Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen uns auf das konzentrieren, was das Thema ist. Die Freien Wähler haben einen Antrag gestellt "Pilotprojekt zur Reduzierung der elektromagnetischen Strahlenbelastung durch Mobilfunk initiieren". Über diesen Antrag müssen wir diskutieren, nicht über die Bedeutung niederoder hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung. Wenn man diesen Antrag im Einzelnen analysiert, glaube ich, dass die Freien Wähler ein Eigentor geschossen haben; denn in der Begründung wird ausge
führt, dass derzeit eine solche Studie in 283 französischen Kommunen läuft. Ich als Parlamentarier frage mich: Warum sollen wir eine Studie, die in Frankreich läuft, hier in Bayern wiederholen? Warten wir doch einmal die Langzeitergebnisse ab. Dann können wir uns ein Urteil darüber bilden, wie sich die elektromagnetische Strahlung auf die Franzosen ausgewirkt hat. Sie können nun anführen, dass sich die französische Studie vom Studiendesign her von der von Ihnen beantragten Studie unterscheide. Vielleicht spielen die Franzosen auch schlechter Fußball. Aber ansonsten sind die Franzosen genauso elektromagnetisch beeinflussbar wie die Menschen in anderen Ländern auch. Im Hinblick auf das Studiendesign lohnt sich eine Wiederholung dieser Studie nicht. Wir sollten die Ergebnisse abwarten.
Herr Kollege Dr. Fahn, ich glaube, dass Sie ernsthaft an den Auswirkungen der elektromagnetischen Strahlung interessiert sind. Das ist aber nicht das Thema dieses Antrags. Wir werden diesen Antrag ablehnen, weil wir der Meinung sind, dass er bereits umgesetzt wird.
Lassen Sie mich drei oder vier kurze Anmerkungen machen: Herr Kollege Dr. Runge, ich nehme das Thema, wie wir mit den Grenzwerten, über die seit längerer Zeit diskutiert wird, umgehen sollten, sehr ernst. Das gilt auch für die Frage nach den validen Daten, die als Grundlage für eine neue Grenzwertdiskussion infrage kommen. Hier müssen wir zunächst denen glauben, die diese validen Daten in ihren Studien ermittelt haben. Einige Erkenntnisse stammen jedoch aus viel zu kurzen Untersuchungen und sind deshalb nicht valide. Die Daten, die von der WHO und im Rahmen des Deutschen Mobilfunkforschungsprogramms ermittelt wurden, deuten im Moment nicht darauf hin, dass die Gesundheit in irgendeiner Weise geschädigt wird.
Die Diskussion um thermische oder athermische Schädigungen müssen wir ernst nehmen. Ich habe bereits damals im Ausschuss gesagt, dass sensible Personen wie Schwangere, Kinder, Jugendliche und chronisch Kranke besonders überwacht werden müssen, wenn elektromagnetische Strahlung in ihrer Nähe ist. Wir wollen letztlich einen Bericht und fordern eine begleitende Forschung. Wir fordern eine Immissions-Kontrolle und eine Expositionsbeurteilung der elektromagnetischen Quellen, um Schäden bei diesen sensiblen Personen zu vermeiden.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Wir brauchen eine Stärkung des Verbraucherschutzes. Lieber Herr Kollege Dr. Fahn, wir müssen aber auch der gefühlten Verunsicherung der Bevölkerung durch klare wissenschaftliche Daten und durch eine objektive Diskussion
entgegenwirken. Wir dürfen die Bevölkerung nicht weiter verunsichern. Nötig sind valide Daten. Wir brauchen keine Ideologisierung, sondern vielmehr eine Entideologisierung des Themas Mobilfunk. Dann können wir auch eine Aussage darüber machen, ob die Grenzwerte in Zukunft gesenkt werden sollen.
Meine Fraktion und ich plädieren für, eine engmaschige Kontrolle dieser sensiblen Daten und einen jährlichen Bericht dazu. Dann hätten wir viel für den Verbraucherschutz erreicht.
Herr Kollege Dr. Bertermann, bleiben Sie bitte noch einen Moment am Rednerpult. Frau Kollegin Kamm hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.
Herr Kollege, Sie wollen Schwangere und ähnlich schutzbedürftige Personen, die in der Nähe von Mobilfunkstationen leben, besonders überwachen, um sie besser schützen zu können. Wie stellen Sie sich das in der Praxis vor?
Wir stellen uns das so vor, dass wir ein Modellprojekt in einem Bereich starten könnten, in dem sensible Personen wie Kinder und Jugendliche leben oder wo es Kindergärten und Schulen gibt. Dort sollte eine Immissionskontrolle, eine begleitende Forschung und eine Expositionskontrolle erfolgen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mobilfunk und elektromagnetische Strahlung führen bei vielen Menschen zu Sorgen und Ängsten. In der heutigen Diskussion hat sich gezeigt, dass es hierzu sehr unterschiedliche Auffassungen gibt. Die Bayerische Staatsregierung nimmt diese Ängste und Sorgen selbstverständlich sehr ernst. Das zeigt sich allein schon daran, dass wir seit 1996 in Bayern Untersuchungen über elektromagnetische Felder durchgeführt haben. Dieses Thema ist für uns nicht neu. Wir beschäftigen uns bereits seit vielen Jahrzehnten damit. In Frankreich wurde jetzt ein Versuch gestartet. In Bayern wurden aber schon viele Studien zu diesem Themenkomplex durchgeführt.
Seit dem Jahr 2002 gibt es in Bayern den MobilfunkPakt. Ich habe an dieser Stelle bereits zu diesem Pakt Ausführungen gemacht. Dieser Pakt garantiert Trans
parenz und eine Beteiligung der Kommunen. Das gilt vor allem für die Standortsuche. Sie wissen, dass die Kommunen; gestaffelt nach der Größe; eigene Messungen und Berechnungen durchführen können. 90 % der Kosten für diese Gutachten werden übernommen. Das ist nicht selbstverständlich. Die Kommunen wissen am besten, wo die sensiblen Stellen liegen und wo Messungen durchgeführt werden sollten.
Gleichzeitig führen wir ein Monitoring von elektromagnetischen Feldern an 400 statistisch ausgewählten Punkten in Wohngebieten durch. Dieses Monitoring läuft bereits seit mehreren Jahren und nicht erst seit heute. Wichtiger als die Diskussion um Grenzwerte ist in meinen Augen der verantwortungsvolle Umgang mit dem Mobilfunk. Hier kann jeder etwas tun. Wenn wir ehrlich sind, nutzt jeder von uns ein Handy oder ähnliche Geräte. Deshalb ist es wichtig, über den richtigen Umgang mit Mobiltelefonen aufzuklären; denn gerade die persönliche Feldbelastung ist viel höher als die Strahlung, die von einem bestimmten Mast ausgeht. Hier gibt es verschiedene Projekte, die sich an Schulen und Schüler richten, sodass jeder Schüler selbst die Belastung reduzieren kann.
Deshalb halten wir das Pilotprojekt, das von den Freien Wählern vorgeschlagen wird, nicht für den richtigen Weg, obwohl dieser Vorschlag im ersten Augenblick durchaus charmant erscheint. Sie sagen: Machen wir doch ein Pilotprojekt. Wie könnte das aussehen und wie könnte die Belastung in den verschiedenen Kommunen gemessen werden? Es gibt aber auch Argumente dafür, dass dieser Weg nicht zielführend ist. Ich habe bereits einige Punkte genannt, möchte aber noch einige weitere Punkte erwähnen:
Erstens. Für die Mobilfunkgrenzwerte ist der Bund zuständig. Diese Grenzwerte wurden durch verschiedenste Studien immer wieder bestätigt.
Viertens. Eine solche Studie würde Kräfte und Mittel für andere Studien binden, obwohl wir uns von dieser Studie keinen Neuigkeitswert versprechen.
Deswegen plädiere ich dafür, bei uns selbst zu beginnen, die Bevölkerung aufzuklären und mit den Schulen über dieses Thema zu sprechen, damit sich die Schülerinnen und Schüler entsprechend verhalten. In meinen Augen ist das ein besserer Weg als eine Diskussion über Grenzwerte, für die es bereits sehr viele anerkannte Studien gibt.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Gesundheit empfiehlt auf Drucksache 16/5042 die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags. Wer dagegen dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der SPD, der Freien Wähler, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Frau Kollegin Dr. Pauli. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Zweite Münchner S-Bahn-Stammstrecke - Kein Baubeginn vor Vorliegen aller Planfeststellungsbeschlüsse (Drs. 16/4597)
Bevor wir die Aussprache eröffnen, möchte ich schon jetzt darauf hinweisen, dass vonseiten der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zu diesem Dringlichkeitsantrag namentliche Abstimmung beantragt wurde.
Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit beträgt fünf Minuten pro Fraktion. Als Erstem darf ich Herrn Kollegen Dr. Runge das Wort erteilen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten vor wenigen Monaten im Wirtschaftsausschuss, der bekanntlich auch -
Darf ich um etwas mehr Aufmerksamkeit bitten für den, der jetzt am Rednerpult steht, nämlich für Herrn Kollegen Dr. Runge?
Danke, Frau Präsidentin. Wir hatten vor wenigen Monaten im Wirtschaftsausschuss vier Anträge zum Schwarzkopftunnel. Das ist ein Tunnel in Unterfranken auf der Bahnstrecke nach Frankfurt. Die GRÜNEN hatten vorgelegt, und alle anderen Fraktionen haben mit dem gleichen Anliegen nachgezogen. Ich habe mir in der Sitzung erlaubt, Folgendes zu sagen: Wer diesen vier Anträgen zustimmt und dem nachfolgenden Antrag zum Bahnknoten München auch zustimmt, der kann nicht ganz bei Trost sein. Bedauerlicherweise ist es aber so gekommen, wie wir es vermutet haben. Bei Trost waren nur die Vertreter der GRÜNEN und der Freien Wäh
ler. Die Vertreterinnen und Vertreter der anderen Fraktionen waren nicht oder nur ganz wenig bei Trost.
Worum geht es? Wir fordern mit diesem Antrag die Staatsregierung auf, dass dem Beginn der Bauarbeiten an der zweiten Röhre für die S-Bahn München keinesfalls zugestimmt werden darf, bevor alle Planfeststellungsbeschlüsse vorliegen. Ich gehe gar nicht auf die Wertung dieses Projektes ein. Ich sage nur und darin werden Sie mir sicherlich zustimmen -, dieses Projekt ist äußerst aufwendig zu finanzieren und zu realisieren.
Bei der Finanzierung wissen wir alle, dass die Mittel knapp sind, dass sie sogar knapper geworden sind, als es uns jemals lieb war. Hier findet ein gnadenloser Wettbewerb zwischen zahlreichen Projekten in Bayern statt. Die Budgets sind begrenzt. Das gilt für die Bedarfsplanprojekte des Bundes genauso wie für die Projekte, die komplementär teils aus Landes- und teils aus GVFG-Bundesmitteln zu bestreiten sind. Und es gilt auch für die Projekte, die allein aus Landesmitteln zu bestreiten sind. Deswegen bitte ich Sie, erst dann anzufangen, wenn alles gesichert ist.
Warum bringen wir diese Bitte so eindringlich vor? Wir alle wissen, dass mittlerweile schon fast 70 Millionen Euro für dieses Projekt ausgegeben worden sind, welches möglicherweise gar nicht realisiert wird. 70 Millionen sind nicht ganz so viel wie die Mittel für das Transrapid-Projekt Bayern. Dieses hat 200 Millionen Euro gekostet. 100 Millionen Euro hat der Bund für die Umwidmung des Fahrzeugs zu einem Nahverkehrsfahrzeug aufgebracht. Weitere 100 Millionen wurden für die Planung und die Vorbereitung gebraucht. An diese Dimensionen kommen wir bald hin.
Das Projekt "Zweite Röhre" soll aus Mitteln des GVFG-Bundesprogramms finanziert werden. Das ist lächerlich. In diesem Programm stehen für alle 16 Bundesländer jedes Jahr 330 Millionen Euro bis zum Jahr 2019 zur Verfügung. Dann läuft das GVFGBundesprogramm bekanntlich aus. Daher ist es kaum vorstellbar, dass für ein Projekt in Bayern etwa eine Milliarde abgegriffen werden kann, während in Bayern zehn weitere Projekte vor allem in Mittelfranken, aber auch in Schwaben und eine Trambahnlinie in Unterfranken finanziert werden sollen.
Manche Politiker waren jetzt ganz schlau und sind auf die Idee gekommen, einen Teil der Projekte des Bahnknotens München umzuwidmen und daraus Bedarfsplanprojekte zu machen. Das sind Projekte des Bundesverkehrswegeplans. Der ist aber auch gnadenlos unterfinanziert. Deswegen habe ich mit dem
Schwarzkopftunnel angefangen, den wir alle wollen. Es gibt noch zahlreiche andere Projekte in Bayern, die dringend realisiert werden müssen. Ich nenne nur die Strecke München - Mühldorf - Freilassing, die ein zweites Gleis braucht und elektrifiziert werden muss. Seit 30 Jahren ist dieses Projekt versprochen, es hat erste Priorität, aber es passiert nichts. Ich nenne die Strecke Regensburg - Hof, die dringend elektrifiziert werden muss. In allen Bezirken fallen mir Projekte ein, beispielsweise die Strecke Nürnberg - Marktredwitz.
Wir können es nicht zulassen, dass für die Finanzierung eines Projekts, dessen Realisierung sehr unsicher ist, andere dringend notwendige Projekte in Bayern kannibalisiert werden. Ich habe kurz die komplementär einzusetzenden Landesmittel angesprochen, also Mittel nach dem FAG, Regionalisierungsmittel, GVFG-Landesmittel und so weiter. Auch diese Mittel sind sehr knapp. Wir befassen uns zum Beispiel immer wieder mit dem behindertengerechten Ausbau von Bahnhöfen, den der Freistaat Bayern freundlicherweise mitfinanziert. Auch da gibt es genauso Engpässe wie bei Bahnsteigverlängerungen und vielen anderen Maßnahmen. Deshalb wäre es im Interesse von Verkehrsprojekten in ganz Bayern, wenn Sie diesem Antrag freundlicherweise zustimmen würden. Ich bitte Sie, den ersten Absatz zu lesen:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, keinesfalls einem Beginn der Bauarbeiten zur Zweiten Münchner S-Bahn-Stammstrecke vor Vorliegen aller Planfeststellungsbeschlüsse zuzustimmen.
Bevor die Finanzierung nicht komplett gesichert ist, stimmen Sie bitte dem Baubeginn nicht zu, um nicht weitere Millionen zu vergeuden. Wir brauchen sie in Bayern an anderer Stelle dringender.