Ich möchte wissen, was Sie gefragt hätten, wenn man praktisch entschieden hätte, das Kraftwerk länger laufen zu lassen, ohne Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Sie unterstellen quasi, es sei ein Fehler passiert, weil die Aufsicht schnell handle. Das weise ich mit Nachdruck und Entschiedenheit zurück.
Zweitens: Was und welche Ersatzteile zu beschaffen gewesen wären, ist zunächst einmal Sache des Betreibers, nämlich von Eon. Da müssen Sie Eon befra
gen, aber nicht uns; denn diese Frage hätte sich dann gestellt, wenn ein sofortiger Austausch notwendig gewesen wäre. Ein solcher Austausch war aber logischerweise nicht notwendig, weil für die entsprechende Stelle keine Sicherheitsbedenken bestanden haben.
Drittens: Was den Lastenfolgebetrieb betrifft, sprechen Sie eine Vermutung aus, die nicht zutrifft. In Bezug auf den Lastenfolgebetrieb sind in Deutschland generell, aber auch in Bayern, keinerlei Probleme zu erwarten. Deswegen ist aus unserer Sicht, aber auch aus Sicht der Experten, ein solcher Zusammenhang national wie international nicht herzustellen.
Herr Staatsminister, ich frage Sie vor dem Hintergrund, dass sich in Gösgen in der Schweiz im Jahr 2005 ein ähnlicher Vorfall ereignet hat. In diesem Fall hat die Schweiz das Ganze sofort ausgetauscht. Haben die Schweizer eine andere Sicherheitseinschätzung als die Bayerische Staatsregierung? Hat die Schweiz ein anderes Überwachungsinstrument, um etwas so zu bewerten? Diese Frage stellt man sich, wenn zwei Länder Kernkraftwerke betreiben, aber zu so unterschiedlichen Einschätzungen kommen, wie Sie es gerade beschreiben und immer wieder zu verteidigen versuchen.
Zweitens berufen Sie sich immer wieder auf die Unabhängigkeit des TÜV. Diese Unabhängigkeit wird von einem Gutachten der Bundesregierung bzw. vom Bundesumweltamt infrage gestellt. Wie stehen Sie zu diesem Gutachten bzw. zu den Äußerungen in diesem Gutachten, die den TÜV in diesen Fragen keinesfalls für objektiv halten? Da gibt es einen inneren Zusammenhang.
Das Dritte. Herr Lazik hat in seiner Darstellung gegenüber dem Umweltausschuss auf unsere Bitte hin gesagt: Wenn das Rohrteil ausgetauscht wird, wird es von einem unabhängigen Gutachter untersucht. Wir gehen davon aus, dass das nicht der TÜV ist. Können Sie uns heute sagen, wer der Gutachter sein soll, der dieses Rohrteil untersucht, und wann mit Ergebnissen gerechnet werden kann?
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Der Schweizer Vorfall ist uns in der Sache nicht mitgeteilt worden; denn zuständig für sol
che Fragen wäre das Bundesministerium für Umwelt. Sie sprechen von einem Vorfall, der vor längerer Zeit passiert sein soll. Wir haben aber in all den Jahren weder von Herrn Trittin noch von Herrn Gabriel eine entsprechende Aufforderung bekommen, dem nachzugehen.
Wir halten uns in Deutschland mit an die strengsten Sicherheitsanforderungen der Welt. Wir haben das strengste kerntechnische Regelwerk, erstellt in der Zeit von Herrn Trittin und dann von Herrn Gabriel. Wir haben auch von den beiden Ministern, die politisch zu diesem Thema Kernenergie nun wirklich woanders stehen als ich und diese Staatsregierung, immer wieder bestätigt bekommen, dass die bayerischen Kernkraftwerke alle Sicherheitsanforderungen erfüllen und dass es keinen Anlass gegeben habe, die bisherige Praxis der Prüfung zu ändern. - Erstens.
Zweitens: Wir halten Ihr Misstrauen gegenüber dem TÜV Süd für nicht gerechtfertigt. Der TÜV Süd ist weltweit der viertgrößte Prüfer. Er ist nicht nur ein renommiertes, sondern auch unabhängiges Unternehmen, das global operiert. - Ich bin nicht der Pressesprecher des TÜV und auch nicht sein Verteidiger. Aber wenn man die internationalen Vergleichsmaßstäbe anlegt und sieht, wo der TÜV überall in der Welt als sachverständiger Gutachter hinzugezogen wird, ist die Auffassung gerechtfertigt, dass der TÜV ein absolut unabhängiger, profunder, professioneller Gutachter ist. Deshalb wird der TÜV Süd unser erster Ansprechpartner bei der weiteren Befundnahme sein. Er hat im Übrigen auch mit Abstand die beste Kenntnis von den Kernkraftwerken, weil er dort täglich bzw. jede Woche Prüfungen vornimmt.
Herr Staatsminister, diese Debatte ist in gewisser Weise eine Phantomdebatte. Denn wir haben dasselbe schon bei anderer Gelegenheit in extenso diskutiert. Ich muss feststellen, dass der Erkenntnisfortschritt äußerst gering ist, was vor allem von den Fragestellern herrührt. Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie bitten, in dieser Debatte auch noch einmal herauszuarbeiten und zu Protokoll zu geben: Gab es denn je irgendeinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Sicherheit bei dieser Anlage nicht gewährleistet war? Das ist doch die Frage, um die es letztendlich geht, und daran schließen sich alle anderen Dinge an.
Damit verbinden möchte ich die Anmerkung, auch als Frage formuliert: Führen wir diese Debatte vielleicht nur deshalb, weil in Bayern höchste Vorsorgestandards gelten mit der Folge, dass hier eben sehr genau hingeschaut wurde, genauer möglicherweise als überall sonst auf der Welt, und wir in der Folge diese Diskussion haben, die woanders in dieser Weise gar nicht stattfindet?
Zunächst einmal habe ich grundlegenden Respekt vor jeder Sorge und jeder Besorgnis unserer Bürgerinnen und Bürger bei diesem Thema. Es ist auch unsere Aufgabe, diese nicht nur zu zerstreuen, sondern die Angelegenheit ganz sachgerecht aufzuklären. Deswegen hat es nicht nur lange und intensive Befragungen im Umweltausschuss gegeben, sondern das Staatsministerium hat sich auch in Person seines Amtschefs einer großen Diskussion in Schweinfurt gestellt. Das war eine, wie ich meine, wichtige Diskussionsgrundlage. Dabei ist vieles diskutiert worden, auch übrigens sehr zufriedenstellend für viele Bürgerinnen und Bürger. Es geht darum, Sachfragen zu klären, nicht darum, Meinungen in die Welt zu setzen.
Aus unserer Sicht ist es eindeutig so: Es gibt keine einzige Stellungnahme, die auch nur annähernd belegen könnte, dass irgendetwas in diesem Kernkraftwerk Grafenrheinfeld nicht den Sicherheitsanforderungen entspricht, die national für uns entscheidend sind. Ich habe schon einmal darauf hingewiesen: In der Reaktorsicherheitskommission sind 16 Mitglieder; zwölf von ihnen wurden noch unmittelbar von Trittin und Gabriel benannt. Sie ist also unverdächtig, eine Mehrheit zu haben, die politisch die Kernkraft in irgendeiner Form besonders unterstützen würde. Es gab einen Artikel im "SPIEGEL", auf den sich die ganze Debatte bezieht. Der Vorsitzende der Reaktorsicherheitskommission, Herr Klaus-Dieter Bandholz, hat für seine Reaktorsicherheitskommission festgestellt - es ist wichtig, das wörtlich zu zitieren -,
nicht um eine Stellungnahme der RSK handelt, im Gegenteil: Die Beratungen der RSK ergeben keine Bedenken gegen einen Weiterbetrieb der Anlage.
Das war eine eindeutige Position. Übrigens: Der oft zitierte ehemalige Abteilungsleiter im BMU, Herr Wolf
gang Renneberg, hat in einem Radiointerview zu Grafenrheinfeld auf die Frage, "Wissen Sie denn genau, was da passiert?", Folgendes gesagt: "Das kann ich jetzt von außen leider nicht beurteilen." - Deswegen sagen wir, es gibt keinen Experten, der damit beschäftigt ist, der auch nur annähernd die Sicherheit des Kraftwerkes infrage stellen könnte.
Zu der zweiten Frage, Herr Abgeordneter: Wir nehmen diese Anforderungen und Aufforderungen in Bayern besonders ernst, weil wir viele Reaktoren haben und weil klar ist, dass ein Kernkraftwerk ein höheres Sicherheitsniveau hat als andere Energieformen. Deswegen ist es so wichtig und maßgeblich, dass wir die gesetzlichen Anforderungen zum Teil sogar über das nationale Niveau hinaus prüfen und Meldungen beispielsweise im Internet veröffentlichen, obwohl wir dazu gesetzlich gar nicht verpflichtet wären. Aber für uns sind Transparenz, Kontrolle und Sicherheit die prioritären Aufgaben. Nicht Wirtschaftlichkeit ist entscheidend beim Kernkraftwerk, sondern Sicherheit, und diesen Kurs behalten wir bei.
Vielen Dank. Es wurde angeregt, dass ich die korrekte Zitierweise unter Angabe der Quelle ausdrücklich loben soll. Herr Dr. Fahn, Sie sind der Nächste.
Herr Blume, ich sage, es ist keine Phantomdebatte, die hier geführt wird. Es ist eine realistische Diskussion mit Beiträgen von vielen Hunderten besorgter Bürger, die immer wieder zu Veranstaltungen gehen, wie zum Beispiel in Schweinfurt. Dort waren einige Hundert.
Auch in der "Main-Post" finden sich dazu viele Leserbriefe. Ich meine, Herr Minister, Sie spielen die ganze Sache ein bisschen herunter.
Es gibt von Herrn Renneberg auch anderslautende Äußerungen, zum Beispiel im Fernsehen oder in einem Presseorgan. Stephan Kurth vom Öko-Institut, der auch in Schweinfurt war, hat gesagt: Da ist ein Riss.
Ich meine, hier gibt es eine Bringschuld - das sage ich hier wieder - von Ihnen, dafür zu sorgen, dass das fragliche Rohr möglichst sofort ausgetauscht wird. Aber da scheinen Sie auf Zeit zu spielen. Ich habe Ihnen zum Beispiel am 28. Januar einen diesbezüglichen Brief geschrieben, auf den Sie bisher nicht geantwortet haben - vielleicht machen Sie es ja noch. Aber heute ist schon der 22. Februar, und im März soll das Rohr ausgetauscht werden. Das heißt, dann müssten Sie jetzt konkrete Informationen haben. Wird das AKW zum Beispiel, wenn das Rohr ausgetauscht
wird, abgeschaltet oder geschieht der Austausch des Rohrs bei laufendem Betrieb? Außerdem müssten Sie heute schon wissen, wann dieser Austausch stattfindet. Wer prüft die Reparaturarbeiten? Wann wird das AKW, sollte es vorher abgeschaltet werden, wieder eingeschaltet? Und schließlich die Frage: Wer zahlt das Ganze? - Das sind die ersten Fragen, die ich konkret an Sie stelle.
Herr Fahn, Besorgnis ja, und die beste Antwort auf Besorgnis ist nicht Gegenbesorgnis, sondern sind Fakten. Die habe ich in den verschiedenen Ausführungen, die ich bereits gemacht habe, zu liefern versucht.
Herrn Renneberg habe ich bereits erwähnt. Ich muss Ihnen sagen: Ein allgemeines Statement über die Sorge bezüglich der Sicherheit der Kernkraftwerke hilft uns nicht, wenn es um die Frage geht, was im Kraftwerk Grafenrheinfeld konkret passiert. Und wenn Herr Renneberg sagt: Sorry, das kann ich nicht beurteilen, denn da habe ich konkret keine Ahnung, stellt das nicht seine grundsätzliche Qualifikation infrage, wohl aber seine Qualifikation, auf Fragen zu Grafenrheinfeld zu antworten.
Wenn Herr Stephan Kurth vom Öko-Institut Darmstadt in der Veranstaltung in Schweinfurt am 15. Februar gesagt hat, er sehe überhaupt keine akute Gefahr, das Material verfüge über genügend Reserven,
dann, muss ich Ihnen ehrlich sagen, ist das auch eine Bestätigung von jemandem von der anderen Seite. Das ist zitiert und es ist auch die richtige Fußnote. Erstens.
Zweitens: Die Revision findet Ende März statt. Herr Fahn, von der Logik her kann ich nicht vorher sagen, was das Ergebnis sein wird und ob ein Befund besteht und was genau passiert. Es wird aber, da dürfen Sie sicher sein, so passieren, dass bei einer Revision abgeschaltet wird. Dann wird die Revision vorgenommen, dann wird untersucht. Da geht es übrigens nicht nur um diese Stelle. Ich bin zwar kein Ingenieur; die meisten hier im Parlament, die die Fragen stellen, übrigens auch nicht. Aber man wird sehen, dass das ein komplizierter Prozess ist. Dafür gibt es extrem dicke Handbücher, technische Sicherheitsprotokolle. Diese werden Punkt für Punkt, Stück für Stück, Seite für Seite, Fall für Fall genau abgearbeitet, damit am Ende ein solches Sicherheitsprotokoll nicht nur erfüllt, son
dern tatsächlich umgesetzt wird. Diese Revision nimmt der Betreiber des Kernkraftwerks vor. Am Schluss gibt es eine gemeinsame Bewertung vom Betreiber bzw. vom TÜV und dann von der Aufsicht. Darüber werden wir dann entsprechend diskutieren können.
Ich möchte aber noch einmal sagen: Egal, wie sich die jetzige Diskussionslage und die Vermutungen jetzt darstellen, läuft diese Einschätzung darauf hinaus, dass Grafenrheinfeld sicher ist. Es wurde kein Riss oder Anriss festgestellt. Jeder Zuständige, der sich damit beschäftigt hat, hat die Unbedenklichkeit bezüglich der Sicherheit festgestellt. Und dabei bleibt es auch.
Herr Minister Söder, Sie haben meine Frage immer noch nicht beantwortet. Der Hinweis, ich solle Eon fragen, reicht mir nicht. Ich möchte ganz konkret von Ihnen wissen, ob die Information, wie schnell das Ersatzteil beschafft werden kann, der Atomaufsicht zum Zeitpunkt der Entscheidung im Juni bekannt war. Wenn ja, ist das mit in die Entscheidung eingeflossen oder nicht? Sie können gerne sagen, Sie wissen es nicht. Das wäre dann auch eine Antwort. Aber bitte verweisen Sie mich nicht an Eon. Ich möchte von Ihnen wissen: War der Atomaufsicht bekannt, wie lange man benötigt, um Ersatz zu beschaffen und ist das mit in die Entscheidung im Monat Juni 2010 eingeflossen?
Außerdem möchte ich jetzt noch eine zweite Frage beantwortet haben. Sie reden immer von der Einigung. Bezieht sich das auf die bayerischen Behörden, auf die bayerische Atomaufsicht, den TÜV Süd und den Kraftwerksbetreiber Eon, oder bezieht sich das auch auf andere, wie das Bundesumweltministerium, die Reaktorsicherheitskommission, die Ausschüsse und andere. Auf diese beiden Fragen hätte ich gerne eine klare Antwort, es sei denn, Sie sagen, Sie wissen es nicht.
Die Diskussion, ob es eines Ersatzteiles bedarf, hat es gar nicht gegeben, und zwar deswegen nicht, weil keine Sicherheitsbedenken bestanden. Somit ist Ihre Frage in diesem Punkt praktisch erledigt. Sobald