Durch den Einfluss der Zeitgeschichte hat sich die Meinung etwas gedreht. In anderen Ländern dagegen - in Finnland, Frankreich oder auch im Osten, in Amerika oder in China - glaubt niemand, dass am deutschen Wesen die Welt genesen wird. Überheben Sie sich also nicht.
Mir geht es um Folgendes: Herr Kollege Pointner, ich schätze Sie persönlich und Ihr Fachwissen sehr. Sie haben es hervorragend dargestellt. Für mich aber stellt sich die Frage, ob der Antrag schon obsolet ist oder nicht. Hat der Bundesrat schon entschieden? Macht es noch einen Sinn, hier darüber zu diskutieren? Es ist wie in einer Fußballmannschaft. Es ist schön, wenn man einen guten Libero hat. Wenn er nicht eingreifen muss, ist es noch besser. Ich sehe, dass Sie in der Rolle des Liberos waren. Sie müssen aber nicht mehr eingreifen; denn die Bundesregierung und der Bundesrat haben beschlossen, und Sie können davon ausgehen, dass wir alles tun werden, dass die Gemeinden nicht auf ihren Kosten sitzen bleiben.
Machen wir es doch so: Wenn ich fertig bin gerne; denn sonst geht es wieder auf mein Redezeitkontingent, wie ich gelernt habe.
Ich möchte hier einfach, dass wir nicht ideologisch diskutieren. Herr Hartmann, wenn es so einfach ist, dass man der Frau Bundeskanzlerin diktieren kann, verstehe ich nicht, warum Sie seinerzeit Ihrem Bundeskanzler nicht diktiert haben, was Sie wollen. Warum haben Sie damals keine solche Steuer einge
führt zu Konditionen, dass auch die Kommunen davon hätten profitieren können, wenn es so einfach ist? Ich verwahre mich dagegen, dass ein gewählter Vertreter - egal, ob ein Ministerpräsident oder die Frau Bundeskanzlerin - sich diktieren lassen soll. Das ist eine Verschluderung der Sprache. Wo kommen wir da hin? Lässt sich jemand von Ihnen etwas diktieren? Wir diskutieren miteinander. Ich würde mir nichts von einem anderen diktieren lassen, und Sie würden es sich sicher auch verbeten. Rüsten wir also ein bisschen ab und kommen wir wieder zurück.
Zwei Anmerkungen bzw. Fragen: Halten Sie es denn nicht für problematisch, wenn in einem Gesetzentwurf der CDU/CSU und FDP im Bundestag die Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte dargestellt werden, dabei aber nur die Bundeseinnahmen beschrieben und als negative Auswirkungen bei den Ländern und Kommunen nur möglicherweise steigende Strompreise vermerkt werden, die Einnahmeverluste in einem Umfang von etwa 600 Millionen Euro bei den Kommunen und 500 Millionen Euro bei den Ländern aber nicht erwähnt werden? Würden Sie mir zustimmen, dass dazu Ausführungen notwendig wären?
Zweite Frage: Sie insistieren darauf, dass der Bundesrat dieses Thema erledigt. Nach der Beschlussfassung des Bundesrats, die Ihnen auch vorliegen müsste, heißt es nur, dass zunächst evaluiert wird und dass dann eine Kompensation geprüft wird. Das ist ziemlich wenig. Wer die Zusammenhänge kennt, weiß, dass der Ausgleich gleich ausgehandelt wird, oder dass alles auf die lange Bank geschoben wird. Ich wollte das nur feststellen. Sind sie wenigstens bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass der Bundesrat nur
Zum Bundesrat möchte ich Folgendes sagen: Ich kann mich erinnern, dass der Ausstieg der Kernenergie ohne Bundesrat beschlossen wurde. Jetzt probieren Sie es eben so ähnlich.
Zurück zum eigentlichen Thema. Sie haben heute Nachmittag bei den Altenpflegeschulen gemerkt, dass ich nicht damit zufrieden war, wie es vom Ministerium gehandhabt wird. Ich hätte es gerne gesehen, dass auch hier die Zahlen vorgelegt werden. Ich würde aber allen Parteien - auch Ihnen, wenn Sie an der Regierung wären - zutrauen, dass sie es nicht ganz so ernst nehmen. Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung noch länger bleibt und gute Chancen hat, weil sich alles wieder einmal drehen kann. Wir werden hart arbeiten. Ich bekenne mich offen zur Kernenergie als Brückenenergie. Etwas anderes haben wir nie gesagt. Es gehört auch zur Wahrheit, dass durch die schwarz-gelbe Bundesregierung auf dem Gebiet mehr getan wurde, als es bisher der Fall war. Auch wenn es unpopulär ist, werden Sie mir doch gestatten, dass ich das sage. Ob es Ihnen gefällt oder nicht, müssen Sie beurteilen. Ehre, wem Ehre gebührt.
Wir haben auch noch mehr für die Entsorgung getan. Herr Kollege Thalhammer hat es heute gesagt. Helmut Schmidt und Georg Leber habe ich vorhin erwähnt. Sie wissen alle, dass sie die Urheber waren. Wo hätten Sie denn den Müll hingebracht, der in deren Regierungszeit entstanden ist? Haben Sie damals schon eine Lösung gehabt? Sie haben alle miteinander in der Republik keine Lösung gehabt. Denken Sie einmal an die Opportunitätskosten. Was würde denn passieren, wenn nicht genügend Energie zur Verfügung stünde? Was würde passieren, wenn in der Zeitung steht, dass 35.000 Menschen erfroren sind oder soundsoviele hunderttausend Arbeitsplätze verloren gehen? Mit vollen Hosen ist gut stinken. Wenn man hier herinnen eine warme Stube hat, kann man über so etwas reden. Denken Sie aber einmal darüber nach, was passieren würde, wenn die Energie nicht da wäre. Auch diesen Gedanken muss man einmal zu Ende denken.
(Ludwig Wörner (SPD): "Die Stromlüge"! Lesen Sie den Wirtschaftsteil der "Süddeutschen Zeitung" von heute!)
- Vor lauter Parlamentsdebatten bin ich noch nicht dazugekommen, Herr Kollege. Ich lese es aber gerne nach. Hoffentlich ziehen wir dann auch die gleichen Schlüsse daraus. Es könnte doch sein, dass ich zu
Das dürfen Sie. Ich danke Ihnen für Ihren Redebeitrag. Dann hat sich Herr Kollege Aiwanger vor dem Staatsminister noch zu Wort gemeldet.
(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Kollege Graf von und zu Lerchenfeld, ich will Sie fragen, ob Sie so naiv sind zu glauben, dass die Sache erledigt sei, wenn die Brennelementesteuer zum 1. Januar eingeführt und nach eineinhalb Jahren evaluiert wird, sodass man dann rückwärts betrachtet feststellt, wie viele hundert Millionen bei Ländern und Kommunen fehlen. Ist hier wirklich eine vollständige Kompensation gewährleistet? Ich muss ehrlich sagen: Nach dem, was wir bisher an Kommunalfreundlichkeit von der Bundesebene erfahren haben, bin ich überzeugt, dass wir mit dem Ofenrohr ins Gebirge schauen werden. Die Kommunen werden feststellen, dass die Gewerbesteuereinnahmen weggebrochen sind und sich der Bund nicht zu Wort melden wird. Am Ende wird man sagen, dass man es nicht genau erfassen konnte. Im Rückwärtsgang geht nichts mehr.
Deshalb ist unser Vorstoß berechtigt. Ich halte es geradezu für fahrlässig, Länder und Kommunen so abspeisen zu wollen. Es ist traurig genug, dass Länder und Kommunen erst nach der Verabschiedung des Gesetzes aufgewacht sind - wie das so schön gesagt wurde. Sie merken erst jetzt, dass sie davon betroffen sind und dass die Bundesregierung vorher die Auswirkungen entweder verschwiegen oder bewusst übersehen hat.
Ich sage ganz klar: Dieses Gesetz ist nicht zu Ende gedacht, wie so vieles in der Energiepolitik dieser Regierung. Setzen Sie sich deshalb dafür ein, dass wir möglichst zeitnah klare Entschädigungsregelungen bekommen. Sie sollten nicht am Sankt-Nimmerleins
Tag in den Rückspiegel schauen, um zu sehen, wer alles überfahren worden ist. Wir brauchen jetzt Klarheit und keine Versprechung, die nicht eingehalten wird. Ich appelliere an Sie, diese Sache ernst zu nehmen und sich nicht darauf herauszureden, dass alles bedacht worden wäre. Es wurde nicht bedacht; sonst wären Sie nicht im Nachhinein darauf gekommen, dass Sie diese Auswirkungen völlig übersehen haben.
Als abschließenden Redner habe ich Herrn Staatsminister Fahrenschon auf meiner Liste. Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal kurz an die Fakten erinnern. Der Deutsche Bundestag hat mit Beschluss der Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP am 28. Oktober als ein Element des Energiekonzepts der deutschen Regierung die Einführung einer Kernbrennstoffsteuer beschlossen. Der Bundesrat hat zu diesem Gesetz in seiner Sitzung am letzten Freitag keine Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangt. Das Brennstoffsteuergesetz kann somit wie geplant zum 1. Januar wirksam werden.
Im Übrigen wird mit dem Gesetz eine Forderung insbesondere der Sozialdemokratie, aber auch des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN umgesetzt. Trotzdem hagelt es von allen Seiten Kritik. Ich kann dazu nur sagen: Irgendwann müssen Sie sich entscheiden. Wollen Sie die Brennelementesteuer? Dann müssten Sie jetzt eigentlich sagen, dass dies ein richtiger Beschluss war. Oder Sie sind angesichts der Tatsache, dass Sie es in sieben Jahren Bundesregierung nicht geschafft haben, dieses Gesetz durchzusetzen, heute die schlechten Verlierer, die sagen: Wir wollen nicht akzeptieren, was erfolgreich erarbeitet worden ist?
Lieber Herr Pointner und lieber Herr Aiwanger, mir geht es wie Herrn Kollegen Freiherrn von Lerchenfeld. Ich muss an diesem Tag zum zweiten Mal sagen: Die Freien Wähler sind zwar da, aber sie sind zu spät; denn die parlamentarische Gesetzgebung ist seit letztem Freitag abgeschlossen. Unabhängig davon, dass es sich beim Brennstoffsteuergesetz um ein Einspruchsgesetz handelt, das auch nach einem Vermittlungsverfahren vom Deutschen Bundestag mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen beschlossen werden könnte, muss man feststellen: Heute sind Sie zu spät. Es geht nichts mehr. Lieber Herr Aiwanger und lieber Herr Pointner, die gute Nachricht lautet jedoch, dass
Sie sich immer auf die Bayerische Staatsregierung verlassen können. Selbstverständlich haben wir nicht nur das Problem der steuerlichen Sekundärwirkung aufgrund des steuerwirksamen Betriebskostenabzugs der Kernbrennstoffsteuer gesehen, nein, die Staatsregierung ist gegenüber dem Bund auch aktiv geworden.
Der Bundesrat hat auf unsere Vorarbeiten hin eine Entschließung gefasst. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, bis zum 30. Juni des Jahres 2012 die mittelbaren Steuerwirkungen der Einführung der neuen Steuer auf die Haushalte der Länder und Gemeinden zu evaluieren. Das ist auch wichtig; denn die dezidierte Wirkung kann heute keiner vorhersehen. Am Ende ist den Kommunen besser geholfen, wenn wir die negativen Auswirkungen wirklich kennen und eine 100-prozentige Kompensation erreichen, als wenn wir versuchen, uns aufgrund irgendwelcher Projektionen gut oder weniger gut zu rechnen.
Deshalb gilt es zunächst einmal, die Belastungen konkret darzustellen und dann eine entsprechende Regelung zu erreichen.
Lieber Herr Halbleib, Sie dürfen nicht den Fehler machen, von sich auf andere zu schließen. Natürlich sagen die Kommunen zu Recht: Wir sind in der Vergangenheit in der Bundespolitik überrollt worden. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist die Einführung der Grundsicherung unter Rot-Grün. Wir stellen heute fest: Ihre Zusagen sind erstens nicht eingehalten worden; zweitens führt die Grundsicherung, die die Sozialdemokraten und die GRÜNEN zu vertreten haben, mittlerweile zu einer Kostensteigerung von 190 %. Wer so mit den Kommunen umgeht, kann hier nicht sagen, wir würden keine ordentliche Kommunalpolitik betreiben.
Deshalb fordere ich an dieser Stelle, dass Sie uns mit derselben Verve, mit der Sie sich heute präsentieren, bei der Forderung unterstützen, dass der Bundesrat, die SPD-geführten Länder und die SPD-Bundesfraktion die Fehler der Vergangenheit deutlich machen und den Kommunen endlich das Geld geben, das ihnen versprochen wurde. Die Grundsicherung haben Sie eingeführt. Lieber Herr Halbleib, den Zusagen sind Sie heute noch nicht nachgekommen.
der Protokollerklärung zur Bundesratssitzung deutlich gemacht, dass den Forderungen des Bundes nachgekommen wird. Deshalb war es strategisch richtig, das Brennstoffsteuergesetz im Bundesrat passieren zu lassen; denn ohne das Zugeständnis der Bundesregierung, die letztendlich die Ansprüche der Länder und der Gemeinden im Hinblick auf die steuerliche Sekundärwirkung anerkannt hat, stünden wir heute mit leeren Händen da. Dass Steuerausfälle vor allem die Kommunen besonders hart treffen würden, steht für uns außer Zweifel. Deshalb war die strategische Einlassung, das Gesetz bei Vorlage des Gegenangebots passieren zu lassen, richtig.
Lieber Herr Hartmann, am Schluss möchte ich schon noch sagen, dass ich glaube, Sie haben die Konzeption nicht verstanden. Das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert, die Brennelementesteuer dauerhaft einzuführen. Das sind frische Beschlüsse Ihres Bundesparteitags. Natürlich fordern Sie eine deutlich höhere Anhebung der Steuersätze; denn mehr als Steuererhöhungen fällt dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht ein. Damit legen Sie die Axt an den Fonds. Diesen Fonds haben wir jedoch mit Absicht in die Energiekonzeption der Bundesregierung eingeführt, um am Ende nicht nur eine Steuer zu erwirken, sondern über den Fonds den Ausbau regenerativer und nachhaltiger Energiekonzepte zu finanzieren. Wenn Sie diesen Fonds fallen lassen, müssen Sie die Antwort darauf geben, wie Sie die Kommunen in der Zukunft in die Lage versetzen wollen, regenerative und neue Energien zu unterstützen.