Protokoll der Sitzung vom 14.07.2010

(Markus Rinderspacher (SPD): Aber niemanden von der SPD! - Martin Güll (SPD): Und nicht an der Tankstelle!)

- Herr Rinderspacher, ich werde das nächste Mal noch mehr darauf achten, wie Ihre Selbsterklärung vollzogen wird.

Sie schreiben - das ist interessant -, dass alkoholische Getränke vor allem vor Partys bevorratet werden. Nach Ihrer Logik müsste man als Nächstes Partys verbieten. Das wäre doch eigentlich die logische Konsequenz. Klar, Alkohol ist ungesund. Welches Verbot soll denn als Nächstes kommen? Das Verbot von Süßigkeiten? Das Verbot des Autofahrens, weil es Unfälle geben kann? - Mit diesen Verboten gehen Sie am Jugendschutz vorbei. Ich fordere, dass Sie den Jugendschutz ernst nehmen durch Prävention. Wir haben eine Menge Projekte: Das Projekt "Hart am Limit - HaLT". Dies gibt es inzwischen an 29 Standorten und es ist in allen Bezirken vertreten. Wir haben andere Projekte, wie "Na toll", "Disco-Fieber" und den von Andreas Fischer erwähnten sehr erfolgreichen "Aktionsplan Jugendschutz".

Ich persönlich könnte mir vorstellen, einen Jugendlichen, wenn er nach dem Komasaufen wieder nüch

tern ist, eine Nacht in die Ausnüchterungszelle zu stecken, damit er sieht, wie das ist.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Das ist Freiheitsberaubung!)

- Er soll nicht eingesperrt werden. Er soll das kennenlernen und besichtigen.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Ist das aktiver Jugendschutz?)

Ich habe mit Jugendlichen gesprochen. Sie fanden die Idee gar nicht schlecht, sich das einmal anzusehen. Man lernt durchaus etwas dabei. Ich habe nicht gesagt, dass man sie zwingen soll. Ich habe auch nicht gesagt, dass man sie einsperren soll. Aber man soll es ihnen zeigen. Das wäre die richtige Konsequenz.

(Zuruf von der SPD: Wenn man Sie hört, kann man sich nur besaufen! - Lachen bei der SPD und den Freien Wählern)

Es gibt jede Menge Programme für ernsthaft Süchtige. Es gibt die Heckscher Klinik in München. Es gibt den Jugendbauernhof Freedom, es gibt das Projekt "Impuls" in Ottobeuren und noch viele andere Möglichkeiten.

(Harald Güller (SPD): Jetzt haben wir die Gnade der abgelaufenen Redezeit!)

Bitte denken Sie an Ihre Redezeit.

Meine Damen und Herren, Ihr Gesetzentwurf ist unlogisch. Wenn Sie wollen, dass eine bestimmte Altersgruppe nicht trinkt, können Sie das nicht durch Verkaufsbeschränkungen auf bestimmte Uhrzeiten erreichen. Ich möchte nicht, dass wir sommerliche Blüten treiben, sondern dass wir Jugendschutz ernst nehmen.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Sagen Sie das der FDP in Baden-Württemberg!)

Frau Sandt, bleiben Sie bitte am Redepult. Es gibt eine Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Glauber.

Frau Sandt, Sie sind bald seit zwei Jahren jugendpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. Manchmal frage ich mich, ob Sie sich mit den Themen beschäftigen. Zwei Jahre erzählen Sie diesem Haus, dass Sie etwas tun werden. Getan haben Sie nichts. Ich frage Sie, in welcher Welt Sie leben. Sollen wir bis 2013, bis zu den nächsten Wahlen warten, bis Sie sich etwas überlegt haben? - Ich

bin der Meinung, dass Sie sich als jugendpolitische Sprecherin mit dem Thema befassen und konkrete Vorschläge auf den Tisch legen sollten.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Ich habe gerade erwähnt, dass wir jede Menge Präventionsprogramme haben. Wir haben den gemeinsamen Antrag, dass wir das Projekt in Baden-Württemberg beobachten werden. Es wird also einiges getan. Wir wollen aber Schnellschüsse, die am Ziel vorbeigehen, abwehren und verhindern.

(Beifall bei der FDP - Dr. Paul Wengert (SPD): Was machen Sie denn?)

Meine sehr geehrten Herren und Damen! Wir haben noch zwei Wortmeldungen: Zunächst Herrn Huber und dann Herrn Wirtschaftsminister Zeil.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In dieser Debatte wurden einige Scheinalternativen dargestellt. Deshalb möchte ich unsere Position noch einmal zusammenfassen, die vom Kollegen Stöttner schon gut dargestellt wurde. Ich darf aber auch sagen, dass uns die Argumentation von Herrn Hartmann gut gefallen hat. Zur Beruhigung der FDP darf ich sagen, dass das keine Anbahnung von Schwarz-Grün in Bayern ist.

Erstens. Es ist ein besorgniserregender Missbrauch von Alkohol bei Jugendlichen zu verzeichnen. Die Zahlen sind genannt worden. Ich möchte eine ergänzen: Im letzten Jahr sind in Deutschland 27.000 Jugendliche in Krankenhäuser eingeliefert worden, in Bayern vermutlich etwa 5.000. Das sind viel zu viele. Das ist ein sozialer Missstand. Es kann nicht weiter zugesehen werden. Zweitens. Das vorliegende Instrumentarium reicht nicht aus oder es wird nicht entsprechend angewandt. Es gibt also Handlungsbedarf, ganz ohne Zweifel. Ich möchte die SPD aber bitten, hier nicht so zu tun, als ob ihr Vorschlag die Lösung wäre und als ob diejenigen, die gegen diesen Vorschlag sind, nichts gegen den Alkoholmissbrauch von Jugendlichen tun wollten.

(Beifall bei der CSU, der FDP und eines Abge- ordneten der GRÜNEN)

Sie stellen uns damit in eine Ecke, in der wir nicht stehen und in die wir auch nicht hineingehören.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Aber das ist jetzt Ihre Chance!)

Möglicherweise haben Sie ein gutes Motiv, Sie wollen etwas tun, aber - ich komme zum dritten Punkt -: Das

Instrument, das Sie heute vorschlagen, ist wirkungslos. Es ist ein Placebo. Vielleicht trägt es zu Ihrer eigenen Beruhigung bei, es führt aber vermutlich nicht dazu, dass auch nur eine Flasche weniger verkauft wird.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Das sagt die schwarz-gelbe Regierung in Baden-Württemberg auch!)

Ihre wesentliche Forderung ist das Verkaufsverbot an Tankstellen. Sie wissen, davon werden all die Tankstellen nicht erfasst, die eine gaststättenrechtliche Genehmigung haben. Von den 2.500 Tankstellen in Bayern sind davon vermutlich nur 500 Tankstellen betroffen, 2.000 hingegen nicht. Die 500 betroffenen, das sind die kleinen Tankstellen, denn die großen haben eine gaststättenrechtliche Genehmigung. Die kleinen haben in der Regel nachts ohnedies nicht offen. Was Sie vorschlagen, und das muss ich Ihnen leider sagen, ist ein Placebo, das die Wirklichkeit in Bayern nicht verändern wird. Tun Sie deshalb nicht so, als wären Sie, die SPD, die Einzigen, die etwas tun, wir hingegen nicht.

Wir haben bereits gestern einen umfangreichen Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion beschlossen. Ich bedaure, dass die SPD ihm nicht zugestimmt hat. Wir fordern darin nicht nur einen Bericht der Staatsregierung bis zum Herbst dieses Jahres an, sondern wir erteilen der Staatsregierung auch den Auftrag, bis zum Herbst ein umfassendes Konzept vorzulegen. Dieses Konzept umfasst alle Maßnahmen der Prävention und darüber hinaus die Feststellung dessen, was bereits heute als Vollzugsdefizit festgestellt werden kann. Das Gesetz zum Schutz der Jugendlichen in der Öffentlichkeit wird viel zu wenig kontrolliert.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Genau!)

- Das sage ich doch. Sie müssten unserem Antrag zustimmen. Warum stimmen Sie nicht zu? - Es muss mehr kontrolliert und härter bestraft werden. Außerdem entspricht die Abgabe von Alkohol an Tankstellen dem eigentlichen Zweck dieser Verkaufsmöglichkeit, der Abgabe von Reiseproviant, überhaupt nicht. Ich kann nicht erkennen, dass sich jemand mit Reiseproviant versorgt, wenn er an einer Tankstelle drei Flaschen Wodka kauft. Dafür ist diese Verkaufsstelle nicht da. Deshalb muss auch diesbezüglich kontrolliert werden, beispielsweise von den Kreisverwaltungsbehörden.

(Beifall des Abgeordneten Klaus Stöttner (CSU))

Deshalb fordere ich Sie auf, gemeinsam mit uns ein Gesamtpaket zu schnüren, welches die Maßnahmen der Prävention ebenso umfasst wie die Frage des

Vollzugsdefizits. Wir sind auch bereit, falls weitere Maßnahmen notwendig sein sollten, zu prüfen, ob das geltende Recht verschärft werden muss, sei es auf Landes- oder auf Bundesebene. Hier aber so zu tun, als ob ein Verbot des Verkaufs, so wie Sie das vorschlagen, auch nur ein Stückchen des Problems lösen könnte, ist eine falsche Darstellung. Ich bitte Sie deshalb noch einmal: Unterstellen Sie uns nicht, wir würden nichts tun wollen oder wir wären nicht besorgt. Wir werden gemeinsam mit der Staatsregierung im Herbst wirksame und deutliche Maßnahmen beschließen. Was jetzt in Bayern geschieht, kann so nicht bleiben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Huber, bleiben Sie bitte am Redepult, denn es kam überraschend eine Meldung für eine Zwischenbemerkung von Herrn Abgeordneten Wörner.

Herr Kollege Huber, zunächst einmal möchte ich gerne von Ihnen wissen, wie Sie auf die Zahl von 500 Tankstellen kommen. Sie sagen, die Gesetze und Verordnungen, die wir schließlich alle selbst beschlossen haben, bräuchten nur angewandt zu werden. Ich gebe Ihnen recht, wenn Sie sagen: Wir haben den Jungendschutz, und wir haben harte Strafen. Wir brauchen aber keinen parlamentarischen Auftrag, dass die Vollzugsbehörde für den Vollzug der Gesetze sorgt. Das ist doch eigentlich eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit. Offensichtlich unterscheiden wir uns in dieser rechtsstaatlichen Auffassung. Sie sagen, hier bedarf es nur eines Machtworts des Innenministers und des notwendigen Personals. Deshalb möchte ich von Ihnen wissen, weshalb wir eine Initiative brauchen, wenn wir nach Ihrer Meinung bereits ein ausreichendes Instrumentarium haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege, vielleicht haben Sie mir nicht zugehört, vielleicht waren Sie schon damit beschäftigt, in Gedanken Ihre Intervention zu formulieren. Ich habe jedenfalls gesagt, erstens brauchen wir Prävention. Zweitens haben wir ein Vollzugsdefizit. Das habe ich festgestellt. Es sind aber viele Behörden und mehrere Ministerien davon betroffen. Den Auftrag zu geben, diesem Vollzugsdefizit energisch nachzugehen, ist durchaus eine Aufgabe des Parlaments. Im Übrigen: Wenn Sie sagen, Sie stellen keine solchen Anträge mehr, wären unter dieser Prämisse drei Viertel Ihrer Anträge obsolet. Es geht nicht um die Frage, ob das geschriebene Recht stimmt. Es ist vielmehr zu prüfen, ob das vorliegende Recht in dem Sinne vollzogen wird, wie der Landtag das will.

Ich meine, Sie sollten uns zustimmen, wenn wir feststellen: Es gibt Handlungsbedarf.

(Beifall des Abgeordneten Klaus Stöttner (CSU))

Ihr Gesetzentwurf ist unwirksam und deshalb sage ich drittens, ich habe geschätzt, an wie vielen Tankstellen eine gaststättenrechtliche Genehmigung vorliegt.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Das ist falsch! Nur ein Fünftel davon hat eine Konzession!)

- Vielleicht sind es auch weniger, darüber will ich mit Ihnen nicht streiten, Herr Dr. Wengert. Die anderen Tankstellen können die Konzession aber sofort beantragen. Der Status quo ist doch nicht zementiert. Wenn bei den Tankstellen, die keine Lizenz zum Alkoholverkauf haben, das Alkoholverkaufsverbot in Kraft tritt, können diese jederzeit zur Kreisverwaltungsbehörde gehen und dort mit einem relativ geringen Nachweis eine Lizenz bekommen. So würde Ihr Gesetz unterlaufen. Ein kluger Gesetzgeber denkt auch an die Ausweichregelungen. So klug müssten Sie doch sein.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Davon können Sie ausgehen, Herr Kollege!)

- Wissen Sie, ich habe den Eindruck, Sie wollen hier den Anschein erwecken, Sie tun etwas, wir hingegen nicht. Das ist falsch. Wenn Sie sich selbst auf ein derartiges moralisches Podest stellen, dann muss ich Sie darauf hinweisen: Sie werden bald herunterfallen, denn das, was Sie vorschlagen, ist im Wesentlichen unwirksam. Ich sage es deshalb noch einmal: Wir sind bereit, im Herbst ein Gesamtkonzept zu beschließen, das Prävention, die Behebung des Vollzugsdefizits und gegebenenfalls weitere gesetzliche Möglichkeiten enthält. Der Wirtschaftsminister wird gleich darstellen, was in Bezug auf das Gaststättenrecht bereits geplant ist. Abschließend möchte ich aber noch sagen: Der Staat allein wird das Problem nicht bewältigen können.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege Huber, wir haben noch eine Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Dr. Fahn. Bitte schön.