So etwas brauchen wir in Bayern nicht. Wir sind selber die Kümmerer. Die Anliegen unserer Bürgerinnen und Bürger sind bei uns bestens aufgehoben. Wir versuchen, konkrete Lösungswege aufzuzeigen, auch wenn eine Lösung nicht immer möglich ist, weil Recht und Gesetz dagegenstehen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Eingaben und Beschwerden kommt eine besonders wichtige Funktion zu. Wenn wir praktisch ausschließlich mit Petitionen befasst sind, können wir dem Einzelnen vielleicht etwas mehr Aufmerksamkeit widmen als die Fachausschüsse. Bei diesen spielen Petitionen zwar auch eine wichtige, aber nicht die dominierende Rolle.
Lassen Sie mich einen wichtigen Punkt hinzufügen. Jede Petition hat denselben Stellenwert. Bei uns erhält die Sammel- oder Massenpetition, hinter der manchmal Tausende von Menschen mit ihrer Unterschrift stehen, keine Vorzugsbehandlung gegenüber denjenigen Eingaben, die einzelne Personen an uns herantragen.
Jede Petition ist gleich wichtig. Jede Petition nehmen wir gleich ernst. Jeder ist uns gleich willkommen. Aber nicht nur die Bürgerinnen und Bürger profitieren vom Petitionsrecht, sondern auch wir Abgeordnete. Das Petitionsrecht ist nämlich ein Seismograf, der uns aufzeigt, ob und wie unsere Gesetze funktionieren, ob und wie unsere Bevölkerung mit unserer Politik und mit der Verwaltung in unserem Land zurechtkommt und wo - ich sage es noch einmal - der Schuh drückt.
So gesehen sind Petitionen manchmal auch wichtige Impulsgeber für unsere politische Arbeit an den großen Stellschrauben der Landespolitik.
Ich will Ihnen einzelne Fälle aufzeigen, die mich bewegt haben und in denen wir etwas erreichen konnten.
Ich erwähne das Einzelschicksal der 15-jährigen Kistaman. Sie hat in Regensburg die Mittelschule besucht und sich gemeinsam mit ihrer Mutter hier hervorragend integriert. Eine Abschiebung stand bevor. Diesen Fall haben wir an die Härtefallkommission überwiesen. Dann ist er positiv beschieden worden. Deshalb mein Dank an die Härtefallkommission für die großartige Zusammenarbeit!
Eine Eingabe aus dem Allgäu betraf einen schwierigen Fall. Mit ihr baten die Petenten um eine Entschädigung für Schäden aufgrund des Augusthochwassers 2005. Viele haben sich hier die Zähne ausgebissen. Die Überprüfung ergab zunächst, dass seitens des Freistaates keine Möglichkeit bestand, über das bereits Geleistete hinaus weitere Hilfen zu gewähren. Allerdings konnten wir nach einem Termin vor Ort und intensiven Gesprächen mit dem Umwelt- und Landwirtschaftsministerium im Ausschuss erreichen, dass weitere Entschädigungszahlungen geleistet wurden.
Dann erwähne ich den Fall einer Familie aus dem Landkreis Regen. Sie wollte in ihrem bestehenden Wohnhaus eine Gastwirtschaft einrichten. Dies war rechtlich nicht möglich, da das Bauvorhaben - ich zitiere - "öffentliche Belange beeinträchtigt". Wir im Ausschuss waren allerdings der Meinung, dass es sich hierbei um einen Härtefall handelt, da der Mann vor Kurzem seine Arbeit verloren hat und die Frau an einer starken Sehschwäche leidet.
Letztendlich konnten wir die Kommune vor Ort zu der Entscheidung bewegen - das hat allerdings etwas gedauert -, es der Familie zu ermöglichen, zumindest in den Sommermonaten in dem Wohnhaus eine Gastwirtschaft zu betreiben und damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Einen weiteren Fall hat Kollege Werner schon angesprochen. Dieser Fall zeigt, dass wir rechtlich sehr wohl etwas verändern können. Es handelt sich um eine siebenköpfige Familie aus München, die eine Frist versäumt hat und dadurch 2.500 Euro an Zuschuss verloren hätte. Sie hatte die Umwandlung ihres Baudarlehens in einen Zuschuss im Rahmen der Wohnraumförderung beantragt. Der gesetzlich vorgesehene Termin wurde versäumt. Letztendlich ist es uns gelungen, eine Fristverlängerung durchzusetzen.
Dieser Fall hat weitreichende Folgen. Zukünftig soll nämlich betroffenen Familien unter bestimmten Voraussetzungen in Bayern eine generelle Fristverlängerung gewährt werden.
Gern möchte ich auch zu dem Schulwegkostenthema Stellung nehmen. Natürlich wäre es schön, wenn die Schulwegkostenfreiheit so weit ginge, dass sich jede
Familie für ihre Kinder die Schule nach eigenem Wunsch aussuchen könnte. Ich kann die Eltern verstehen, die sich dies wünschen. Aber so einfach liegen die Dinge nicht.
Von den 1,9 Millionen Schülerinnen und Schülern in Bayern haben circa 1,2 Millionen einen Anspruch auf Kostenfreiheit des Schulwegs. Uns erreichten im Landtag seit Beginn dieser Legislaturperiode ungefähr 41 Beschwerden. Davon konnten neun positiv entschieden werden. Ein Dank an die kommunalen Vertreter, die vor Ort diese positive Lösung herbeigeführt haben!
Natürlich ist die Finanzierung ein Problem. Ich nenne dazu Zahlen, die für Sie vielleicht interessant sind. Staat und Kommunen erbringen schon jetzt einen enormen Finanzierungsbeitrag. Immerhin ist die Schülerbeförderung eine Pflichtaufgabe der Kommunen im eigenen Wirkungskreis. Über dieses Thema müssen wir uns noch auseinandersetzen. Positiv ist zu vermerken, dass im Doppelhaushalt 2011/12 24 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln für die Schülerbeförderung vorgesehen sind.
Ich sage nur noch etwas zu den öffentlichen Petitionen. Dieses Thema werden wir in der CSU-Fraktion sehr genau prüfen. Wie bereits gesagt worden ist, steht Bayern mit seinem Petitionsrecht hervorragend da. Wir tagen öffentlich. Jeder Petent hat die Möglichkeit, in der Sitzung das Wort zu ergreifen. Besuchergruppen und Journalisten haben bei uns Zutritt. Viele Ländervertretungen kommen zu uns, um sich über unser Petitionsrecht zu informieren. Wir haben auch weitreichende Mitwirkungsentscheidungen in Form von Bürgerentscheiden und Volksentscheiden.
Bei dieser Gelegenheit bedanke ich mich bei allen Mitgliedern, den Kolleginnen und Kollegen des Petitionsausschusses und der Fachausschüsse, vor allem auch bei dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses, dem Kollegen Hans Joachim Werner, für das stets gute, angenehme und kollegiale Miteinander.
Sie bringen mich wirklich in Schwierigkeiten, Frau Kollegin. Sie haben Ihre Redezeit deutlich überschritten.
Dann möchte ich - letzter Satz - der Verwaltung, Herrn Dr. Widmann, dem Büroleiter Dieter Klotz und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landtagsamts für die gute Zuarbeit und
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Man sieht, die Frauen sind eben doch durchsetzungsfähiger als wir und machen einfach weiter. Die Nächste ist Frau Kollegin Wild für die SPD-Fraktion. Ihr folgt dann Herr Kollege Streibl. Bitte schön, Frau Wild.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zu vielen anderen Kollegen habe ich mich freiwillig für den Ausschuss für Eingaben und Beschwerden gemeldet, weil ich ihn für einen wirklich interessanten Ausschuss halte.
Zu Beginn möchte ich aus einem Brief zitieren, der mich dieser Tage erreicht hat: "Meine Hoffnung liegt nunmehr auf dem Petitionsausschuss. Die Bürger werden von den Abgeordneten vertreten und diese können die Ungerechtigkeiten beseitigen." - Was sagt uns das? Dieser Bürger hat eine hohe Erwartung und setzt große Hoffnungen auf uns Abgeordnete. Aber können wir diese Forderungen und Wünsche auch immer erfüllen? - Ich muss ganz klar sagen: Nein, das können wir nicht. Zum einen können wir es nicht, weil wir an Recht und Gesetz gebunden sind, zum anderen haben wir die Planungshoheit unserer Kommunen zu berücksichtigen und außerdem, wie bereits angesprochen, haben wir die Gewaltenteilung, die für die Demokratie ganz wichtig ist. Deswegen kann man auch gegen Urteile nicht vorgehen. Da sind nur andere Mittel möglich.
Dann gibt es aber auch den einen oder anderen Fall, bei dem wir uns als Sozialdemokraten bei der Argumentation der CSU und der FDP schwer tun. Das heißt aber nicht, dass man sich in dem einen oder anderen Fall nicht auch einmal entgegenkommt. Liebe Frau Kollegin Stierstorfer, Sie haben eben das Thema Schulwegkosten angesprochen. Diese Sache mahnen wir immer wieder an und vertreten die Meinung, dass endlich einmal eine Regelung auf den Tisch kommen muss. Darauf warten wir.
Nicht immer gibt es nur Übereinstimmungen. Wir kämpfen in dem einen oder anderen Fall schon mal ganz hart um die Sache. Da passiert es natürlich, dass wir dem einen oder anderen Wunsch eines Petenten nicht entsprechen können. Meistens sind die Petenten Männer, und zwar, wenn ich mir das mit
meiner zweijährigen Erfahrung anschaue, Männer im Alter von über 60 Jahren, die bereits in Pension sind und wohl formulierte Petitionen stellen; das ist auch richtig, sie sollen ihr Recht in Anspruch nehmen. Manchmal ist die Enttäuschung groß, wenn wir den Wünschen nicht nachkommen. Dann folgen Anrufe und E-Mails. Wissen Sie, was dann sehr hilfreich ist? - Sehr hilfreich sind immer die Stellungnahmen der jeweils zuständigen Ministerien. Diese sind nicht nur für die Petenten hilfreich, sondern sind in der Argumentation und Klärung des Sachverhaltes sowie der Verfahrensweise auch für uns Abgeordnete wichtig. Die Stellungnahmen stellen für uns ein gutes Instrument dar, die wir den Petenten oft mitschicken. Das ist ein ganz guter und sehr transparenter Weg, den wir gemeinsam gehen.
An dieser Stelle möchte ich mich der Danksagung nicht verschließen. Die mühsame Arbeit ist von den zuständigen Bearbeiterinnen und Bearbeitern immer ordentlich gemacht worden. Das ist ganz klasse.
Ein wichtiges probates Mittel sind die Ortstermine. Sie sind eine gute Möglichkeit für die Petenten, ihren Sachverhalt vor Ort darzustellen, und für uns Politiker ist das eine gewisse Herausforderung; denn wir haben die Chance, vor Ort als Mediatoren zu fungieren, darüber nachzudenken und uns wirklich ausführlich zu informieren. Das ist ein gutes Instrument für Bürgernähe und Transparenz, auch wenn die Entscheidung nicht immer positiv ausfallen kann. Außerdem bekommt man manches Mal zu hören: Es ist gut, dass Sie da waren. Endlich war mal jemand vor Ort, der sich der Sache angenommen hat, der zugehört hat.
Der eine oder andere Ortstermin ist auch sehr interessant. Ich erinnere mich sehr gerne an die Fahrt ins Allgäu, wo ich mit dem Kollegen Hintersberger einen Ortstermin hatte. Ein Petent hatte versucht, uns den Bau eines Tropenhauses schmackhaft zu machen. Er hat uns Papayas und andere Tropenfrüchte gereicht, aber leider hat ihm das nichts genützt. Herr Hintersberger und ich waren knallhart in der Sache. Wir haben gesagt: Nein, das geht mit uns nicht. Ihrem Anliegen können wir nicht nachkommen.
Es wurde bereits öfter davon gesprochen, dass hinter einer Petition ein persönliches Schicksal steckt. So manches Mal muss man wirklich schlucken, wenn man liest, welche Sorgen und Nöte manche Menschen umtreiben. Natürlich muss man das eine oder andere Mal auch schmunzeln; das gebe ich gerne zu. Doch die intensive Auseinandersetzung mit den The
Gestern haben wir einen Fall abschließend beraten, bei dem es um einen jungen Mann ging, dessen Abschiebung bevorstand. Da gebe es nichts mehr zu deuten, nichts mehr zu rütteln, aber wir haben ihm vor seiner Abschiebung - ich muss Frau Ackermann positiv erwähnen, weil sie das mit angetrieben hat - die Möglichkeit für eine halbjährige Therapie eingeräumt. Er hat die Chance bekommen, aber leider hat er sie nicht genutzt.
Dann ging es in einem anderen Fall um die Wohnraumfördermittel für eine Familie. Die Berichterstattung hatte ich übernommen. Die SPD hat einen wesentlichen Anteil geleistet. Zugegeben, alleine hätten wir das nicht geschafft, aber letztendlich haben wir alle festgestellt: Das ist richtig gute Familienpolitik, wo man einmal nicht nur darüber redet, sondern echte Hilfe leistet.
Ferner möchte ich den brisanten Bleiberechtsfall aus Regensburg ansprechen, auf den ich erst wieder vor zwei Wochen angesprochen worden bin. Die Mutter und ihre 15-jährige Tochter aus Dagestan sind ein wirkliches Beispiel für Integration. Diesen Fall fand ich rührend und klasse. Da haben wir wirklich einmal etwas Gutes getan.
Diese vielen persönlichen Schicksale, die uns nicht immer unberührt lassen, machen die Politik ein Stück weit lebendiger. Man lernt ein breites Spektrum an Themen kennen, merkt aber auch sehr genau, wie die Auswirkungen unserer Gesetze aussehen. Sind sie wirklich so gut? Müssen wir nicht in dem einen oder anderen Fall auch einmal Änderungen vornehmen? Der Petitionsausschuss wurde von den Vorrednern bereits sehr gelobt. Er ist ein gutes Instrument, sonst würde mir das nicht so leicht über die Lippen kommen. Dennoch meine ich: Nicht ist so gut, als dass man es nicht fortentwickeln können muss. Schließlich sind auch wir zu einem zweijährigen Modellversuch bereit, wie sie es im Bundestag gemacht haben. Wenn es nicht ein Erfolg gewesen wäre, hätten sie es nicht weitergeführt. Bitte lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen, lassen wir alles Wenn und Aber, lassen Sie uns die Fakten sorgfältig prüfen und lassen Sie uns keine Angst vor den Bürgern haben. Gewisse Schranken kann man einbauen, aber das ist nicht das Problem. Für uns in Bayern wäre es ein ganz großer Schritt, wenn wir uns auch in diese Richtung bewegen könnten. Einen Versuch wäre es wert. Lassen Sie uns das, wenn möglich, gemeinsam angehen. Unser Ge