In unserem Gesetzentwurf geht es darum, dass Schülerinnen und Schüler am Schulleben partizipieren können. Es geht darum, ein gutes Selbstbewusstsein zu entwickeln, ein gutes Selbstkonzept zu haben, aber auch um die Garantie eines Grundrechtes auf Bildung. Kinder dürfen nicht ungleich gestellt werden.
Es darf keine Kinder erster und zweiter Klasse geben; denn sonst müsste man auch das Kindergeld abschaffen. Die Bildung von Kindern ist kein Konsumgut, sondern ein Grundrecht.
Diese Garantie erkennen wir an. Aber mit der Anerkennung allein ist es nicht getan. Deshalb wollen wir, dass diese Garantie verfassungsrechtlich verankert und ausgestaltet wird. Nur so kann es eigentlich gehen. Bisher fallen im Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz nur die Bücher unter die Lernmittelfreiheit. Aber alle, die sich auch nur ein bisschen mit Schule und Bildung beschäftigen, wissen ganz genau, dass es die Lehrkräfte nicht dabei belassen, sondern dass zusätzlich zu den Büchern ergänzende Literatur nötig ist, dass zahlreiche Kopien und Texte notwendig sind. Natürlich gehören dazu auch Ausflüge und Exkursionen sowie Theaterbesuche. Deshalb unser Gesetzentwurf. Wir wollen, dass die Lernmittelfreiheit Verfassungsrang hat
Im Augenblick finden sehr abstruse Diskussionen um sogenannte Bildungschips statt. Ich finde, am Beispiel dieser Bildungschips sieht man ganz genau, wie politisch gedacht wird: Man gibt nur vor, Lösungen zu haben, damit man in der Öffentlichkeit so dasteht: Ja, wir handeln, wir denken nach. Wir sagen: Diese Nachhilfegutscheine, die da im Gespräch sind, und diese Bildungschips für Nachhilfeunterricht stigmatisieren und grenzen aus. Sie geben den Kindern das Gefühl, nicht dazuzugehören und anders zu sein, eben Außenseiter zu sein. Dieses Gefühl haben in Bayern zahlreiche Schülerinnen und Schüler, auch die Kleinsten. Es prägt eindeutig, wenn man so stigmatisiert wird.
Was bedeutet es für einen Schüler, wenn er nach mehrmaliger Aufforderung der Lehrkraft, sein Geld für Kopien oder für eine Exkursion doch endlich mitzubringen, vor dem Lehrer und den Schülern in einer komischen, sehr schwierigen Situation ist? Er muss wohl eine Ausrede finden, um sich in irgendeiner Weise zu rechtfertigen. Ich finde, das ist für die vielen Kinder, die in solchen Situationen sind, eigentlich beschämend. Dass viele Kinder in solchen Situationen sind, müssen wir einfach zur Kenntnis nehmen.
Wir sehen hier umfassenden Handlungsbedarf, um den Kindern individuell die bestmöglichen Chancen zu geben. Wir wollen die Elternverantwortung stärken und Ausgrenzung vermeiden. Der Bildungschip erfüllt keines dieser Ziele. Außerdem ist damit in keiner Weise garantiert, dass die Kinder diese Angebote auch wahrnehmen. Uns sind diskriminierungsfreie Sachleistungen wie etwa ein kostenfreies Mittagessen in der Schule oder zusätzliche gute Angebote am Nachmittag für alle Kinder wichtig.
Der Bildungschip führt nur zu einer ungeheuren Kommerzialisierung von Nachhilfemärkten und anderen Unterstützungsangeboten. Es ist beschämend genug, dass für Nachhilfeunterricht 1,3 Millionen Euro ausgegeben werden. Also wie gesagt: Lernmittelfreiheit nur für Schulbücher allein reicht uns nicht.
Auf eine weitere Sache möchte ich Sie aufmerksam machen: Es kommt oft genug vor, dass Lehrkräfte Kopien und Lernmittel aus der eigenen Tasche bezahlen. Ich kenne genügend Fälle, in denen das so ist. Das kann wohl nicht hingenommen werden. Das ist ein Missstand, dagegen muss etwas getan werden.
Ich möchte es Ihnen an dieser Stelle nicht ersparen, darauf hinzuweisen, dass es schon damals bei der Einführung des Büchergeldes einen Angriff auf die Lernmittelfreiheit gab.
Noch etwas: Diese Aufgaben, die uns das Bundesverfassungsgericht gegeben hat, und die bisherigen Lösungsvorschläge, die dazu vonseiten der CDU/CSU gekommen sind, sind grotesk und aberwitzig. Sie stigmatisieren und grenzen aus. Wir brauchen weder Nachhilfegutscheine noch Bildungschips. Es braucht andere Sachen, um diese Ungerechtigkeiten und Ausgrenzungen zu vermeiden. Wir sagen immer: Es braucht beste Kindertagesstätten, bestausgebildete Lehrkräfte und die beste Schule für alle.
Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir dem Ganzen wieder ein Stück nähertreten in Richtung einer besseren und gerechteren Zukunft für unsere Kinder. Ich hoffe, Sie denken mal ein bisschen darüber nach und halten nicht nur schöne Sonntagsreden darüber, wie es denn aussieht, sondern Sie gehen einfach einmal den nächsten Schritt. Seien Sie konsequent und stimmen Sie unseren beiden Gesetzentwürfen heute zu!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen! Liebe Frau Vorrednerin, Sonntagsreden am Dienstag - das ist wirklich nicht unbedingt das Notwendige und schon gar nicht das Richtige. Sie sollten halt auch mal überlegen, was Sie zum Thema Büchergeld gesagt haben. Das stimmt mit Ihrem Antrag überhaupt nicht überein. Die Büchergeldfrage ist nämlich von der Lernmittelfreiheit nicht abhängig.
Sie können gerne einmal Artikel 129 der Bayerischen Verfassung ansehen. Wissen Sie, nur dahinzureden, aber nicht einmal in die Verfassung zu schauen,
zeichnet Sie nicht unbedingt aus. Tatsache ist, dass hier etwas versucht wird, was in Artikel 129 schon geregelt ist. Dort steht eindeutig die Pflicht zum Besuch von Volks- und Berufsschulen. Dabei ist auch festgelegt, dass das Schulfinanzierungsgesetz eine Regelung hat, in der klar und deutlich steht und auch grundgesetzlich verankert ist: Es darf kein Schulgeld geben, und auch die Lernmittelfreiheit ist somit gewährleistet. Was Sie wollen, ist eine Ausweitung, und eine solche Ausweitung ist, jedenfalls wie Sie sie sich vorstellen, weder notwendig noch möglich. Aufs Juristische komme ich später noch zurück.
Wenn Sie mit der Überlegung, die Sie vorhin geäußert haben, recht hätten, dann wären nicht nur Atlanten oder Formelsammlungen, sondern womöglich auch Turnschuhe und - jetzt kann ich wieder meinen Kollegen Beyer in Rage bringen - Lernmittel für Wahlfächer wie zum Beispiel Segelfliegen, Golfspielen oder Reiten zu bezahlen.
Dann kommt der nächste Punkt. Es gibt für jeden, der sich mit Recht und Verfassung auseinandersetzt, eine allgemein gültige Feststellung, dass nämlich die Verfassung grundsätzlich nur die Zielsetzung des staatlichen Verhaltens gegenüber seinen Bürgern und die Aufträge zur Leitung und Lenkung des Staates vorgibt, nicht aber jedem Zeitgeist nachzulaufen hat. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Was Sie versuchen, ist meines Erachtens wirklich nur eine Sonntagsrede.
Wenn Sie es für unerträglich halten, dass wir dies ablehnen, kann ich Ihnen nur entgegnen: Ich halte es für unerträglich, wenn Sie hier so tun, als würden sich die Kinder untereinander nicht kennen.
Ich kenne das aus meiner Zeit, ich kenne das von meinen Kindern. Da kennt jeder Schüler den anderen. Frau Kollegin, Sie wissen alles, aber halt leider nur besser, und das ist nicht immer das Richtige. Tatsache ist nämlich, dass es zwischen den Kindern viel mehr Sozialverhalten gibt, als Sie uns das vormachen wollen.
Schlussendlich noch ein Satz zur gesamten Debatte. Durch ein Mehr an Geld, das Sie immer fordern, wird kein Einstein, kein Planck und kein Heisenberg, oder wie die vielen anderen bedeutenden Forscher und Wissenschaftler heißen, produziert. Es bedarf dazu
Leistungsbereitschaft, Intelligenz und viel Fleiß. Das, meine Damen und Herren Kollegen, werden wir hier nicht durch einen solchen Antrag erreichen. Deswegen werden wir ihm nicht zustimmen.
Vielen Dank, Herr Kollege Heike. Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Gottstein für die Freien Wähler.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebes, jetzt wieder etwas gemischtes, Präsidium hinter mir! Wir stimmen zunächst dem Gesetzentwurf zur Aufnahme in die Verfassung zu. Wir finden die Beispiele, die gerade von meinem Vorredner genannt wurden, nicht so stichhaltig. Ich meine, momentan muss man es halt zwischen den Zeilen lesen.
Eine Verfassung sollte klar formuliert sein. Der Bildungsanspruch hat sich geändert, die Bedeutung der Bildung ist uns wesentlich bewusster geworden. Ich meine also, es würde der Verfassung sehr wohl anstehen, wenn das Grundrecht auf Bildung drinstünde.
Gott sei Dank haben wir einen Bewusstseinswandel vollzogen. Bildung entscheidet heute - und da kann ich schon bei meinen Enkelkindern anfangen - über die Stellung eines Menschen in unserer Gesellschaft, ist entscheidend für seine ganze Lebensgestaltung, mindestens so wichtig wie essen und trinken oder soziale Wärme. Es besteht heute ganz klar ein essenzielles Recht eines Menschen auf Bildung, und es stünde, wie gesagt, der Bayerischen Verfassung gut an, wenn man das nicht herauslesen müsste, sondern wenn es ganz deutlich hineingeschrieben würde. Wie gesagt, diesem Gesetzentwurf stimmen die Freien Wähler zu.
Der Ausweitung der Lernmittelfreiheit, also dem zweiten Gesetzentwurf, stimmen wir inhaltlich zu. Wir werden uns aber dann aus Gründen der Finanzierung enthalten müssen.
Inhaltlich - das haben wir selber immer wieder betont besteht kein Zweifel, dass die jetzige Regelung willkürlich, altmodisch und einseitig ist. Sie ist willkürlich: Warum ist der Atlas nicht drin? Weil man gemerkt hat, das ist das teuerste Stück, er kostet inzwischen 50 Euro. Darum hat man ihn gestrichen, weil man sich dann in der Finanzierung deutlich besserstellt. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum eine Formelsammlung gestrichen wurde. Das sind willkürliche Änderun
Die jetzige Regelung ist außerdem altmodisch und nicht mehr zeitgemäß. Frau Kollegin Sandt fragt immer: Was redet ihr immer von Büchern? Frau Kollegin Sandt, Sie konnten kürzlich in einem Artikel nachlesen, dass die Printmedien, das ist auch wissenschaftlich bewiesen, gegenüber dem Lesen am Computer im Vorteil sind.
Das ist ein anderes Beispiel. Die 15 Minuten sind jedenfalls so weit gefasst, da kann man auch eine solche Bemerkung machen. Wir stimmen Ihnen also in dem Punkt zu, dass das altmodisch und nicht mehr zeitgemäß ist.