Herr Kollege, Herr Kollege Dr. Runge möchte Ihnen ebenfalls zu zwei Minuten Redezeit verhelfen. Bitte schön, zu einer Zwischenbemerkung.
Geschätzter Herr Kollege Hartmann, teilen Sie erstens meine Einschätzung, dass es sich bei den von Ihnen vorgetragenen Zahlen um die gleiche Geschichte wie bei den massiv geschönten Zahlen zum famosen Kongress "Visions of Football" handelt, wobei von den gut 1.000 von der Staatsregierung angekündigten voll zahlenden Besuchern ganze sieben gekommen sind? 1.000 wurden also angekündigt, sieben waren es.
Teilen Sie zweitens die Einschätzung, dass das, was von einigen Rednern verkündet worden ist, wonach man für Bayern zusätzliche Mittel freischaufeln müsse, damit der Rest Bayerns nicht darunter leide, dass so viel Geld in die Infrastruktur fließt und sie nichts bekommen würden, eine sehr fatale Einschätzung ist? Wir haben vorhin bei der Erklärung zur Wirtschaftspolitik gehört, Bayern sei besser, Bayern sei reicher als alle anderen. Und dann soll die Republik für Bayern wieder besonders viel Geld hergeben. Wie bewerten Sie denn diese Geschichte?
Das Erste kann man direkt bejahen. Wer sich die Kostenschätzung und den erwarteten Ticketverkauf anschaut, stellt fest, Bayern liegt mit den Einnahmen wieder ganz vorne. Im Vergleich zu Turin erwartet man mehr als das Doppelte der Einnahmen von 2002.
Was die Verkehrsprojekte angeht, ist es ganz klar: Bis auf die Ortsumfahrung Oberau ist im vordringlichen Bedarf im Bundesverkehrswegeplan nichts enthalten. Das ist Fakt. So sehr ich in Garmisch einigen die Umgehungsstraßen gönne, es wird aber heißen, andere Landkreise müssen auf ihre Straßen verzichten. Das wird so sein. Es wird anders nicht zu finanzieren sein.
(Florian Streibl (FW): Soll das jetzt eine Neiddebatte sein? - Harald Güller (SPD): Sie wollen doch auf Straßen sowieso verzichten!)
- Nein, keine Neiddebatte. Verantwortungsvolle Verkehrspolitik zeichnet sich dadurch aus, dass ich denjenigen, der den dringendsten Bedarf hat, zuerst den Zuschlag erteile - und nicht nach einem Ereignis, das 18 Tage dauert, meine Verkehrspolitik ausrichte. Das ist eine katastrophale Entscheidung, die hier getroffen wird.
Weitere Anzeigen für eine Zwischenbemerkung liegen mir nicht vor. Damit darf ich nun zum letzten Redner der Debatte kommen: für die FDP-Fraktion Professor Dr. Georg Barfuß. Bitte schön.
Herr Präsident, Herr Staatsminister Schneider, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Viele von uns haben hier drinnen immer schon von einer Vierer-Koalition geträumt. Olympia macht es möglich, wir haben eine Vierer-Koalition. Deswegen freue ich mich ganz herzlich.
- Nicht übertreiben. Wir haben die Kollegen der CSU, der Sozialdemokraten, der Freien Wähler und der FDP, und das ist eine Vierer-Koalition. Wie würde Herr Wowereit sagen? "Und das ist auch gut so."
Es wäre doch wirklich dekadent, wenn eines der reichsten Länder dieser Erde nimmer in der Lage oder bereit wäre, für die Jugend der Welt - wenn Sie gestatten, also ein bisserl über Garmisch hinaus - Spiele auszurichten. Ja, wo sama denn?
Ich sage, es ist schon eine Ehre, dass wir zu diesem Thema reden dürfen, genauso wie es eine Ehre ist, die Fackel zu tragen. Wir müssen mal wieder auf solche Werte zurückkommen. Es ist nicht alles nur ein Pausensnack oder irgendein Fitmacher, sondern es sind Werte, sodass ein Land stolz ist, so etwas zu haben. Wir waren mit dem Finanzausschuss in Vancouver. Zur Beruhigung sage ich den Kollegen von den GRÜNEN: Erstens geht ein großes Lob an die Kollegen Mütze und Hallitzky, die uns in ganz großer Ernsthaftigkeit mit sachlich sehr fundierten Fragen unterstützt haben. Ich kann mir vorstellen, dass sie, wenn sie nachts am Einschlafen sind, vielleicht fragen: Lieber Gott, wieso können meine GRÜNEN da nicht auch mitmachen? Den Eindruck hatte ich sogar drüben in Amerika.
Und wer vielleicht, weil er selber sportlich nicht ganz so gut drauf ist, sagt, na ja, die Sportler, was macht man nicht alles für die - spätestens dann, wenn wir die Paralympics ausrichten, muss man sich doch einmal überlegen, dass da nicht wir die Gebenden, sondern die Nehmenden sind. Das meine ich wieder sehr ernsthaft. Da sehen wir, was diese Menschen, die eine Behinderung unter anderem von Geburt an haben, leisten. Wenn das eines Sozialstaates unwür
(Barbara Stamm (CSU): Bravo! - Karl Freller (CSU): Hervorragend! - Beifall bei der FDP, der CSU und den Freien Wählern)
Das Nächste ist: So wie die Sportler und die Funktionäre einen olympischen Eid ablegen, lieber Staatsminister, sollten auch wir Politiker einen Eid ablegen, dass wir zu den Akteuren, die da mitmachen, fair sind. Dass wir auch fair zu den Grundstücksbesitzern sind, fair zu den Gemeinden, fair zu den Landwirten, also zu allen Beteiligten, dass wir das, was wir vorher zusagen, hinterher auch halten. Dann ist es etwas, das den olympischen Geist atmet, dass wir verlässlich sind und dass wir uns daran halten. Das Stichwort Partnerschaft ist hier der Schlüssel zum Erfolg.
Herr Kollege Hartmann, zur Sicherheit: 1972 habe ich in München gewohnt. Ich habe mich über die damaligen Sommerspiele riesig gefreut. Kein Mensch wird dem Dr. Vogel sagen, dass er durch die Spiele für die Stadt München und Bayern nicht Großartiges bewirkt hat.
Als dann dieses Massaker passiert ist, habe ich vor Trauer geheult, erstens, um die toten Israelis, aber auch aus Wut, dass so etwas passiert. Ich sage Ihnen jetzt in vollem Ernst: Wenn es 25 oder 30 Millionen kostet, die Sicherheit für dieses Land und für diese Menschen zu garantieren, dann pfeife ich drauf, ob das 30 oder 25 Millionen sind.
- Ach komm, hört doch auf! 25 Millionen und nicht mehr! Die Polizeibeamten und Soldaten sind ohnehin da.
Da brauchen wir nicht zu lachen. Wir stellen da keine neuen ein. Was vielleicht an Geld dazukommt, liebe Frau Stamm, sind die Kräfte, die wir aus anderen Bundesländern holen. Also mit anderen Worten: Diese Sicherheit ist es mir wert. Und was sagte Avery Brundage, als es wieder weiterging: "The show must go on". Ich habe das noch gut in Erinnerung; ich war da draußen im Olympiastadion. Und so ist es auch: The show must go on. Nach Vancouver, Kanada, nach Sotschi 2014 in Russland: The show must go on, und diesmal in München, in Garmisch-Partenkirchen und in Schönau am Königssee.
Lassen Sie uns gemeinsam gute Gastgeber sein für die Jugend der Welt. Wir alle - die Vierer-Koalition: die Liberalen, die Christsozialen, die Sozialdemokraten und die Freien Wähler - freuen uns darauf und stehen voll hinter München.
Herr Staatsminister, ich wünsche Ihnen und der Staatsregierung eine glückliche Hand und danke für Ihre Arbeit.
Herr Kollege, verweilen Sie noch, denn es liegen mir noch zwei Anfragen für Zwischenbemerkungen vor. Für die erste Zwischenbemerkung darf ich Herrn Kollegen Hallitzky von den GRÜNEN aufrufen.
Lieber Herr Kollege Barfuß, Sie haben natürlich völlig recht, dass wir uns in Vancouver mit großer Ernsthaftigkeit an den Gesprächen beteiligt haben. Deshalb kommen wir auch zu dem Ergebnis, dass man Olympia nicht um jeden Preis machen kann. Das ist unser Ergebnis. Ich kann es Ihnen anhand zweier Beispiele nochmals kurz skizzieren: Vancouver war Boomtown, genauso wie München. Vancouver hat berechnet, dass der Bau des Olympischen Dorfes Null/Null ausgeht, sitzt aber jetzt auf Kosten in Höhe von rund einer Milliarde Dollar, die die Stadt Vancouver City draufgezahlt hat. Bei den Sicherheitskosten hatte Vancouver etwa 200 Millionen Dollar angenommen. Das sind also in etwa die Zahlen, die Herr Kollege Hartmann eben in Euro genannt hat. Diese Kosten sind auf 900 Millionen Euro Dollar oder 700 Millionen Euro gestiegen, auch das ist Fakt. Das ist nicht alleine nine-eleven gewesen, sondern man musste feststellen, dass die auch in Vancouver angenommen Sowieso-Kosten gar nicht sowieso waren, sondern dass die Kosten tatsächlich dazukamen.
Ein dritter Aspekt ist die Verdrängung der Verkehrsprojekte, die von Ihnen locker weggesteckt werden. Es ist doch Fakt, dass andere prioritäre Projekte darunter leiden, wenn Sachen, die nicht prioritär sind, gebaut werden. Das müssen Sie auch einsehen, wenn Sie mit dieser Olympia-Bewerbung durchs Land ziehen. Ganz abgesehen davon verwundert es mich schon, wie unter solchen Deckmänteln von nationalem Pathos und Ethos sehr locker Geld ausgegeben wird, das für soziale Maßnahmen nicht da ist.
Den zuletzt verwendeten Begriff will ich nicht unbedingt verwenden. Es ist eine Ehre für Deutschland, wenn wir die Spiele ausrichten dürfen. Das kann uns auch ein bisserl was kosten. Wir haben in den USA bzw. - ich korrigiere mich - in Kanada gelernt, dass das Zehnfache dessen an Einnahmen erzielt wurde, was man ursprünglich erwartet hatte. Ich denke, selbst wenn noch ein Delta bliebe - Herr Dr. Kirschner hat darauf hingewiesen -, so wird der volkswirtschaftliche Multiplikatoreffekt, der sich daraus ergibt, das locker wieder einspielen.
Ich bleibe dabei, dass der sozialdemokratische Oberbürgermeister von München seinerzeit mit seinem Stadtrat München mit dem Hebel Olympische Spiele entscheidend nach vorne gebracht hat. Dann muss es auch gestattet sein, so etwas zu wiederholen. Denken Sie an unsere Firmen. Wir sind nahezu Second-Weltmeister im exportieren. Das wird weltweit mit Aufmerksamkeit verfolgt.
Lieber Eike, ich bleibe dabei: Ich lasse mir die Freude an den Olympischen Spielen nicht nehmen, selbst wenn es ein bisschen etwas kostet. Wir haben schon für manchen Blödsinn mehr ausgegeben.
Herr Abgeordneter, können Sie bestätigen, dass die Bundesvorsitzende der GRÜNEN, Frau Roth, und dass die GRÜNEN im Münchner Stadtrat für die Bewerbung sind?
Wenn sie das so gesagt hat, hat sie da recht. Aber vielleicht hat sie ja nicht unsere Fraktion hier gemeint. Ich weiß auch nicht, ob Sie sich einig sind oder ob das nur nach außen ist. Außerdem ist Frau Claudia Roth eine Schwäbin, und ich glaube, wenn eine sparsame Schwäbin zustimmt, dann könnt ihr auch zustimmen. Herzlichen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der Freien Wähler und des Abgeordneten Tobias Thalham- mer (FDP))