ganz am Anfang schon einmal eines sagen: Sie fordern immer einen soliden Haushaltskurs ein. Sie fordern, dass wir in dieser Situation sparen. Dann legt die Bundesregierung ein Sparpaket vor und Sie haben nichts anderes zu tun, als es nicht nur zu zerpflücken, sondern auch noch die komplette Ablehnung zu signalisieren, wenn wir Teile Ihres eigenen Wahlprogramms durchsetzen. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, das ist nicht überzeugend.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Dieses Sparpaket, das die Bundesregierung dieser Bundesrepublik Deutschland vorgelegt hat, kommt ohne Erhöhung der Mehrwertsteuer, ohne Erhöhung der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlages aus. Das ist ein entscheidender Unterschied zu dem, was die Große Koalition 2005 durchgeführt hat.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Ich denke, daran sollte sich die SPD messen lassen, wenn sie hier markige Sprüche vom Podium loslässt.

(Thomas Hacker (FDP): So lange ist das noch nicht her!)

80 Milliarden Euro wollen wir weniger Schulden machen, wollen wir sparen. Das ist das größte Sanierungspaket in der Nachkriegsgeschichte. Jede Forderung nach Steuererhöhung, in welchem Bereich auch immer, gerade im Bereich der Einkommensteuer, ist Gift für das aufkeimende Wachstum, das wir hier vorfinden.

Jede Forderung, die sich auf den Spitzensteuersatz bezieht, ist Gift. Sie beziehen den Spitzensteuersatz immer nur auf Millionäre, aber viel mehr ist die breite Mittelschicht betroffen. Es ist nicht sinnvoll, eine Erhöhung der Einkommensteuer insbesondere im Spitzensteuersatz zu fordern, auch wenn das populistisch sehr gut klingt. Das bedeutet nicht nur die Beteiligung der Reichen, sondern auch der breiten Mittelschicht, die wir gerade stützen und entlasten wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Es geht auch um viel wichtigere Ziele, als dass wir uns in einem Klein-Klein über dieses Sparpaket auslassen und es blockieren wollen. Es geht darum, dass wir unser Defizit in den Griff bekommen. Wir wollen 2013 die Maastricht-Kriterien wieder erfüllen, und wir wollen auch die Anforderungen der Schuldenbremse erfüllen. Das alles tun wir in einem ersten Schritt mit diesem Sparpaket, und deswegen ist es auch zu unterstützen, was die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wir streichen nicht im Bildungsbereich, wir gehen den Subventionsabbau an. Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass wir in Berlin immer noch an der Steuerstrukturreform arbeiten. Auch da sind die Subventionen mit drin, das ist nicht abschließend in diesem Paket verarbeitet.

Wir werden die Verwaltung verschlanken, wir werden die Finanzbranche beteiligen und wir werden den Sozialstaat stabilisieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich möchte Ihnen eines sagen: Ich erinnere an die Zeit, als wir zusammen an der Bundesregierung waren, 1975 unter Helmut Schmidt: Die SPD unter Helmut Schmidt wünschte ich mir heute.