Protokoll der Sitzung vom 22.02.2011

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, auf keinen Fall. Er kann sich anschließend melden, dann gebe ich ihm gerne noch einmal zwei Minuten lang Kontra.

Das schlägt dem Fass den Boden aus, Herr Sinner, dass Sie von Staatsferne faseln. Ich erinnere Sie an Ihre Zeit als Medienminister. Sie haben vor jeder Medienratssitzung die Ihnen wohlgesonnenen Medienräte auf Kosten der Steuerzahler, auf Kosten der Staatskanzlei, eingeladen.

(Zuruf des Abgeordneten Eberhard Sinner (CSU))

Sie sind mit ihnen die Tagesordnung durchgegangen und haben ihnen gesagt, wie sie abstimmen sollen. Das haben Sie getan, der hier von Staatsferne faselt. Sie haben das gemacht.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, den Freien Wählern und des Abgeordneten Tobias Thalham- mer (FDP))

Herr Sinner, mir stellt sich das als klarer Verfassungsbruch dar. Dieser Situation werden Sie sich stellen müssen, auch wenn Sie uns noch hundertmal eine Pressekonferenz vorhalten, die wir als Mitglieder des Medienrates, die aus dem Landtag entsandt sind, sehr wohl hier im Landtag abhalten dürfen.

(Zuruf des Abgeordneten Alexander König (CSU))

Sie können uns das hundertmal vorhalten. Ihr Handeln hat die Verfassung gebrochen und gefährdet die Rundfunkfreiheit und die Staatsferne in diesem Land. Wir werden aufpassen, damit Sie so nicht weitermachen können. So geht es in Bayern nicht weiter.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und Abgeord- neten der FDP)

Wir machen uns mit der Art und Weise, wie bei uns Rundfunkpolitik betrieben wird, zum Gespött in ganz Deutschland. Dem muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden. Die BLM muss wieder das tun, was ihre Aufgabe ist. Sie ist eine Behörde zur Kontrolle des privaten Rundfunks. Der bayerische Sonderweg hat in die Irre geführt. Er ist nicht mehr als eine leere Hülse. Er war nicht erfolgreich, sondern hat nur dazu geführt, dass die BLM ins Unermessliche wuchern konnte. Sie hat sich immer neue Aufgaben zugelegt. Der Öffentlichkeit wird nicht Rechenschaft über das abgelegt, was die BLM tut. Ich hoffe, dass wir mit einer neuen Präsidentin, die wir hoffentlich übermorgen wählen werden, neue Wege gehen werden und der Realität einer Rundfunkfreiheit und eines staatsfernen privaten Rundfunks in Bayern etwas näher kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den Frei- en Wählern)

Frau Kollegin, Herr Sinner hat sich, wie angedeutet, zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön.

Frau Kollegin Gote, Sie waren zu der Zeit noch nicht im Medienrat. Ich lade Sie gerne ein, die Protokolle des Medienrates auf meine Kosten durchzugehen. Da Sie so kleinkariert diskutieren, kann man darauf eingehen. Sie werden sehen, dass die Abstimmungen quer durch alle Reihen gelaufen sind.

Im Gegensatz zu Ihnen haben wir uns intensiver auf die Sitzungen vorbereitet, und nicht versucht, die Diskussionen in den Landtag zu tragen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Es sind immer die anderen!)

Ihre Erregung zeigt mir, dass Sie ertappt worden sind. Sie führen nichts anderes als Wahlkampf. Das ist keine Politikferne.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Das will ich auch nicht!)

Ein Blick in die Bayerische Verfassung würde Ihnen zum Volksbegehren Rundfunkfreiheit zeigen, dass damit Autonomie verbunden ist. Man kann das alles diskutieren, darin haben Sie Recht. Die Diskussion gehört aber nicht primär in den Landtag, sondern in den Medienrat und in den Verwaltungsrat. Dort sind Walter Engelhardt, Frau Rumschöttel, Landrätin in München, und Eberhard Pfeiffer von den Freien Wählern Mitglieder.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Herr Dr. Rabenstein, Sie sagten, die wüssten nicht, was sie beschließen. Ich frage also, was die im Verwaltungsrat machen.

Mit dem Jahresgehalt von 220.000 Euro ergibt sich eine neue Situation. Frau Gote, ich glaube, ich habe als Medienpolitiker etwas mehr Überblick. Das bayerische System hat sich bundesweit bewährt. Wir sind der führende Medienstandort, was unter anderem mit der Arbeit der BLM zusammenhängt. Wir haben in öffentlich-rechtlicher Verantwortung einen Autonomiebereich gefördert, wo es in anderen Ländern eine Behördenstruktur gab. Ich bitte das zu sehen und nicht nur auf Argumenten zu bestehen, die den Medienstandort München permanent in ein schlechtes Licht setzen.

Herr Kollege, Ihre zwei Minuten sind um.

Frau Gote, Sie nehmen sehr gerne an den Medientagen teil, die zu einem Mekka aller Medienpolitiker und Medienschaffenden in Deutschland geworden sind. Ist das auch ein Ergebnis der Arbeit der BLM und des Medienrates?

Herr Sinner, was möchten Sie mir sagen? Was können zwei Minuten doch lang sein, ohne viel gesagt zu haben. Sie versuchen, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Das wird Ihnen aber nicht gelingen.

Ich weiß sehr wohl, dass wir im Medienrat mehrfach Kollege Runge hat das damals gemacht - immer wieder nachgefragt haben, wie die Gehälter bei der BLM zustande kommen und wie viel der BLM-Präsident verdient. Als er als Medienrat nicht weiter kam, hat er hier im Landtag gefragt, aber auch keine Antwort bekommen. Die Auskunft wurde ihm immer verweigert. Herr Sinner, was Sie hier mit vielen Worten gesagt haben, zeigt nur, wie unsicher Sie über den Weg sind, den die Organisation des privaten Rundfunks in Bayern nehmen muss. Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen: Was Sie als Medienminister getan haben, diese Vorbesprechungen durch die Staatskanzlei, das wird Ihnen noch böse auf die Füße fallen. Ich kann Ihnen nur raten, halten Sie sich in Zukunft aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dem privaten Rundfunk in Bayern heraus.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Frau Kollegin Gote, bitte bleiben Sie am Redepult. Wir haben noch eine zweite Zwischenbemerkung von Herrn Dr. Rabenstein. Bitte schön.

Frau Kollegin Gote, Sie sind sehr gut informiert. Deshalb meine Frage an Sie als Medienrätin: Haben Sie den Eindruck, dass erstens die Staatsferne vorherrscht? Zweitens. Waren Sie als Medienrätin über die Bezüge des Präsidenten informiert, wie uns Herr Sinner jetzt zu erklären versuchte? Drittens. Es hat mich sehr erstaunt, Herr Sinner, was Sie auf meine Frage zu den Verwaltungsräten sagten. Kann es nicht sein, dass es gerade ein Verwaltungsrat der CSU war, der bestimmte Informationen weitergegeben hat? Könnte das nicht auch sein?

(Zuruf des Abgeordneten Eberhard Sinner (CSU))

- Herr Sinner, ich glaube, ich darf hierauf antworten beziehungsweise einen Kommentar abgeben. Ich weiß nicht, ob Sie noch Redezeit haben, vielleicht können Sie sich noch einmal melden.

Nein, die Staatsferne herrscht nicht vor. An diesem Punkt möchte ich noch einmal sagen, dass der Medienrat der BLM der einzige Medienrat einer Landesmedienanstalt ist, in der der Staatskanzleiminister, also der zuständige Medienminister, selbst im Medienrat sitzt. Das gibt es sonst nirgends in Deutschland. Nirgends. Nirgends ist das so. Da geht es doch schon los. Und weiter geht es bei der Einflussnahme bei diesen dubiosen Treffen, die stattgefunden haben und bei allem, was es sonst noch gab und wir uns wahrscheinlich gar nicht vorstellen können.

Herr Kollege Dr. Rabenstein, ich gebe Ihnen recht, es war den Medienräten überhaupt nicht möglich, in das Gehalt des Präsidenten Einblick zu nehmen. Ich habe es eben schon gesagt, selbst auf Nachfrage hat man die Auskunft nicht erhalten. Was das Gremium der Verwaltungsräte angeht, da mag jeder seinen eigenen Verwaltungsrat befragen. ich kann Ihre Vermutung aber gut verstehen, denn ich habe die besten Informationen aus dem Verwaltungsrat von Kollegen bekommen, von denen Sie es nicht erwarten würden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Es hat sich weiterhin Frau Sandt für die FDP zu Wort gemeldet.

(Tobias Thalhammer (FDP): Ich wollte eigentlich eine Zwischenbemerkung machen!)

- Entschuldigung. Sie müssen mir die Zwischenbemerkung anzeigen, denn bis ich es von da drüben bekomme, ist die Rednerin schon weggegangen. Da tut mir jetzt leid. Ziehen Sie Ihre Zwischenbemerkung zurück? - Gut, dann bitte Frau Sandt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie manche Kolleginnen und Kollegen, aber auch wie manche Verwaltungsräte die hohen Bezüge des BLM-Präsidenten gerechtfertigt haben, ist zum Teil wirklich abenteuerlich. So wurde erstens argumentiert, nur mit so viel Geld in der Tasche könne er auf Augenhöhe mit Medienunternehmern und Medienvertretern in Bayern verhandeln. Heute war Bundespräsident Christian Wulff hier. Die Amtsbezüge von Herrn Wulff betragen 199.000 Euro pro Jahr. Dazu bekommt er eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 78.000 Euro jährlich. Nun ist Herr Wulff der erste Mann im Staate, der erste Mann in der Bundesrepublik Deutschland. Er verdient aber deutlich weniger als der Präsident der Bayerischen Landesmedienzentrale.

(Beifall eines Abgeordneten der FDP)

Ich frage mich angesichts dessen, hat sein Wort deshalb weniger Gewicht, kann er nicht mit irgendjemandem auf Augenhöhe verhandeln? - Ich denke, er kann es.

(Beifall bei der FDP, der SPD, den Freien Wäh- lern und den GRÜNEN)

Es wurde zweitens argumentiert, der BLM-Präsident müsse so viel verdienen, denn sonst könne er abgeworben werden. Ja, es ist richtig, er hat eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Ein BLM-Präsident oder eine BLM-Präsidentin muss eine hohe Kompetenz mitbringen, muss möglichst neutral sein, muss sich in diesem Amt neutral verhalten. Man kann diese Aufgabe, was die Verantwortung angeht, tatsächlich mit der eines Ministers vergleichen. Das würde ich einsehen. Dann müssten Ministerbezüge aber ausreichend sein. Es passiert doch auch nicht alle Tage, dass sich ein Minister für etwas mehr Geld abwerben lässt.

(Simone Tolle (GRÜNE): Ole von Beust!)

Drittens wurde angeführt, die Vergütungen des BLMPräsidenten müssten ähnlich hoch sein wie die Bezüge des Intendanten des Bayerischen Rundfunks. Der BR-Intendant verdient 310.000 Euro, Herr Ring verdient 305.000 Euro. Der BR hat aber einen Etat von 900 Millionen Euro, die BLM hingegen einen Etat von 24,7 Millionen Euro. Der BR hat fast 3.000 Mitarbeiter, die Zahl der BLM-Mitarbeiter liegt unter 100. Der Etat beim Bayerischen Rundfunk ist also 36-mal so hoch und die Mitarbeiterzahl um den Faktor 30 höher. Die Bezüge sollen aber gleich sein. Das ist nach meiner Auffassung nicht nachvollziehbar.

So war die BLM auch oft Gegenstand von Prüfungen des Bayerischen Obersten Rechnungshofs. Ich zitiere aus dem Bericht des ORH 2003: "Im Vergleich zu an

deren deutschen Landesmedienanstalten schwimmen die bayerischen Medienkontrolleure im Geld". Wir haben eine herausragende Medienlandschaft in Bayern, das muss man dazu sagen. Das weiß auch der ORH. Trotzdem hat er erst im Januar wieder festgestellt, der BLM-Präsident sei, ich zitiere: "überbezahlt". Insbesondere die Tantiemenzahlungen sind für diesen Posten auch mit viel Fantasie überhaupt nicht seriös darstellbar. Tantiemen sind in der Regel umsatzbeziehungsweise gewinnabhängig. Gewinne kann es bei der BLM aber gar nicht geben, denn die BLM finanziert sich über Rundfunkgebühren und zum Teil auch aus Haushaltsmitteln. Diese Einnahmen müssen zugunsten der Aufgaben der BLM ausgegeben werden. Das sind beispielsweise neben der Zulassung und der Aufsicht auch die Fortentwicklung des Fernsehens. Als jugend- und medienpolitische Sprecherin

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

möchte ich betonen, dass zu den zentralen Aufgaben der BLM auch der Jugendmedienschutz und die Förderung der Medienkompetenz gehören.

Die Tantiemenzahlungen waren ganz klar ein Fehler. Das haben inzwischen aber alle Beteiligten begriffen. Die Tantiemen sind passé, Schnee von gestern, und auch der Antrag ist eigentlich Schnee von gestern. Meine Damen und Herren, über Nacht ist wieder einmal Neuschnee gefallen und der Verwaltungsrat hat festgelegt, dass der nächste Präsident oder die nächste Präsidentin der BLM ein Gehalt von 220.000 Euro pro Jahr erhalten soll. Doch auch damit liegt die BLM bei den Gehaltszahlungen im Vergleich zu den 13 anderen Landesmedienanstalten weiter an der Spitze. Während vor allem die lokalen Fernsehsender in Bayern ums Überleben kämpfen, stehen die Kontrolleure mehr als gut da. Das muss man sagen, und das passt einfach nicht zusammen. Trotzdem, die BLM ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und hat das Recht auf Selbstverwaltung frei von staatlicher Beeinflussung. Die Staatsferne des Rundfunks ist verfassungsrechtlich verankert und dazu stehen wir, meine Damen und Herren. Der Bericht zu den Tantiemen gehört in den Medienrat. Liebe Mitglieder des Medienrates, Sie tragen eine hohe Verantwortung.

(Beifall bei der FDP)

Frau Kollegin Sandt, bleiben Sie bitte. Wir haben eine Zwischenbemerkung von Herrn Thalhammer.