Protokoll der Sitzung vom 25.01.2011

ergänzen. Sie liegt in der Tatsache begründet, dass nach wie vor der Finanzminister per Gesetz Verwaltungsratsvorsitzender ist, der Innenminister und der Wirtschaftsminister Sitz und Stimme im Verwaltungsrat haben und sogar eine Doppelgewichtung hinterlegt ist.

Ich sage Ihnen ganz klar: Meine politische Zielrichtung ist, dass dieser Anteil von Arbeit von Politikern im Verwaltungsrat weiter abgesenkt wird. Wir sind in der nächsten Stufe, so glaube ich, gut beraten, die Politik aus dem Verwaltungsrat zurückzuziehen und viel eher die Interessen des Eigentümers über die Generalversammlung, sprich die Vollversammlung der Anteilseigner, zu organisieren. Ich orientiere mich dabei an der Lösung, die die Kollegen in Baden-Württemberg, bezogen auf die LBBW, gefunden haben, die offensichtlich auch ein zentraler Punkt war, auf den sich die Europäische Union hat einigen können.

Ich glaube, dass in der jetzigen Situation, in der aktuellen Positionierung der Bank diese besondere Verantwortung der Politik im Verwaltungsrat notwendig ist. Mittel- und langfristig bin ich allerdings der Überzeugung, dass wir besser beraten sind, wenn wir die Politik und die Politiker aus den agierenden Gremien der Bank, also aus dem Verwaltungsrat, ein Stück weit weiter zurückziehen.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Annette Bulfon (FDP) und Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP))

Sie haben auch danach gefragt, wie die Verlustsituation aussieht. Dazu ist, glaube ich, wichtig, deutlich zu machen: Was wird überhaupt als Verlust definiert? Als Verlust im Sinne des Garantievertrags versteht man einen tatsächlichen und unwiderruflichen Schaden, der der Bank durch Kapitalabschreibungen, Nichtzahlung, Insolvenz oder Verkauf des zugrunde liegenden Wertpapiers entstanden ist. Die Garantievereinbarung deckt somit nur tatsächlich entstandene Verluste ab. Nicht abgedeckt ist, wenn ein Wertpapier in der Bilanz quasi Bewertungsschwankungen durchläuft.

Welche Bewertungsdifferenz auch immer entsteht, ist kein Thema der Garantie. Nur dann, wenn am Ende der Laufzeit oder an einem Zinszahlungstermin Gelder, die vertraglich bei der Landesbank hätten eingehen müssen, tatsächlich nicht eingehen, dann entsteht ein Verlust im Sinne der Garantievereinbarung.

Wir haben - das ist quasi der zweite Teil dieser Frage - natürlich die Intention, das Portfolio zügig abzubauen, gegebenenfalls schneller als bis zur Endfälligkeit. Die Endfälligkeit ist im Garantievertrag hinterlegt. Nach aktuellem Stand läuft sie bis ins Jahr 2099. Das letzte Papier, das das Endfälligkeitsdatum hält, liegt im Jahr 2099.

Herr Pohl, die oberste Maxime zeigt sich in der Struktur, die ich auf die Frage von Herrn Kollegen König dargestellt habe. Die oberste Maxime ist die Minimierung der Verluste für den Freistaat Bayern. Daran wird gearbeitet. Dem muss sich alles andere unterordnen. Das Wertpapier wird nur dann verkauft, wenn das aus der Sicht des Freistaats Bayern optimal ist. Ein Verkauf soll nicht allein deshalb erfolgen, damit das Portfolio reduziert wird. Vielmehr soll ein Verkauf erst dann erfolgen, wenn aus Sicht des Garantiegebers dieser Verkauf sinnvoll ist, also die Verluste unter der Garantie so gering wie möglich ausfallen.

(Bernhard Pohl (FW): Ich habe nichts anderes unterstellt!)

- Das ist gut. Ich bedanke mich auch für die Frage, weil ich das noch einmal herausarbeiten kann.

Das ist der Grund dafür, weshalb wir der Bank und ihren Beratern ein Beraterteam des Finanzministeriums entgegengestellt haben.

An dieser Stelle möchte ich - bezogen auf Ihre letzte Frage - erläutern, wie sich das Portfolio entwickelt hat. Wir liegen jetzt bei rund 14 Milliarden Euro. Die durchschnittlichen Tilgungen, das heißt die Rückflüsse, die wir in der Vergangenheit erhalten haben, beliefen sich auf etwa 230 Millionen Euro pro Monat. Das bedeutet, wir erhalten aus diesem Portfolio Rückflüsse. Ich bitte um Verständnis: Wir haben aus Haushaltssicht eine jährliche Betrachtung. Am 30. September sind Verluste in Höhe von 429 Millionen Euro realisiert worden, die sich aus Kapitalabschreibungen, Nichtzahlungen und Verkaufsverlusten zusammensetzen. Diese Summe wird, wie ich das dem Haushaltsausschuss bereits mitgeteilt habe, noch vom Selbstbehalt der Bank abgedeckt.

Herr Pohl, ich finde es bemerkenswert, dass sich die Verluste langsamer ansammeln, als man das im Jahre 2008 noch befürchten musste. Wir werden aber sicherlich auch weiterhin davon abhängig sein, wie sich die Märkte entwickeln. In dem Moment, wo insbesondere in den Vereinigten Staaten die Arbeitslosigkeit wieder sinkt und die Hauspreise in den Vereinigten Staaten wieder anziehen, werden wir beim Portfolio einen positiven Effekt haben. Natürlich sind wir zu einem Teil auch von Währungsentwicklungen abhängig, zum Beispiel, wie sich der Dollar zum Euro, wie sich das Pfund und wie sich der Yen entwickeln.

Herr Pohl, Sie haben am Ende gefragt, wie sich dieses Stressszenario verstehen lässt. Klar ist: Der Zusammenbruch einer Investmentbank, zumal der drittgrößten Investmentbank, war natürlich in keinem Stressszenario je angedacht. Die Tatsache, dass quasi alle negativen Entwicklungen - der Zusammen

bruch der Bank, der Wegfall des Vertrauens der Marktteilnehmer und die Unsicherheit, die mit den Händen zu greifen war - eingetreten sind, war nicht vorhersehbar. Inwieweit diese Entwicklung mittlerweile in die Modelle und Methodiken der Szenario-Analytiker aufgenommen worden ist, übersteigt mein Wissen.

Bank und Berater stellen fest: Die Wirtschaftsprüfer haben im Auftrag der Aufsicht eine Hochrechnung entwickelt, die offensichtlich den Fachleuten nicht tauglich erscheint, um eine Bewertung für die nächsten zwölf Monate abzugeben.

Herr Hallitzky hat sich zu einer weiteren Frage gemeldet. Sie haben 17 Sekunden Zeit.

Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben meine Fragen nach Directors & Officers nicht beantwortet. Dafür kann es drei Gründe geben:

Erstens. Sie wollen behaupten, dass die Höhe der Deckungssumme der Versicherung - das, was wir kriegen können - überhaupt nichts damit zu tun hat, wie wir die Milliardenschäden möglichst gering halten können.

Zweitens. Sie kennen die Verträge nicht, obwohl Sie heute im "Münchner Merkur" Summen genannt haben.

Drittens. Sie wollen Ihr Herrschaftswissen behalten. Oder: Sie beantworten die Fragen jetzt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Lieber Herr Hallitzky, noch bin ich in der Lage, die Interviews, die ich gegeben habe, zu überblicken. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich dem "Münchner Merkur" eine konkrete Summe genannt habe. Weil ich dem "Münchner Merkur" keine konkrete Summe genannt habe, werden Sie mich auch im Plenum des Landtags nicht zur Nennung einer konkreten Summe bringen. Wir haben die Aufstellung von denjenigen, gegen die wir teilweise mit Klagen und Klageandrohungen vorgehen - in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft.

Zu einer weiteren Frage hat sich Herr Kollege Pohl gemeldet. Sie haben 39 Sekunden.

Herr Staatsminister, bei allem Respekt vor den journalistischen Leistungen des "Münchner Merkur": Die

Gleichsetzung dieses Magazins mit dem Bayerischen Landtag ist nicht angebracht.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Sie hatten gesagt, dass sich die Politik auf die Ebene der Anteilseigner zurückziehen und den Aufsichtsrat sowie den Verwaltungsrat weitgehend Experten überlassen solle. Hier stelle ich schon die kritische Frage: Die Bank gehört dem Freistaat Bayern. Wenn wir bei der Auswahl der Verwaltungsräte das gleiche Glück haben wie der Verwaltungsrat bei der Auswahl von Herrschaften wie Herrn Gribkowsky, meinen Sie dann, dass die Bank in guten Händen ist?

Herr Pohl, Sie können bei einer Personalauswahl immer einen Treffer landen oder keinen Treffer landen.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Das ist ja hanebüchen, was Sie hier sagen!)

Davon, dass Sie in Einzelfällen vor krimineller Energie ebenfalls nicht sicher sind, haben wir noch gar nicht gesprochen. Sie hatten mich nach meiner persönlichen Auffassung gefragt. Ich stelle fest: Unser Konstrukt setzt die Politiker in die Pflicht, im Verwaltungsrat zu sitzen. Dies führt automatisch zu weiteren Pflichten, zum Beispiel, sich besonders zu informieren, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese in den Verwaltungsrat einzubringen. Ich glaube aber hier gilt für mich der Punkt, den die Europäische Kommission offensichtlich im Fall der LBBW zu ihrer zentralen Linie gemacht hat -, dass die Interessen des Eigners über die Eigentümerseite, also die Generalversammlung, deutlich gemacht werden können.

Die operative Kontrolle, die Begleitung sowie die Debatte über Strategie und Geschäftsfelder, also die Aufgaben des Verwaltungsrats, sollten durch Fachleute des Marktes, der Banken und der Versicherungen intensiver und besser wahrgenommen werden. Ich kann Sie aber beruhigen: Solange das Landesbankgesetz so lautet, wie es heute lautet, wird es keine Veränderung geben. Momentan gibt es auch keine Planung, eine Novelle anzustoßen. Ich hatte Ihre Frage so verstanden, dass Sie einfach die Gelegenheit nutzen wollten, sich mit mir über meine Einschätzung auszutauschen.

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Ministerbefragung beendet. Wir fahren in der Tagesordnung fort. Wir sind gut in der Zeit. Ich hoffe, dieser Satz rächt sich nicht.

Ich rufe deshalb Tagesordnungspunkt 3 auf:

Aktuelle Stunde gem. § 65 GeschO auf Vorschlag der FDP-Fraktion "Verbraucherschutz stärken - Vorbeugung verbessern - kriminelle Machenschaften unterbinden!"

Für die heutige Sitzung ist die FDP-Fraktion vorschlagsberechtigt. In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Ich möchte Ihnen das noch einmal zur Erinnerung auf den Weg geben. Auf Wunsch einer Fraktion erhält einer ihrer Redner oder Rednerinnen bis zu zehn Minuten Redezeit. Diese wird auf die Anzahl der Redner und Rednerinnen der jeweiligen Fraktion angerechnet. Wenn ein Mitglied der Staatsregierung das Wort für mehr als zehn Minuten ergreift, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zahl der Redner und Rednerinnen dieser Fraktion zu sprechen. - Erster Redner ist Herr Dr. Fischer für die FDP.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit Jahresbeginn erschüttert einer der größten Gift-Skandale eine Branche, ein ganzes Land, ja sogar internationale Absatzmärkte. Bis zu 3.000 Tonnen Dioxin-verseuchtes Fett wurden an 25 Futtermittelhersteller in mindestens vier Bundesländern geliefert. Die Auswirkungen sind enorm. Auch wenn eine akute Gesundheitsgefährdung durch den Verzehr der hoch belasteten Eier nicht besteht, darf diese Gefahr nicht verharmlost werden. Dioxine sind hochgiftig. Sie gehören zu dem schmutzigen Dutzend der Giftstoffe, die zu Recht weltweit verboten sind. Was waren und sind die Folgen? Die Menschen sind verunsichert, und wie bei jedem Lebensmittelskandal von BSE bis Gammelfleisch führt genau diese Verunsicherung zu dramatischen Einbußen in der betroffenen Branche.

Nicht nur die Reaktionen in Deutschland, sondern auch jene im Ausland treffen unsere Landwirtschaft schwer. Südkorea hat den Import deutschen Schweinefleisches ausgesetzt, Russland kündigt stärkere Kontrollen für deutsches Fleisch an, und die Slowakei untersagt den Verkauf von deutschem Geflügel und Eiern. Zu Recht spricht Bauernpräsident Sonnleitner von einem Super-GAU für die deutsche Landwirtschaft.

Dabei gilt es zunächst einmal eines unmissverständlich herauszustellen: Der Dioxinskandal war und ist nicht die Folge eines Branchenversagens, sondern in allererster Linie die Folge massiver krimineller Machenschaften einiger weniger, unter denen letztlich die ganze Landwirtschaft leidet.

(Karl Freller (CSU): Ja!)

Die Kosten gehen schon jetzt über 300 Millionen Euro hinaus, und sie steigen täglich. Gegen eine solche massive kriminelle Energie gibt es kein Patentrezept. Wir sind es aber unseren Landwirtschaften und Landwirten ebenso wie unseren Verbrauchern schuldig, alles zu tun, um das Risiko einer Wiederholung so klein wie möglich zu halten.

(Beifall bei der FDP)

Ebenso sind wir in der Pflicht, verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen, Vertrauen der Märkte im In- und Ausland, Vertrauen der Bauern in die Futtermittelhersteller und Vertrauen der Verbraucher in die Landwirtschaft. Ich sage auch: Eine Systemdebatte ist hier fehl am Platz. Ob ideologisch oder konventionell - alles muss sicher sein. Ein Generalverdacht gegen Bauern, egal, welche Landwirtschaftsform sie wählen, ist für uns als FDP der falsche Weg. Damit wird Misstrauen geschürt und der Falsche getroffen. Unsere Aufgabe ist es doch, dafür zu sorgen, dass nicht diejenigen die Zeche zahlen, die überhaupt nicht daran beteiligt waren: die kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe, die jetzt die Einnahmeverluste haben und die jetzt in ihrer Existenz gefährdet sind.

(Beifall bei der FDP)

Aber gerade deshalb brauchen wir geschlossene Reaktionen, und daher ist die von der Bundesregierung geplante Zulassungspflicht für Futtermittelbetriebe wichtig. Deswegen begrüßen wir die saubere Trennung der Produktionsströme. Futterfette und Industriefette dürfen nicht in denselben Anlagen hergestellt werden.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Gegen planmäßiges kriminelles Handeln gibt es nur ein wirksames Mittel: den Ausbau der Überwachung. Hier spreche ich nicht in erster Linie von Eigenkontrolle, sondern von staatlicher Kontrolle. Die Zuständigkeit hierfür liegt bei den Ländern, und das ist gut und richtig so. In Bayern gibt es über 7.000 gewerbliche Futtermittelunternehmen, davon mehr als 1.700 Futtermittelhersteller, und allein im letzten Jahr haben 467 Betriebskontrollen stattgefunden, durchgeführt von nur elf Futtermittelkontrolleuren, die zentral bei der Regierung von Oberbayern angesiedelt sind. Das zeigt: Es wird kontrolliert. Es zeigt aber auch: Ein Ausbau der unangemeldeten Kontrollen ist möglich und kann ein sinnvoller Beitrag für noch mehr Sicherheit sein.

(Beifall bei der FDP)

Des Weiteren sind die Kosten für die Auswertung von Proben mit 350 Euro zu hoch und der Zeitaufwand von fünf Tagen zur Auswertung ebenfalls. Das heißt, wir müssen in die Entwicklung kostengünstiger und schnellerer Verfahren investieren.

Wir brauchen auch eine Bündelung von Fachwissen. Deshalb begrüße ich es, wenn geplant ist, dass Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften gebildet werden, deren Angehörige sich in die höchst komplizierte und spezielle Materie einarbeiten. Letztlich kommen wir nicht umhin, über eine konkrete Strafverschärfung nachzudenken; denn es kann nicht sein, dass jemand, der vorsätzlich durch die Verunreinigung von Lebensmitteln die Gesundheit von Tausenden Menschen gefährdet, mit einem geringeren Strafmaß rechnen muss als jemand, der Lebensmittel entwendet.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))