Deshalb komme ich bei der Betrachtung des Verhaltens der GRÜNEN zu dem Schluss: Sie haben im Zusammenhang mit Gorleben, dem Wendland und den Castor-Transporten ihre grüne Maske fallen lassen. Sie haben kein geordnetes Verhältnis zur Gewalt.
Sie sind nicht bereit gewesen, einen klaren Trennungsstrich zu Blockierern zu ziehen, zu Leuten, die brandschatzen und die auf diese Art und Weise de
mokratisch zustande gekommene Entscheidungen behindern wollen. Ich meine, für bürgerliche Wähler sind die GRÜNEN heute nicht mehr akzeptabel, weil sie kein geordnetes Verhältnis zum Rechtsstaat haben.
Der SPD muss ich zugestehen, dass sie in ihrem Antrag die Gewalttäter verurteilt. Ich möchte Sie aber auf den Wortlaut des Dringlichkeitsantrags der GRÜNEN hinweisen. Dort finden Sie kein einziges Wort der Verurteilung von Gewalt. Wer eine solche Position einnimmt - das muss man den Bürgern klar sagen -, verstößt gegen Rechtsstaat und Demokratie.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Unser Antrag hat eine klare Zielrichtung, nämlich zu differenzieren zwischen der Ausübung von Grundrechten wie freier Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit, die wir als Demokraten nicht nur akzeptieren, sondern die wir ausdrücklich begrüßen, und Exzessen wie Straftaten, die nicht nur vollkommen inakzeptabel sind, sondern die auch den Grundkonsens der Gewaltfreiheit in dieser Republik infrage stellen. Man könnte vielleicht sagen, dass das selbstverständlich sei und man das nicht zu betonen bräuchte. Eigentlich hätte ich das auch gedacht. Aber mit Blick auf die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit möchte ich einige Ergebnisse zusammenfassen. Da fliegen Molotow-Cocktails, da brennen Polizeifahrzeuge, da werden Beamte angegriffen, und die erschreckende Bilanz ist: 131 verletzte Beamtinnen und Beamte der Polizei.
Vor diesem Hintergrund sagt Herr Gysi im Deutschen Bundestag, er danke den über 50.000 Demonstrierenden, Blockierenden und Protestierenden; ihnen gebühre für ihren Einsatz der Dank dieses Landes. Er hat nicht zwischen friedlichem und gewaltsamem Protest differenziert. Ich sage ausdrücklich: Ich danke niemandem, der Polizeifahrzeuge anzündet und der Beamte verletzt.
Frau Künast spricht - das ist bereits erwähnt worden von einer Sternstunde der Demokratie. Ich sage: Frau Künast, ich habe eine andere Vorstellung von Stern
Die Entscheidung, was für Frau Künast Sternstunden sind, überlasse ich ihr gern selber. Aber zu dem, was Demokratie ist, empfehle ich Frau Künast, einen Grundkurs in Sozialkunde zu besuchen.
Dann erfährt sie etwas über die Legitimität, die man durch Wahlen erlangt; sie erfährt etwas über die Akzeptanz von Gerichtsentscheidungen und sie erfährt vor allem einmal, was Gewaltlosigkeit bedeutet.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte ausdrücklich sagen: Es hat Demonstranten gegeben, die friedlich ihre Meinung geäußert haben, wie das Wort "demonstrare" - hinweisen - eigentlich besagt. Es hat aber auch Demonstranten gegeben, die ihre Meinung gewaltsam durchsetzen wollten - mit Blockade, mit Verschleiß der Polizei, durch "Schottern" und durch Gewalt. "Schottern" ist keine neue, phantasievolle Protestform, sondern das ist die Beschädigung des Gleisbetts, um vorsätzlich Entgleisungen zu provozieren. Es ist zu Recht als gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr nach § 315 b StGB strafbar mit einer Mindeststrafe von drei Monaten.
Ich frage Sie: Was hat dieses Schottern mit friedlichem Protest zu tun? Was haben brennende Polizeiautos mit freier Meinungsäußerung zu tun? Was haben verletzte Polizeibeamte mit Versammlungsfreiheit zu tun? - Die Antwort ist einfach, und sie ist kurz, nämlich: gar nichts.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, zu den nachgezogenen Dringlichkeitsanträgen brauche ich eigentlich nicht viel zu sagen. Der Antrag der GRÜNEN beschäftigt sich mit der Aufkündigung des Konsenses bei der Atomkraft. Was war das für ein Konsens? - Es war der Konsens, in der Endlagerfrage nicht zu entscheiden; es war der Konsens, planlos in das Zeitalter der erneuerbaren Energien zu wechseln. Dieser Konsens war in Wahrheit eine Fiktion.
Für den Antrag der SPD gilt genauso wie für den Antrag der GRÜNEN: Er bewegt sich zwischen Bagatellisierung und Verharmlosung von Gewalt und einer Rechtfertigung frei nach dem Motto: Der unheilige Zweck heiligt die Mittel.
Diese Anträge lehnen wir ab, auch wenn der Antrag der SPD in Teilen wortgleich mit dem der Koalitionsfraktionen ist. Inhaltsgleich ist er zum Glück nicht. Ich bitte um Zustimmung zum Antrag der Koalitionsfraktionen.
Kollege Fischer, herzlichen Dank. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Schindler für die SPD. Bitte sehr.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Huber, Ihre Empörung ist doch ein bisschen scheinheilig.
Ausgerechnet der frühere Generalsekretär einer Partei, deren früherer Vorsitzender, der ehemalige Ministerpräsident Strauß, sich dafür feiern ließ, dass er blockierende Lkw-Fahrer am Brenner besucht hat, ausgerechnet der frühere Generalsekretär einer Partei, deren Mitglieder und Abgeordnete jetzt, wenn es etwa darum geht, dass Milchbauern Molkereien blockieren, ganz vorne mit dabei sind, ausgerechnet ein früherer Generalsekretär so einer Partei redet hier von "der Straße".
Von der Straße redet er! Da muss ich schon fragen: Wer ist denn auf der Straße? - Das sind doch unsere Wählerinnen und Wähler, auch die Ihren. Sofern es dem entsprechenden politischen Zweck dient, gehen auch Ihre Wähler gelegentlich auf die Straße. Also, reden Sie doch nicht von "der Straße", reden Sie von den Bürgerinnen und Bürgern.
Für den Antrag von CSU und FDP ist typisch, dass er wortreich Selbstverständlichkeiten ausbreitet. Ich muss hier nicht alle paar Wochen bekennen, dass ich zum freiheitlichen Rechtsstaat stehe und nichts von Gewalttaten halte.
Das wollen Sie aber. Sie verlangen immer wieder Glaubensbekenntnisse wegen irgendwelcher Vorfälle außerhalb Bayerns, mit denen wir nichts zu tun haben. Deswegen mag ich diese Glaubensbekenntnisse allmählich nicht mehr. Sie blenden dabei aus ganz guten Gründen die Ursachen aus, weswegen jetzt vermehrt Leute im Wendland und darüber hi
naus, in München, Berlin und woanders, auf die Straße gegangen sind. Das ist doch nicht aus Lust an der Randale geschehen, wie Sie das gern bezeichnen, sondern weil die Bundesregierung mit ihrer derzeitigen Mehrheit im Bundestag bewusst, vorsätzlich und ohne Not einen mühsam errungenen gesellschaftlichen Konsens über die künftige Energiepolitik aufgekündigt hat,
noch dazu in einem Verfahren, das fragwürdig ist: Da sind Geheimgespräche mit den Atomkonzernen geführt worden.
Die Einzelheiten sind erst bekannt gegeben worden, als es nicht mehr anders gegangen ist. Da ist gemauschelt worden. Außerdem haben Sie die Rechte des Parlaments mit Geschäftsordnungstricks eingeschränkt. Im Augenblick sind Sie dabei, auch noch den Bundesrat auszuhebeln. Da braucht sich doch niemand zu wundern, wenn die Menschen auf die Straße gehen.
Es gibt so etwas wie Legitimation durch ein geordnetes Verfahren. Dazu gibt es sogar eine ganze Theorie; Legitimation wird nicht allein durch ein geordnetes Verfahren hergestellt, aber sie setzt zumindest ein geordnetes Verfahren voraus. Das hat es in diesem Zusammenhang nicht gegeben.
Schwarz-Gelb tut all das nicht aus Not, nicht, weil es nicht anders ginge, sondern diese Koalition tut das, um den Atomkonzernen Milliardengewinne zuzuschanzen. Das ist das eigentliche Problem.
Ich weiß es zwar nicht, aber man darf wohl gespannt sein auf die Rechenschaftsberichte der Parteien, die wir in ein, zwei Jahren lesen werden. Da wird man sehen, in welchen Jahren welche Spenden von wem an CSU und FDP und CDU gegangen sind. Man darf gespannt sein. Ich fürchte, es wird genauso kommen wie mit den Hoteliers: An den Spendenberichten wird man ablesen können, für wen Sie Politik gemacht haben.