Wir begrüßen das Konzept aus bayerischer Sicht vor allem deshalb, weil wir den bei uns benötigten Strom weiterhin im eigenen Land erzeugen wollen und nicht auf Stromimporte aus osteuropäischen Kernkraftwerken oder Braunkohlekraftwerken angewiesen sein wollen. Das, meine Damen und Herren, war die Lebenslüge des Atomausstiegs, dass die ehrgeizigen Klimaschutzziele nach Ihrem Modell nur erreichbar gewesen wären, wenn wir Strom aus ausländischen Kernkraftwerken gekauft, oder sie verfehlt hätten, da wir den Strom dann aus klimaschädlichen Kohlekraftwerken bezogen hätten.
Bayern behält seine hervorragende CO2-Bilanz und baut seine Spitzenstellung mit zunehmender Nutzung erneuerbarer Energien aus. Wir wollen die Weltmarktführer, die wir auf diesem Gebiet in Bayern haben, weiter unterstützen und damit die Arbeitsplätze erhalten.
Frau Kohnen, Sie haben gesagt, die Menschen seien sicher gewesen. Ich meine, die Menschen waren in wesentlichen Fragen, übrigens auch bezüglich des Endlagers, nicht sicher. Sie haben vorhin gesagt, die Endlagerfrage wäre gelöst, weil man die erneuerbaren Energien ausbauen werde.
Das Konzept stellt sich auch diesem Thema. Deswegen sage ich noch einmal: Ich weiß und verstehe, dass Sie das Thema Atomkraft hochziehen wollen. Aber das ist nur ein Teil des Gesamtkonzepts, das Fragen beantwortet, auf die Sie bisher keine Antwort hatten.
Meine Damen und Herren, ich halte die Vereinbarungen, die als Geheimvertrag verunglimpft werden, für einen hervorragenden Verhandlungserfolg der Bundesregierung. Sie hat den Betreibern milliardenschwere Zugeständnisse abgerungen,
Sie haben die verfassungsrechtliche Problematik aufgeworfen. Sie haben den Atomausstieg ohne Zustimmung des Bundesrates vorgenommen. Ich sage Ihnen voraus: Bayern wird, wenn es eine Klage gibt, die Gegenklage über die Verfassungswidrigkeit des damaligen Atomausstiegs erheben.
Die Laufzeitverlängerung ist aber auch für den Wettbewerb auf dem Strommarkt nicht schlecht; denn der Wettbewerb ist für den Verbraucher da.
(Ulrike Gote (GRÜNE): Das hat wohl nicht so gut geklappt in den letzten Jahren! - Lachen bei der SPD, den Freien Wählern und den GRÜNEN)
Für den Stromkunden ist es gut, wenn es kein künstlich verknapptes, sondern ein möglichst großes Stromangebot gibt. Dann sind auch die Preise niedriger.
Die Behauptung, die Laufzeitverlängerung würde das Netz für erneuerbare Energien verstopfen - Herr Wörner hat dies gesagt -, ist falsch. Die Redner der Koalitionsfraktionen haben es schon oft genug betont, und man kann es nicht oft genug sagen: Es bleibt beim gesetzlich geregelten Einspeisevorrang für erneuerbare Energien. Es sollte sich herumgesprochen haben, dass Kernkraftwerke ihre Stromproduktion an die fluktuierende Stromerzeugung aus Windkraft und Solarenergie anpassen können. Dieses Konzept verschafft uns die nötige Zeit für den Umbau unseres Stromversorgungssystems. Sie verschafft uns die Zeit, die wir brauchen, wenn wir heute damit anfangen.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Wir sind alle gefordert. Erklären wir den Bürgerinnen und Bürgern, was für den Umbau unserer Stromversorgung notwendig ist, und zwar ganz konkret, von den neuen Hochspannungsleitungen in Oberfranken bis zum Pumpspeicherkraftwerk bei Passau. Widerstehen wir der Versuchung, uns aus politischem Kalkül vor Ort gegen die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen für unsere Zukunft zu wenden. Meine Damen und Herren, hier ist Ihre Verantwortung gefragt, falls Sie wirklich Verbesserungen erreichen wollen.
Für die Bayerische Staatsregierung kann ich sagen: Das Energiekonzept der Bundesregierung zeigt den Weg zu einer sicheren, klimaschonenden und bezahlbaren Energieversorgung. Diese ist gerade für Bayern jetzt dauerhaft möglich. Deswegen werden wir diesen Weg gemeinsam und entschlossen weitergehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir befinden uns einige Monate vor dem entscheidenden Weltklimagipfel in Cancún. Die ganze Welt überlegt, wie sie einen Beitrag zur Reduzierung des CO2 leisten kann. In vielen Ländern der Welt ist dies eine sehr strittige Frage. Die zentrale Frage ist die künftige Energieversorgung. Auf der einen Seite soll CO2 reduziert werden, auf der anderen Seite soll die Energie bezahlbar sein. Meine Damen und Herren, kaum ein Land der Welt hat dazu bisher eine schlüssige Antwort gegeben. Das einzige Land der Welt, das sich traut, eine mutige Antwort darauf zu geben, ist Deutschland. Das muss man respektieren.
Ich bin total enttäuscht. Heute ist wieder eine Chance versäumt worden. Ich erinnere mich an die Diskussion aus dem Jahre 2000. Damals ist gesagt worden, der Ausstieg aus der Kernenergie sei wegweisend für die Welt. Man sei sicher, dass das, was Schröder und Trittin vereinbarten, überall in der Welt Nachahmer finden werde. Zehn Jahre später sind selbst diejenigen Länder, die damals noch nicht daran gedacht haben, sich für den Ausstieg aus der Kernenergie zu engagieren, wie Schweden, bereit, einen neuen Weg zu gehen. Die rückständigste politische Gruppe in der Energiepolitik sitzt dort auf diesem Platz, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Worüber streiten wir eigentlich? Das müssen wir uns einmal überlegen. Sie wollen aussteigen, richtig?
- Wir wollen auch aussteigen. Der Beschluss, um den es geht, besagt, dass wir im Schnitt zwölf Jahre länger auf die Kernenergie setzen. Als Reaktion folgt ein heißer Herbst mit Demonstrationen. Meine Damen und Herren, die Kernenergie gibt es in Deutschland bereits seit den Sechzigerjahren. Damals ist Hans-Jochen Vogel ein großer Befürworter der Atomenergie gewesen. Die Verlängerung der Laufzeit um zwölf Jahre führt zu solch einer Diskussion.
Wissen Sie, warum wir diese zwölf Jahre brauchen? Zum Teil haben die Umweltminister Trittin und Gabriel die Verantwortung hierfür zu tragen. Wir reden von einer Brücke. Die Tatsache, wie lang eine solche Brücke ist, hängt davon ab, ob es uns gelingt, erneuerbare Energien tatsächlich ersatzfähig zu machen, und zwar nicht nur über den Preis, über Verbote und das Ordnungsrecht, sondern auch durch Innovation und Intelligenz. Die eigentliche Bankrotterklärung besteht darin, dass nach dem Ausstiegsbeschluss überhaupt nichts getan wurde, um beispielsweise die Speichertechnologie in Deutschland voranzubringen.
Der Ausstiegsbeschluss aus dem Jahr 2000 war ein Vertrag. Es stimmt nicht, dass dies mutig, feurig und eifrig aus einer politischen Mehrheit heraus entschieden worden ist. Stattdessen - es ist vernünftig, diesen Weg zu gehen - hat man einen Vertrag geschlossen. In diesem Vertrag - das wundert mich bis heute - ist kein einziger Euro, kein einziger Cent, keine Mark und kein Pfennig vorgesehen, den die Energieindustrie beitragen soll, damit sie ihre Kraftwerke 20 oder 30 Jahre länger laufen lassen kann. Sie haben sich damals nicht getraut und hatten nicht den Mumm, mit diesen Konzernen zu verhandeln, damit Geld herauskommt. Werfen Sie uns nicht vor, dass wir diesen Mut haben. Sie haben damals versagt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Sind wir uns darüber einig, dass wir ein Endlager brauchen? - Ich hoffe schon. Es geht nicht nur um den Atommüll der nächsten Jahre, sondern auch um den Atommüll, der jetzt produziert wird. Selbst wenn wir jetzt sofort aufhören und alles abschalten würden, müssten wir eine Lösung für den Müll finden. Ich hätte mir gewünscht, die notwendige Debatte nicht politisch, sondern geologisch zu führen. Wo ist der sicherste Standort? In Deutschland hat es derartige Überlegungen langfristig gegeben. Die für Geologie zuständigen Behörden haben schon Voruntersuchungen durchgeführt. Deswegen ist man auf den Standort Gorleben, der grundsätzlich geeignet ist, gekommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, 1,5 Milliarden Euro sind dafür bereits investiert worden. Wenn wir wie damals nach dem Ausstiegsbeschluss nichts mehr machen, verschieben wir die Probleme Endlager und Atommüll auf die nächsten Generationen. Diese Fehler werden jetzt beseitigt. Sie sollten mithelfen, eine Lösung zu finden, anstatt sich erneut zu verweigern.
Ständig wird hinterfragt, was sicher oder unsicher ist. In den letzten Jahren hat es verschiedene Anfragen im Deutschen Bundestag von verschiedenen Parteien - auch von der SPD und den GRÜNEN - an die zuständigen Bundesumweltminister gegeben. Die Bundesumweltminister Trittin und Gabriel sind gefragt worden, ob Anlagen wie Isar 1 - der Reaktor, den Sie gerne in den Fokus nehmen - sicher seien oder nicht. Auf die Nachfragen folgte immer die Aussage: Reaktoren wie Isar 1 sind sichere Reaktoren und erfüllen alle Sicherheitsanforderungen, die das deutsche Atomrecht vorschreibt.
Lieber Herr Aiwanger, weder Herr Trittin noch Herr Gabriel haben die Diskussion über Flugzeugabstürze geführt, da sie wissen, dass die Absturzproblematik über Luftsicherheit zu lösen ist.
Weil die Welt nicht Rot-Grün folgt, werden wir es auch nicht tun. Weil die Welt insgesamt auf eine erneuerbare Energie mit Brücken im Bereich der Kernenergie setzt, gehen wir diesen Weg mit. Meine Damen und Herren, es geht um eine nachhaltige Eigenverantwortung, damit wir nicht für unser gutes Gewissen im regionalen Umfeld sagen: In unserem Gebiet gibt es vielleicht keine Kernkraftwerke mehr. Dann würden aber die Strom- und Energieversorger den Strom nicht überteuert aus irgendwelchen Anlagen für erneuerbare Energien holen, sondern möglicherweise aus Stromanlagen wie Temelin. Das wäre nicht nur ökologisch falsch, sondern auch moralisch unglaubhaft. Deswegen setzen wir auf unsere eigene Verantwortung.
Vorletzter Satz: Ich wünschte mir, dass Sie nicht mit heißen Demos drohen, auf denen man sich warm anziehen muss. Das ist schon per se eine sprachliche Herausforderung, dass man sich in einem heißen Herbst warm anziehen soll. Eine Frage stellt sich schon jetzt: Die Bundesregierung hat eine Fülle von Ideen, die wir mit Leben erfüllen müssen. Wir haben verschiedene Töpfe und verschiedene Programme. Auch wir Bayern müssen Hirnschmalz aufwenden, um dabei zu sein. Bei Ihnen, bei uns und bei vielen anderen in diesem Land ist ein Ideenpotenzial vorhanden. Lassen Sie uns daran arbeiten, diese Ideen zu konkretisieren.