Protokoll der Sitzung vom 16.12.2010

Aufgrund der Informationspolitik der Staatsregierung und der Regierungskoalition in den letzten Monaten hätte ich zum einen gerne eine Bestätigung vonseiten des Finanzministers gehört. Zum anderen soll er uns erläutern, warum er überhaupt auf die Idee kommt, in solche Verhandlungen mit 6,6 Millionen reinzugehen. Das ist eine Unverschämtheit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Taubeneder, Sie haben das Wort.

Herr Ritter, zum Ersten, ich bin ein glaubwürdiger Mensch. Mir dürfen Sie glauben.

Zweitens. Den Finanzminister können Sie selber fragen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Der ist ja nicht da! - Florian Ritter (SPD): Plenum des Bayerischen Landtags!)

Zu den Betriebskosten: Herr Ritter, Sie wissen haargenau, dass die Betriebskosten definiert sind. Diese hundert Prozent sind definiert.

(Florian Ritter (SPD): Das muss man dann dazusagen!)

Alle anderen Berufsfachschulen haben sich dem unterworfen. Die Altenpflegeschulen haben über den Schulgeldausgleich einen zusätzlichen Aufschlag bekommen. Jetzt müssen sie die Betriebskosten auf den Tisch legen. Darum ist diese Arbeitsgruppe eingesetzt worden. Wir können dann darüber reden, ob noch eine Verbesserung erfolgen muss. Momentan sind die Betriebskosten definiert. Sie werden in diesem Jahr erreicht, und sie werden im nächsten Jahr genauso erreicht.

Nächster Redner ist Herr Professor Bauer. Ihm folgt dann Herr Kollege Professor Barfuß.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kultusminister, ich bin jetzt nach den Ausführungen von Herrn Taubeneder aus verschiedenen Gründen etwas irritiert. Einmal sagt er, wir reden jetzt zum fünften Mal über dieses Thema, es sei nicht mehr so aktuell. Dem möchte ich die "Augsburger Allgemeine Zeitung" vom 14. Dezember entgegenhalten, aus der ich jetzt zitiere. Sie schreibt:

Altenpflegeschule: Zwei Kreise ziehen an einem Strang - Forderung: Die CSU-Fraktionschefs Donau-Ries und Dillingen pochen auf eine bessere finanzielle Förderung.

Sie sind wohl auch hinter dem Mond? Weiter heißt es in der "Augsburger Allgemeinen":

"Nach Aussagen der Experten fehlen in Deutschland derzeit rund 58.000 Altenpflegerinnen

- deswegen müssen wir uns darüber unterhalten

und Altenpfleger, mit stark steigender Tendenz", sagen MdB Ulrich Lange, Fraktionsvorsitzender der CSU/JB-Fraktion im Kreistag Donau-Ries, und sein Dillinger Kollege Dr. Johann Popp.

Aus diesem Grund fordern Lange und Popp, dass die von der bayerischen Regierung geplante Reduzierung der 50-prozentigen Kürzung des zusätzlichen Schulgeldausgleiches für Schülerinnen und Schüler privater Berufsfachschulen für die Altenpflege vermieden wird.

Das Thema ist also hochaktuell. Ich weiß nicht, wer hier nachkartelt. Ich weiß auch nicht, wer dem runden Tisch, der eingerichtet worden ist, etwas vormacht und am heutigen Donnerstag Ergebnisse präsentiert, die erst am nächsten Montag beschlossen werden sollen. Das kann ich wiederum auch nicht verstehen. Ich muss Sie deshalb fragen, welche Aufgaben dieser runde Tisch überhaupt hat, wenn Sie schon am Donnerstag die Ergebnisse erzählen.

Noch etwas. Ich bin zwar neu im Parlament, aber eines weiß ich: Weder der Finanzminister noch der Kultusminister legen die Haushaltsmittel fest. Das ist die ureigenste Aufgabe des Parlaments und der Parlamentarier.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordne- ten der SPD)

Die geben die Mittel frei. Das ist keine Gnade der Staatsregierung. Wir haben das Haushaltsrecht, und dieses Haushaltsrecht lasse ich mir auch als Oppositionspolitiker nicht nehmen.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordne- ten der SPD)

Die Kampagnen sind schon angesprochen worden. Ich verkürze es jetzt. Frau Ackermann hat es dankenswerterweise gesagt. Die "Herzwerker" können wir noch einmal als gemeinschaftliches Projekt von Sozialministerium und Kultusministerium lobend hervorheben. Wer A sagt, muss aber auch B sagen. Die Kampagnen haben dazu geführt, dass die Schülerzahlen erfreulicherweise gestiegen sind. Deswegen darf man die Schüler nicht im Regen stehen lassen. Sie machen genau das Gegenteil. Sie haben es geplant, das Gegenteil zu machen. Ich nehme Sie beim Wort. Ich hoffe, dass es nicht nur bei diesen 12 Millionen bleibt, sondern dass dieser Betrag entsprechend den gestiegenen Schülerzahlen aufgestockt wird. Für den einzelnen Schüler bedeutet dies natürlich eine Kürzung, auch wenn Sie immer wieder versuchen, es anders zu erklären, indem Sie das Budget in den Vordergrund stellen. Der einzelne Schüler kann mit dem Budget überhaupt nichts anfangen. Für den einzelnen Schü

ler ist das Geld in der Tasche entscheidend. Erklären Sie mir bitte einmal, wie ein Auszubildender, der im Schnitt 300 bis 400 Euro im Monat verdient, davon 150 bis 200 Euro Schulgeld pro Monat ausgeben soll? Wie soll das gehen? Wovon sollen denn diese Leute leben? Ist das sozial gerecht? Die Freien Wähler und ich stellen fest: Das ist weder gerecht noch solidarisch. Es ist unsozial und nicht zu verantworten.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordne- ten der SPD)

Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Das ist die Diskriminierung einer Ausbildung, die sehr hoch anzusetzen ist.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordne- ten der SPD)

Dass diese Vorgehensweise ein politisches Trauerspiel ist, ist schon mehrfach thematisiert worden. Ich kann es nur noch bestätigen. Es ist wichtig, dass wir nicht am falschen Ort sparen, sondern dass wir bei diesen aktuellen Problemen, die ich Ihnen eingangs mit einem Zitat aus der Zeitung dargestellt habe, endlich handeln und weiterkommen. Wir werden in Zukunft jeden Altenpfleger und jede Altenpflegerin brauchen. Wir sind dankbar, wenn sich junge Menschen für diesen sehr schweren Beruf zur Verfügung stellen. Sie haben nicht nur körperliche, sondern auch psychische Belastungen. Sie können den Beruf der Altenpfleger auch nicht mit dem der Krankenschwestern oder Kinderkrankenschwestern vergleichen. Bei jedem Kind und bei jedem Kranken besteht zumindest die Perspektive, dass sie wieder gesund werden. Der Alterungsprozess lässt sich nun einmal nicht aufhalten. Er schreitet letztlich bis zum Tod voran. Das ist der Unterschied zwischen der Altenpflege und anderen Berufsgruppen. Deswegen bedarf die Altenpflege einer besonderen Fürsorge und einer besonderen Unterstützung. Genau deswegen ist die Altenpflege nicht mit anderen Berufen zu vergleichen.

Aus diesen Gründen möchten wir den Dringlichkeitsanträgen der GRÜNEN und der Freien Wähler zustimmen. Wir unterstützen diese Anträge voll. Der Herr Finanzstaatssekretär ist da. Ich nehme Sie beim Wort, dass diese Zahlen im Haushaltsentwurf stehen und dass wir gemeinsam diesen Haushaltsansatz erhöhen und darüber abstimmen.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordne- ten der SPD)

Nächster Redner ist Herr Professor Barfuß.

Herr Präsident, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Auch ich bin ziemlich erschüttert darüber, wie wir mit diesem Thema umgehen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Dann stimmen Sie zu!)

So, wie wir in dieser Gesellschaft oft den Tod verdrängen, verdrängen wir auch in cumulo den demografischen Wandel und damit die Tatsache, dass wir im Alter pflegebedürftig werden. Das, was hier bisher gemacht wurde, ist keine große Staatskunst. Das sage ich als einer, der der Legislative angehört, an die Exekutive gerichtet. Von politischer Klugheit ist in diesem Zusammenhang kaum zu reden.

(Beifall bei der FDP und den Freien Wählern)

Als Haushälter ärgert es mich wirklich - ich übernehme von Herrn Ritter das Wort "skandalös" -, dass wir am Nasenring durch die Arena geführt werden. Wir Haushälter haben gesagt, dass wir bereit sind, das draufzulegen, was den Schulen zusteht. Wir haben bis zum heutigen Tag keine robusten Zahlen bekommen. Frau Kollegin Ackermann, darin stimme ich Ihnen zu. Bei jeder Investition muss ich einen Verwendungsnachweis führen. Ich muss darlegen, was es gekostet hat. Wo ist das Problem, wenn wir sagen, ihr bekommt den Betrag X, und dann wird abgerechnet? Wenn es dann zuviel war, müssen die Empfänger etwas zurückzahlen, oder es wird verrechnet, und wenn es zu wenig war, müssen sie nichts zurückzahlen. Wenn wir aber so weitermachen und sagen, irgendwann im April werden wir es schon lösen, nützt es niemandem etwas.

Ich komme aus dem Landkreis Dillingen, wo wir viele soziale Einrichtungen haben. Stellen Sie sich vor, dass die Caritas in Wertingen nicht mehr weitermachen kann. Dann möchte ich sehen, wie alle Abgeordneten springen und fragen: Was ist hier los, warum hat man wegen 1,2 Millionen so einen Aufstand gemacht, warum regeln wir das nicht selber?

(Beifall bei den Freien Wählern)

Ich sage das sehr selbstbewusst als Mitglied des Parlaments. Herr Kollege Bauer hat recht: Wir bestimmen darüber, welchen Haushaltsansatz wir für welchen Haushaltstitel wählen, und nicht die Exekutive. Das sollten sich diese Herrschaften auch einmal merken.

(Beifall bei der FDP, der SPD und den Freien Wählern - Christa Naaß (SPD): Dann stimmen Sie unserem Antrag zu!)

Die privaten Schulen entlasten doch den Staat. Haben Sie nicht kapiert, dass wir das Geld gar nicht hätten, wenn wir das auch noch tragen müssten, was die Privaten machen? Das müssen wir doch dankbar annehmen. Ich erinnere an die sehr bemerkenswerte Intervention unserer Präsidentin Stamm bei der letzten Sitzung. Das, was sie bemerkt hat, traut sich auch nicht jeder zu sagen.

(Beifall bei der FDP, Abgeordneten der SPD und den Freien Wählern)

Wenn die Präsidentin das schon sagt, sollte man es endlich zur Kenntnis nehmen. Ich sage noch ein hartes Wort. Was nützt mir der "Aufbruch Bayern", wenn ich ihn zuvor durch den Abbruch an anderer Stelle finanziere? Das macht auch keinen Sinn.

(Beifall bei der FDP, der SPD, den Freien Wäh- lern und den GRÜNEN)

Wer das anders gewollt hätte, hätte im Vorfeld hier mehr tun müssen.

(Christa Naaß (SPD): Also stimmen Sie unserem Antrag zu?)

- Das werden Sie nachher sehen.

Ich gebe Ihnen noch zu bedenken, dass dies ein Signal an den Ministerrat sein soll, dass er hier seiner Verantwortung gerecht werden muss. Allerdings muss auch die Finanzierung umgestellt werden. Wenn wir das analog zur Krankenpflege machen würden, dann hätten wir dieses Thema nicht.

Politische Rituale in Ehren: Ich danke dem Kollegen Taubeneder, der seinem Namen entsprechend sanftmütig war wie die Tauben. Es ist ihm genauso schwergefallen wie mir, hier zu sprechen. Danke, lieber Kollege.

Bei diesem Thema wird ein Teil unserer Fraktion mit den Kollegen der GRÜNEN und der SPD stimmen und ein anderer Teil sich der Stimme enthalten.

(Beifall bei der SPD, den Freien Wählern und den GRÜNEN)