Wer die Ziele unseres Energiekonzepts anschaut und analysiert, kann sehr wohl feststellen, wie stark wir auf alle möglichen regenerativen Energien setzen, nicht nur auf die Wasserkraft, sondern auch auf Photovoltaik, Windstrom oder Biogas. Unsere Herausforderung besteht darin, die Zeit, in der wir diese Brückenenergie brauchen, möglichst kurz zu gestalten, den Übergang schneller zu erreichen und alles zu unternehmen, um die regenerativen Energien schneller und stärker zum Tragen zu bringen.
Wir wissen, dass davor noch die Forderung nach Energieeinsparung steht. Ich hätte jetzt gerne meinen Kollegen Ludwig Wörner im Blick, weil er diese angesprochen hat.
Wir müssen hier über andere Ansätze nachdenken: Herr Ministerpräsident, wir sollten neben der Förderung über die KfW und dergleichen immer auch den steuerlichen Weg gehen, um den Anreiz für Menschen zu schaffen, das eine oder andere schneller zu tun. Heute gehen wir von einer Rate von 1 bis 2 % bei der energetischen Sanierung aus. Bei diesem Tempo würden wir noch 50 oder 100 Jahre brauchen. Das kann es nicht sein. Wir müssen hier schneller werden.
- Das war das MAP, das Marktanreizprogramm. Das ist richtig. Das wurde aber wieder zurückgenommen, weil es sich um eine so nicht gewollte Auswirkung im Zuge der Haushaltssperre handelte. Dies wurde revidiert, uns Sie sollten das so stehen lassen.
Wir werfen uns gegenseitig vor, die Windenergie zu behindern. Ich komme aus dem Steigerwald-Vorland, wo diese Diskussion sehr stark ist. Ich muss eines sagen: Das wird nicht durch die CSU verhindert, sondern von unseren Bürgern quer über alle Parteien hinweg. Warum ist das so? Weil wir die Notwendigkeit noch nicht ausreichend deutlich machen konnten, dass wir natürlich auch die Windenergie brauchen. Es führt kein Weg daran vorbei: Wir müssen vorerst an der Kernkraft - ich betone, an unseren sicheren Kernkraftwerken - festhalten. Wir brauchen sie, weil wir dafür sorgen müssen, dass auch morgen und übermorgen die Energieversorgung gewährleistet ist.
Meine Kolleginnen und Kollegen, uns wird vorgehalten, dass mit der Laufzeitverlängerung auch der Ausstieg noch einmal hinausgeschoben worden sei. Ich möchte ganz bewusst darauf hinweisen, dass bei dieser Laufzeitverlängerung die Sicherheit klar in den Vordergrund gestellt wurde. Unter unserem Umweltminister Röttgen wurde immer wieder betont: Erst kommt die Sicherheit, dann kommt die Wirtschaftlichkeit. Wenn ich mich an den Ausstieg unter Trittin erinnere, muss ich feststellen, dass damals die Sicherheitsfrage überhaupt keine Rolle gespielt hat. Hier ging es immer nur um den Ausstieg, aber nicht um die Sicherheit, die auch in dieser Zeit zu gewährleisten war.
Es geht um die Sicherheit, die uns in jedem Fall wichtig ist, weil wir die Nöte und Sorgen der Menschen verstehen. Wir können einfach nicht daran vorbeigehen, dass uns ein solches Ereignis emotional berührt. Jetzt ist eine Situation eingetreten, die bei uns sicher so nicht vorkommen kann. Wir werden keinen Tsunami bekommen. Bei uns in Bayern ist auch die Gefahr eines Erdbebens nicht groß. Aber dennoch stehen wir vor der Herausforderung, alle anderen Aspekte einzubeziehen und in unsere künftigen Standards aufzunehmen.
Was ist das Fazit? Wir können und wir werden auf keinen Fall die Kernkraftwerke ab morgen, wie Sie das wollen, abschalten und vom Netz nehmen.
Wir werden in der verbleibenden Zeit des Moratoriums natürlich das schwächste Glied unserer Kernkraftwerke, das Kraftwerk Isar 1, besonders prüfen und analysieren. Dieses Kraftwerk wurde bereits heruntergefahren. Welche Entscheidungen dann zu treffen sind, hängt nicht nur von unserem politischen Willen ab. Dafür müssen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Je nachdem, zu welchen Ergebnissen wir dabei kommen, werden aber sicher die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden.
Abschließend möchte ich noch einmal festhalten, dass wir nicht unter dem Eindruck und dem Schock der jetzigen Situation unverantwortlich schnell handeln dürfen. Wir müssen besonnen bleiben. Das erwarten die Menschen von uns. Die Staatsregierung und eine Partei, die staatstragend ist, befinden sich hier in einer anderen Situation als eine Oppositionspartei. Dies erwarten die Menschen jetzt von uns, bei aller Sorge um die Kernkraft.
Mein Appell geht auch an die Oppositionsparteien: Beim Ausbau der erneuerbaren Energien dürfen wir nicht nur polarisieren, sondern müssen vor Ort zum Beispiel bei der Windenergie alles tun, dass die Menschen diese Maßnahmen verstehen und mittragen. Ich liebe auch meine Heimat und meine Landschaft. Wenn wir jedoch die Energiefrage sinnvoll und erfolgreich beantworten wollen, wird sich an unseren Vorstellungen manches verändern müssen. Die Windräder müssen dort stehen, wo dies sinnvoll ist. Auch Biogasanlagen und andere Einrichtungen sind notwendig.
Zurück zur Wasserkraft: Aufgrund der Geomorphologie ist Bayern prädestiniert für die Nutzung der Wasserkraft und hat hier seit längerer Zeit ein höheres Potenzial. Wir müssen aber im Detail vernünftige Entscheidungen treffen, wenn andere Anforderungen und Aspekte zu berücksichtigen sind, zum Beispiel die Durchlässigkeit im Rahmen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. In vielen Fällen können wir auch bei der Wasserkraft Ökonomie und Ökologie noch stärker verbinden. Häufig können Querbauwerke ohne Weiteres noch genutzt werden, um das Potenzial noch deutlich zu steigern.
Wir haben den Segen der Wasserkraft. Die Nordländer bzw. die meernahen Bundesländer haben den Vorteil der Windkraft. Diesen Vorteil haben wir nicht,
weil bei uns die Windhöffigkeit anders ist. Diese Länder haben in den letzten Jahren den Ausbau der Windenergie sehr stark vorangetrieben. Dies ist ein objektives Faktum, das nicht zu der Bewertung führen darf, wir hätten beim Ausbau der erneuerbaren Energien nachgelassen.
Wir sind auf dem besten Weg. Unser Anteil liegt bei 25 %. Wir haben klare Vorstellungen bezüglich des Ausbaus der Photovoltaik, der Windenergie und des Biogases. Wir haben das große Ziel, diesen Ausstieg zu schaffen. Wir müssen aber dabei verantwortungsvoll sein und müssen dies auch, trotz aller Tragik im Moment, unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sehen. Wir wissen, dass am Ende die erneuerbare Energie stehen muss, um den jetzigen Anteil der Kernenergie abzudecken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch einmal festhalten, dass die aktuelle Situation für uns Anlass ist, weiterzudenken - nicht nur umzudenken - und die Konsequenzen zu ziehen.
- Das ist eine Wortspielerei. Weiterdenken heißt, die Rahmenbedingungen auf der Grundlage des Erkannten weiter zu gestalten und auch politisch umzusetzen. Meine Damen und Herren, dies werden wir tun. Wir werden die Sicherheit nach wie vor im Vordergrund sehen. Wir werden auch dafür sorgen, dass wir in einigen Jahren, Jahrzehnten die gesteckten Ziele erreicht haben.
Nächster Redner ist, wie angekündigt, Herr Staatsminister Zeil. Ihm folgt dann Herr Kollege Glauber. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass der Bayerische Landtag heute fraktionsübergreifend sein tiefes Mitgefühl mit den Menschen in Japan zum Ausdruck bringt, die durch ein schreckliches Erdbeben und einen verheerenden Tsunami ins Elend gestürzt worden sind. Wir sind bestürzt über die katastrophalen Ereignisse, gerade auch in den dortigen Kernkraftwerken.
Vor wenigen Monaten, im November letzten Jahres, konnte ich mit einigen Kollegen und einer großen Wirtschaftsdelegation Japan besuchen. Wir haben sehr gute Gespräche gehabt. Wir haben seinerzeit auch über Hochtechnologien und Energie gesprochen. Deswegen sind unsere Gedanken und Gebete
Meine Damen und Herren, die Ursache für den Atomunfall in Japan war nach den bisherigen Erkenntnissen, dass die Reaktoren nach dem schweren Erdbeben zwar planmäßig heruntergefahren wurden, der nachfolgende Tsunami aber die Notstromversorgung für die Reaktorkühlung zerstört hat. Auch wenn ein solcher Unfallhergang in genau derselben Weise bei uns nicht denkbar ist, müssen wir aus den Vorfällen Konsequenzen für die Nutzung der Kernenergie in Deutschland ziehen. Deshalb war die Entscheidung der Bundesregierung richtig, die Sicherheit der deutschen Kernkraftwerke im Lichte der Ereignisse in Japan nochmals grundlegend auf den Prüfstand zu stellen. Das ändert aber nichts daran, dass es bisher schon immer so war, dass Sicherheit oberste Priorität vor allen anderen Erwägungen hatte und hat. Ich darf schon daran erinnern, dass gerade im Zusammenhang mit dem neuen Energiekonzept der Bundesregierung, an dem wir ja auch wesentlich mitgewirkt haben, neue Sicherheitsstandards, zusätzliche Sicherheitsstandards eingeführt worden sind, die in früherer Zeit vernachlässigt wurden. Allein für die bayerischen Kernkraftwerke bedeutet dies einen zusätzlichen Sicherheitsaufwand von 1,2 Milliarden Euro.
Meine Damen und Herren, dennoch begrüßen wir in diesem Zusammenhang die vorläufige Abschaltung der älteren deutschen Kernkraftwerke ausdrücklich. Ich kann Ihnen, Herr Kollege Thalhammer, nur zustimmen. Ich gehe davon aus, dass Isar 1 nach Abschluss des Moratoriums endgültig vom Netz gehen wird und dass mit Blick auf dieses Ziel alle möglichen Anstrengungen unternommen werden.
Meine Damen und Herren, die Überprüfung der Sicherheit darf sich aber - das will ich hier noch einmal sehr deutlich sagen - nicht auf Deutschland beschränken. Wir dürfen keine Binnendiskussion führen. Die Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke müssen europaweit geregelt werden, und zwar auf höchstem Niveau. Zu den 17 deutschen Kernkraftwerken kommen 124 in anderen Mitgliedstaaten hinzu; mit Russland, der Ukraine und der Schweiz sind es 196. Das macht deutlich: Sicherheitsstandards und auch die Risiken aus der Kernkraft machen an Ländergrenzen nicht Halt. Deswegen begrüße ich, dass die Bundesregierung und auch der zuständige EU-Kommissar dieses Thema umgehend entschlossen angehen.
Meine Damen und Herren, bei allem Erschrecken über das Geschehen in Japan müssen wir für die Gestaltung der künftigen deutschen und bayerischen Energieversorgung jetzt einen kühlen Kopf bewahren. Ich bin den Rednern der Koalitionsfraktionen sehr dankbar; denn wir müssen schon einen realistischen Blick auf die aktuelle Stromversorgungssituation werfen. Tatsache ist, dass die Kernkraftwerke in Bayern etwa mit 57 % zur Stromerzeugung beitragen. Übrigens war die innere Begründung für die Laufzeitverlängerung, dass wir bei einem sofortigen Ausstieg insbesondere auch die Klimaschutzziele nicht erreichen würden, von den wirtschaftlichen Fragen und Folgerungen ganz zu schweigen; denn die niedrigen variablen Kosten der Kernkraftwerke wirken sich nun einmal dämpfend auf die Strompreise aus. Deswegen müssen wir aber sagen: Wer sofort, heute, aussteigen möchte, wird für dramatische Einschränkungen der Stromversorgung der Bürgerinnen und Bürger und der Betriebe verantwortlich sein. Ich bekenne das, da muss ich, Frau Kollegin Gote, auch keine Buße tun; übrigens halte ich in diesem Zusammenhang manche Terminologie für unangemessen; das darf ich auch einmal sagen.
Deswegen brauchen wir die Kernenergie noch als Brückentechnologie auf dem Weg zu einer weitgehend auf erneuerbare Energien gestützten Stromversorgung. Nur so können wir die ehrgeizigen Klimaschutzziele erreichen; nur so können wir die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Industrie erhalten.
Ich will in dieser Debatte auch sagen: Wohlstand und Arbeitsplätze in Bayern beruhen in hohem Maße auf unseren leistungsfähigen Industrieunternehmen; viele davon sind besonders energieintensiv. Denken Sie nur einmal an das bayerische Chemiedreieck mit alles in allem fast 30.000 Arbeitsplätzen. Die starke Industrie in Bayern ist auch eine ganz wesentliche Ursache dafür, dass wir so gut aus der Wirtschaftskrise herausgekommen sind - anders als andere Länder, die diese Industrien aufgegeben haben. Deshalb dürfen wir ihre Existenz nicht durch überstürzte energiepolitische Entscheidungen aufs Spiel setzen.
Ich sage in dieser Debatte auch dies: Gerade in den energieintensiven Branchen wie Chemie-, Papier- und Zementindustrie - ich habe übrigens genau zu diesem Thema Einladungen von den Gewerkschaften bekommen - sind die steigenden Energiepreise ein großes Problem. Die Energiepreise machen bis zu einem Drittel der Produktionskosten aus. Ein Cent mehr oder weniger pro Kilowattstunde kann für eine Standortentscheidung ausschlaggebend sein. Ich glaube, dass
deswegen in einer solchen Debatte über die energiepolitische Zukunft auch die gesamte Konzeption mitbedacht werden muss. Wir dürfen nicht nur über eine Stelle sprechen. Wir müssen darüber reden, was das auch für Sicherheitsstandards bedeutet, bitte aber mindestens europaweit. Wir müssen sehen, ob wir durch zusätzliche Anstrengungen, die noch ehrgeiziger sein mögen, dafür sorgen können, dass die Brücke in das Zeitalter der erneuerbaren Energien kürzer wird. Es wäre aber völlig falsch, wenn wir unserer Bevölkerung vorgaukeln würden, dass es ab heute ohne Kernenergie gehen würde.
Herr Staatsminister, Sie haben die Befürchtung geäußert, dass die Strompreise bei einem schnellen Ausstieg aus der Atomenergie steigen würden. Ist Ihnen die Studie des Öko-Instituts, die im Auftrag der Bundesregierung im Jahr 2009 erstellt wurde, also zu einer Zeit, als die GRÜNEN nicht regiert haben, bekannt, die festgestellt hat, dass es nach einem internationalen Vergleich keinen Zusammenhang zwischen hohen Energiekosten und dem Anteil der Kernenergie an der Stromversorgung gibt? Ist Ihnen diese Studie bekannt? Wie kommen Sie dann zur Ihrer Einschätzung? Können Sie mir sagen, auf welcher Grundlage, Studien oder wissenschaftlichen Erkenntnissen, Ihre Aussage beruht?
Ich weiß von dieser Studie, aber es gibt, wie gesagt, noch andere Untersuchungen und Darlegungen. Es kommt, Frau Gote, darauf an, dass wir den Energiemix insgesamt sehen müssen. Wenn wir eine grundlastfähige Energieerzeugungsquelle wie die Kernkraftwerke herausnehmen und dann bei dem Ausbau- und Anreizsystem für erneuerbare Energien eine stärkere Förderung auf die Strompreise legen würden, dann würden wir an der Preisspirale drehen. Das gilt übrigens nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für die Bürgerinnen und Bürger. Ich mache darauf aufmerksam, dass auch für die Bürgerinnen und Bürger die Grenze der Belastbarkeit bei den Strompreisen und Stromkosten durchaus erreicht ist.